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ASIEN/756: Thailand - Regierungschef macht Drogenbekämpfung zum obersten Wahlkampfthema (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. Juli 2011

Thailand: Regierungschef macht Drogenbekämpfung zum obersten Wahlkampfthema

Von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 1. Juli (IPS) - Vor den allgemeinen Wahlen am 3. Juli hat der thailändische Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva den Kampf gegen den Drogenhandel ins Zentrum seiner Kampagne gerückt. In dem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Opposition will er damit die bisher unentschlossenen Wähler auf seine Seite bringen.

Bei seinem letzten Auftritt vor den Wahlen machte der 46-Jährige, der an der Spitze einer Koalitionsregierung steht, an einem Polizeikontrollpunkt am südwestlichen Rand der Hauptstadt Bangkok Halt. An dem schwülen Abend hielten mit Schlagstöcken bewaffnete Beamten stichprobenartig Autos an, um nach Drogen zu suchen.

"Drogen in der Bevölkerung geben großen Anlass zur Sorge", sagte Abhisit IPS. Es sei ihm wichtig gewesen, dieses Problem im Wahlkampf zu thematisieren. Etwa hundert Unterstützer aus den Reihen seiner Demokratischen Partei empfingen ihn mit Jubel. "Wir freuen uns, dass sich unser Regierungschef darum kümmert, den Drogenhandel zu unterdrücken", meinten Bewohner eines nahe gelegenen Arbeiterviertels.

Abhisit hatte sich zuvor beunruhigt über den Rauschgiftschmuggel in Städten und Dörfern geäußert. "Ich weiß, das Drogen eine Familie ruinieren können", sagte er vor etwa 300 Zuhörern in einem historischen Viertel der Millionenstadt. Unter ihnen waren auch ehemalige Süchtige.


Speed-Konsum weit verbreitet

Die Koalitionsregierung hat der Drogenbekämpfung vor den Wahlen auch deshalb so hohe Priorität eingeräumt, weil sie zu Beginn ihrer Amtszeit vor zweieinhalb Jahren durchaus Erfolge bei der Verfolgung von Rauschgiftkartellen in dem südostasiatischen vorweisen konnte. In ihrem Fadenkreuz befinden sich vor allem Metamphetamine, die weltweit als 'Speed' und in Thailand auch unter dem Namen 'ya ba' (verrückte Medizin) bekannt sind.

Polizei und Militär hätten es in gemeinsamen Aktionen geschafft, die Zahl der im Land verfügbaren Pillen auf 140 Millionen zu reduzieren, sagte Oberst Fuangvich Aniruth-Deva, ein Sprecher des Justizministeriums. Schätzungen zufolge waren zuvor jährlich etwa 240 Millionen Pillen in Umlauf gekommen. Den Händlern sei die Verteilung nun erheblich erschwert worden, so der Vertreter des Ministeriums.

An vorderster Front überwachen Soldaten die Grenze zu Burma, um Schmugglern das Vordringen auf thailändisches Staatsgebiet zu verwehren. Die Polizei habe wiederum die Aufgabe, den Drogentransport innerhalb des Landes zu unterbinden, sagte Fuangvich. Die Regierung setze sich darüber hinaus für die Wiedereingliederung von Drogensüchtigen in die Gesellschaft ein.

Statistiken des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) bestätigen den Anstieg des illegalen Handels mit Metamphetaminen, die von Burma in das Nachbarland kommen. Im Jahr 2009 hatten thailändische Beamte laut UNODC rund 26,6 Millionen 'ya ba'-Pillen beschlagnahmt - etwa doppelt so viele wie 2006.

In einem ähnlichen Umfang erhöhte sich die Zahl der Festnahmen im Zusammenhang mit Drogendelikten von 60.680 im Jahr 2006 auf mehr als 118.000 zwei Jahre später. 2009 wurde ein leichter Rückgang auf rund 113.000 verzeichnet.

UNODC ist allerdings nicht davon überzeugt, dass die Strategien der Abhisit-Regierung den gewünschten Erfolg haben."Die Entwicklung des Drogenschmuggels und die Verbreitung von Metamphetaminen stellt Thailand vor ein ernstes Problem", warnte Gary Lewis, der in Bangkok das UNODD-Büro für Asien und den Pazifikraum leitet. "Ich denke nicht, dass irgendjemand behaupten kann, Phänomenales bei der Drogenbekämpfung erreicht zu haben."


Thaksin führte brutalen 'Krieg gegen Drogen'

Immerhin hat die amtierende Regierung auf die brutalen Methoden von Abhisits Vorgänger Thaksin Shinawatra verzichtet. In dem 2003 begonnenen 'Krieg gegen Drogen' wurden mehr als 2.500 Menschen getötet. Die Polizeiwachen hätten über 'schwarze Listen' mit den Namen mutmaßlicher Drogenkonsumenten verfügt, berichteten damals Menschenrechtsorganisationen.

Thaksin, der sich nach einem Militärputsch 2006 durch die Flucht ins Exil einem Korruptionsverfahren entzog, hatte mit seinem Anti-Drogenkampf auf die hohe Zahl von Abhängigen reagiert. Unter den Metamphetamin-Süchtigen sind bereits 15-Jährige. In Thaksins Regierungszeit wurden Schätzungen zufolge jährlich zwischen 500 Millionen und 700 Millionen Speed-Pillen aus Burma eingeschleust.

Abhisit versichert ein entschiedeneres Vorgehen gegen den Drogenhandel, will aber nicht mit eiserner Faust vorgehen. Thaksins jüngste Schwester Yingluck Shinawatra, die am 3. Juli gegen Abhisit antritt, will die Fehler ihres Bruders nicht wiederholen. Ihr Versprechen, dass ihre Partei 'Phue Thai' bei der Drogenbekämpfung die Menschenrechte respektieren wolle, wird von vielen Beobachtern allerdings als lauwarm empfunden. (Ende/IPS/ck/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Juli 2011