Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

SCHLESWIG-HOLSTEIN/1891: Tariftreue - Neuer Anlauf im Kampf gegen Billig-Löhne (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 08 - Oktober 2012

Tariftreue: Neuer Anlauf im Kampf gegen Billig-Löhne



Die Koalition will Firmen, die Dumping-Löhne zahlen, von öffentlichen Aufträgen ausschließen. Wer sich beim Land oder bei einem Unternehmen mit Landesbeteiligung bewirbt, soll seine Mitarbeiter nach einem allgemeingültigen Tarifvertrag entlohnen. Wo es den nicht gibt, soll ein Mindestlohn von 8,88 Euro pro Stunde greifen. Union und FDP kritisierten den erneuten Anlauf für ein Tariftreuegesetz als "Bürokratiemonster".


CDU-Fraktionschef Johannes Callsen nannte den Entwurf "überflüssig" und "unkontrollierbar". Die Tarifautonomie werde untergraben, und das Handwerk werde mit neuen Vorschriften gegängelt, etwa zur Geschlechtergleichstellung und zum Umweltschutz. Diese Normen würden "letztlich nur den großen Unternehmen in die Hände spielen" so Christopher Vogt (FDP). Handwerksbetriebe und Mittelständler seien hingegen kaum in der Lage, alle Verpflichtungen zu erfüllen.

Schleswig-Holstein habe die niedrigsten Löhne in Westdeutschland, konstatierte dagegen Ralf Stegner (SPD): "Wir wollen nicht Niedriglohnland sein, sondern wir wollen durch gute Arbeit und entsprechende ordentliche Löhne in den Wettbewerb gehen." Lars Harms (SSW) merkte an, das Gesetz helfe auch den Unternehmen, denn es sorge für einen "fairen Wettbewerb". Das Gesetz stoppe die Abwärtsspirale bei den Löhnen und "zieht einen Boden ein", hob Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) hervor. Und Andreas Tietze (Grüne) betonte, jede Firma müsse sich nur einmal prüfen lassen. Wenn sie die Standards erfülle, wirke dies wie ein "Qualitätssiegel". Die Piraten beteiligten sich nicht an der Debatte. Der Gesetzentwurf wird nun im Wirtschaftsausschuss weiter beraten.

Der Streit um die Tariftreue schwelt seit Jahren. Zwischen 2003 und 2010 galt in Schleswig-Holstein das von Rot-Grün und SSW verabschiedete Tariftreuegesetz. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes hatten CDU und FDP diesen Bereich in ihrem Mittelstandsförderungsgesetz 2011 neu geregelt. Seitdem müssen Betriebe bei öffentlichen Aufträgen nur dann Tariftreueerklärungen abgeben, wenn es in dem Bereich "allgemeinverbindliche" Tarife gibt - also etwa nicht im ÖPNV. (Drs. 18/187)

*

Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 08 im Oktober 2012, S. 7
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages,
Referat für Öffentlichkeitsarbeit, Postfach 7121, 24171 Kiel
Telefon: 0431/988-11 16
E-Mail: awk@landtag.ltsh.de
Internet: www.sh-landtag.de
 
Die Landtagszeitung erscheint in der Regel zehnmal
jährlich. Abonnement und Versand sind kostenfrei.


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2012