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SCHLESWIG-HOLSTEIN/1879: Erste große schulpolitische Debatte dieser Wahlperiode (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 07 - September 2012

Wende: "Bildungspolitik ohne Dialog ist zum Scheitern verurteilt"

CDU und FDP: Werbeveranstaltung und leere Worthülsen



In der ersten großen schulpolitischen Debatte dieser Wahlperiode hat Schleswig-Holsteins neue Bildungsministerin Waltraud Wende (parteilos) angekündigt, im offenen Dialog die Zukunft der Schullandschaft im Lande gestalten zu wollen. Knapp drei Wochen vor der von ihr initiierten Bildungskonferenz (s. Artikel unten) sagte sie im Plenum: "Bildungspolitik ohne Dialog mit den Beteiligten ist zum Scheitern verurteilt." Dies bedeute aber nicht, so Wende, "dass wir ohne eigene Vorstellungen in diesen Dialog gehen".


In einem von der CDU geforderten Bericht zur Schulentwicklung und zum Unterrichtsausfall sagte sie, dass wie im Koalitionsvertrag vereinbart an Schleswig-Holsteins Schulen 300 Lehrerstellen erhalten bleiben sollen und damit die von der Vorgängerregierung vorgenommene Streichung von 600 Planstellen halbiert werde. 180 dieser Stellen sollen auf Gemeinschaftsschulen entfallen, 120 seien für den Inklusionsunterricht an Grund- und Berufsschulen gedacht.

Die Ministerin bezeichnete dies als "erste Maßnahme gegen den Unterrichtsausfall". Im Gegenzug soll die im Frühjahr vorgenommene Verdoppelung des Vertretungsfonds auf 24 Millionen Euro wieder auf 12,1 Millionen heruntergefahren werden.

Die Bildungsexpertin der CDU, Heike Franzen, vermochte in der Rede der Bildungsministerin nur "wolkige Worte" herauszuhören. Die Bildungskonferenz sei "ein Werbeblock für die vermeintliche Dialogpolitik der neuen Landesregierung", da die Verständigung über die künftige Schulstruktur längst im Kreis von SPD, Grünen und SSW stattgefunden habe. Und Anita Klahn von den Liberalen sprach von einer Schultüte mit einem "tiefen dunklen Loch", in dem Schulfrieden, Elternwille sowie Eigenständigkeit und Wahlfreiheit der Schulen verschwänden.

Redner von SPD, Grünen und SSW lobten dagegen den neuen Dialog-Stil in der Bildungspolitik. Mit Blick auf die Kritik von CDU und FDP sagte Martin Habersaat (SPD), "jeder Dialog ist besser als gar keiner", Jette Waldinger-Thiering (SSW) versprach, verlorenes Vertrauen bei Eltern und Schülern wieder aufzubauen, und Anke Erdmann (Grüne) nannte es eine "Unverfrorenheit", nach nicht einmal 100 Tagen von der Ministerin ein Konzept gegen den Unterrichtsausfall zu erwarten.

Wolfgang Dudda (Piraten) forderte in einem Kurzbeitrag dazu auf, auch die Ursachen für die "exorbitant hohe Krankenzahl bei Lehrern" näher zu beleuchten. (Drs. 18/96,/97)


KASTEN

ÜBERRASCHUNG AUF DEM BILDUNGSGIPFEL

Bildungsministerin Wende hat bei der Bildungskonferenz am 8. September in Kiel überraschend eine Verschiebung der Reform des Schulgesetzes angekündigt.


Die Koalition habe den Zeitplan für die Schulgesetzgebung verschoben, weil sie den Dialog ernst nehme und Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehe, sagte Wende vor den rund 130 Konferenzteilnehmern, vor allem Lehrer und Elternvertreter, Politiker sowie Wissenschaftler. Sie zeigte sich offen dafür, Ergebnisse aus dem Austausch in eine Gesetzesreform einfließen zu lassen, die zum Schuljahr 2014/15 in Kraft treten könne. Laut Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und SSW sollte ein neues Schulgesetz eigentlich ein Jahr früher gültig werden.

Auf der Bildungskonferenz hatten die Bildungsfachleute in verschiedenen Workshops zu schulpolitischen Themen diskutiert. In den kommenden zwei bis drei Monaten sollen weitere Zusammenkünfte folgen.

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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 07 im September 2012, S. 8
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Oktober 2012