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NORDRHEIN-WESTFALEN/2216: Die Krux mit der Kinderbetreuung (Li)


Landtag intern 9/2015
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Die Krux mit der Kinderbetreuung
Tagespflege soll der Kita gleichgestellt werden

Von Sonja Wand


10. Dezember 2016 - Wer kleine Kinder hat und sie betreuen lassen möchte, kann sie entweder in einer Kindertagesstätte anmelden oder in die Hände einer Tagesmutter bzw. eines Tagesvaters geben. Beide Betreuungsformen existieren nebeneinander, sind aber in vielerlei Punkten nicht gleichgestellt. Diese Einschätzung teilen alle Fraktionen im Landtag. Auf der Basis eines Antrags der FDP-Fraktion hat der Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie darüber beraten, wie dem zu begegnen ist. Sachverständige hatten zu den Forderungen bereits Stellung genommen.


Ein Knackpunkt ist die unterschiedliche Vergütung der Tagespflegepersonen, die pro Kind für eine Betreuungsstunde zwischen 2,70 und 7 Euro von der jeweiligen Kommune erhalten. Die Politik müsse Rahmenbedingungen schaffen, um solche Unterschiede zu verhindern, forderte Marcel Hafke (FDP). Er sprach sich für eine landeseinheitliche Vergütung aus und, solange dies noch nicht umgesetzt ist, für die Möglichkeit, von den Eltern wieder einen Eigenanteil zu verlangen. Die Forderung nach einer vorübergehenden Zuzahlung lehnten die anderen vier Fraktionen ab. Bernhard Tenhumberg (CDU), der den Antrag ansonsten im Grundsatz richtig fand, erklärte, seine Fraktion halte stattdessen an dem Anspruch fest, das Tagespflegesystem von vornherein auskömmlich zu finanzieren. Das Land habe die Aufgabe, gleichwertige Lebensverhältnisse in NRW zu schaffen - bei solchen Ungleichheiten müsse es eingreifen.

Bei einem Zusatzbeitrag für die Eltern bestehe zudem die Gefahr, dass Kinder, deren Eltern den Beitrag nicht zahlen könnten, keinen Zugang zur Betreuung hätten, gab Andrea Asch (GRÜNE) zu bedenken und verwies auf das Ziel der Bildungsgerechtigkeit.

Familienministerin Christina Kampmann (SPD) sagte, im Ministerium befasse sich eine Arbeitsgruppe gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden mit dem Problem. Nur eine Lösung im Konsens werde tragen, betonte sie. Wenn das Land im Alleingang feste Vorgaben mache, bedeute dies, dass es nach dem Konnexitätsprinzip auch alles allein bezahlen müsse. Daniel Düngel (PIRATEN) begegnete der Arbeitsgruppe mit einer "natürlichen Skepsis": Häufig vergehe viel Zeit und ob ein tragfähiger Kompromiss zustande komme, sei unklar. Er forderte deshalb einen "Plan B", der die Landesregierung auch ohne Konsens handlungsfähig mache, denn die Probleme bestünden schließlich und müssten gelöst werden. Es sei Zeit zum Handeln, forderte auch Tenhumberg. Langwierige Arbeitskreisarbeit könne NRW sich nicht leisten. Düngel kritisierte außerdem, das gesamte Betreuungssystem, Kitas eingeschlossen, sei unterfinanziert.

"Jugendämter entlasten"

Die Arbeitsgruppe bemühe sich auch um Wege, die kleine Jugendämter entlasten könnten, erklärte die Ministerin. Sie könnten die Fachberatung nicht immer allein stemmen; auch überregionale Qualifizierungsangebote seien sinnvoll. Damit bestätigte sie Forderungen aus dem Antrag der FDP.

Hafke forderte, Tagespflege und Kita auch bezüglich der Betreuungszeiten gleichzustellen. Während die Eltern in den Kitas die Wahl zwischen einem wöchentlichen Betreuungsumfang von 25, 35 oder 45 Stunden hätten, genehmige die Kommune in der Tagespflege nur eine Wochenstundenzahl, die von den Arbeitsstunden der Eltern abhänge. Auch eine Vertretungsregelung, wie es sie in Kitas im Krankheitsfall des Erziehungspersonals gebe, fehle in der Tagespflege. Hier sei es an den jeweiligen Kommunen, für entsprechende Vertretungsregelungen vor Ort zu sorgen, erklärte Kampmann.

Wolfgang Jörg (SPD) kritisierte, dass nun ausgerechnet die FDP landesweite Einheitlichkeit unter den Kommunen fordere - schließlich sei sie es gewesen, die gezielt Ungleichheit und damit Wettbewerb in die Kommunen untereinander gebracht habe. Er gab sich aber optimistisch: Erstens gebe es bereits viele Kommunen, die sich der Herausforderung einer auskömmlichen Vergütung stellten. Zweitens gebe es inzwischen mehr Vernetzung unter den Kommunen. Drittens sei die Landesregierung mit der Arbeitsgruppe im Ministerium auf einem guten Weg.

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Quelle:
Landtag intern 9 - 46. Jahrgang, 22.12.2015, S. 18
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Januar 2016

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