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AFRIKA/720: Chinas Afrika-Offensive (afrika süd)


afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
Nr. 1, Januar/Februar 2009

Chinas Afrika-Offensive

Von Sanusha Naidu


Zum Jahresbeginn 2009 haben zwei chinesische Minister afrikanische Staaten bereist und damit Chinas Interesse vor allem an Handelsbeziehungen und direktem Engagement in der afrikanischen Wirtschaft unterstrichen. Aber auch Indien meldet Interessen an.


Alle reden von der internationalen Finanzkrise. Da tourt der chinesische Außenminister Yang Jiechi in der dritten Kalenderwoche 2009 durch Afrika, um den Partnern dort zu versichern, dass sein Land nicht daran denke, Handel und Investitionen in Bezug auf den Kontinent zurückzufahren. Auf seiner letzten Reisestation Südafrika bekräftigte er, China werde "auch weiterhin den afrikanischen Ländern Beistand leisten". Er fügte hinzu, Afrika sei in dieser Krise keineswegs eine Insel. Deshalb sei es wichtig, auf internationaler Bühne zusammenzuarbeiten, um die internationale Finanzarchitektur neu zu gestalten und zu einer globalen Stabilität beizutragen.


Reisediplomatie

Von der Reise werden positive Vertragsabschlüsse vermeldet. In Ruanda sagte Yang zu, die bestehenden finanziellen Verpflichtungen auf 7,8 Mio. US-Dollar zu erhöhen. Einzelheiten und Mitteilungen über den Verwendungszweck gibt es nicht. Ein Sprecher der ruandischen Regierung deutete lediglich an, dass seine Regierung verstärkte chinesische Beteiligung an Investitionen und im Technologiesektor erwarte. Die bisherige Zusammenarbeit erstreckt sich auf Infrastruktur, Landwirtschaft und Bildung.

In Uganda unterzeichnete Yang ein niedrig verzinstes Hilfspaket als einen "erneuten Anstoß für die Entwicklung des ostafrikanischen Landes". Die Abmachungen umfassen "ein Rahmenabkommen über zweckgebundene Kredite für den Aufbau einer Kommunikationstechnologie für die Regierung sowie die technische Ausrüstung des Stadtrates von Kampala im Wert von 10 Mio. US-Dollar." Die restliche Summe ist für die wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit im Krankenhausbau und in Regierungsstellen bestimmt.

In Malawi forderte Außenministerin Joyce Banda China auf, "in die Verarbeitung von heimischen Rohstoffen zu investieren, um die Qualität lokaler Produkte zu verbessern und Arbeitsplätze zu schaffen". Malawi hat erst im Dezember 2007 diplomatische Beziehungen zu China aufgenommen. Anlässlich des Besuchs von Yang bekräftigte die malawische Regierung ihr ja zur Ein-China-Politik Pekings und brachte die Erwartung zum Ausdruck, mittels chinesischer Zuschüsse die wertsteigernde Produktion vor allem im agrar-verarbeitenden Bereich zu verbessern.

Die letzte Station seiner Reise führte Yang nach Südafrika. Dort versicherte ihm Außenministerin Nkosana Dlamini-Zuma, dass sich nach den Wahlen in diesem Jahr "die politische Szene im Lande wohl kaum ändern" werde. Der Südafrika-Besuch galt vornehmlich der Stärkung der strategischen Partnerschaft zwischen Peking und Pretoria. Yang und Dlamini wiesen auf die steigende Bedeutung Südafrikas in internationalen Foren hin und unterstrichen, im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eng zusammenzuarbeiten, wenn es "um wichtige internationale und regionale Fragen und Brennpunkte" gehe. Sie betonten ihre Verpflichtungen gegenüber den Entwicklungsländern und ihre Verantwortung angesichts der globalen Finanzkrise.

Der Besuch Yangs in Ruanda und Uganda war vornehmlich strategischer Natur, beide Länder gehören der Ostafrikanischen Gemeinschaft EAC an. Ruanda führt derzeit den Vorsitz der Gemeinschaft. China ist es gelungen, sich einen breiten Zugang zur Region und deren Markt zu verschaffen und einen Korridor quer durch den Kontinent von Angola bis Uganda und Kenia zu legen.


