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KANADA/003: Die konservative Politik Kanadas im Spiegel einer Indianischen Protestbewegung (FES)


Friedrich-Ebert-Stiftung
Internationale Politikanalyse

Die Konservative Politik Kanadas im Spiegel einer Indianischen Protestbewegung

von Gerd Braune
Mai 2013



• Indianischer Protest wurde in Kanada bisher von lokalen Ereignissen ausgelöst und war regional beschränkt. Erstmals sieht Kanada mit »Idle No More« eine landesweite Protestbewegung.

• Idle No More geht es um mehr als um die Beseitigung isoliert auftretender Missstände. Es geht um die Wahrnehmung indianischer Rechte, die verfassungsrechtlich garantiert sind; die Mitsprache bei der Nutzung traditionellen indianischen Gebiets; Ausbildung; Gesundheit und die Verbesserung des Lebensstandards in den Ureinwohnergemeinden.

• Politische Aktivitäten der Indianer waren bisher Domäne der Führungsschicht - der Chiefs in den Gemeinden, Provinzen und Territorien - oder des indianischen Dachverbandes Assembly of First Nations (AFN). In Idle No More ist die Basis dank Twitter und Facebook die treibende Kraft.

• Die indianische Bevölkerung Kanadas ist eine junge Bevölkerung. 50 Prozent der Bevölkerung gehört zur Kategorie »Jugend«. Sie dringen auf Wandel. Das kann auf Dauer die Existenz von Idle No More garantieren.

• Aktionen wie Blockaden, Besetzungen oder gar Konfrontationen mit Gewaltpotenzial auf beiden Seiten prägten frühere Proteste. Idle No More ist anders: Es ist geprägt von drum dances und Gesängen. Wiederbelebung indianischer Kultur und Spiritualität und Stärkung des Selbstbewusstseins sind wichtige Ziele der Bewegung.

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Ein Protest von Küste zu Küste bewegt Kanada. Die Bewegung Idle No More, initiiert von vier indianischen Frauen und ausgelöst durch Haushalts- und Umweltgesetze der konservativen Bundesregierung, fordert eine Neuordnung der Beziehungen zwischen dem kanadischen Staat und seinen Ureinwohnern, mit weitreichenden Folgen für das soziale und wirtschaftliche Gefüge des Landes. Mit kleinen Fortschritten bei der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen wollen sich die Indianer nicht mehr zufrieden geben. Ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte die Bewegung im Januar 2013. Seitdem ist es ruhiger geworden, aber auf Gemeindeebene ist Idle No More weiter aktiv. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann der Protest wieder nationale und internationale Aufmerksamkeit erregen wird.


Die Ureinwohnervölker Kanadas

Die kanadische Verfassung von 1982 (Constitution Act 1982) nimmt in Section 35 ausdrücklich Bezug auf die »aboriginal peoples of Canada«, die »Indian, Inuit and Métis peoples of Canada«: die Indianer, die heute als First Nations bezeichnet werden, die Inuit (früher Eskimo genannt) und die Métis, die Nachfahren europäischer Siedler und indianischer Frauen, die eine eigene Kultur entwickelten. In der Volkszählung 2006 bezeichneten sich mehr als eine Million Menschen als »aboriginal«, etwa vier Prozent der Gesamtbevölkerung. Etwa zwei Drittel von ihnen waren Indianer (nach dem »Indian Act« registrierte Status-Indianer und so genannte Non-Status-Indianer), 30 Prozent Metis und vier Prozent Inuit. Mehr als die Hälfte der Ureinwohner Kanadas leben in städtischen Gebieten. Die Ureinwohnerbevölkerung Kanadas ist wesentlich jünger als der Rest der Bevölkerung: Nach den Daten der Volkszählung 2006 lag das mittlere Alter der Indianer bei 27 Jahren, das heißt die Hälfte der Bevölkerung war jünger als 27 Jahre. Das mittlere Alter der Nicht-Ureinwohner ist 40 Jahre.

