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NORDRHEIN-WESTFALEN/2238: Schutz für die, die schützen (Li)


Landtag intern 4/2016
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Schutz für die, die schützen
Landtag debattiert über Angriffe auf Polizei

Von Sonja Wand, Michael Zabka und Wibke Busch


12. Mai 2016 - Sie sind Freund und Helfer der Bürgerinnen und Bürger. Oft aber werden sie bei ihrer Arbeit angepöbelt, beleidigt oder sogar attackiert. Über die Übergriffe auf Polizistinnen und Polizisten und einen wirksamen Schutz debattierte der Landtag nun in einer Aktuellen Stunde.


Dazu hatte die CDU-Fraktion einen Antrag (Drs. 16/11945) vorgelegt. Darin zitierte sie einen Medienbericht, demzufolge die Zahl der Übergriffe im vergangenen Jahr erneut deutlich gestiegen sei.

Theo Kruse sagte für die antragstellende CDU-Fraktion, nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei werde alle 67 Minuten ein Beamter an Rhein und Ruhr attackiert. Innerhalb von zehn Jahren sei die Zahl der Widerstandsdelikte um 48 Prozent gestiegen. Kruse betonte: "Diese Zahlen sind erschütternd und aus Sicht der CDU-Fraktion unerträglich." Der rot-grünen Koalition warf der CDU-Politiker Untätigkeit vor. Sie habe zahlreiche Anträge und Gesetzesinitiativen seiner Fraktion, die auf den Schutz der Beamten abgezielt hätten, wie die Einführung von sogenannten Bodycams, bislang abgelehnt.

Für die SPD erwiderte Andreas Bialas, die CDU streue den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen. So sei die Zahl der verletzten Polizistinnen und Polizisten seit 2012 um mehr als 40 Prozent gesunken. Die Opposition müsse wahrnehmen, dass die Zahl "permanent sinke". Das Land habe die Pflicht, seine Polizeibeamten so gut zu schützen, wie es gehe, wenn es sie Tag für Tag in gefährliche Einsätze schicke. Und Rot-Grün tue "eine Menge" dafür, diesen Schutz zu gewährleisten. Dazu gehörten eine gute Ausrüstung, ein deeskalierendes Kommunikationsmodell sowie eine gute Vor- und Nachbereitung von Einsätzen.

Polizistinnen, Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte erwarteten mehr Rückhalt, auch von der Führung, sprach Marc Lürbke (FDP) den Innenminister an. "Wer seinen Kopf hinhält für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, verdient nicht nur mehr Wertschätzung, sondern auch bestmöglichen Schutz und Sicherheit." Die Botschaft müsse sein: In NRW Polizistinnen oder Polizisten anzugreifen, sei tabu. Wer es trotzdem tue, müsse die "unverzügliche Quittung des Rechtsstaats" erhalten. Tatsächlich dauere dies aber nicht selten länger als ein Jahr, kritisierte Lürbke schleppende Strafverfahren.

"Deeskalation"

"Die Entwicklung ist seit Jahren besorgniserregend", sagte Verena Schäffer (GRÜNE). Neue Straftatbestände und ein höheres Strafmaß hielt sie aber nicht für zielführend, weil eine daraus entstehende abschreckende Wirkung nicht nachgewiesen sei. Bei Bodycams gebe es Hinweise, dass sie deeskalierend wirken könnten und Einsatzkräfte sich sicherer fühlten. Schäffer sprach sich deshalb für einen Modellversuch unter strengen Datenschutzbedingungen und wissenschaftlicher Begleitung aus. Ziel sei eine faktenbasierte Bewertung, ob den Grundrechtseingriffen ein tatsächlicher Sicherheitsgewinn gegenüberstehe.

Die CDU-Fraktion setze in ihrem Antrag ausschließlich auf "verschärfte Repression", sagte Dirk Schatz (PIRATEN). Dies verändere aber nichts. Polizistinnen und Polizisten müssten vor allem entlastet werden. Sie hätten immer mehr Einsätze zu schultern, die Zahl der Krankheitsfälle steige. Dies sei ein Teufelskreis. Schatz bezweifelte, dass die Angriffe auf Sicherheitskräfte tatsächlich stark zugenommen hätten. Möglicherweise sei der Anstieg der Fallzahlen auch auf geänderte Erfassungsmodalitäten in der Polizeilichen Kriminalstatistik zurückzuführen. Ein geändertes Anzeigeverhalten sei ebenfalls denkbar.

Innenminister Ralf Jäger (SPD) kündigte einen Gesetzentwurf der regierungstragenden Fraktionen an, der den versuchsweisen Einsatz sogenannter Bodycams ermöglichen soll. Fünf Polizeibehörden in NRW - in Ballungszentren und ländlichen Gegenden - sollen mit rund 200 Schulterkameras ausgestattet werden. Der Einsatz werde in alltäglichen Einsatzsituationen erfolgen, zum Beispiel bei Fällen häuslicher Gewalt. Etwa ein Viertel der Übergriffe auf Einsatzkräfte passiere bei diesen Einsätzen. Der Versuch solle wissenschaftlich begleitet werden, um Erkenntnisse über die Wirksamkeit der Kameras zu gewinnen.

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Quelle:
Landtag intern 4 - 47. Jahrgang, 18.05.2016, S. 5
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2016

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