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ASIEN/625: Mehr Geld für Chinas Westen - Bessere Infrastruktur soll Unruheregion befrieden (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. Juli 2010

China: Mehr Geld für den Westen - Bessere Infrastruktur soll Unruheregion befrieden

Von Mitch Moxley


Peking, 27. Juli (IPS) - China ist nach wie vor die am schnellsten wachsende Wirtschaft der Welt. Der Preis dafür ist allerdings hoch. Der Küstenstreifen im Osten hat zwar gewaltig von dem Aufschwung profitiert, doch das riesige Hinterland im Westen hinkt weit hinterher.

Die küstenfernen Landesteile sind reich an Bodenschätzen und haben damit das Wachstum im Osten erst ermöglicht. Die Ausbeutung der Ressourcen hat jedoch die Umwelt im Westen stark geschädigt. Dort nahmen auch soziale Spannungen zu. Diesen Risiken ist sich die politische Führung in Peking offenbar bewusst. Sie will nun über 100 Milliarden Dollar zusätzlich in den Regionen investieren.

Das Geld soll in 23 Infrastrukturprojekte fließen, "um die schnelle und gesunde Entwicklung der Gebiete im Westen zu fördern", wie die amtliche Tageszeitung 'China Daily' Anfang Juli meldete. Die Regierung sieht die Entwicklung dieser Regionen als entscheidend für die weitere wirtschaftliche Entwicklung Chinas an . Auf einer Fläche, die mehr als 70 Prozent des gesamten Staatsgebiets ausmacht, leben lediglich 28 Prozent der Bevölkerung.

Seit Beginn des Wirtschaftsreformkurses unter Deng Xiaoping Ende der 1970er Jahre hat der dicht besiedelte Osten den Westen mit seinen Gebirgs- und Wüstenregionen überrundet. Während der Osten boomte, lieferte der Westen Bodenschätze und Energie, beispielsweise aus riesigen Wasserkraftwerken, die große Umweltschäden verursachten. Die Bewohner ganzer Landstriche wurden umgesiedelt und stürzten noch weiter in die Armut ab.


Ethnische Spannungen

Im Jahr 2000 machte die chinesische Führung den ersten großen Versuch, den Westen gezielt zu fördern, nachdem zunehmend ethnische Spannungen zwischen der lokalen Bevölkerung und den Han-Chinesen aufgetreten waren. Noch 2009 kamen in der autonomen Region Xinjiang bei Zusammenstößen zwischen den muslimischen Uiguren und angesiedelten Han mindestens 200 Menschen ums Leben.

Jetzt will die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission gezielt das Schienennetz erweitern, Kohlegruben und Flughäfen bauen sowie die Stromversorgung verbessern. Zielgebiete sind die autonomen Regionen in Xinjiang, Tibet und der Inneren Mongolei, außerdem die Provinzen Yunnan und Sichuan. Die Förderung von Kohle, Öl und Erdgas soll dort steuerlich begünstigt werden.


Erfolg fraglich

Ob der Versuch der Zentralregierung gelingt, durch Investitionen die Rohstoffreserven des Hinterlandes besser zu erschließen und zugleich die sozialen Spannungen in den Griff zu bekommen, ist fraglich. Kritiker werfen Peking vor, etwa in Xinjiang and Tibet die lokale Bevölkerung gezielt durch Ansiedlung von Han-Chinesen zu durchmischen und somit die Spannungen zu schüren.

Chen Yao, Professor für Regionalökonomie an der chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften, will die Ansiedlung von Han jedoch ausdrücklich fortgesetzt wissen. Massenumsiedlungen von Ost nach West könne die Übervölkerung an der Küste lindern helfen, meint er.

"Wenn weiterhin Wanderarbeiter in Großstädte wie Peking oder Schanghai strömen, wäre das ein Desaster für das Land. Die immensen Umwelt- und Ressourcenprobleme Chinas lassen sich auch auf die ungleiche Bevölkerungsdichte zurückführen", erklärte Chen. "Eine schnelle Entwicklung des Westens könnte das Problem lindern helfen." (Ende/IPS/sv/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juli 2010