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INNEN/2202: Europäische Harmonisierung von Daten- und Verbraucherschutz nur auf hohem Niveau


Pressemitteilung der SPD-Bundestagsfraktion - 25. Januar 2012

AG Inneres

Europäische Harmonisierung von Daten- und Verbraucherschutz nur auf hohem Niveau


Zu den heute von EU-Kommissarin Viviane Reding offiziell vorgestellten Entwürfen einer EU-Datenschutz-Verordnung und einer Richtlinie für die Zusammenarbeit von Polizei und Justiz erklärt der zuständige Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion Gerold Reichenbach:

Die Zielsetzung ist richtig. Auch die SPD-Bundestagsfraktion spricht sich für eine Harmonisierung im Bereich Datenschutz in der EU aus. Die Bundesregierung muß sich jedoch auf europäischer Ebene dafür einsetzen, daß die Harmonisierung nicht deutsches Verfassungsrecht außer Kraft setzt, Grundrechte geschützt werden und insbesondere das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht ausgehebelt wird.

Es darf nicht zu einer Verschlechterung des Rechtschutzes für den einzelnen Bürger kommen. Entscheiden wir uns für die Rechtsform einer Verordnung, ist für deren Auslegung nicht mehr primär das Bundesverfassungsgericht, sondern der Europäische Gerichtshof (EuGH) zuständig. Vor dem EuGH gibt es keine Möglichkeit einer Individualbeschwerde, so daß es zu einer faktischen Beschneidung des Grundrechtsschutzes kommen könnte. Das Bundesverfassungsgericht könnte sogar in die Bredouille kommen, seine bisherige Rechtsprechung, wo es um das Verhältnis von nationalem Verfassungsrecht zu abgeleitetem Europäischen Gemeinschaftsrecht geht, in Frage stellen zu müssen, um nach wie vor einen hohen Grundrechtsschutz in Deutschland gewährleisten zu können. Das könnte dazu führen, daß Europäisches Recht nicht mehr einheitlich von den Mitgliedstaaten angewandt werden kann, weil es in Deutschland unter Umständen verfassungswidrig wäre. Die Wahl der Rechtsform muß deshalb mit all ihren Konsequenzen sorgfältig überdacht werden.

Zu den Inhalten: Es ist zu begrüßen, daß durch die Verordnung Unternehmen zu größerer Sorgfalt beim Datenschutz verpflichtet werden. Der Bürger soll umgehend benachrichtigt werden müssen, wenn seine Daten verloren gehen oder unrechtmäßig entwendet werden. Unternehmen, die keinen Sitz in der EU haben, sollen sich nach der Verordnung richten müssen, wenn sie sich an EU-Bürger wenden. Das betrifft auch Internetunternehmen wie Facebook und Google, wo heiß umstritten ist, welches Recht anwendbar ist. Auch das neu eingeführte so genannte "right to be forgotten" ist ein wichtiger Schritt zu mehr Daten- und Verbraucherschutz im Internet. Der Nutzer kann nun jederzeit seine Zustimmung zur Datenverarbeitung zurückziehen. Datenschutzfreundliche Voreinstellungen sollen verpflichtend werden (Privacy by default/ Privacy by design), das heißt alle Produkte und Dienstleistungen müssen bei Auslieferung beziehungsweise bei der ersten Inanspruchnahme datenschutzfreundlich voreingestellt sein, damit nur so viele Daten erfaßt, verarbeitet und gespeichert werden, wie für die Nutzung unbedingt erforderlich ist.

Die Inhalte sind zu unterstützen. Die Bundesregierung ist nun gefordert, sich im Rat der Europäischen Union und gegenüber der Europäischen Kommission für eine weitgehende europäische Harmonisierung auf einem hohen Datenschutz-Niveau einzusetzen, ohne dabei deutsche Grundrechtsstandards aus den Augen zu verlieren.

Copyright 2012 SPD-Bundestagsfraktion


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 70 vom 25. Januar 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Januar 2012