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AFRIKA/1215: Afrika - Auf der Suche nach einem neuen Panafrikanismus (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Juli 2013

Afrika: Auf der Suche nach einem neuen Panafrikanismus

von Joan Erakit


Bild: © Kristin Palitza/IPS

Afrika erhofft sich von einer Freihandelszone größere Produktionskapazitäten
Bild: © Kristin Palitza/IPS

New York, 22. Juli (IPS) - Die Afrikanische Union (AU) ist fest entschlossen, die Kluft zwischen Panafrikanismus und Afrikanischer Renaissance zu überbrücken. Doch der Militärcoup in Ägypten, die Instabilität im Südsudan und in Mali und sogar die schlechte Gesundheitslage des ehemaligen südafrikanischen Präsidenten und Freiheitskämpfers Nelson Mandela, machen es für den Block nicht leicht, das Ziel zu erreichen.

Der Begriff der Afrikanischen Renaissance oder Afrikanischen Wiedergeburt wurde von Südafrikas Staatschef Thabo Mbeki 1996 geprägt. Er bezeichnet ein Konzept, das es dem Kontinent erlaubt, sich aus eigener Kraft und mithilfe der internationalen Gemeinschaft aus der Rückständigkeit zu befreien. Die Unbenennung der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) in Afrikanische Union und die Neue Partnerschaft für Afrikanische Entwicklung (NEPAD) sind afrikanische Strategien, dieses Konzept umzusetzen.

Die OAU war 1963 von afrikanischen Führern wie Julius Nyerere (Tansania), Milton Obote (Uganda), Kenneth Kaunda (Sambia) und Nkwame Nkuruma (Ghana) mit dem Ziel gegründet worden, die gesamte Region von der Herrschaft der Kolonialmächte zu befreien. Beabsichtigt war damals der Aufbau eines aus starken und nachhaltigen Demokratien bestehenden Staatenbunds, um den Kontinent voranzubringen.


Neue Zielrichtung

Doch wie eine Podiumsdiskussion am Sitz der Vereinten Nationen in New York unlängst gezeigt hat, haben sich die afrikanischen Staaten von ihrer ursprünglichen Zielsetzung entfernt. Vielmehr geht es ihnen nun um die Frage, ob sich der Kontinent in das bestehende globale Wirtschaftssystem integrieren oder seine eigenen Finanzsysteme schaffen soll, um sich in einem erheblich größeren Umfang und auf Augenhöhe zu positionieren.

"Das Problem mit diesem Thema auf der Konferenz rührte daher, dass es aus der Perspektive des Panafrikanismus, aber des alten Panafrikanismus, heraus diskutiert wurde", meinte Robert Kayinamura, der erste Berater der ständigen ruandischen Mission bei den Vereinten Nationen, im IPS-Gespräch. "Doch müssen wir zu einem neuen Panafrikanismus kommen."

Panafrikanismus ist eine Ideologie und Bewegung, die die Idee von Einheit und Solidarität sowohl in Afrika als auch in der afrikanischen Diaspora verficht.

Während der Kontinent sein Wachstum beschleunigt, konzentriert sich die Welt und in erster Linie China auf den afrikanischen Ressourcenreichtum. Und die jeweiligen afrikanischen Führer greifen auf Organisationen wie die Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC) und die AU zurück, um ihre wirtschaftlichen, diplomatischen und entwicklungspolitischen Interessen umzusetzen.

Nach Ansicht von Ali Mazrui, Professor für afrikanische Studien an der Cornell-Universität, ist Konfliktprävention keine Stärke der AU. In den letzten 50 Jahren durchlitten viele Länder verheerende Bürgerkriege, ohne dass die Nachbarländer entschlossen eingegriffen hätten.

"Der ugandische Präsident Yoweri Museveni hätte, so wie Julius Nyerere in den 1970er Jahren in Uganda, im April 1994 in Ruanda eingreifen müssen", meinte Mazrui in Anspielung auf den ruandischen Völkermord und die von Tansania betriebene Vertreibung des ugandischen Machthabers Idi Amin 1978/79.

