Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

RHEINLAND-PFALZ/2844: Steigender Bedarf an Pflegekräften (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 32/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 9. September 2013

Steigender Bedarf an Pflegekräften



Den steigenden Bedarf an Pflegekräften im Gesundheitswesen und die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Politik diskutierte der Landtag in einer von der SPD beantragten Aktuellen Stunde. Im Fokus stand die Ausbildungssituation.

Fast jeder in Rheinland-Pfalz habe persönliche Erfahrungen mit Pflegefachkräften oder solchen bei Angehörigen gemacht, die aufgrund von Behinderung, Erkrankung oder Hilfsbedürftigkeit im Alter diese benötigten, sagte Katrin Anklam-Trapp (SPD). Jeder, den sie kenne, schätze die Arbeit der Pflegekräfte hoch ein. In der Tat seien die Rahmenbedingungen in diesem Beruf über die Jahre immer härter geworden. Kranken- und Altenpflege seien psychisch und körperlich belastend, und dies bei einem mäßigen Einkommen. An 53 Altenpflegefachschulen schlössen die neuen Fachkräfte ihre Ausbildung ab. Damit kämen rund 1400 neue Fachkräfte auf den Berufsweg. "Sie werden dort dringend erwartet", sagte Anklam-Trapp. Der Fachkräftebedarf im Jahr 2030 gehe von einem Bedarf von rund drei Millionen Menschen aus, die pflegerisch versorgt werden müssten. "Dafür müssen wir heute die Vorbereitungen treffen." Bei guten Beiträgen zum Staatshaushalt werden die sozialen Sicherungssysteme die Zukunft meistern, zeigte die Abgeordnete sich überzeugt. Dazu gehöre aber eine hohe Beschäftigungsrate bei auskömmlichen Einkommen, Chancengerechtigkeit bei Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Betreuungsplätze für die Kinder. Die "Nichtreform auf der Bundesebene" sei nicht mehr zu ertragen. Mehr Zeit für die Pflege koste Geld, dafür sollten 0,5 Prozent der Pflegeversicherung genutzt werden. Dies seien 5,5 Milliarden Euro. Die simple Antwort auf die Herausforderung sei "mehr Hände".

Anklam-Trapp versuche das Zehn-Punkte-Papier auf Rheinland-Pfalz herunterzubrechen, vermutete Hedi Thelen (CDU) als Hintergrund der Aktuellen Stunde. Von dem, was Anklam-Trapp vorgetragen habe, sei sie aber eher enttäuscht. Ob die SPD 125.000 oder 250.000 Stellen künftigen Fachkräftebedarf in ihr Papier hineinschreibe, sei letztlich egal, weil nicht einmal der jetzige Bedarf abgedeckt werden könne. "Zu diesem Hauptproblem sagen Sie so gut wie nichts", kritisierte Thelen. " Wenn Sie gesagt hätten, wir wollen die Träger in die Lage versetzen Pflege besser zu organisieren, dann hätten wir darüber reden können", betonte sie. "Aber einfach 125 000 Stellen anzugeben und sich nicht anzuschauen, wo die Probleme liegen, ist zu oberflächlich, um den Menschen wirklich Sicherheit zu geben, die darauf hoffen, dass sie im Alter gut versorgt und gepflegt werden." Die Arbeitsbedingungen vor allem in der stationären Pflege müssten näher betrachtet werden. "Auch die CDU fordert mehr Geld für die Pflegeversicherung, "um genau diese Dinge zu verbessern", sagte Thelen. Doch auch das Land habe hohe Verantwortung dafür, hinreichend Pflegekräfte auszubilden und eine Pflegestruktur zu schaffen. Doch die Ausbildungszahlen hielten nicht mit dem Bedarf mit, Ausbildungsstellen blieben aber unbesetzt. "Lassen Sie uns analysieren, woran das liegt", schlug die Abgeordnete vor.

