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ASIEN/1009: US-Außenminister Blinken setzt auf stärkeres Bündnis mit Vietnam (Gerhard Feldbauer)


US-Außenminister Blinken setzt auf stärkeres Bündnis mit Vietnam

Vietnam bleibt bei seiner Außenpolitik der Unabhängigkeit und Eigenständigkeit

von Gerhard Feldbauer, 19. April 2023


Während die deutsche Chef-Diplomatin Baerbock in Peking mit einer Anti-Putin-Front scheiterte, unternahm US-Außenminister Antony Blinken am Samstag einen weiteren Versuch, bevor er sich in die japanische Hauptstadt begab, bei einem dreitägigen Besuch in Hanoi. Er traf sich unter anderem mit Premierminister Pham Minh Chinh zum Gespräch und wurde vom Generalsekretär der Kommunistischen Partei, Nguyen Phu Trong, empfangen, mit dem er zusammen an der Grundsteinlegung für eine neue US-Botschaft teilnahm. Es war Blinkens erster Besuch in dem südostasiatischen Land, das ein wichtiger Partner in Washingtons Indopazifik-Strategie ist, denn die USA sind nach China der wichtigste Handelspartner des kommunistischen Einparteienstaates. Offiziell verbindet beide Staaten seit 2013 eine "umfassende Partnerschaft" - der Besuch markierte den zehnten Jahrestag dieser Zusammenarbeit - und die USA sind schon lange bemüht, die Allianz zu einer "strategischen Partnerschaft" auszubauen.

Xu Liping, Direktor des Zentrums für Südostasienstudien an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften in Peking, hatte gegenüber der Global Times bemerkt, dass Blinkens Besuch in Vietnam die Absicht der USA zeige, Vietnam in seine China-Eindämmungsstrategie einzubeziehen, und gleichzeitig gewarnt, Hanoi tue gut daran, sich nicht von den USA dazu benutzen zu lassen, seinen wichtigsten Nachbarn durch zu sehr ausgebaute Handelsbeziehungen mit den USA zu konfrontieren. Im Ergebnis zeigte sich denn auch, dass Vietnam auf seiner eigenen strategischen Autonomie beharrte, zu der Premier Pham Minh Chinh laut der staatlichen Nachrichtenagentur Vietnam News Agency (VNA) betonte, "Vietnam betrachtet die Vereinigten Staaten als einen seiner wichtigsten Partner und möchte seine uneingeschränkte Kooperation mit den Vereinigten Staaten auf der Grundlage der Achtung der Unabhängigkeit, Souveränität, territorialen Integrität und der politischen Institutionen jeder Partei fördern". Blinken habe seinerseits bekräftigt, "dass die USA das politische System, die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität Vietnams respektieren und ein mächtiges, unabhängiges, autarkes und wohlhabendes Vietnam unterstützen".

Wie die britische Nachrichtenagentur Reuters verlauten ließ, versuchte Blinken in Hanoi die Bündnisse in Asien zu festigen, um China einzudämmen. Die einstigen Kontrahenten hätten über die Möglichkeit gesprochen, ihr Bündnis zu einer "strategischen Partnerschaft" auszubauen, wurde nach einem Treffen Blinkens mit Pham Minh Chinh bekannt. Dieser äußerte verhalten, die Möglichkeit einer Vertiefung der gemeinsamen Beziehungen sei nicht ausgeschlossen, sein Land werde "dies erwägen".

Um klarzustellen, dass keine Einmischung in die innenpolitische Entwicklung unter Führung der KPV geduldet wird, ist der prominente Blogger und Dissident Nguyen Lan Thang demonstrativ vor dem Eintreffen Blinkens wegen staatsfeindlicher Aktivitäten zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Thang hatte an Umwelt- und Anti-China-Protesten teilgenommen und über soziopolitische Themen gebloggt, Interviews für verschiedene Websites gegeben und Videoclips im Internet veröffentlicht, die sich gegen die Sozialistische Republik Vietnam richteten. Im Interesse seiner strategischen Ziele verzichtete Blinken darauf, einer Forderung von Human Rights Watch nachzukommen und von der vietnamesische Führung öffentlich und privat zu fordern, den "systematischen Missbrauch der Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zu beenden".

Auf einer Pressekonferenz in Hanoi erklärte Blinken, wie die Zeitschrift Vietnam plus berichtete, dass beide Länder für gemeinsame Interessen zusammenarbeiten. So wollen die Vereinigten Staaten durch die Unterstützung Vietnams eigene voranbringen: über die Schaffung von Arbeitsplätzen und der Stärkung amerikanischer Unternehmen bis hin zu neuen Schritten zur Bewältigung der Klimakrise und zur Vorbeugung von Pandemien. Dabei wollen sich die Partner darauf konzentrieren, Frieden, Stabilität, Zusammenarbeit und Entwicklung im asiatisch-pazifischen Raum zu fördern. Die USA wollen weiter dazu beitragen, die Folgen des Krieges zu bewältigen und ein neues Projekt im Wert von 73 Millionen US-Dollar zu starten, um kontaminierte Böden und Sedimente in der früheren US-Basis Bien Hoa zu beseitigen.

Blinken erneuerte eine Einladung Präsident Bidens an KPV-Generalsekretär Nguyen Phu Trong zu einem Besuch in die USA, der seinerseits eine Einladung an Präsident Joe Biden, Vietnam zu besuchen, erneuerte.

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Quelle:
© 2023 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 21. April 2023

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