Ein stiller Handelsreisender

China ist dabei, seine Afrika-Strategie auszubauen und seine Interessen an mineralischen Rohstoffen in Angola, der DR Kongo und Sambia zu konsolidieren. Das unterstreicht eine Reise von Handelsminister Chen Deminz, die ihn zeitgleich zum Afrikabesuch des Außenministers, wenngleich von der Öffentlichkeit weniger beachtet, nach Kenia, Angola und Sambia führte.

Nach seinem Besuch in Kenia war Sambia sein nächstes Reiseziel. Dort unterzeichnete Cheng mehrere Unterstützungsabkommen, die neue Kredite und Zuschüsse an die sambische Regierung vorsehen. Eine Reihe von Projekten hat vornehmlich symbolischen Charakter, wie der Bau eines nationalen Stadions, eines Konferenzzentrums und einiger Regierungsgebäude. Der überwiegende Teil soll jedoch in die Entwicklung der Agro-Industrie fließen. Für diesen Sektor wurde auch der Austausch chinesischer Agrarexperten vereinbart.

Ein Glanzlicht seines Sambia-Aufenthaltes war die Eröffnung einer sambisch-chinesischen Zone für die Zusammenarbeit in Wirtschaft und Handel (Zambia-China Economic and Trade Cooperation Zone) in Lusaka, die besondere Anreize für stärkere Investitionen bieten soll. In dieser Zone will China Partnerschaften mit ansässigen Firmen eingehen und gezielt Investitionen fließen lassen. China erwartet sich davon, dass seine Investoren stärker von lokaler Expertise, Kenntnissen und Unternehmenskultur profitieren können. Unklar ist allerdings, ob diese Einrichtung in einem Zusammenhang steht mit der bisher wichtigsten Industriezone Chambishi (Chambishi Special Economic Zone), die im Kupfergürtel besteht. Diese Zone hat erst unlängst von zehn chinesischen Anlegern Investitionen von 700 Mio. US-Dollar zugesagt bekommen. Diese Summe geht in eine ganze Palette unterschiedlicher Industrien.

Der Endpunkt der Afrika-Reise des Handelsministers war ein zweitägiger Aufenthalt in Angola. Er war auch eine Antwort auf den Besuch des angolanischen Präsidenten Eduardo dos Santos in Peking Ende 2008. Dort hatte dos Santos um eine Erhöhung finanzieller Beihilfen verhandelt, um Verpflichtungen der Regierung für die Infrastruktur zu decken. Mit dem Besuch Chengs unterstrich China, welche Bedeutung es diesem ölreichen Land beimisst.

Angola war 2008 der wichtigste afrikanische Handelspartner Chinas und belegt eine Spitzenposition in den weltweiten Handelsbeziehungen Chinas insgesamt. Der Wert des Handels zwischen beiden Ländern betrug 2008 stolze 23,5 Mrd. US-Dollar, ein Allzeit-Hoch in den Beziehungen. Chinas Handel mit Schwarzafrika erreichte Ende 2008 ein Volumen von erstaunlichen 106,8 Mrd. US-Dollar, die Investitionen beliefen sich auf über 5 Mio. US-Dollar. China hatte sich eigentlich erst bis 2010 vorgenommen, ein Handelsvolumen von insgesamt 100 Mrd. US-Dollar zu erreichen.

Die Afrikareisen der beiden chinesischen Minister sollten nicht zuletzt eine klare Botschaft transportieren: China meint es ernst mit den Vereinbarungen des Forums für afrikanisch-chinesische Zusammenarbeit Focac (Forum on Africa-China Cooperation) von 2006. Soweit man es überblicken kann, kann China in den meisten der acht getroffenen Vereinbarungen bemerkenswerte Fortschritte verzeichnen; jedenfalls wies Cheng ausdrücklich darauf hin. Besonders aufmerksam wurde die offizielle Ankündigung zur Kenntnis genommen, dass fünf Sonderwirtschaftszonen oder Freihandelszonen im Aufbau begriffen sind. Um Spekulationen zu unterbinden, nannte Cheng namentlich folgende: die schon erwähnte sambische ZCCZ, die Guangdong Economic und Trade Cooperation Zone und die Lekky Duty Free Trade Zone in Lagos! Nigeria, die Egypt-Suez Economic and Trade Zone und den Ethiopian Orient Industrial Park.

