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AFRIKA/1332: Mali - Das Potenzial der Jugend für die Entwicklung nutzen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Juli 2015

Mali: Das Potenzial der Jugend für die Entwicklung nutzen

von Jean-Luc Stalon (*)



Bild: © Marco Dormino/UN

Mädchen in Timbuktu, Mali
Bild: © Marco Dormino/UN

BAMAKO (IPS) - Die kürzlich geschlossenen Friedensabkommen in Mali stimmen zuversichtlich. Es ist an der Zeit, aus der Einigung Nutzen zu ziehen, um Wiederaufbau, Aussöhnung und Entwicklung des afrikanischen Landes voranzubringen. Ein wichtiger Teil dieses Prozesses wird darin bestehen, der Jugend Malis einen zentralen Platz in der Agenda für Frieden und Wohlstand zu geben.

Als Staat mit einer jungen Bevölkerung, der gesellschaftliche Krisen erlebt, ist Mali ein perfektes Beispiel für die Beziehung zwischen Jugend und Stabilität. Nur in Niger werden mehr Kinder geboren als in Mali. In einem Land, in dem es an Jobs, politischer Mitsprache und Sinnhaftigkeit fehlt, erscheint der Jugendüberschuss allerdings eher als Zeitbombe statt als Triebfeder wirtschaftlichen Wachstums.

Die komplexe Krise, die Mali 2012 traf, hat das Problem verschärft. Bewaffnete Gruppen rekrutierten viele arme, ungebildete Jugendliche, die sich durch die Aussicht auf schnell verdientes Geld und radikale Ideologien verführen ließen. Der Konflikt löste zudem größere Migrationsströme in Richtung Nordafrika und Europa aus.

Mehr denn je braucht die Jugend des Landes Lösungen, die ihrer täglichen Lebensrealität entsprechen und sie auf dem rechten Weg halten. Um dies zu erreichen, müssen sie aus dem Teufelskreis von Arbeitslosigkeit, Gewalt und Armut befreit werden. Ebenso wichtig ist es, dass sich junge Frauen und Männer Gehör verschaffen können und dass sie in Entscheidungsfindungen und Friedensarbeit einbezogen werden.

Die Regierung und ihre Partner haben bereits eine Reihe von Strategien auf den Weg gebracht, die jungen Menschen Arbeitsplätze verschaffen, ebenso Programme, die den sozialen Zusammenhalt stärken, Vertriebene wieder in die Gesellschaft eingliedern und auf nationaler Ebene Freiwillige mobilisieren sollen. Diese Initiativen sind den Zielgruppen sehr zugutegekommen, haben jedoch zu keinen umfassenden, nationalen Lösungen im Sinne einer Reintegration junger Leute und zu einer Verbesserung ihrer Lebensperspektiven geführt.

Die Arbeitslosenrate junger Frauen und Männer stagniert. 2011 hatten laut offiziellen Angaben etwa 15 Prozent der 15- bis 32-Jährigen keine Arbeit. Unabhängige Schätzungen gehen sogar von 50 Prozent aus, wobei sie die Unterbeschäftigung in die Berechnung einbezogen haben. In einem Land, das gegen Terrorismus, organisiertes Verbrechen und eine soziale Spaltung kämpft, wenden sich immer mehr Jugendliche Gewalt und Extremismus zu.

Wir müssen unsere Sicht auf die Entwicklung der Jugend von Grund auf verändern. Aus einer ganzheitlichen Perspektive müsste überlegt werden, wie junge Menschen in den Wirtschaftskreislauf eingegliedert werden. Neue Gründergenerationen müssten entstehen, die innerhalb ihrer Gemeinschaften und ihres Landes eine politische Stimme erhalten und ihre Ziele entwickeln.

Zuerst müssen wir Bildung und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern und zugleich die ökonomische Diversifizierung und die Transformation des Landes vorantreiben. Dazu wäre es notwendig, in vielversprechende Bereiche wie die Informationstechnologien zu investieren sowie Lernzentren und 'Peer-to-peer'-Netzwerke in enger Zusammenarbeit mit dem Privatsektor zu schaffen. In dieser Hinsicht könnte Mali von anderen erfolgreichen Initiativen lernen, etwa von den öffentlich-privaten Partnerschaften in Kenia, die die formellen und informellen Wirtschaftsbereiche miteinander verbinden.

Zweitens müssen junge Malier das Gefühl haben, bei den wichtigen Entscheidungen im Land berücksichtigt zu werden. Die Jungen sollten ermutigt werden zu wählen. Sie sollten die Chance erhalten, sich in einem um Inklusion, Vertrauen und friedvollen Wandel bemühten politischen System um Ämter zu bewerben.

Die kommenden Lokalwahlen und die Umsetzung der Friedensabkommen bieten zudem eine günstige Gelegenheit, junge Menschen besser einzubeziehen und in Entscheidungsprozessen stärker zu berücksichtigen.

Die heutige Jugend braucht Mentoren, während sie ihr Selbstgefühl entdeckt. Junge Frauen verdienen unsere volle Aufmerksamkeit. Es muss viel mehr getan werden, um sicherzustellen, dass sie ihre grundlegenden Menschenrechte ausüben können, darunter das Recht auf sexuelle und reproduktive Gesundheit sowie auf ein gewaltfreies Leben.

Ohne junge Menschen kann es keinen Frieden, keinen Sieg über die Armut und keine offenere und wohlhabendere Gesellschaft in Mali geben. Ein ganzheitlicherer Ansatz wäre effizienter und nachhaltiger. Dies könnte neue Mechanismen wie einen Vertrauensfonds für Jugendliche, neue Kanäle für einen Dialog zwischen den Generationen und eine globalere Perspektive beim Austausch von Wissen und Entwicklungserfahrungen einschließen. Wenn uns dies gelingt, könnte sich Mali auf einen äußerst erfolgreichen Weg der Entwicklung begeben. (Ende/IPS/ck/10.07.2015)


(*) Jean-Luc Stalon ist stellvertretender Landesdirektor des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) in Mali.


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/07/opinion-unlocking-the-potential-of-malis-young-women-and-men/

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IPS-Tagesdienst vom 10. Juli 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juli 2015

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