Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE

RHEINLAND-PFALZ/2669: Mehr Steuergerechtigkeit durch Vermögenssteuer (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 18/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 21. Mai 2012

Mehr Steuergerechtigkeit durch Vermögenssteuer



Nachdem einige Bundesländer Vorschläge zur Wiedereinführung einer Vermögenssteuer äußerten, diskutierte auch der rheinland-pfälzische Landtag in einer Aktuellen Stunde das Für und Wider der Neuauflage dieser einst nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts abgeschafften Steuerquelle.

In den vergangenen Wochen seien verstärkt Berichte über eine mögliche Wiedereinführung der Vermögenssteuer zu lesen gewesen, nannte Ulrich Steinbach (Bündnis 90/Die Grünen) den Grund für die Aktuelle Stunde. Langfristig dürfe der Staat auch die Einnahmeseite nicht außer Acht lassen, um die öffentlichen Aufgaben leisten zu können. Die Bundesrepublik befinde sich im internationalen Vergleich im unteren Drittel der Steuerbelastungen. Darunter lägen Länder wie Griechenland, Irland und Spanien. "Vielleicht hat die Staatsschuldenkrise auch etwas damit zu tun, dass diese Länder ihre Steuermöglichkeiten nicht richtig ausschöpfen", sagte Steinbach. Wer viel Geld habe und es versteuern muss, "hat danach immer noch viel Geld", betonte er. Es sei aber nicht hinzunehmen, dass die Ungleichheit der Vermögen in der Bundesrepublik stetig zunehme. Dies sei keine Neiddebatte, "sondern eine über eine gerechte Verteilung der Lasten". Die USA und die Schweiz, die nicht im Verdacht stünden Neidgesellschaften zu sein, verfügten über die Vermögenssteuer. Eine breite Debatte solle dazu führen, dass der Staat wieder zu mehr Einnahmen komme. Er erinnerte daran, dass es nach dem II. Weltkrieg die CDU-Alleinregierung unter Konrad Adenauer war, die mit der Begründung der Sondersituation die Vermögenssteuer einführte.

Den Grünen falle beim Thema Haushalt immer nur Steuererhöhungen ein, sagte Gerd Schreiner (CDU). Angeblich gehe es dabei um die Konsolidierung, in Wahrheit aber in allererster Linie um den Konsum. Wichtiger sei zu erkennen, dass die Staatsquote zu hoch sei, "dass wir weniger ausgeben müssen als der Staat". Eine Substanzbesteuerung sei nicht "nur ungerecht, sondern auch dumm", nicht nur weil das Vermögen aus versteuerten Einkommen gebildet worden sei. Dieses Vermögen der Menschen sei "die Basis für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen wie der Gemeinschaft". Viel gerechter sei eine Ertragssteuer. Es sei nämlich gerecht, wenn die Gemeinschaft sich einen gerechten Anteil der wirtschaftlichen Erträge von Unternehmen hole um die von ihnen genutzten gesellschaftlichen Leistungen wie den Straßenbau zu finanzieren. Mehr sei mit der CDU nicht zu machen. Es gebe keinen leistungsgerechteren Weg der Besteuerung als das deutsche Einkommenssteuerrecht. "Wir quälen uns durch die Steuererklärung, aber das Ergebnis ist eine gerechte Besteuerung der Einkommensverhältnisse." Für die vom Verfassungsgericht kritisierte Immobilienbewertung für die Vermögenssteuer habe sich bis heute keine Lösung gefunden, weil die Immobilien durch die ständige Wertveränderung kaum zuverlässig zu bewerten seien.

Bei der Diskussion darüber, was wir uns leisten wollen und können, "haben wir immer nur die Ausgaben im Blick", sagte Thomas Wansch (SPD). Dabei sei das private Geldvermögen in den vergangenen 15 Jahren um 70 Prozent auf 4,7 Billionen Euro angestiegen, bald zehn Billionen Euro etwa umfasse das Privatvermögen an Immobilien. Es gebe eine Öffnung der Schere zwischen Arm und Reich, "und dieser starke Trend zur Vermögenskonzentration ist natürlich ein Thema, wenn wir uns über das Funktionieren des Staates unterhalten". Daher könne die SPD die Diskussionen um die Wiederbelebung der Vermögenssteuer nur begrüßen. Dabei gehe es um ein Prozent des jeweiligen Vermögens, "man muss nicht ein, sondern mindestens drei Häuser besitzen um da hineinzukommen". Acht bis zehn Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen seien Schätzungen nach auf diesem Wege zu erzielen, auf Rheinland-Pfalz heruntergebrochen rund 500 Millionen Euro. "Es ist enorm, welche Möglichkeiten sich für das Land dadurch ergeben würden", sagte Wansch.

Die Einkommensund Vermögensverteilung hat sich laut Finanzminister Dr. Carsten Kühl (SPD) in den vergangenen Jahren enorm verändert. In der älter werdenden Gesellschaft gebe es durch Themen wie das selbstbestimmte Leben Älterer und das Leben im ländlichen Raum neue Herausforderungen für den Staat. Der demographische Wandel habe jedoch eine klare Auswirkung auf die Steuerentwicklung, die Bedeutung der Einkommenssteuer werde immer mehr zurückgehen. "Wenn wir neue Steuermöglichkeiten generieren müssen um die Aufgaben zu erfüllen, gibt es die Möglichkeit der Konsumsteuerung wie der Mehrwertsteuer oder die Vermögenssteuer." Die Konsumsteuer belaste die unteren Einkommensgruppen stärker. Ein reiner Konsolidierungskurs des Landes auf der Ausgabenseite werde den Anforderungen nicht gerecht. Der Bund konsolidiere sich durch ein Verschieben der Lasten auf die Länder. "Wir müssen daher schauen, welche Möglichkeiten haben wir, um unsere Einnahmen zu erhöhen, um eine vernünftige Daseinsvorsorge in den Kommunen leisten zu können", sagte Kühl. Eine Substanzbesteuerung sei entgegen der Darstellung der Union nicht per se verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht habe die Vermögenssteuer wegen einer zu niedrigen Bewertung der Immobilien einkassiert. Die wiederbelebte Vermögenssteuer werde nicht darauf abzielen, das Wohneigentum abzuschöpfen. Der Vorschlag zur Wiedereinführung sei "vorausschauend, verteilungsgerecht und ermöglicht die Schuldenbremse ohne einen radikalen sozialen Kahlschlag vorzunehmen", betonte Kühl.

*

Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 18/2012, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
Redaktion: Walter Schumacher (verantwortlich)
Redaktionsanschrift:
Peter-Altmeier-Allee 1, 55116 Mainz
Telefon: 06131/16 46 88, Fax: 06131/16 46 91,
E-Mail: staatszeitung@stk.rlp.de
Internet: www.stz.stk.rlp.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juni 2012