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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2032: Neues Schulgesetz - Pro und Kontra im Bildungsausschuss (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 09 - Dezember 2013

Neues Schulgesetz:
Pro und Kontra im Bildungsausschuss



Das zweigliedrige Schulsystem wird zementiert, Gymnasien bieten in der Regel das Turbo-Abi an, und Gemeinschaftsschulen können Oberstufen einrichten: Das sind Kernpunkte des neuen Schulgesetzes, das die Regierungskoalition im Januar beschließen will. Ende November stand das Vorhaben zunächst im Bildungsausschuss auf dem Prüfstand.


Insgesamt 87 Institutionen hatten Stellungnahmen eingereicht. In einer ganztägigen Ausschusssitzung suchten die Bildungsexperten der Fraktionen das direkte Gespräch mit den Verbänden und Interessensvertretungen. Die Kommentare fielen unterschiedlich aus.

Was sagen die Lehrer?

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) konnte dem Entwurf "in vielen Punkten zustimmen". Allerdings will die GEW erreichen, dass mehrere Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe gemeinsame "Oberstufenzentren" bilden können. Die Landesregierung will Kooperationen nur zwischen Gemeinschaftsschulen und Gymnasien ermöglichen. Und: Die GEW fordert, die Inklusion, also den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung, stärker zu fördern und mehr Lehrerstellen einzuplanen.

"Vehemente Ablehnung" kommt vom Philologenverband. Die Vertretung der Gymnasiallehrer attackierte vor allem das flächendeckende G8-Abi. Da bundesweit eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium zu beobachten sei, müsse das Land diese Entscheidung an die Schulen übertragen und nicht zentral vorgeben.

Einig sind sich GEW und Philologen darin, dass die Begriffe "Bildung" und "Erziehung" aus dem bisherigen Gesetz erhalten bleiben sollen. Das Bildungsministerium will sie durch die Formulierung "pädagogische Ziele" ersetzen.

Was sagen die Eltern?

Keine Grundsatzkritik, aber viele Detailvorschläge kamen von den Landeselternbeiräten. Ein Knackpunkt: die Orientierungsstufe. Hier sollen die Schüler laut Gesetzentwurf zwei Jahre Zeit haben, um sich ans Gymnasium zu gewöhnen. Erst danach sollen schwächere Schüler auf die Gemeinschaftsschule querversetzt werden können. Ein Schulwechsel müsse in beide Richtungen jederzeit möglich sein, fordern dagegen die Eltern fast unisono. Der Beirat der Grundschulen fordert zudem sogenannte Flex-Klassen für langsamer lernende Schüler auch an Grundschulen. Und: Alle Gymnasien sollen jederzeit auf G9 umsatteln können.

Was sagen die Schüler?

Die Landesschülervertretung der Gymnasien "akzeptiert" das flächendeckende G8-Abi - trotz Klagen aus der Schülerschaft über steigende Belastung. Allerdings müsse das achtjährige Gymnasium "kontinuierlich weiterentwickelt" und "die Lehrpläne endlich überarbeitet und angepasst werden". Im Idealfall, so die Schülervertreter, solle es im Lande flächendeckend G9 geben, mit der Möglichkeit für die Schulen, auf G8 umzustellen.

Was sagen die Schulträger?

Die Vertreter von Städten, Kreisen und Gemeinden fürchten vor allem, dass die Reform für sie teuer wird - etwa die geplanten Oberstufen an Gemeinschaftsschulen, die bereits mit 50 Schülern eingerichtet werden können, oder die Oberstufen-Kooperationen zwischen Gemeinschaftsschule und Gymnasium. Dadurch könnten kostspielige Neu- oder Anbauten nötig werden. Die Forderung: Die Kommunen müssten hier "federführend" beteiligt werden. Der Gemeindetag befürchtet, dass auch die Zusatzkosten für Inklusion, Schulsozialarbeit oder Ganztagsbetreuung bei den Schulträgern hängen bleiben - egal wie wohlhabend diese sind. Das würde dazu führen, "dass die Finanzkraft der Kommune beziehungsweise Region den Bildungserfolg der Kinder bestimmt".

Was sagen die Fraktionen?

Nach der Anhörung sahen sich CDU und FDP in ihrer Kritik bestätigt. Die Liberalen sprachen von einem "vernichtenden Zeugnis", und bei der Union hieß es, die "ideologischen Träume" von Bildungsministerin Waltraud Wende (parteilos) würden "von der Realität gestoppt". Die Koalitionsfraktionen sprachen von "wichtigen Anregungen", die nun in Änderungsanträge aufgenommen würden.

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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 09 im Dezember 2013, S. 9
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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Tobias Rischer, Referatsleiter
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Februar 2014