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NORDRHEIN-WESTFALEN/2200: Der schmale Grat - Vorfälle beim Kölner Spezialeinsatzkommando (Li)


Landtag intern 6/2015
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Der schmale Grat
Innenausschuss beschäftigt sich mit Vorfällen bei Kölner SEK

Von Michael Zabka


27. August 2015 - Wie schmal der Grat zwischen Teambildung und falsch verstandenem Korpsgeist mitunter sein kann, wurde bei einer Sitzung des Innenausschusses deutlich. Konkret ging es um Mobbing-Vorwürfe gegen ein Spezialeinsatzkommando (SEK) des Polizeipräsidiums Köln.


Nach Angaben des Innenministeriums hatte sich ein SEK-Beamter an das Sachgebiet für Beamten- und Disziplinarrecht des Polizeipräsidiums Köln gewandt und über Mobbing in seiner Dienststelle geklagt. Innerhalb des Kommandos sei es üblich gewesen, dass neue Mitglieder eine Probezeit durchlaufen, an deren Ende ein Aufnahmeritual stehe. So war es auch beim betroffenen "SEK 3". Bei einer Gemeinschaftsveranstaltung in Südtirol standen demnach allerdings nicht nur sportliche Wettkämpfe auf dem Programm, wie aus einem Bericht der Landesregierung hervorgeht.

Den beiden neuen Kommando-Mitgliedern sei u.a. eine Holzkiste übergeben worden, die sie während der gesamten Veranstaltung nicht loslassen durften. In der Kiste befanden sich, was die beiden jedoch nicht wussten, die für sie vorgesehenen Kommando-T-Shirts und Abzeichen. Mindestens einmal hätten beide mit der Kiste gemeinsam die Toilette aufgesucht. Zudem seien sie aufgefordert worden, sich nachts mit Handfesseln an die Kiste zu ketten. Zurück am Stützpunkt in Brühl habe man ihnen Schnaps und Bier über einen Luftschlauch eingeflößt und sie aufgefordert, ein aus einer Tsatsiki-Knoblauch-Chili-Mischung hergestelltes Eis zu essen. Einer der beiden habe sich dabei übergeben müssen.


"Führungsversagen"

Gregor Golland (CDU) sprach von Ritualen, die nicht den Wertevorstellungen der Polizei entsprächen. Es handle sich um ein "klares Führungs- und Organisationsversagen bis in die Spitze des Polizeipräsidiums". Nicht "einfache, anständige SEK-Beamte" hätten versagt, sondern die Führungsebene. Spezialeinsatzkommandos seien Eliteeinheiten, ihr Zusammenhalt wichtig, erklärte Fraktionskollege Werner Lohn. Der Kölner Polizeipräsident habe die Gefahren des Elitedenkens offenbar nicht berücksichtigt. "Unverantwortlicher Korpsgeist begünstigt Exzesse", sagte Lohn.

Monika Düker (GRÜNE) wies auf das Spannungsfeld zwischen Elitestruktur und Korpsgeist hin. Eine strafrechtliche Aufarbeitung sei erfolgt, die disziplinarrechtliche im Gange. Sie habe keinerlei Zweifel, "dass die erforderlichen Konsequenzen gezogen werden". Von der CDU habe sie bislang keinen konstruktiven Beitrag gehört

Teambildung sei bei einem SEK wichtig, erklärte Hans-Willi Körfges (SPD), die Mitglieder müssten sich im Ernstfall aufeinander verlassen können. Elitäres Verhalten, Korpsgeist und Druck auf Kollegen seien aber nicht hinnehmbar. Es sei richtig gewesen, die Vorfälle zu melden und sie aufzuarbeiten.

Dirk Schatz (PIRATEN) erinnerte an den Beamten, der die Vorfälle ans Licht gebracht hatte. "Was ist aus dem Beschwerdeführer geworden? Er ist jetzt nicht mehr da, wo er hinwollte." Das sei der eigentliche Skandal an der Geschichte.

Innenminister Ralf Jäger (SPD) wies ebenfalls auf die Bedeutung der Teambildung innerhalb der Spezialeinsatzkommandos hin. Es bestehe aber die Gefahr, dass aus Teambildung Korpsgeist werde: "Das dulden wir nicht." Die Staatsanwaltschaft sei bei ihren Ermittlungen zum Ergebnis gekommen, dass kein strafbares Verhalten vorliege. Gleichwohl müsse aber auch eine moralische Bewertung erfolgen. Die Vorfälle seien deshalb "in keiner Weise" akzeptabel.

Wolfgang Düren, Abteilungsleiter im Innenministerium: "Es wird Konsequenzen geben." Bis geklärt sei, ob die Beschuldigten dauerhaft im SEK bleiben können, sei das Kommando außer Dienst gestellt.

Für Diskussionen im Innenausschuss sorgte ein weiterer Vorfall aus dem Umfeld der Kölner Spezialeinheiten. Dabei ging es um ein Foto, das aktive und ehemalige Führungskräfte auf einem Pylon einer Rheinbrücke zeigt. Die Aufnahme wurde aus einem Polizeihubschrauber heraus gemacht. Unklar ist, ob dem Einsatz ein dienstlicher oder privater Anlass zugrunde lag, bzw. der dienstliche Anlass nur vorgeschoben war. Auch in diesem Fall übte die Opposition deutliche Kritik. Wer Polizeihubschrauber für private Zwecke nutze, sei charakterlich kaum geeignet, eine Führungsfunktion bei der Polizei wahrzunehmen, sagte Marc Lürbke (FDP).

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Quelle:
Landtag intern 6 - 46. Jahrgang, 8.9.2015, S. 13
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2015

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