In Kanada gibt es knapp über 600 First Nation-Gemeinden, von denen sich viele als eigenständige Nation fühlen. Sie sprechen 50 verschiedene Sprachen. Der politisch wichtigste Verband der First Nations ist die Assembly of First Nations (AFN), geführt von National Chief Shawn A-in-Chut Atleo von der Ahousaht First Nation an der Pazifikküste, der die Status-Indianer vertritt. Daneben existieren der Congress of Aboriginal Peoples (für Non-Status-Indianer), der Metis National Council und Inuit Tapiriit Kanatami als Vertretung der 45.000 Inuit.

Zahlreiche Indianervölker hatten von 1700 bis in die ersten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts Verträge mit der britischen Krone, der damaligen Kolonialmacht, und danach mit der kanadischen Regierung ausgehandelt, die heute als »historic treaties« bezeichnet werden. Aus der Sicht der Indianer wurden sie auf der Basis »von Nation zu Nation« geschlossen, also als gleichberechtigter Partner der Krone beziehungsweise der Regierung. In den Verträgen traten die Indianer Land ab und erhielten dafür Zusagen für Sozialleistungen und Schulbildung. Seit etwa 1970 wurden »modern treaties« in der Form von »land claims agreements« ausgehandelt, etwa das Nunavut Land Claims Agreement im Bereich des Arktisterritoriums Nunavut, die Land Claims Agreements mit den Indianervölkern des Yukon und der Nordwest-Territorien oder der Nisga'a-Vertrag.

Section 35 der Verfassung erkennt an und bestätigt auch »the existing aboriginal and treaty rights of the aboriginal peoples of Canada«. Zahlreiche Gerichtsurteile haben die Rechte der Indianer, die aus den Verträgen rühren oder die sich aus der Nutzung des von ihnen traditionell besiedelten Landes ergeben, bestätigt. Dies ist die rechtliche Basis, auf die sich der indianische Protest stützt.


Das Entstehen von Idle No More

In Kanadas Städten erklangen in den ersten Wochen dieses Jahres die Trommeln des Protests. In Ottawa versammelten sich Tausende Indianer vor dem Parlament und dem Amtssitz von Premierminister Stephen Harper, um mit Gesängen, Tänzen und Reden gegen Harpers Politik und für Anerkennung ihrer Rechte und bessere Lebensbedingungen in den indianischen Gemeinden zu demonstrieren. In Dutzenden anderen Städten wurden Proteste veranstaltet, darunter in Vancouver, Toronto und Montreal. In der Atlantikprovinz Nova Scotia wurde eine Eisenbahnlinie, die durch eine Reservation führt, blockiert.

Die Kanadier beobachteten mit Verwunderung die anschwellende Bewegung und hatten Schwierigkeiten, sie zu begreifen. »Es begann langsam und klein als Protest gegen das Gesetzespaket C 45 der Regierung (Zum Inhalt des Pakets siehe unten.). Jetzt geht es um mehr: um indianische Rechte und die Wiederbelebung indigener Kultur«, sagt Wab Kinew, Direktor eines indianischen Programms an der Universität Winnipeg. Gabrielle Scrimshaw, Präsidentin der »Aboriginal Professional Association of Canada«, stimmt zu: »Es ist ein Pulverfass. Es geht um Ausbildung, Gesundheit, die armen Verhältnisse in unseren Gemeinden.«

Im Oktober hatten vier indianische Frauen Twitter und Facebook genutzt, um ihren Protest gegen die konservative Harper-Regierung zu artikulieren. Sie nannten ihre Aktion »Idle No More«, was sich mit »Nicht länger untätig« übersetzen lässt. Kanada hat schon viele indianische Proteste gesehen, wie etwa in der Oka-Krise 1990 um den Bau eines Golfplatzes in Quebec, die Besetzung eines Baugeländes in Caledonia westlich von Toronto oder die Blockade einer Brücke über den St. Lorenz-Fluss bei Cornwall. Aber das waren meist lokale Konflikte. Jetzt machen die sozialen Medien die Protestbewegung zu einem landesweiten Ereignis. »Unsere Leute kämpfen seit Jahrzehnten. Aber jetzt sind wir in der Lage, mehr Menschen zu erreichen und diese Gespräche zu führen«, sagt Chelsea Vowel, eine Rechtsanwältin aus dem Volk der Métis.

