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RHEINLAND-PFALZ/2655: Kommunalreform geht weiter ihren Weg (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 13/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 23. April 2012

Kommunalreform geht weiter ihren Weg



Kurz vor dem Ende der Freiwilligenphase der Kommunalreform forderte die CDU-Fraktion einen Stopp des für Juli geplanten Beginns der zwangsweisen Zusammenführung von Verbandsgemeinden. Der Landtag sollte die Landesregierung auffordern, die Freiwilligenphase zu verlängern und ein ganzheitliches Konzept mit Leitlinien für das weitere Vorgehen zu entwickeln. Der Antrag wurde von SPD und Grünen abgelehnt, ein Alternativantrag der Koalition angenommen.

Es gehe unaufhaltsam dem demographischen Wandel entgegen, der seine Auswirkungen auf Strukturen habe, sagte Julia Klöckner (CDU). Verbandsgemeinden seien aber mehr als die Summe ihrer Gemeinden. Es habe freiwillige Fusionsbeschlüsse schon gegeben, die die CDU auch unterstütze. Ab dem 1. Juli beginne aber nun die Phase der Zwangsfusionen. "Da sollte man noch mal überlegen, ob die Entscheidungen, die dazu geführt haben, noch aktuell sind", empfahl Klöckner. Es mache wenig Sinn, "erst die Schuhe anzuziehen und dann die Socken darüber". Wenn es absehbar sei, dass eine Kreisreform notwendigerweise folgen werde, würden die Kreise VG-Fusionen über die Grenzen hinweg kaum noch zustimmen. Die Interpretation der Kommunalreform habe sich nach der Landtagswahl verändert. Auch SPD-Kommunalpolitiker seien der Meinung, dass die Reform viel breiter aufgestellt werden müsse. "Es muss von oben nach unten gekehrt werden", forderte Klöckner, "Sie haben dagegen Streit in die Dörfer gebracht", kritisiert die Abgeordnete. Sie schlug vor, ab 1. Juli ein Beratungsmoratorium zu nehmen und neu nachzurechnen.

Das Angebot der "Reform aus einem Guss" habe die Landesregierung der CDU vor dem Start in die Reform im Jahr 2007 gemacht, erläuterte Hans Jürgen Noss (SPD). "Die CDU hat sich auf allen Ebenen verweigert und bei jeder Gelegenheit Stöcke geworfen." Also habe die SPD eine Reform entworfen, wie sie sie für richtig halte. "Es muss auch ein Punkt kommen, an dem wir das umsetzen, nur über die Freiwilligkeit geht es nicht", sagte Noss. Natürlich akzeptiere die Landesregierung das Ergebnis der Bürgerbefragung, die die CDU in Osthofen/Westhofen initiiert habe. Bei dem Katalog war für ihn klar, dass sich an manchen Punkten die Annahmen nicht bestätigen würden. Dies sei tatsächlich auch der Fall. Die Verwaltungsreform sei in bisher einmaliger Weise in Deutschland angegangen worden. So hatten die neun Regionalkonferenzen 2800‍ ‍Besucher angezogen.

Zehn Minuten zur Kommunalpolitik "ohne irgendeine Position" habe Julia Klöckner vorgetragen, sagte Daniel Köbler (Bündnis 90/Die Grünen). "Sie bringen so wenig und dann wollen Sie einen Dialog auf Augenhöhe." Die CDU begebe sich bei dem Thema auf Glatteis, "und da ist es manchmal besser erst die Schuhe anzuziehen und dann die Socken", erwiderte Köbler auf das Bild, das Klöckner verwendet hatte. Wer auf die rheinland-pfälzische CDU warte, werde warten müssen, "weil die CDU immer nur weiß, was nicht geht und keine Konzepte für die Zukunft des Landes hat". Wenn er sich die Dynamik ansehe in dem Prozess, sei er der Überzeugung, dass die Kommunalreform überwiegend auf freiwilliger Weise zu guten Ergebnissen komme. Die Reform werde nun im ersten Schritt abgeschlossen, die CDU sei eingeladen, beim nächsten Schritt mitzuwirken.

