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NORDRHEIN-WESTFALEN/2279: Schlagabtausch zur Wirtschaftspolitik (Li)


Landtag intern 10/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Schlagabtausch zur Wirtschaftspolitik

Kontroverse Debatte zur Situation an Rhein und Ruhr

von Michael Zabka, Dr. Stephan Malessa und Wibke Busch


2. Dezember 2016 - Die Wirtschaftspolitik der rot-grünen Landesregierung hat im Plenum für kontroverse Diskussionen gesorgt. Das Thema stand im Mittelpunkt einer Aktuellen Stunde. Sie war von den Fraktionen von FDP und CDU beantragt worden. Die Opposition warf der Landesregierung mangelnde Dynamik und Ideenlosigkeit vor. Der Wirtschaftsminister wies die Kritik zurück: Man sei "in der Spur".


Der Aktuellen Stunde lagen zwei Anträge zugrunde: "Schlechte Wirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen droht, langfristig Zukunftschancen und Wohlstandsperspektiven zu verspielen" (Fraktion der FDP/Drs. 16/13613) sowie "Neues Gutachten blickt mit Sorge auf die Wirtschaftslage in Nordrhein-Westfalen - Landesregierung muss nun handeln anstatt die Situation schönzureden!" (Fraktion der CDU/Drs. 16/13614). Hintergrund war eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln.

Ralph Bombis (FDP) sagte, die neue Studie reihe sich ein in andere, die dem Land "mangelnde Dynamik und fehlende Wirtschaftsperspektiven" attestierten. "Es gehen zu viele Chancen an diesem Land vorbei", betonte er. NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) verschließe aber weiter die Augen vor dieser Entwicklung und zeichne ein "Zerrbild" von der Wirtschaftssituation an Rhein und Ruhr. Bombis forderte u. a. eine "verlässliche Perspektive" für das rheinische Braunkohlerevier sowie die Abschaffung des Tariftreue- und Vergabegesetzes und der sogenannten Hygiene-Ampel. Er appellierte: "Kehren Sie endlich um."

Für die CDU-Fraktion sagte Hendrik Wüst, die Wachstumsschwäche des Landes erreiche die Menschen. So gehörten fünf Städte des Ruhrgebiets der deutschen "Top 10" der Städte mit den schlechtesten Lebensbedingungen an. Dem Wirtschaftsminister warf er vor, "Augenwischerei" zu betreiben, und forderte ihn auf, er müsse "endlich das Steuer herumreißen". So benötige das Land eine "funktionierende Infrastruktur". Wegen fehlender Planungen habe Rot-Grün aber Fördermittel nicht abrufen können. "Sie wollten nicht planen." In der Wirtschaftspolitik sei die Landesregierung "ideenlos".

"Fachkräftemangel"

Frank Sundermann (SPD) sagte, vor allem der Fachkräftemangel sei ein Wachstumshemmnis für Unternehmen. Die Landesregierung wirke dem entgegen: Es gebe heute fast 100.000 Studierende mehr als 2010 in den MINT-Studienfächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik). Und das Programm "Kein Abschluss ohne Anschluss" sorge dafür, dass es keine Brüche zwischen Schule und Beruf gebe. "Wir setzen da an, wo die Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft sich entscheidet: bei den Mitarbeitern." Mit dem Programm "Digitale Wirtschaft" solle NRW einen Spitzenplatz bei der Digitalisierung einnehmen.

Dr. Joachim Paul von der PIRATEN-Fraktion kritisierte eine wachsende Ungleichheit in NRW. Es gebe Regionen mit 12 Prozent Arbeitslosigkeit. "Das ist kein Schlechtreden, das ist eine Zustandsbeschreibung", sagte Paul. Manche Regionen hätten "fast Vollbeschäftigung, bei anderen bricht das wirtschaftliche Fundament immer weiter weg. Und die Landesregierung unternimmt einfach nichts dagegen" kritisierte Paul. Er forderte u. a., im Tariftreue- und Vergabegesetz einen Mindestlohn von 12 Euro vorzuschreiben, die Digitalisierung stärker voranzutreiben und die Bedingungen für Start-ups zu verbessern.

CDU und FDP redeten das Land schlecht, sagte Matthi Bolte (GRÜNE). Ihre Schilderungen stimmten mit der Realität nicht überein. So seien laut CDU die Straßen für Unternehmen das größte Problem. Bei den zahlreichen Betriebsbesuchen der GRÜNEN sei das Thema jedoch nie angesprochen worden. Die CDU wolle zurück zu einer Industriepolitik der 1950er- und 1960er-Jahre. Bolte nannte dies "Politik von gestern mit Ideen von vorgestern". Beim Thema Digitalisierung habe keine Regierung jemals so viel in den Breitbandausbau investiert wie Rot-Grün.

Das Institut der deutschen Wirtschaft schlage in seinem Gutachten "schwarz-gelbe Politik aus dem letzten Jahrhundert" vor, sagte Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD). So greife zum Beispiel die Fokussierung auf den Verkehrsträger Straße zu kurz. Die Landesregierung habe daher auch Wasserstraßen, Flughäfen und die Schiene im Blick. Den geforderten Breitbandausbau habe die Landesregierung längst auf den Weg gebracht. NRW sei das Bundesland mit den meisten Existenzgründungen und Start-ups. Sein Fazit: "Wir sind in der Spur." Es gebe deshalb keinerlei Anlass, den Kurs zu ändern.

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Quelle:
Landtag intern 10 - 47. Jahrgang, 20.12.2016, S. 8
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2017

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