Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

SCHLESWIG-HOLSTEIN/1972: Atommüll-Zwischenlager - Das Land ist bereit, aber unter Auflagen (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 05 - Mai 2013

Aus dem Plenum
Atommüll-Zwischenlager:
Das Land ist bereit - aber unter Auflagen



Erst handfester Streit am Vormittag, dann breite Einigkeit am Abend: Die schleswig-holsteinische Landespolitik hat sich mit großer Mehrheit bereit erklärt, Castoren mit Atommüll in Schleswig-Holstein zwischenzulagern - allerdings unter strengen Auflagen. Hierfür kommt insbesondere das Gelände des AKW Brunsbüttel infrage. Nach über dreistündiger Debatte und anschließenden Verhandlungen hinter den Kulissen haben Nord-Ampel, CDU und zwei Piraten ein entsprechendes Positionspapier verabschiedet. Kernpunkt: Schleswig-Holstein steht zu seiner "Mitverantwortung" für den deutschen Atommüll. Aber: Auch andere Bundesländer müssen mithelfen.


Weitere Punkte aus dem Forderungskatalog: Die AKW-Betreiber sollen die Kosten für die Suche nach einem Endlager tragen. Dorthin soll der im Lande gelagerte Atommüll dann nach spätestens 40 Jahren gebracht werden. Für die zu erwartenden Großeinsätze der Polizei soll der Bund geradestehen. Der Landtag fordert zudem ein zügigeres Tempo bei der Energiewende. Die deutschen AKW sollen schneller als bisher geplant abgeschaltet und die erneuerbaren Energien "konsequent" ausgebaut werden. Und: Anwohner sollen in "Bürgerforen" auf dem Laufenden gehalten werden. Dies sei "ein sehr, sehr starkes Signal an die Bundesebene und die anderen Länder", unterstrich der SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner: Schleswig-Holstein wolle "eine faire Lastenverteilung". CDU-Oppositionsführer Johannes Callsen sprach von einem "guten Signal für die Energiewende".

Das sah Wolfgang Kubicki (FDP) anders. Er hielt ein Zwischenlager im Lande für "nicht notwendig" und "sachlich kaum begründbar": Die Castoren sollten wie bisher nach Gorleben gebracht werden, wo es ein funktionierendes und genehmigtes Zwischenlager gebe. Und Angelika Beer (Piraten) nannte den gemeinsamen Antrag von Nord-Ampel und CDU "nicht nachvollziehbar", denn die Forderungen seien "so unrealistisch", dass eine verantwortungsvolle Castor-Lagerung im Lande nicht mehr möglich sei. Damit bekenne sich Schleswig-Holstein eben nicht zum Verursacherprinzip.


Dreistündige kontroverse Aussprache

Der Einigung im Verlaufe des Tages ging eine ausführliche Aussprache am Vormittag voraus. Dabei lagen die Positionen von Koalition und Union teilweise noch weit auseinander. Oppositionsführer Callsen warf der Koalition vor, ohne Konzept vorzupreschen. Die Regierung habe noch nicht einmal den Brunsbütteler Kraftwerksbetreiber Vattenfall eingebunden und auch "die entscheidenden Fragen noch nicht mit dem Bund geklärt". "Es muss irgendjemanden geben, der als Vorbild voranmarschiert", betonte dagegen Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) in einer Regierungserklärung. Die Nord-Ampel wolle nicht nur sagen: "Nein, bei mir nicht", so Albig.

Auch Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben betonte: "Wir nehmen etwas von diesem Dreckszeug, aber wir nehmen nicht alles." Und Lars Harms vom SSW stellte klar: "Wir erklären uns bereit, hier Verantwortung für diese nationale Aufgabe zu übernehmen" - aber "nicht um jeden Preis".

Die Ausschüsse für Wirtschaft sowie Umwelt und Agrar beraten das Thema weiter. (Drs. 18/707neu, /728, /733, /750, /751neu, /778)


KASTEN


 
ATOMMÜLL: LAGER-SUCHE

Deutschland muss ab 2015 insgesamt 26 Castoren mit Atommüll aus den hiesigen AKW zurücknehmen, die zurzeit noch in Großbritannien und Frankreich lagern. Allerdings gibt es in der Bundesrepublik kein Endlager. Das soll nach einem Bund-Länder-Kompromiss erst bis 2031 gefunden werden. Wo der radioaktive Müll bis dahin bleibt, ist unklar. Landesumweltminister Robert Habeck (Grüne) hatte Anfang April den Standort Schleswig-Holstein ins Spiel gebracht. Daraufhin schlug Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) vor, alle 26 Castoren nach Brunsbüttel zu verschiffen -und stieß damit auf heftigen Widerstand in der Landespolitik und auch vor Ort. Tenor: Auch andere Bundesländer müssen sich beteiligen.

*

Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 05 im Mai 2013, S. 5
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages,
Referat für Öffentlichkeitsarbeit, Postfach 7121, 24171 Kiel
Telefon: 0431/988-11 16
E-Mail: awk@landtag.ltsh.de
Internet: www.sh-landtag.de
 
Die Landtagszeitung erscheint in der Regel zehnmal
jährlich. Abonnement und Versand sind kostenfrei.


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2013