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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2139: Stille Feiertage nicht mehr ganz so still (Landtag)


Der Landtag - Nr. 01 / März 2016
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

Stille Feiertage nicht mehr ganz so still


Mehr Feier, weniger Trauer? Der Landtag hat die Regelungen für sogenannte stille Feiertage gelockert. Schleswig-Holsteiner haben ab sofort am Karfreitag, am Totensonntag und am Volkstrauertag mehr "Party-Time". Tagsüber soll jedoch in der Öffentlichkeit Ruhe herrschen. Das Parlament einigte sich im Januar nach kontroverser Debatte auf die neue Regelung.


Künftig gilt die "stille Zeit" am Karfreitag von 2 Uhr morgens bis 2 Uhr am Folgetag. Am Totensonntag und am Volkstrauertag soll zwischen 6 und 20 Uhr Ruhe einkehren. Bisher waren öffentliche Veranstaltungen, die nicht dem ernsten Charakter der Tage entsprachen, am Totensonntag und am Volkstrauertag ab 4 Uhr morgens untersagt. Für den Karfreitag galt ein ganztägiges Verbot.

Die neue Bestimmung ist ein Kompromiss. Ein Teil des Landtages, insbesondere die CDU, wollte an den alten Ruhezeiten festhalten. Demgegenüber strebte eine Gruppe von Abgeordneten aus verschiedenen Fraktionen nach Hamburger Vorbild eine noch weiter gehende Liberalisierung an.

Das "Hamburger Modell" sieht ein Veranstaltungsverbot am Totensonntag lediglich von 6 bis 17 Uhr sowie am Volkstrauertag von 6 bis 15 Uhr vor. Dies hatten Kai Dolgner (SPD), Eka von Kalben (Grüne), Ekkehard Klug (FDP), Patrick Breyer (Piraten) und Lars Harms (SSW) gemeinsam auch für Schleswig-Holstein vorgeschlagen. Dass unterschiedliches Recht in den beiden Nachbarländern gelten solle, nannte der Freidemokrat Ekkehard Klug "völlig absurd". Der Antrag verpasste jedoch die Mehrheit - wenn auch äußerst knapp. Am Ende standen 32 Ja- und ebenso viele Nein-Stimmen zu Buche.

So war der Weg frei für den Kompromiss, den der SPD-Abgeordnete Peter Eichstädt vorgelegt hatte. Er erhielt eine Mehrheit von 38 zu 27 Stimmen. Bis auf CDU und SSW hatten alle Fraktionen auf eine gemeinsame Linie verzichtet und die Abstimmung freigegeben. Mit der Neuregelung, so Eichstädt, "können wir das Ruhebedürfnis der Menschen achten, die zum Friedhof gehen und ihrer Toten gedenken wollen, und gleichzeitig den Gewohnheiten anderer entgegen kommen, die abends feiern möchten". Demgegenüber sprach sich der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Daniel Günther, gegen jede Änderung aus: "Es gibt einen tragfähigen Kompromiss - das ist die aktuelle Gesetzeslage."

Die Debatte ursprünglich angestoßen hatten die Piraten. Ihr Abgeordneter Patrick Breyer hatte sich bereits vor zwei Jahren für eine noch weiter gehende Lockerung stark gemacht - etwa am Karfreitag eine verkürzte Ruhezeit von 6 bis 21 Uhr. Breyer stört außerdem, dass die Versammlungsfreiheit an den "stillen Tagen" aufgehoben ist. Damit würden die Grundrechte eingeschränkt. Dem widerspricht allerdings der Wissenschaftliche Dienst des Landtages. Auch Lars Harms (SSW) sah diesen Punkt kritisch: "Es kann nicht sein, dass die Versammlungsfreiheit einseitig eingeschränkt wird." Eine endgültige juristische Klärung steht allerdings noch aus. Das Thema beschäftigt auch das Bundesverfassungsgericht. Ob sich durch das neue Gesetz viel ändern wird, bezweifelte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Eka von Kalben: "In der Realität findet längst statt, was laut Gesetz noch verboten ist", sagte sie - etwa mit Blick auf Filmkomödien, die auch bisher schon am Karfreitag im Kino liefen.

(Drucksachen 18/1241, /3717, /3750, /3754)

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 01 / März 2016, S. 11
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
Referat für Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2016

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