Eine Bilanz des ersten Landesgesetzes zog Innenstaatssekretär Jürgen Häfner (SPD). Die Notwendigkeit einer Reform sei unbestritten. Nach dem Ende der Freiwilligenphase werde das Ministerium Vorschläge für die Kommunen machen, die die erste Phase nicht genutzt haben. Bei den Verbandsgemeinden Maikammer/Manderscheid sei es besonders schade, wenn sie die Freiwilligenphase mit den Vorteilen und Chancen ungenutzt ließen, "denn beide sind bei den Einwohnerzahlen deutlich unter der Mindestgrenze". Die Prämie werde es definitiv nur bei einem freiwilligen Zusammenschluss geben. Bei der Fusion der VGs Osthofen und Westhofen sei die Bürgerbefragung mit einer positiven Fragestellung entschieden worden. Dieses Votum werde das Land daher akzeptieren und auch die Vergünstigungen gewähren. Auch die Fusion der VG Nierstein-Oppenheim, die mit 31.000 Einwohnern nicht verpflichtet gewesen wäre eine Verschmelzung einzugehen mit der VG Guntersblum, sehe die Landesregierung als sehr gute Lösung an. Bis 2014 werde das Gesetz umgesetzt, dann gehe es in die zweite Phase und es werde über die Kreisgrenzen geredet.

Sie könne "die Mär, dass die CDU nicht wolle, nicht mehr hören", sagte Anke Beilstein (CDU). Sie habe schon 2009 im Ausschuss bekundet, dass es ein gemeinsames Vorgehen bei der Reform geben sollte. Der Ministerpräsident habe darauf geantwortet, dass die staatliche Ebene außen vor bleiben müsse. In Osthofen wurde mit der positiven Formulierung der Bürgerbefragung verdeckt, dass die Bürger einen Ratsbeschluss kassierten. Bevor solche Webfehler weiter verfestigt würden, "sollten wir ins Gespräch kommen", empfahl Beilstein.

Rheinland-Pfalz habe durch den Abbau heute so wenige Ministerien wie außer dem Saarland kein anderes Bundesland, sagte Ministerpräsident Kurt Beck (SPD). "Die CDU hat damals mit den Lobbygruppen dagegen demonstriert." Es sei zudem klar gewesen, dass die Behörden umstrukturiert würden, die Mittelbehörden wie auch etwa die Forstbehörden, "da haben Sie sich auch immer auf die Seiten der Gegner geschlagen". Dann habe sich gezeigt, dass es ohne eine Kommunalreform nicht gehe. Die entscheidende Aufgabe einer Verbandsgemeinde sei die Ver- und Entsorgung. Etwa bei der Anpassung der Kläranlagen an die künftigen Anforderungen stelle sich die Frage, wer dies leisten solle, "etwa Verbandsgemeinden mit 7000 Einwohnern?", fragte Beck. Die originären Aufgaben der Verbandsgemeinden müssten größer angelegt werden, wenn die Einwohnerzahlen zurückgingen. Viele Aufgaben würden künftig auch elektronisch abgewickelt. "Es ist doch klar, dass sich die Strukturen dann verändern müssen."

Neue Formen der Bürgerbeteiligung seien eingeführt worden für den Prozess der Kommunalreform, erinnerte SPD-Fraktionschef Hendrik Hering (SPD) an den Anfang der Diskussion. "Alle Experten sagten, dass es nach der Reform der Feuerwehren und Schulen unverantwortlich wäre, kleinste Verbandsgemeinden weiter bestehen zu lassen. Die 14 Gebietskörperschaften, die sich von sich aus auf den Weg machten, "taten dies im Vertrauen darauf, dass die Reform auch kommt". Was die CDU wolle, würde "einen massiven Vertrauensbruch" bedeuten. Ein Grundpfeiler sei, dass die Eigenständigkeit der Ortsgemeinden erhalten bleibe, es sei denn die Gemeinden wollten dies von sich aus ändern.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 13/2012, Seite 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Mai 2012