Auch wenn die CDU die Verantwortung für die Gesundheit an die jeweiligen Koalitionspartner abzugeben pflege, müsse sie die Frage beantworten, wieso sie Forderungen stelle, die sie im Bund in den vergangenen sieben Jahren hätte umsetzen können, sagte Fred Konrad (Bündnis 90/Die Grünen). Grundlegend sei, dass sich Menschen für den Pflegeberuf interessierten, "sie diesen Beruf ergreifen und auch weiterführen wollen". Dafür wiederum sei es wichtig, dass das Umfeld, in dem die Pflege stattfinde, so sei, dass die Menschen auch über längere Zeit in diesem Beruf tätig sein wollten. "Dazu gehört ein ausreichendes Einkommen. Dazu gehören anständige und gute Arbeitsbedingungen", schilderte Konrad. Auch an dieser Stelle habe die Bundesregierung nichts dazu beigetragen die Pflege aufzuwerten. Vielmehr sei es zu einer Verbrüderung zwischen den konservativsten Ärzteverbänden und dem Bundesgesundheitsministerium gekommen, um die Bürgerversicherung zu verhindern und den privaten Versicherungsanbietern Marktchancen einzuräumen. Andererseits belasse man die Verantwortungsstruktur im Gesundheitswesen so, wie sie sei. Ein Grundproblem des Gesundheitswesens sei es, die Verantwortung stärker in die Hände der Pflegenden und andere Gesundheitsberufe zu legen. So fehlten die Karriereaussichten und Eigenverantwortung. "So werden Sie es nicht schaffen, dass Menschen, die in ihrem Leben etwas erreichen wollen, sich für diesen Beruf entscheiden." Bis 2020 sei ein erheblicher Mangel bei der Erwachsenen- und Altenpflege zu erwarten, die Initiative zur Erhöhung der Ausbildungsplätze laufe, sagte der Abgeordnete. Auf der Landesebene sei das entsprechende auf den Weg gebracht. "Im Bund brauchen wir die entsprechenden Rahmenbedingungen", betonte Konrad.

Derzeit seien 2,5 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig, bis 2030 werden es vier Millionen sein, erklärte Gesundheitsminister Alexander Schweitzer (SPD). Hinzu käme bis 2060 eine Verdopplung der Fälle dementiell erkrankter Menschen. Schon 2002 und 2005 habe das Land gesetzlich auf diesen Trend reagiert. Mit dem Gesetz im Jahr 2005 sei die Voraussetzung dafür geschaffen worden, "dass es eine Unterstützung bei der kommunalen Pflegestrukturplanung gibt und dass die Pflegestrukturplanung auch Sache der Kreise und der kreisfreien Städte ist". Es seien mehr ambulante Angebotsformen entwickelt worden, dies habe eine Servicestelle bei der LZG begleitet. Inzwischen gebe es 135 Pflegestützpunkte in Rheinland-Pfalz, die eine wohnortnahe, niedrigschwellige Angebotsstruktur sicherten, "die sie in keinem anderen Land finden werden", sagte Schweitzer an die Adresse Thelens. Malu Dreyer und Peer Steinbrück brachten dem Minister zufolge ganz bewusst in die Auseinandersetzung vor der Bundestagswahl ein gemeinsames Papier ein und setzten das Thema damit "auf die bundespolitische Agenda". Er sei auch froh, dass sie die "verifizierbare und belastbare" Zahl von 125.000, in Zukunft benötigter Pflegekräfte benannten. Nicht nur über Beratungsangebote und Gesetze komme man weiter. Rheinland-Pfalz sei auch in der Fachkräftestrategie vorne. Eine gemeinsame Strategie mit den Akteuren vor Ort ziele darauf, die Ausbildungsleistung jährlich um zehn Prozent zu steigern. Darüber hinaus stünden Impulse für Berufsrückkehrer und eine bessere Vereinbarkeit des Berufs mit der Familie im Fokus. All dies stehe im Gegensatz zu dem, was der Bundesgesundheitsminister alles nicht mache. "Wie bei der Rente: unter dieser Bundesregierung verlorene Jahre", kritisiert Schweitzer.

*

Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 32/2013, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
Redaktion: Walter Schumacher (verantwortlich)
Redaktionsanschrift:
Peter-Altmeier-Allee 1, 55116 Mainz
Telefon: 06131/16 46 88, Fax: 06131/16 46 91,
E-Mail: staatszeitung@stk.rlp.de
Internet: www.stz.stk.rlp.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. September 2013