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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2153: Falsche Freunde und Gewalt - darum werden Jugendliche rechtsextrem (Der Landtag)


Der Landtag - Nr. 04 / Dezember 2016
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

Falsche Freunde und Gewalt - darum werden Jugendliche rechtsextrem

Studie der Uni Kiel liefert Zahlen aus dem Land


Rund acht Prozent der Jugendlichen in Schleswig-Holstein haben ein rechtsextremes Weltbild. Das heißt: Sie denken übertrieben national, lehnen die Demokratie ab, verharmlosen das NS-Regime, verachten Ausländer, haben Vorurteile gegen Muslime und Juden und sperren sich gegen die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Das besagt eine Studie der Kieler Universität, die im Sommer im Landeshaus vorgestellt wurde.


Damit bewegt sich der Norden etwa im Durchschnitt der westdeutschen Länder. Die Forscher vom Institut für Psychologie haben 2014 rund 3.000 Schüler der Klassen 7 und 9 an allgemeinbildenden Schulen befragt, außerdem 400 Berufsschüler. Anhand von 14 Fragen ermittelten sie die Einstellung der jungen Menschen.

Auffällig: Laut der "Regionalanalysen zum Rechtsextremismus in Schleswig-Holstein" gibt es im Lande ein Nord-Süd-Gefälle. Die Jugendlichen aus den Regionen Flensburg und Nordfriesland äußerten fast drei Mal so häufig Sympathien für rechtes Gedankengut wie ihre Altersgenossen aus dem Raum Itzehoe. Die Schüler aus Kiel und Lübeck lagen dazwischen.

Der Grund für die regionalen Unterschiede sei schwer zu ermitteln, so die Forscher. Es könnte daran liegen, dass es auf dem platten Land weniger Menschen mit Migrationshintergrund gibt als etwa im Hamburger Umland. Und dass sich deswegen Ängste vor dem Unbekannten entwickeln. Oder es könnte am Bildungsniveau und den Arbeitslosenzahlen liegen.

Männer seien grundsätzlich eher anfällig für rechte Gedanken als Frauen, verweisen die Forscher auf vorherige Studien. Bei der Befragung im Lande hätten sich aber nur "moderat" mehr Jungen als Mädchen rechtsextrem geäußert. Wichtiger ist die Schulform: Auf dem Gymnasium sei das extremistische Denken weniger verbreitet als auf Gemeinschafts-, Regional- und Berufsschulen.

Wie werden Jugendliche zu Rechtsextremen? Entscheidend seien Eltern und Freunde, stellen die Kieler Wissenschaftler fest. Wenn Rechtsextreme im Bekanntenkreis den Ton angeben, dann werde deren Verhalten übernommen. Und: Wer schon früh Gewalt erlebt, wird öfter selbst gewaltbereit, denkt in Hierarchien und wird intolerant gegenüber Menschen, die anders sind.

Was hilft? Der Kontakt zu Menschen aus fremden Kulturen sei ein "Schutzfaktor", betont die Studie. Hinzu kommt der Faktor "Empathie". Wer in Schule und Familie erlebt, dass Streitigkeiten friedlich und demokratisch gelöst werden können, ist anderen Menschen gegenüber aufgeschlossen und weniger anfällig.


Die Studie steht im Internet:
www.soziokultur-sh.de
Rubrik "Downloads"

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 04 / Dezember 2016, S. 7
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel
Tobias Rischer (verantwortlich)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2017

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