Vor vier Jahren hatte Harper mit der Entschuldigung für das Unrecht, das Ureinwohnerkindern in staatlichen Internatsschulen durch Missbrauch und erzwungene Assimilierung angetan wurde, einen großen Schritt getan, um die Beziehungen zu verbessern. Davon ist nichts mehr zu spüren. Die Beziehungen zwischen Regierung und Ureinwohnern sind belastet. Zwei Gesetzespakete der Harper-Regierung spielen dabei eine entscheidende Rolle.


Die Bedeutung der »Omnibus-Gesetze« C-38 und C-45

C-38 und C-45 sind »Omnibus-Gesetze« oder Artikelgesetze: Haushaltsgesetze, in die zahlreiche Gesetzesänderungen gepackt und durch das Parlament gepeitscht wurden, ohne eine eingehende Einzelberatung zu ermöglichen. Das im Frühjahr 2012 eingebrachte Gesetz C-38 (Jobs, Growth and Long-term Prosperity Act) warf das Umweltgesetz Canadian Environmental Assessment Act, das die Umweltverträglichkeitsprüfung von Industrieprojekten regelt, völlig über den Haufen, begrenzte und verkürzte die Prüfung und schränkte Mitwirkungsrechte der Bevölkerung ein. Auch das Fischereigesetz und das Gesetz über das National Energy Board waren Teil des Haushaltsgesetzes. Im Herbst folgte C-45 mit Änderungen des Gesetzes über Schifffahrtswege und des Indian Act. Emotionen löst auch der unabhängig von den Haushaltsgesetzen eingebrachte Gesetzentwurf C-27 des »First Nations Financial Transparency Act« aus, das mehr Klarheit und Transparenz in das Finanzgebaren der indianischen Gemeinden und die manchmal nicht nachvollziehbar hohen Gehälter von Chiefs bringen soll. Auch in indianischen Gemeinden gibt es Forderungen nach mehr Transparenz, zugleich wird der Regierung aber mangelnde Absprache mit den Indianern vorgeworfen.

Zweimal schrieb National Chief Shawn Atleo wegen der Haushaltsgesetze an Premierminister Harper und mehrere Kabinettsmitglieder und wandte sich gegen »unilaterale und weitreichende Änderungen von Gesetzen und Regulierungen« ohne Beratung mit den First Nations. Die vorgeschlagenen Änderungen verletzten die Verträge und die Rechte der First Nations und auch die Deklaration der Vereinten Nationen über Ureinwohnerrechte, schrieb Atleo. »Diese Gesetze hätten nur nach gutgläubiger Konsultation mit den indigenen Völkern vorgelegt werden dürfen. Das geschah nicht«, meint auch Amnesty International in einem offenen Brief an Harper.

Die Änderungen der Umweltgesetze sind bedeutend, weil in den von Indianern beanspruchten Gebieten viele Bodenschätze liegen oder der Abbau von Bodenschätzen Auswirkungen auf ihre Gemeinden hätte. Harper forciert die Ausbeutung von Rohstoffen, den Bergbau und Pipelinebau. Auf 600 Milliarden Dollar werden die Investitionen im Rohstoffsektor in den nächsten Jahrzehnten geschätzt. Pipelines sollen unter anderem durch Gebiete geführt werden, die die Ureinwohner für sich beanspruchen. Die Indianer sorgen sich um den Schutz ihres Lebensraums. In abgelegenen Gemeinden sind Fischfang und Jagd wichtiger Teil des Lebens und der Versorgung mit Nahrungsmitteln. Zudem wollen sie an dem Wohlstand, der aus dem Boden geholt wird, stärker beteiligt werden - durch Vereinbarungen über die Schaffung von Arbeitsplätzen und Infrastruktur und Beteiligung an den Gewinnen. »Revenue sharing« lautet das Stichwort.

Während die Mehrheit der Kanadier die umfassenden Umweltgesetzesänderungen weitgehend klaglos - man kann auch sagen apathisch - hinnahm und Proteste von Umweltorganisationen und der Opposition im Parlament von der absoluten Mehrheit der Konservativen abgeschmettert wurden, entstand die Protestbewegung der Indianer. Die Regierung müsse gehindert werden, »mehr Gesetze zu verabschieden, die die Verträge und indigenen Rechte und die Rechte aller Kanadier aushöhlt«, erklärt »Idle No More« und ruft zur »Revolution« auf, die die Souveränität der Ureinwohner sowie Land und Wasser schützt.

Die statistischen Daten Kanadas zeigen, dass der Lebensstandard der Ureinwohner deutlich unter dem der nicht-indigenen Bevölkerung liegt. Die Lebenserwartung ist einige Jahre niedriger, die Suizidrate deutlich höher, ansteckende Krankheiten wie Tuberkulose sind häufiger. In den Gefängnissen sitzen überproportional viele Ureinwohner. Mit kleinen Fortschritten wollen sich Kanadas Aboriginals nicht mehr zufrieden geben, und in der Politik Harpers mit C-38 und C-45 sehen viele einen massiven Angriff auf ihre Rechte.

Die Klagen der Indianer sind allerdings nicht das komplette Bild. In zahlreichen abgelegenen Gemeinden herrschen zwar Bedingungen, die eher in Entwicklungsländern erwartet werden als in Kanada, es gibt aber auch reiche Reservationen und indianische Gemeinden. Abkommen über Landrechte und die Beteiligung der Ureinwohner an der Ausbeutung von Bodenschätzen wurden in den vergangenen Jahrzehnten abgeschlossen. Die Zahl junger Ureinwohner an Kanadas Universitäten ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, von einigen wenigen Hundert Anfang der 70er Jahre auf jetzt rund 30.000. Die Zahl der Graduierten ist gestiegen, sie gründen Unternehmen, schaffen Arbeitsplätze, Gemeinden haben ihre Administration und Schulen unter Selbstverwaltung. Die Finanztransfers von Bundes- und Provinzregierungen an Ureinwohnergemeinden und -reservationen addieren sich auf Milliardensummen.


Protestfasten von Theresa Spence und Treffen der Häuptlinge mit Harper

Zu einer Symbolfigur der Protestbewegung wurde Theresa Spence, Häuptling der Gemeinde Attawapiskat in Nord-Ontario, die am 11. Dezember 2012 ein Fasten begann, das häufig als Hungerstreik bezeichnet wurde. Sechs Wochen lang nahm sie nach Angaben ihrer Mitarbeiter keine feste Nahrung zu sich, nur Zitronenwassser, Kräutertees und Fischbrühe. Mit ihrem Protest, der am 24. Januar endete, wollte sie direkte Gespräche »von Nation zu Nation« zwischen Premierminister Harper, Generalgouverneur David Johnston und der Indianerführung über die Lebensbedingung in den Ureinwohnergemeinden und die Vertragsbeziehungen zwischen First Nations und Regierung erzwingen. Spence und ihr Protest waren kein integraler Teil der Idle No More-Bewegung, aber sie trugen zur Publizität von Idle No More bei und viele Aktivisten bezogen sich auf Theresa Spence.

Das Treffen zwischen Harper und einer vom Nationalen Häuptling Shawn Atleo geleiteten Häuptlingsdelegation fand schließlich am 11. Januar statt. Aber Harper, nicht die Indianerführung, setzte die Rahmenbedingungen für das Treffen fest. Der Premierminister entschied, dass es in seinem Amtssitz stattfand, dass nur eine kleine Delegation von Häuptlingen daran teilnahm und Generalgouverneur David Johnston nicht anwesend war. Etliche Häuptlinge boykottierten daraufhin das Treffen. Die Position des moderaten Atleo ist, obwohl er seinen Ton gegenüber der Regierung verschärft hat, geschwächt. Die Rolle des AFN als Gesprächspartner der Regierung ist ebenfalls geschwächt. Mit seiner unnachgiebigen Haltung - auch das Gespräch brachte nicht viel mehr als die Vereinbarung, den Dialog fortzusetzen, und dass er sich persönlich stärker um die Lösung von Landrechtsfragen und die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde kümmern wolle - hat Harper die Kräfte im AFN gestärkt, die stärker auf Konfrontation setzen als Atleo.


