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ASIEN/655: Thailand - Protest gegen Ausbeutung, Burmesische Arbeiter seit Tagen im Streik (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. September 2010

THAILAND:
Protest gegen Ausbeutung - Burmesische Arbeiter seit Tagen im Streik

Von Marwaan Macan-Markar


Khon Kaen, Thailand, 15. September (IPS) - In Thailand geht ein Streik von rund 1.000 burmesischen Arbeitsmigranten in einer Fischernetzproduktionsfabrik in die zweite Woche. Kurze Protestaktionen burmesischer Wanderarbeiter sind in dem südostasiatischen Königreich zwar keine Seltenheit. Doch der Ausstand in der Stadt Khon Kaen im Nordosten Thailands hat ein weit größeres Ausmaß erreicht.

"Noch nie hat ein Streik burmesischer Arbeiter in Thailand so lange angedauert", sagte Moe Swe von der nichtstaatlichen 'Yaung Chioo Workers Association', die die Rechte von burmesischen Arbeitsmigranten vertritt, im Gespräch mit IPS. "Es wird deutlich, dass sich die Arbeiter gemeinsam stark genug fühlen, um für ihre Rechte zu kämpfen. Das gibt anderen Burmesen Hoffnung."

Burmesische Arbeitsmigranten werden dort meist gnadenlos ausgebeutet. Die Streikenden bestimmten sechs Kollegen, die sie bei Verhandlungen mit dem Besitzer der 'Dechanpanich'-Fabrik vertreten.

Neben höheren Löhnen fordern die burmesischen Arbeiter, die sich unter Einsatz ihres Lebens nach Thailand durchgeschlagen haben, auch die Wiedereinstellung von sechs kranken Arbeitern, deren Entlassung den Protest ausgelöst hatte. Nach eigenen Angaben erhalten sie mit umgerechnet rund 4,6 US-Dollar am Tag weniger als den Mindestlohn von 5,2 Dollar, der heimischen Arbeitskräften in Khon Kaen zusteht.


Fabrikbesitzer behält Pässe ein

Die Arbeitsmigranten, die in einer der weltweit größten Fabriken für Nylonfischnetze beschäftigt sind, beschweren sich auch darüber, dass der Eigentümer ihnen noch dazu die Kosten für ihre Anwerbung aufbürdet. Neun Monate lang wird ihnen dafür der Lohn für täglich anderthalb Arbeitsstunden abgezogen. Die Streikenden verlangen außerdem, dass die Fabrik ihnen ihre Pässe und Arbeitsgenehmigungen aushändigt.

Rund 90.000 Burmesen sind bereits in ein neues Programm der thailändischen Regierung für Arbeitsmigranten aufgenommen worden. Weitere 800.000 Arbeitskräfte aus dem Nachbarland warten darauf, bis spätestens Februar 2012 ihre Papiere zu erhalten. Schätzungsweise 300.000 Burmesen, die sich ebenfalls registrieren lassen könnten, haben dies jedoch bisher nicht getan. Hinzu kommt etwa eine Million Burmesen, die illegal in Thailand leben.

Den Zuwanderern bleibt bisher nichts anderes übrig, als schmutzige und gefährliche Tätigkeiten in der Fisch-, Bau-, Agrar- und Textilindustrie zu verrichten. Viele arbeiten auch als Hauspersonal, Köche und Gärtner.

Mit dem Programm für Arbeitsmigranten will die thailändische Regierung den heimlich ins Land gekommenen Burmesen dabei helfen, einen legalen Status zu erlangen. Ein entsprechendes Abkommen schloss die Regierung in Bangkok 2003 mit der Militärjunta des Nachbarstaats, der von den Machthabern in Myanmar umbenannt wurde.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren seit längerem, dass Arbeitgeber und sogar die Polizei in Thailand die Rechte der Arbeitsmigranten mit Füßen treten. Burmesen mit und ohne Papiere seien "Gewalt, Einschüchterungen und Erpressungen" ausgesetzt, kritisierte die Organisation 'Human Rights Watch' in einem in diesem Jahr veröffentlichten Bericht. Polizei, Militär und Einwanderungsbehörden werden darin schwere Übergriffe vorgeworfen. "Dazu gehören Prügel, sexueller Missbrauch, Zwangsarbeit, Entführungen und Morde", heißt es in dem Report.


Kritik an Behörden

Die Hoffnungen, dass das staatliche Registrierungsverfahren Abhilfe verschafft, wurden durch den Streik in Khon Kaen jäh erschüttert. "Auch die Arbeitsbedingungen von Burmesen, die bereits ordentliche Papiere erhalten hatten, haben sich nicht verbessert", sagte Jackie Pollock von der 'Migrant Assistance Programme Foundation'. "Die Arbeitgeber können nicht einfach die persönlichen Dokumente ihrer Beschäftigten einbehalten."

Die Protestierenden in der Fischernetzfabrik waren Mitte 2009 unter den ersten burmesischen Arbeitern, die ihren Status in Thailand legalisiert hatten. "Sie entdecken nun, wo ihre Rechte enden", sagte Andy Hall von der Stiftung für Menschenrechte und Entwicklung in Bangkok. Immerhin könne der Fabrikbesitzer diese Arbeiter nicht mehr ohne weiteres auf die Straße setzen, sondern müsse mit ihnen verhandeln. (Ende/IPS/ck/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. September 2010