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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2239: 30 Jahre Bürgerbeauftragte (Der Landtag)


Der Landtag - Nr. 04 / Dezember 2018
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

30 Jahre Bürgerbeauftragte - El Samadoni warnt vor Staatsverdruss


Seit Oktober 1988 gibt es in Schleswig-Holstein den Posten der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten. Zum 30. Jubiläum hat Amtsinhaberin Samiah El Samadoni Bilanz gezogen. Sie blickt auf Erfolge zurück, warnt aber zugleich vor einer wachsenden Staatsverdrossenheit.


In insgesamt 85.000 Fällen hat die beim Landtag angesiedelte Beratungsstelle in den vergangenen drei Jahrzehnten Bürgern unter die Arme gegriffen, die Probleme mit den Sozialbehörden hatten. Zentrale Ärgernisse sind Hartz IV und die gesetzliche Krankenversicherung, aber es kommen auch Beschwerden zum Wohngeld, zum Bafög, zur Jugendhilfe, zur Pflegeversicherung oder zur Rente. El Samadoni sieht die gleichbleibend hohe Zahl von mehr als 3.000 Eingaben pro Jahr als Warnsignal. Sie stelle eine "wachsende Entfremdung der Bürger vom Staat" fest: "Das macht mir Sorgen." Häufig agierten Behörden unflexibel, verwendeten eine unverständliche Juristensprache oder verschickten fehlerhafte Bescheide zulasten der Betroffenen. Das Ergebnis sei ein "Vertrauensverlust in öffentliche Institutionen".

"Behörden dürfen nicht nur auf Kosten achten"

El Samadoni und ihr 18-köpfiges Team wollen dem entgegenwirken: durch Beratung der Betroffenen und durch klärenden Gespräche mit den Ämtern. "Wir streben einvernehmliche Lösungen an und versuchen, Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden", so El Samadoni. "Damit bewirken wir etwas für den sozialen Frieden."

In einigen Fällen sei es sogar gelungen, über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Erleichterungen zu erreichen. So habe der Einsatz der Bürgerbeauftragten dazu geführt, dass Land und Kommunen im Jahr 2016 mehr Geld für die Schulbegleitung von Kindern mit Behinderung bereitgestellt hätten.

Für die Zukunft hat die Bürgerbeauftragte konkrete Wünsche an Politik und Verwaltung: Die bürgernahe Sprache müsse ein zentraler Teil der Verwaltungsausbildung werden. Behörden müssten ihre Gestaltungsspielräume nutzen und Sozialausgaben nicht als Kosten, sondern als Investition in die Gesellschaft betrachten. Und: Deutschland brauche einen Bundes-Bürgerbeauftragten. Denn die Bundesrepublik sei neben Italien das einzige EU-Land, in dem diese Einrichtung auf nationaler Ebene fehle.

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 4 / Dezember 2018, S. 18
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
Schleswig-Holsteinischer Landtag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Februar 2019

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