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NORDRHEIN-WESTFALEN/2183: Arbeitsprogramm der Enquetekommission "Familienpolitik" (Li)


Landtag intern 3/2015
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Vielfalt untersuchen und unterstützen
Arbeitsprogramm der Enquetekommission "Familienpolitik"

Von Christoph Weißkirchen


21. April 2014 - Die Vielfalt, die Familien heute leben, wolle man zum Thema machen. Und sich gleichzeitig mit der Unzulänglichkeit der vorhandenen Instrumentarien beschäftigen. Diese generelle Zielsetzung betonte die Vorsitzende der Enquetekommission Familienpolitik, Ingrid Hack, als sie zusammen mit den Obleuten der fünf Fraktionen das geplante Arbeitsprogramm vorstellte.


Grundlage der Arbeit soll die Analyse des sich wandelnden Bildes von Familie und die sich entsprechend geänderte Familienpolitik sein, so Ingrid Hack. Davon nicht zu trennen sei eine Erörterung notwendiger Rahmenbedingungen. Diese Bestandsaufnahme erstreckt sich laut Arbeitsprogramm auf Familienformen, Familienmilieus, Lebenslagen und auch Familienprobleme. Dabei will man die Sicht auf Familie nach Lebensphase, Geschlecht, Erwerbstätigkeit und Migrationshintergrund unterscheiden.

Eine solche Differenzierung beinhaltet zum Beispiel, die Erwartungen von verschiedenen möglichen Familienmitgliedern zu berücksichtigen: von Kindern, Jugendlichen, Großeltern, aber auch pflegebedürftigen Angehörigen. Jeder Teil der Familie habe andere Bedürfnisse, Wünsche und zeitliche Anforderungen. Diese seien zum Beispiel bei Kindern im Kindergartenalter anders als in der Grundschule oder bei Jugendlichen in weiterführenden Schulen. Arbeitswelt und Freizeitbereich bedeuteten wieder andere Herausforderungen im Zeitmanagement. Hinzu komme heute dann der Umgang mit Digitalisierung und Medien.

Als staatliche Aufgaben sieht der Aufgabenkatalog zunächst einmal die Absicherung der finanziellen Situation der Familien vor. Ein konkreter Erörterungspunkt ist dabei die Analyse des Anteils privater Finanzierung der Erziehungskosten. Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene geht es dann auch um den Anteil der Bildungsförderung am Bruttosozialprodukt. Neben den finanziellen stehen die qualitativen Fragen: Sind die familienpolitischen Förderinstrumente kindgerecht, angemessen, zielgerichtet? Greifen sie ineinander?

Dies leitet über zu Zielen und Steuerungsmöglichkeiten: Es gehe darum, Familie in ihrer Gesamtheit zu fördern, und das wiederum bedeute, Familienpolitik als Querschnittsaufgabe verschiedener Politikbereiche zu sehen. In diesem Zusammenhang spricht der Aufgabenkatalog auch von einer Stärkung der Bildungskette von Kindertagesstätten und Familienzentren, Schulen, ggf. Familienbildungs- und Beratungsstätten, der außerschulischen und informellen Bildung.

Insgesamt will die Enquetekommission Möglichkeiten der finanziellen und zeitlichen Entlastung von Familien erörtern. Zu den Zielen gehört als ein weiterer Punkt auch der Aspekt der familiengerechten Quartiersentwicklung sowie der Erleichterung von Mobilität. Am Ende sollen dann konkrete Handlungsempfehlungen stehen.

Man wolle Familien "lebbar" machen, unterstrich Walter Kern (CDU). Nach seiner Auffassung werde aktuell die Rolle von Vätern und Müttern neu interpretiert. Damit einhergehen müsse aber ein neues gesellschaftliches Klima für Familie, das u.a. familienfreundliche Arbeitszeiten beinhalte. Kern forderte "echte Wahlfreiheit" zwischen Berufs- und Familienarbeit.

Kinder seien immer noch häufigster Armutsgrund in Deutschland, kritisierte Wolfgang Jörg (SPD). Festzustellen sei eine strukturelle Benachteiligung von Familien in der Gesellschaft. Gleichzeitig konstatierte er eine Verdichtung im Arbeitsbereich, was sich auch in steigenden Anforderungen an Flexibilität im Interesse der Wirtschaft ausdrücke.


Erwerbsarbeit, Familienarbeit

Vor diesem Hintergrund trat Jutta Velte (GRÜNE) für einen ganzheitlichen Ansatz ein. Auch Frauen und Müttern müsse eine gleichberechtigte Teilhabe am Erwerbsleben offenstehen. Dies bedeute konkret eine gerechtere Aufteilung der Haus- und Familienarbeit. Außerdem trat sie dafür ein, mit Blick auf Migrantinnen und Migranten Familienpolitik kultursensibel auszugestalten.

Auch für Dr. Björn Kerbein (FDP) ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein zentraler Punkt der Familienpolitik. Er plädierte dafür, sich auf der Grundlage von Erfahrungen von Unternehmen, Gewerkschaften und Betriebsräten mit vorbildlichen Beispielen zu beschäftigten. Jedenfalls dürfe man sich nicht auf ein bestimmtes Familienbild festlegen.

Daran knüpfte Daniel Düngel (PIRATEN) an und erklärte, angesichts der mittlerweile gegebenen Unterschiedlichkeit werde der Versuch spannend sein, den Begriff "Familie" zu definieren. Für eine finanzielle Förderung brachte er das Modell des Grundeinkommens ins Spiel. Interessant war für ihn auch die Frage: Was kann Landespolitik konkret machen?


ENQUETEKOMMISSIONEN
Zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachkomplexe kann der Landtag Enquetekommissionen einsetzen, die in der Regel zwei Jahre lang arbeiten. Ihnen können sowohl Abgeordnete als auch andere Sachverständige angehören.

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Quelle:
Landtag intern 3 - 46. Jahrgang, 30.4.2015, S. 18
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2015

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