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RHEINLAND-PFALZ/4117: Zusammensetzung der Fachausschüsse verfassungskonform (Landtag Rheinland-Pfalz)


Landtag Rheinland-Pfalz - Pressemitteilung vom 2. September 2016

Zusammensetzung der Fachausschüsse verfassungskonform


Die gegenwärtige Zusammensetzung der Fachausschüsse des Landtags ist verfassungskonform. Zu diesem Ergebnis gelangt der Wissenschaftliche Dienst in seinem heute den Fraktionen zugeleiteten Gutachten.

Die Prüfung durch den Wissenschaftlichen Dienst hatte Landtagspräsident Hendrik Hering veranlasst, nachdem Prof. von Arnim in einem für die AfD-Fraktion erstatteten Gutachten zu dem Ergebnis gelangt war, die Zusammensetzung der Fachausschüsse sei wegen Verkleinerung der Ausschussgröße auf 12 Mitglieder und des Wechsels des Sitzverteilungsverfahrens "klar verfassungswidrig".

Demgegenüber bestehen nach Auffassung des Wissenschaftlichen Dienstes keine Gründe, die es rechtfertigten, an der Verfassungskonformität der Ausschusszusammensetzung zu zweifeln.

So sei die Festlegung der Ausschussgröße ebenso wie die Bestimmung des für die Sitzverteilung anzuwendenden Verfahrens eine Entscheidung, die der Landtag grundsätzlich frei und nach seinem politischen Ermessen treffen dürfe. Unmittelbare verfassungsrechtliche Vorgaben bestünden nicht, weswegen der Landtag hier über einen weit bemessenen Gestaltungsspielraum verfüge. Diesen habe der Landtag auch nicht überschritten. Dies gelte vor allem mit Blick auf den sog. Grundsatz der Spiegelbildlichkeit, der verlange, dass sich in den Ausschüssen die Stärke der im Plenum vertretenen Fraktionen möglichst genau abbilden müsse.

Die Einhaltung dieses Grundsatzes sei hier schon deswegen gewährleistet, weil das zur Anwendung gekommene Verfahren nach d'Hondt nach einhelliger Ansicht der Verfassungsgerichte die gebotene spiegelbildliche Zusammensetzung der Ausschüsse sicherstelle.

Der maßgebliche Einwand, die AfD-Fraktion sei deswegen benachteiligt, weil ja auch die FDP-Fraktion und die Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN einen Sitz in den Ausschüssen erhielten, obwohl die AfD bei der Landtagswahl mehr als doppelt so viele Mandate errungen haben wie FDP und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN zusammen, verfange nicht. Dass kleinere Fraktionen, denen nach dem Ergebnis des Berechnungsverfahrens an sich kein Sitz zustünde, gleichwohl mit jedenfalls einem Mitglied in den Ausschüssen repräsentiert seien, sei ein Gebot der Verfassung. Die Verfassung gewähre jeder Fraktion ein unabhängig von der Stärke bestehendes Recht darauf, in jedem Fachausschuss mit mindestens einem Mitglied vertreten zu sein. Die dadurch eintretenden "Verzerrungen" der spiegelbildlichen Zusammensetzung seien daher unvermeidbar. Zum Nachteil welcher Fraktion sich die Gewährung eines solchen Grundmandats hier überhaupt ausgewirkt habe, stehe nicht fest. Denn über die Zuteilung des insoweit maßgeblichen 12. Sitzes hätte in einem Losverfahren zwischen den Fraktionen entschieden werden müssen. Nachteilige Veränderungen der Wirkungsmöglichkeiten in den Ausschüssen seien für die AfD-Frak tion zudem nicht erkennbar.

Darüber hinaus hält der Wissenschaftliche Dienst schon den methodischen Ansatz von Prof. von Arnim für unrichtig, weil dieser von einer begründungsbedürftigen "Änderung" der Geschäftsordnung für die 17. Wahlperiode ausgehe. Damit verkenne er, dass der neu gewählte Landtag, wie es in Art. 85 Abs. 1 der Landesverfassung ausdrücklich heiße, sich jeweils "seine" Geschäftsordnung gebe. Ob und in welchem Umfang die Geschäftsordnung der vorangegangenen Legislatur fortgelten solle, liege daher in der freien Entscheidung des neuen Landtags. Bindungen bestünden insoweit nicht. Die gegenteilige Auffassung von Prof. von Arnim finde weder im parlamentsrechtlichen Schrifttum noch in der Judikatur ansatzweise eine Stütze. Den drei von Prof. von Arnim zitierten Entscheidungen lägen sämtlich vollständig andere und nicht vergleichbare Sachverhalte zugrunde, bei denen es um den kompletten Ausschluss von Fraktion aus parlamentarischen Gremien gegangen sei. Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Insoweit sei es auch grundfalsch von einer Halbierung der Zahl der Ausschusssitze oder von einer Entziehung eines Ausschusssitzes zu sprechen, weil der AfD-Fraktion zu keinem Zeitpunkt ein solches Recht je zugestanden habe. Darüber hinaus bestehe auch keine Parlamentsübung, die der Bestimmung der Ausschussgröße auf 12 Mitglieder oder der Anwendung des Verfahrens nach d'Hondt entgegengestanden hätte. Für das Berechnungsverfahren sei dies schon deswegen offensichtlich, weil die Besetzung der Fachausschüsse in bislang noch keinem Fall nach dem Verfahren nach Sainte Laguë/Schepers erfolgt sei.

Landtagspräsident Hering hat das Gutachten auch der Vorsitzenden des Rechtsausschusses zukommen lassen, um es den demnächst beginnenden Beratungen über die endgültige Geschäftsordnung zugrunde legen zu können.

Das vollständige Gutachten ist auf der Startseite der Homepage des Landtags abrufbar.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 2. September 2016
Landtag Rheinland-Pfalz
Herausgeber: Staatskanzlei Rheinland-Pfalz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2016

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