So erfolgreich die Reisewoche der chinesischen Minister war, sie wurde dadurch getrübt, dass zwei staatliche chinesische Firmen in der gleichen Woche auf die schwarze Liste gesetzt wurden; die Weltbank warf den beiden Firmen vor, obskure Geschäft in den Philippinen zu tätigen. Bei den beiden Firmen handelt es sich um die Bauunternehmen China Roads und Bridge Corporation und die China State Construction Engineering Corporation. Beide Firmen haben in nicht geringem Umfang auch in afrikanische Infrastruktur-Projekte investiert. Einige dieser Projekte wurden von der Weltbank ausgeschrieben. Die Auflistung hat zur Folge, dass diese beiden Firmen sich für einige Jahre nicht mehr an Ausschreibungen der Weltbank beteiligen können. Analysten halten es jedoch für wenig wahrscheinlich, dass damit Chinas Investitionen in Afrika zurückgefahren werden, sie halten es lediglich für ein Schlagloch auf der chinesisch-afrikanischen Straße.


Indien will nicht zurückstehen

Während China seine bekannte diplomatische Initiative in Richtung Afrika fortgesetzt hat, besuchte der indische Minister für ausländische Angelegenheiten und für Information und Rundfunk, Anand Sharma, Sierra Leone und die Elfenbeinküste. Der Besuch sollte ganz offensichtlich die Beziehungen Indiens zu den beiden westafrikanischen Staaten durch bilaterale Abkommen unterfüttern. Diese Abkommen betreffen unter anderem die Landwirtschaft, den IT-Bereich und gemeinsame multilaterale Interessen.

Um den indisch-afrikanischen Dialog voranzubringen, war Neu-Delhi am 19. und 20. Januar 2009 Gastgeber des India-Africa Business Partnership Summit. Bei der Eröffnung des Gipfeltreffens forderte der indische Außenminister Pranab Mukherjee ein stärkeres Engagement in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beider Seiten. Sein Junior-Minister Anand Sharma zeigte sich überzeugt, dass der weltweite Wirtschaftsabschwung Indiens Handelsbeziehungen keinen Abbruch tun werde. Für die afrikanische Seite hielt der ruandische Präsident Paul Kagame die Grundsatzrede.

Indien gibt deutlich zu erkennen, dass es die bestehenden Beziehungen zu Afrika weiter untermauern will. Wenn auch verhüllt signalisiert Indien, dass es bereit und willens ist, mit den chinesischen Staatsunternehmen in Wettbewerb zu treten. Der indische Minister für Verkehr und Energie, Jairam Ramesh, drängte die indischen Unternehmen, sich stärker bei Investitionen und weniger im Handel mit Afrika zu engagieren. Das dürfte wohl der erste Hinweis von offizieller Seite sein, dass China als potenzieller Konkurrent für die indischen Wirtschaftsinteressen in Afrika gesehen wird. Diese bemerkenswerte Entwicklung sollten die afrikanischen Regierungen als Chance erkennen, die nicht vergeben werden darf.


Die Autorin ist Forschungsdirektorin bei Fahamu, einem afrikanischen Netzwerk für soziale Gerechtigkeit, und lebt und arbeitet in Kapstadt. Ihr Beitrag erschien in Pambazuka News vom 22.01.09


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Quelle:
afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
38. Jahrgang, Nr. 1, Januar/Februar 2009, S. 26-27
Herausgeber: informationsstelle südliches afrika e.V. (issa)
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"afrika süd" erscheint mit 6 Heften im Jahr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2009