Mazrui zufolge hatte die OAU bei ihrer Gründung explizit betont, als Vermittlerin in afrikanischen Konflikten aufzutreten, nicht aber in Konflikten mitzuwirken. Seine Intervention in Uganda brachte dem tansanischen Staatschef deshalb Kritik von der OAU ein.

Doch die OAU-Schiene, sich aus regionalen Konflikten herauszuhalten, könnte Afrikas zunehmende Abhängigkeit von internationalen Friedensmissionen in Kriegszeiten erklären und auch die starke Fokussierung des Internationalen Strafgerichtshofs auf Afrikaner.

Da Konflikte jede Entwicklung verhindern und Armut bedingen, wären die afrikanischen Staaten in den ersten 50 Jahren der OAU-Existenz gut beraten gewesen, mit Konfliktmanagement und Friedensförderung zur Nachhaltigkeit des Kontinents beizutragen, meinte der Wissenschaftler.

Am 9. September 1999 war die OAU zusammengetreten, um die AU als Instrument zur Förderung des regionalen Wirtschaftswachstums mit den Staaten als gleichberechtigten Akteuren der globalen Wirtschaft zu gründen. In Ermangelung finanzieller Mittel oder wirtschaftlicher Expertisen zur Förderung der regionalen Entwicklung hatten sich die OAU auf den Kampf gegen den Kolonialismus konzentriert. Sie gab den Stab, die wirtschaftliche Infrastruktur Afrikas zu voranzubringen, nun also an die AU weiter.


Armut bekämpfen

Als die AU ihre Strategien im Sinne des wirtschaftlichen Wandels absteckte, schlug sie die Einrichtung eines afrikanischen Bankensystems vor, das Afrika aus seinen tiefen finanziellen Krisen und der Wurzel allen Übels, der Armut, herausführen sollte. "Armut ist das Hauptproblem des afrikanischen Kontinents. Es muss gelöst werden, will der afrikanische Kontinent eine neue Ebene erreichen", meinte Kayinamura von der ruandischen UN-Mission. "Armut ist die Quelle von Neid, Armut ist die Quelle, sich Unsinn anhören zu müssen", fügte er hinzu.

Die Pläne der AU in den Jahren 2010 bis 2011 zur Einrichtung einer Afrikanischen Zentralbank, einer Afrikanischen Investitionsbank und einem Afrikanischen Währungsfonds dienten allesamt dem Ziel, die afrikanischen Staaten durch eine geringere Abhängigkeit von auswärtigen Hilfen und Spendengeldern selbstbewusster, stärker und demokratischer zu machen. Dahinter steckte die Idee, die Armut mit Hilfe eigener Kreditunternehmen zu bekämpfen und damit den Aufbau des Privatsektors zu fördern.

"Der Privatsektor hat sich als der Motor der Armutsbekämpfung herausgestellt, weil er Arbeitsplätze schafft", meinte Kayinamura gegenüber IPS. "Wenn es Beschäftigungsmöglichkeiten gibt, können wir unsere Kinder zur Schule schicken. Dann gelingt der Ausstieg aus dem Teufelskreis nach dem Motto 'Ich arbeite auf dem Feld, dann müssen auch meine Kinder auf dem Feld arbeiten'."


Langsamer Erneuerungsprozess

Diesen Teufelskreis wollen die afrikanischen Länder nicht länger hinnehmen. Auch nimmt der Druck auf die politischen Führer, einen Wandel herbeizuführen, immer mehr zu. Doch der Mangel an politischer Reife und ein begrenzter Kapazitätenausbau sorgen dafür, dass der Erneuerungsprozess nur langsam vonstatten gehen kann.

Seitdem der arabische Frühling Nordafrika erschüttert und den Kontinent wieder ins öffentliche Rampenlicht geholt hat, drängen sich erneut die Fragen auf: Was und wer wird Afrika voranbringen? (Ende/IPS/kb/2013)


Link:

http://www.ipsnews.net/2013/07/in-search-of-a-new-pan-africanism/

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IPS-Tagesdienst vom 22. Juli 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juli 2013