Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE


NORDRHEIN-WESTFALEN/2375: Mietwohnungen als Ferienapartments (Li)


Landtag intern 1/2019
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Mietwohnungen als Ferienapartments
Anhörung zur Zweckentfremdung in Ballungsräumen

von Michael Zabka


18. Januar 2019 - Entziehen Online-Vermittler wie "Airbnb" dem Markt dringend benötigten Wohnraum? Um diese Frage ging es bei einer Sachverständigenanhörung des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen. Über Online-Vermittler können Mietwohnungen als Ferienapartments gemietet werden.


Hintergrund der Anhörung war ein Antrag der SPD-Fraktion: "Zweckentfremdung von Wohnraum in Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf bekämpfen: Das Wohnungsaufsichtsgesetz bedarfsgerecht fortentwickeln" (Drs. 17/3596). Die Nachfrage nach Wohnraum werde in Ballungsräumen immer größer. Besorgniserregend sei die Entwicklung von Online-Vermittlern, "da diese mit ihrem Geschäftsmodell dem Mietwohnungsmarkt zusätzlich potentiellen Wohnraum für die ansässige Bevölkerung entziehen". Aus Mietwohnungen würden Ferienapartments. Allein in Düsseldorf würden fast 7.000 Wohnungen über das Reiseportal "Airbnb" an Kurzzeitgäste vermietet.

Kommunen müssten deshalb in den Stand versetzt werden, wirkungsvoller gegen die Zweckentfremdung vorgehen zu können. Die Fraktion fordert u. a., das Wohnungsaufsichtsgesetz nach Berliner Vorbild fortzuentwickeln. Wer dort Wohnraum vermieten wolle, brauche die Genehmigung der Kommune. Diese wiederum könne bei akutem Wohnraummangel die Zweckentfremdung untersagen. Die Registrierung biete zudem "die Gelegenheit, die Steuerpflicht bei solchen Einkünften besser durchzusetzen".

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW hielt das Vorgehen in Berlin für sinnvoll. Hamburg habe ähnlich reagiert. Es sei erforderlich, "den Städten, Gemeinden und Kreisen Nordrhein-Westfalens bei ihren Bemühungen zum Schutz des vorhandenen Wohnraumes in angespannten Märkten Rechtsinstrumente zur Seite zu stellen, die ein vergleichbares Vorgehen zu den Beispielen Berlin und Hamburg ermöglichen". Das Wohnungsaufsichtsgesetz NRW und der zugehörige Leitfaden "bedürfen dafür einer entsprechenden Klarstellung oder sogar erweiterten Ermächtigung hinsichtlich der - wie in Berlin und Hamburg vorgenommenen - Regelungstiefe".

"Gesetz erhalten"

"Die Landesregierung habe im Koalitionsvertrag angekündigt, "Regelungen über die Zweckentfremdung aufzuheben bzw. das Wohnungsaufsichtsgesetz zu überprüfen", hieß es in der Stellungnahme des Deutschen Mieterbundes für den Ausschuss. Er forderte den Erhalt des Gesetzes und einen "bedarfsgerechten Ausbau der Regelungen". Man habe nichts dagegen, wenn einzelne Zimmer einer Wohnung zeitweise vermietet würden. Problematisch sei es aber, wenn "ganze Wohnungen zur Ferienvermietung vorgehalten und damit der Daseinsversorgung entzogen werden".

Der Landesverband Rheinisch-Westfälischer Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer (Haus & Grund) empfahl, den Antrag abzulehnen. Im Dezember 2015 sei ein vom damals SPD-geführten NRW-Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr in Auftrag gegebenes Gutachten zur Evaluierung der Zweckentfremdungsregelung veröffentlicht worden. Das Ergebnis sei "mehr als eindeutig" gewesen: Nur Bonn, Dortmund, Köln und Münster hätten Satzungen erlassen, um die Nutzung von Wohnraum vorzuschreiben.

In Düsseldorf unterliege die "anderweitige Nutzung von Wohnraum" seit Januar 2007 keinen rechtlichen Beschränkungen mehr, teilte die Landeshauptstadt in ihrer Stellungnahme mit. Obwohl der Rat eine Satzung ablehne, handle es sich um "ein wichtiges Thema für eine zukunftsfähige Stadt- und Wohnungsmarktentwicklung in Düsseldorf ". Der "relevanteste Tatbestand" der Zweckentfremdung sei derzeit die gewerbliche Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnung. Nur: Eine verlässliche Datenbasis fehle.

"Unzutreffende Analyse"

Die Stadt Köln begrüßte die Forderung nach einer Überprüfung des Wohnungsaufsichtsgesetzes. Die steigende Überlassung von Wohnraum zu touristischen Zwecken verschlechtere den ohnehin schon sehr angespannten Kölner Wohnungsmarkt und sei in einigen Stadtvierteln bereits zu einem großen Problem geworden.

Der Online-Vermittler "Airbnb" bezeichnete die "Problemanalyse" der SPD-Fraktion als "unzutreffend". Für die These, dass Mieten stiegen, weil viele Wohnungen in Metropolen über "Airbnb" und andere Anbieter an Touristen vermarktet würden, liege "keine Evidenz" vor. Die für Düsseldorf genannten Zahlen entsprächen zudem nicht der Realität. Zum Stichtag 1. Oktober 2018 seien über das Portal rund 3.400 Unterkünfte auffindbar gewesen.

"Die professionalisierte, kontinuierliche Vermietung von Wohnraum über Homesharing-Plattformen wie Airbnb kann dem Markt Wohnraum entziehen und lokal existierende Wohnraumknappheit verschärfen", befand das Institut der deutschen Wirtschaft. Für Nordrhein-Westfalen lasse sich jedoch "kein empirischer Beleg" dafür erbringen.

*

Quelle:
Landtag intern 1 - 50. Jahrgang, 29.01.2019, S. 7
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen
Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Postfach 10 11 43, 40002 Düsseldorf
Telefon (0211) 884-2472, -2442, -2304, -2388, -2309
E-Mail: email@landtag.nrw.de
Internet: www.landtag.nrw.de, www.landtagintern.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2019

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang