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ASIEN/845: Pakistan - Designierter Regierungschef signalisiert Interesse an Gesprächen mit Taliban (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. Mai 2013

Pakistan: Eine Chance für den Frieden - Designierter Regierungschef signalisiert Interesse an Gesprächen mit Taliban

von Ashfaq Yusufzai


Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Opfer eines Bombenanschlags am 17. Mai in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa
Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Peshawar, Pakistan, 29. Mai (IPS) - In Pakistans nordwestlichen Stammesgebieten unter Bundesverwaltung (FATA) und in der Nachbarprovinz Khyber Pakhtunkhwa hat das Gesprächsangebot des designierten Ministerpräsidenten Nawaz Sharif an die verbotene 'Tehreek-e-Taliban Pakistan' (TTP) Hoffnung auf Frieden genährt.

Im Vorfeld der Wahlen vom 11. Mai hatten die Taliban ihre tödlichen Bomben- und Selbstmordanschläge intensiviert. Auch für die neue Regierung wird die Bekämpfung des Terrorismus somit Priorität haben. Sharifs Äußerung, dass "Gespräche mit den Taliban keine schlechte Option sind", hat in den FATA und in Khyber Pakhtunkhwa eine Welle der Erleichterung ausgelöst. Dort kommt es zu den schlimmsten Übergriffen seit 2001.

Auch die Antwort von TTP-Sprecher Ihsanullah Ihsan stimmt die Menschen zuversichtlich. Ihsan begrüßte das Verhandlungsangebot und sprach von einem positiven Zeichen. "Wir überlegen derzeit, wie wir konkret auf das Friedensangebot reagieren können", fügte er hinzu.


49.000 Tote in acht Jahren

Der Terrorismus stellt auch für die neue Regierung das größte Problem dar. Es zu lösen, heiße Pakistan den Weg zum Fortschritt freizumachen, sagte Rehmanullah Khan, der der von Sharif geführten Pakistanischen Muslimliga (PML-N) angehört. Der Krieg gegen die Taliban hat seit 2005 49.000 Menschen einschließlich 5.000 Polizisten das Leben gekostet.

Auch andere Parteien haben positiv auf Sharifs Initiative reagiert. Die von der ehemaligen Kricket-Legende Imran Khan geführte Partei 'Pakistan Tehreek-e-Insaf' (PTI) steht gar an der Spitze einer Bewegung, die sich für Gespräche mit den Taliban einsetzt. Die Partei ist nun Teil der Koalitionsregierung in Khyber Pakhtunkhwa mit Pervez Khan Khattak als Chefminister. "Auch wir räumen Friedensbemühungen höchste Priorität ein", sagte er. "Denn ohne ein Ende des Terrorismus wird es keine soziale und wirtschaftliche Entwicklung geben."

Khattak erinnerte daran, dass die Armee die Taliban in den FATA bereits seit 2005 bekämpft. Doch das habe nichts gebracht und die TTP halte dort noch immer das Heft in der Hand. "Wenn es in acht Jahren nicht gelungen ist, die Kämpfer mit Gewalt auszuschalten, sollten wir nun auf Gespräche setzen."

Wie Said Akram am Institut für politische Wissenschaften an der Universität von Peshawar, erklärte, hatten die Taliban bereits im März Verhandlungen angeboten. Doch die damalige Regierung unter Führung der Pakistanischen Volkspartei habe daran kein Interesse gezeigt, berichtete er.

Damals hatte die TTP den damaligen Oppositionsführer Nawaz Sharif und Religionsführer wie Maulana Fazlur Rehman von der 'Jamaat Ulema-e-Islam' (JUI) und Syed Munawar Hassan von der 'Jamaat-e-Islami' um Garantien im Vorfeld eines Dialogs gebeten. Die PML-N und die PTI wollen sich ihrerseits die Unterstützung von Maulana Samiul Haq, dem Chef der anderen JUI-Fraktion, und von Darul Uloom Haqqania, dem Leiter des größten islamischen Seminars in Pakistan, sichern.

Haq gilt als der 'Vater der Taliban'. "Die meisten Taliban-Führer sind meine Studenten", sagte er gegenüber IPS. "Ich bin bereits in Kontakt mit der Taliban-Führung getreten und die Reaktion ist durchweg positiv. Allerdings verlangt er vor einem möglichen Dialogbeginn Garantien von Pakistans Armeechef Ashfaq Pervez Kayani. "Wir sind sicher, dass es Frieden geben kann, wenn Regierung, Opposition, Armee und die Taliban ehrlich dazu bereit sind", meinte er.

Muhammad Aslam Khan, Dozent für pakistanische Studien an der Abdul-Wali-Khan-Universität in Mardan, 50 Kilometer östlich von Peshawar, der Hauptstadt von Khyber Pakhtunkhwa, spricht von der bisher größten Chance einer Regierung, die TTP zu zügeln. "Will die Regierung Frieden, muss sie es mit ihrem Friedensangebot wirklich ernst meinen", sagte er.

Fest steht, dass die PML-N und die PTI in erster Linie deshalb gewählt worden sind, weil es der Pakistanischen Volkspartei und der Awami-Liga nicht gelungen ist, Frieden zu schaffen. Doch nicht nur die Bevölkerung, auch die ANP sah sich in ihrer fünfjährigen Regierungszeit Anschlägen der TTP ausgesetzt, die etwa 800 Führern und Mitarbeitern das Leben kosteten.

"Wir wollen unbedingt Frieden und unterstützen die Regierung, denn der Terrorismus hat uns krank gemacht", meinte der ANP-Sprecher Zahid Khan. "Es sieht so aus, als bekäme der Frieden in Pakistan endlich eine Chance." (Ende/IPS/kb/2013)


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http://www.ipsnews.net/2013/05/peace-gets-a-chance-in-pakistan/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Mai 2013