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AFRIKA/1188: Côte d'Ivoire - Unabhängige Kandidaten gewinnen Kommunalwahlen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. April 2013

Côte d'Ivoire:
Denkzettel für die Regierung - Unabhängige Kandidaten gewinnen Kommunalwahlen

Von Robbie Corey-Boulet


Bild: © Robbie Corey-Boulet/IPS

Auf dem Plakat in Abidjan werden die Bürger aufgefordert, die Wahlplakate nicht zu verunstalten
Bild: © Robbie Corey-Boulet/IPS

Abidjan, 30. April (IPS) - Bei den Kommunalwahlen in Côte d'Ivoire haben die Bürger mehrheitlich unabhängigen Kandidaten den Vorzug gegeben und damit ihre Unzufriedenheit mit der Regierung von Staatspräsident Alasanne Ouattara zum Ausdruck gebracht.

Wie Landry Kuyo, Generalsekretär der Jugendorganisation 'My Way Network' zur Förderung der politischen Partizipation, erklärte, ist der Sieg der unabhängigen Kandidaten ein klares Zeichen dafür, dass die Menschen von Ouattara und den politischen Parteien enttäuscht sind. Sie hätten kein Interesse an Politikern, denen die Entwicklung der Gemeinden egal sei. Hier hätten die unabhängigen Kandidaten gepunktet.

Das offizielle Ergebnis der Kommunalwahlen lag am 26. April vor. Demnach konnten die unabhängigen Kandidaten 72 Sitze erringen. Ouattaras Sammlung der Republikaner (RDR) sicherte sich 65 und die Demokratische Partei Côte d'Ivoires (PDCI) 49 Sitze. Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der Unabhängigen Wahlkommission bei 36,44 Prozent.

Auf ihren Wahlveranstaltungen hatten die unabhängigen Kandidaten vor allem mit der Durchführung lokaler Entwicklungsprojekte wie die Sanierung von Schulen und Gesundheitszentren und die Verbesserung der Märkte und Transportsysteme geworben. Viele griffen auch das Thema Jugendarbeitslosigkeit auf und versprachen, die Menschen im Lande miteinander auszusöhnen.

"Der Erfolg der unabhängigen Kandidaten war die größte Überraschung dieser Wahlen, die trotz des Boykotts durch die Ivorische Volksfront (FPI) des ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo spannender war, als wir zunächst erwartet hatten", meinte Samir Gadio, ein Analyst für aufstrebende Märkte der 'Standard Bank' in London.


Erste Lokalwahlen seit zehn Jahren

Durch die Kommunalwahl vom 21. April hatten die Ivorer erstmals seit einem Jahrzehnt die Gelegenheit, ihre kommunalen und regionalen Führer wieder selbst zu bestimmen. Bis dahin hatte die politische Krise, die binnen fünf Monaten mindestens 3.000 Menschen das Leben kostete, den Urnengang unmöglich gemacht.

Auslöser der Gewalt war die Weigerung Gbagbos, den Wahlsieg von Ouattara im November 2010 anzuerkennen und das Feld zu räumen. Gbagbo wurde im April 2011 nach der Intervention Frankreichs und der USA festgenommen.

Die FPI hatte weder an den Lokal-, noch an den Parlamentswahlen im Jahre 2011 teilgenommen. Doch anders als vor zwei Jahren konnten RDR und die von dem ehemaligen Präsidenten Henri Konan Bedie geführte PDCI von dem Boykott bei den Kommunalwahlen nicht profitieren.

Etliche der sogenannten unabhängigen Kandidaten waren ehemalige FPI-Mitglieder, die mit dem Boykott ihrer Partei nicht einverstanden waren. 15 wurden aus der Partei ausgeschlossen. Andere unabhängige Kandidaten hatten der RDR oder PDCI angehört, waren aber nicht als Kandidaten zu den Lokalwahlen zugelassen worden.

Zu dieser Gruppe gehört Soumahoro Farikou, der in Admame, einem Wahlbezirk der Hauptstadt Abidjan angetreten war. Das ehemalige RDR-Mitglied war bei der Auswahl der Kandidaten für die Gemeindewahlen übergangen worden, erzielte bei den Kommunalwahlen aber nur 1.000 Stimmen weniger als der offizielle RDR-Kandidat.

Auch wenn einige unabhängige Kandidaten enge Beziehungen zu den Koalitionsparteien unterhalten hatten, waren sie Außenseiter, die sich mit politischen Gegnern messen mussten, die von ihren Parteien finanziell unterstützt wurden.


Versagen der Regierung bei nationaler Versöhnung vorgeworfen

Roger Akouman, ein 24-jähriger Universitätsstudent in Yopougon, wirft der Regierung Ouattara vor, nichts für die nationale Versöhnung getan hat. Er begrüßte den Ausgang der Kommunalwahlen, "da es am Ende die lokalen Kandidaten sein werden, die uns dabei helfen müssen, das Land nach dem Konflikt voran zu bringen", meinte er. Auf nationaler Ebene sei dies nicht geschehen.

Menschenrechtsorganisationen beschuldigen die Ouattara-Administration, ausschließlich Gbagbo-Anhänger für die während der Krise begangenen Verbrechen zur Verantwortung gezogen zu haben, obwohl beide Seiten Gräuel begangen hatten. Auch sollen die Streitkräfte des Landes - vor allem nach den Angriffen Unbekannter auf Militäreinrichtungen im letzten Jahr - Gbagbo-Anhänger misshandelt und gefoltert haben.

Im Vorfeld der Kommunalwahlen hatte das My Way Network eine Debatte der Kandidaten im Cocody-Bezirk von Abidjan organisiert. Von den 13 Anwärtern erklärten sich neun zur Teilnahme bereit. Am Ende kamen drei - allesamt unabhängige Kandidaten. Landry Kuyo hofft nun, dass das Wahlergebnis dafür sorgen wird, dass die politischen Parteien künftig stärker auf die Wähler eingehen werden. Dazu meinte der RDR-Sprecher Joel N'Guessan: "Wir werden lernen, die Wünsche der Basis zu respektieren." (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.mywaynetwork.org/
http://www.ipsnews.net/2013/04/ivorians-snub-government/

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IPS-Tagesdienst vom 30. April 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Mai 2013