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SCHLESWIG-HOLSTEIN/1999: Nord-Ampel wirbt für Korruptionsregister (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 06 - Juni 2013

Aus dem Plenum
Nord-Ampel wirbt für Korruptionsregister



Unternehmen, denen Rechtsverstöße vorgeworfen werden, sollen in Schleswig-Holstein künftig bis zu drei Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Das von der Nord-Ampel geplante Korruptionsregister stößt allerdings auf scharfen Widerstand der Opposition. Redner von CDU und FDP sprachen in der Ersten Lesung von einem "Rückschritt zum mittelalterlichen Pranger in neuem Gewand".


Der Gesetzentwurf nennt rund 30 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die zum Registereintrag führen können. Hierzu zählen Bestechung, Geldwäsche, Betrug, Urkundenfälschung, Steuerhinterziehung oder Schwarzarbeit. Öffentliche Auftraggeber und Strafverfolgungsbehörden sollen verpflichtet werden, "unverzüglich" einschlägige Unternehmen ans Wirtschaftsministerium zu melden. Öffentliche Stellen sollen ab einem Auftragsvolumen von 25.000 Euro bei Dienstleistungen und 50.000 Euro bei Bauaufträgen beim Register nachfragen, bevor sie einer Firma den Zuschlag geben.

CDU und FDP kritisierten, dass bereits ein Straftat-Verdacht reichen soll, um im Register vermerkt zu werden. "Sie nehmen damit eine Sanktion vorweg, ehe die Justiz geurteilt hat. Das ist rechtstaatlich hoch problematisch", sagte Oppositionsführer Johannes Callsen (CDU). Die Liberalen kündigten eine Normenkontrollklage vor dem Landesverfassungsgericht an, sollte das Gesetz unverändert verabschiedet werden. "Was Sie hier betreiben, ist Kriminalisierung von Unternehmen", hielt Christopher Vogt (FDP) der Nord-Ampel vor. Patrick Breyer (Piraten) forderte, Firmen müssten nach einem Vergehen "die Chance auf Selbstreinigung" bekommen. Nicht ein Vergehen in der Vergangenheit dürfe zum Ausschluss führen, sondern nur die Annahme, dass so etwas wieder passieren könnte, sagte er.

SPD, Grüne und SSW wiesen den Vorwurf, Unternehmen würden unter Generalverdacht gestellt, vehement zurück. Es bestehe "ein öffentliches Interesse daran, dass öffentliche Aufträge, die aus Steuergeldern bezahlt werden, nur an ehrliche Unternehmen vergeben werden", so Olaf Schulze (SPD). Korruption und wettbewerbsfeindliches Verhalten verursachten einen hohen volkswirtschaftlichen Schaden, sagte Andreas Tietze (Grüne). Und Flemming Meyer vom SSW erklärte, niemand werde "an den Pranger gestellt" - stattdessen würden zuverlässige Unternehmen gestärkt.

Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) betonte, dass das Register nicht öffentlich zugänglich sein werde. Nur die Vergabestellen könnten darauf zugreifen. Die Koalition will das Projekt zunächst mit Hamburg umsetzen, und sie hofft darauf, dass sich noch weitere Bundesländer anschließen. Der Wirtschaftsausschuss berät weiter.

(Drucksache 18/827)

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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 06 im Juni 2013, S. 7
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. August 2013