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RHEINLAND-PFALZ/2765: Schuldenaufwuchs und Kreditfinanzierung auf hohem Niveau (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 06/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 4. März 2013

Schuldenaufwuchs und Kreditfinanzierung auf hohem Niveau

Landesrechnungshof: Erhebliche Anstrengungen zur Konsolidierung des Landeshaushalts erforderlich



Trotz guter konjunktureller Rahmenbedingungen und der bis dahin höchsten Einnahmen sei das Haushaltsjahr 2011 geprägt von dem höchsten Fehlbetrag der laufenden Rechnung, der höchsten Neuverschuldung und einem neuen Höchstwert bei der Gesamtverschuldung, stellte Klaus P. Behnke, Präsident des Landesrechnungshofs (Foto rechts), bei der Vorstellung des aktuellen Jahresberichts fest. Im Jahr 2012 hätten nach dem vorläufigen Ergebnis hohe Steuereinnahmen und historisch niedrige Zinssätze zwar zu einer Verringerung der Neuverschuldung des Landes beigetragen. Gleichwohl seien die Gesamtschulden abermals beträchtlich gestiegen. Dies zeige, dass Rheinland-Pfalz noch erhebliche Anstrengungen unternehmen müsse, bis spätestens 2020 seinen Haushalt ohne strukturelle Neuverschuldung auszugleichen. Mit Einnahmeverbesserungen allein könne eine nachhaltige Konsolidierung nicht erreicht werden. Im Haushaltsjahr 2011 hätten die laufenden Einnahmen trotz eines um 460 Mio. Euro verbesserten Aufkommens nicht zur Deckung der laufenden Ausgaben ausgereicht. Die Teilrechnung habe mit einem Fehlbetrag von 845 Mio. Euro abgeschlossen. Von den Flächenländern hätten neben Rheinland-Pfalz nur Niedersachsen, das Saarland und Schleswig-Holstein eine Unterdeckung ausgewiesen, die anderen Länder hätten Überschüsse erwirtschaftet.

Allein zur Sicherstellung des Ausgleichs des Kernhaushalts seien 2011 neue Kredite am Kreditmarkt von 2019 Mio. Euro aufgenommen worden. Für die Landesbetriebe seien weitere Kredite von 228 Mio. Euro hinzugekommen. Die Gesamtschulden des Landes hätten sich bis Ende 2011 auf mehr als 34,9 Mrd. Euro erhöht. Die verfassungsrechtliche Kreditobergrenze sei um 589 Mio. Euro überschritten worden.

Die Haushaltsbelastungen des Landes würden im Vergleich mit den anderen Flächenländern besonders deutlich: Die Kreditfinanzierungsquote von Rheinland-Pfalz habe mit 14,4 Prozent weit über der durchschnittlichen Quote der anderen Flächenländer (2,6 Prozent) gelegen. Damit sei jeder siebte Euro, den Rheinland-Pfalz ausgegeben habe, über Darlehen finanziert worden; bei den anderen Flächenländern sei dies nur jeder 38. Euro gewesen. Die Zinsausgabenquote habe sich beim Land auf 7,2 Prozent und bei den anderen Flächenländern im Durchschnitt auf 5,8 Prozent belaufen. Die Zinsausgaben je Einwohner hätten mit 254 Euro um fast 25 Prozent über dem Durchschnitt der anderen Flächenländer (204 Euro) gelegen. Die Pro-Kopf-Verschuldung von Rheinland-Pfalz sei mit 7274 Euro um rund 30 Prozent höher als der Durchschnitt der anderen Flächenländer (5576 Euro) gewesen.

Im Haushaltsjahr 2012 hätten allein die Steuereinnahmen und die allgemeinen Finanzzuweisungen um 918 Mio. Euro zugenommen. Dadurch habe sich in der laufenden Rechnung ein geringer Überschuss von 179 Mio. Euro ergeben. Dennoch seien neue Schulden am Kreditmarkt von 880 Mio. Euro für den Kernhaushalt und von 150 Mio. Euro für die Landesbetriebe aufgenommen worden. Außerdem dürfe nicht außer Acht bleiben, dass die Ausgleichsrücklage von 254 Mio. Euro zur Einlösung von Bürgschaften und Garantien im Zusammenhang mit dem Projekt Nürburgring aufgelöst worden sei. Mit der Rücklagenbildung 2007 sei eine Vorverlagerung der Kreditaufnahme verbunden gewesen. Die Finanzierung von realen Ausgaben aus der Rücklage habe 2012 die Kassenliquidität belastet.

Die Landesregierung erwarte nach der Haushaltsplanung 2013, der aktuellen Finanzplanung und der Langfristprojektion einen Anstieg der Gesamtverschuldung bis Ende 2016 auf voraussichtlich 41 Mrd. Euro und bis Ende 2020 sogar auf nahezu 46 Mrd. Euro.

Selbst wenn es gelänge, das strukturelle Defizit entsprechend der neuen Schuldenregel bis 2020 vollständig abzubauen, bedürfte es zum Haushaltsausgleich allein für den Kernhaushalt immer noch Netto-Kreditaufnahmen von 1 Mrd. Euro jährlich mit der Folge entsprechender Zinsbelastungen.

Konsolidierungsfortschritte seien im Hinblick auf die Wiedererlangung der finanziellen Handlungsfähigkeit nur zu erzielen, wenn die beschlossenen Maßnahmen konsequent umgesetzt würden. Hierzu seien teilweise noch verbindliche Vorgaben, systematische aufgabenkritische Überprüfungen des gesamten Spektrums staatlicher Tätigkeiten und Strukturveränderungen notwendig. Erforderlich seien aus Sicht des Rechnungshofs nicht zuletzt auch eine zentrale Prozesssteuerung und eine Überwachung der Umsetzungsschritte.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 06/2013, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2013