Die Zukunft von Idle No More

Er höre aus den indianischen Völkern, »dass Armut unsere Leute tötet. Dass die Geschichte der Kolonialisierung und der einseitigen Aktionen vonseiten der Regierungen jetzt beendet wird«, sagt Häuptling Atleo. Der AFN wolle den Druck auf die Regierung beibehalten, um zu Veränderungen zu kommen. »Die Energie, die von unserem Volk kommt, wird nicht verschwinden«, sagte er. »Dieses Land erkennt nun, dass wir die Probleme und die Beziehungen zwischen den First Nations und Kanada behandeln müssen.« Der Grand Chief Manitobas, Derek Nepinak, ist Wortführer derer, die eine härtere Gangart des AFN fordern. Idle No More habe »die Menschen und die Macht, um die kanadische Wirtschaft in die Knie zu zwingen«, sagt er. Häuptling Wallace Fox aus Saskatchewan wird mit den Worten zitiert: »Wenn wir die Wirtschaft stillegen müssen, dann werden wir das tun. Niemand wird Idle No More stoppen.«

Aber es ist ruhiger geworden um Idle No More. Am 11. Januar erreichte die Bewegung auf Twitter mit nahezu 60.000 Tweets ihren Höhepunkt und fiel dann auf einige Tausend pro Tag ab. Dennoch ist Idle No More nicht eingeschlafen oder tot. Idle No More ist keine strukturierte Bewegung mit Führungsebene. Sie ist eine soziale Bewegung mit Spontaneität. Auf der Ebene der Gemeinden ist Idle No More mit Teach-Ins über Rohstoffförderung, Ölsandabbau und Pipelinebau weiter aktiv, ohne Schlagzeilen zu machen. Idle No More setzt vor allem auf Stärkung des Bewusstseins. »Wir schaffen die Aktivisten, die die Arbeit fortsetzen werden. Es ist wie eine Flamme, die weiterbrennt«, sagt Pam Palmater, eine Mi'kmaw-Juristin und Professorin an der Ryerson University in Toronto und eine der Sprecherinnen von Idle No More.

Der jetzige Protest wird nicht nur von der jüngeren »Social Media«-Generation getragen. Auch viele ältere Menschen sind unter den Protestierenden. Aber die starke Präsenz junger Leute und die Tatsache, dass die Hälfte der indigenen Bevölkerung Kanadas in die Kategorie »jung« fällt, eröffnen die Chance, dass die Bewegung eine Zukunft hat. Es war erstaunlich, dass Idle No More im eisigen kanadischen Winter so viele Menschen auf die Straßen bringen konnte. Für Frühjahr und Sommer sind Flash-Mobs zu erwarten. Die Transparente und Gesänge der jungen Indianer zeugen von ihrem Selbstbewusstsein.

Ken Coates von der University of Saskatchewan stellt Idle No More in einen Zusammenhang mit anderen Entwicklungen, vor allem die wachsende Zahl von jungen Ureinwohnern an den Universitäten, auch wenn ein Gleichstand mit dem Rest der kanadischen Bevölkerung noch lange nicht erreicht ist. Er sieht in den Idle No More-Ereignissen der vergangenen Monate die größte Deklaration indigener Identität in der modernen kanadischen Geschichte und einen Wendepunkt vor allem für die vielen jungen Menschen in den Ureinwohnervölkern. Wer mit den jungen Menschen spricht, hört aus ihren Aussagen ein hohes Maß an Selbstbewusstsein, Entschlossenheit und Streben nach Veränderungen heraus.

Am 25. März erreichte eine Gruppe junger Menschen aus der James Bay Cree-Gemeinde Whapmagoostui im Norden Quebecs nach einem 1600 Kilometer langen Marsch Ottawa. Im Januar hatten die sechs jungen Leute ihre Gemeinde verlassen. Immer mehr Menschen schlossen sich ihnen an, so dass es am Ende 400 Wanderer waren. Es war ein Marsch zur Unterstützung von »Idle No More«. Stephen Harper hatte an diesem Tag keine Zeit, sich mit den jungen Indianern in Ottawa zu treffen. Er war in Toronto, wo ein Flugzeug mit zwei Pandas aus China landete, die für kanadische Zoos bestimmt sind. »Er hätte hier bei uns sein sollen«, sagte ein junger Indianer in Ottawa entrüstet. »Es ist Zeit, dass er seine Prioritäten richtig setzt.«


Über den Autor

Gerd Braune lebt als freiberuflicher Journalist in Ottawa. Er berichtet für eine Vielzahl europäischer Zeitungen über Kanada. Sein besonderes Interesse gilt der Arktis.


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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2013