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NORDRHEIN-WESTFALEN/2125: Keine Nullrunden für Beamte (Li)


Landtag intern 7/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Plenum
Keine Nullrunden für Beamte
Schlagabtausch zum Urteil des Verfassungsgerichtshofs

Von Daniela Braun



2. Juli 2014 - Hitzig zu ging es im Landtag bei der Unterrichtung der Regierung über das Urteil des Verfassungsgerichtshofs zur Beamtenbesoldung. Teile der Opposition bezeichneten die Regierung als wiederholte Verfassungsbrecher. Am Vortag hatten die NRW- Verfassungsrichter das rot-grüne Vorhaben, die Gehälter der Beamten gestaffelt anzuheben und höhere Beamte zu Sparzwecken ganz auszunehmen, für nicht rechtens erklärt. Finanzminister Norbert Walter-Borjans hatte daraufhin Nachbesserungen angekündigt und eine Haushaltssperre verhängt.


Das Gericht habe die Überlegung der Regierung im Spannungsfeld zwischen Besoldung und Schuldenbremse nachvollziehen können und stelle die gestaffelte Anpassung nicht infrage, betonte Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). "Die negative Entscheidung bezieht sich auf die konkrete Ausgestaltung", so der Minister. Nun müsse zügig ein neuer Entwurf her. In dem Zusammenhang begründete Walter-Borjans die Haushaltssperre mit erwartbar höheren Personalkosten und geringen finanziellen Spielräumen.

"Dieser Minister sitzt doch mehr in Münster vor dem Verfassungsgerichtshof als auf der Regierungsbank", meinte hingegen Armin Laschet (CDU). Zudem wiegle dieser das Urteil einfach ab, obwohl das Gericht die Regierungspläne als evident verfassungswidrig bezeichne, so der CDU-Fraktionsvorsitzende. Damit sei eingetreten, was die Fachleute in der Anhörung vorhergesagt hätten. Laschet kritisierte die Landesregierung dafür, dass sie das Besoldungsgesetz nicht mit den Gewerkschaften besprochen habe. Er forderte zudem: Selbst wenn es mühsam sei, müsse Rot-Grün endlich mit strukturellen Reformen in Nordrhein-Westfalen beginnen.

Von den zehn unter der Regierung Rüttgers als verfassungswidrig erklärten Gesetzen sei Rot-Grün noch weit entfernt, konterte Norbert Römer (SPD). Er gestand ein, Teile des Besoldungsgesetzes seien nicht mit der Verfassung vereinbar. Dies beziehe sich aber nur auf die zu großen Abstufungen zwischen den Besoldungsgruppen. Mit dem Gesetz habe Rot-Grün versucht, die Gehälter sozial anzupassen und Stellen zu erhalten, betonte der SPD- Fraktionschef: "Wir sind eben nicht mit der schwarz-gelben Kettensäge über die Personalhaushalte gefahren." Die Koalition habe die Schuldenbremse und notwendige Investitionen gleichermaßen im Blick.

Als "krachende Niederlage" bezeichnete Christian Lindner (FDP) das Urteil - und dies rechtlich, finanziell wie auch politisch. "Hier gab es keine offene, umstrittene Rechtslage", befand Lindner. Die Regierung habe den Verfassungsbruch bewusst einkalkuliert. Finanziell stecke Rot-Grün nun in einer Einbahnstraße, da sie den sozialverträglichen Personalabbau ausgesetzt habe. Mehr als eine "Mangelverwaltung" sei nicht mehr drin, kritisierte der FDP- Fraktionschef angesichts der Haushaltssperre bei "Top-Konjunktur". Politisch bestehe die Niederlage darin, dass Rot-Grün die Menschen - auch bei der Besoldung - gegeneinander ausspiele.

"Jede Niederlage tut weh", sagte Reiner Priggen (GRÜNE). Doch dürften CDU und FDP nicht so tun, als sei ihnen das in Münster nicht passiert. Nach der Sommerpause müsse der neue Gesetzentwurf vorliegen, so dass er im Herbst verabschiedet werde könne, skizzierte der GRÜNEN- Chef den weiteren Zeitplan. Er stellte fest: "Wir werden keine doppelte Nullrunde machen können." Ebenso sei für die mittleren Besoldungsgruppen eine andere Lösung notwendig. All das werde nicht funktionieren, ohne Personal einzusparen, so Priggen. Er sei gespannt auf die Diskussion, denn CDU und FDP hielten vorgebrachten Spar- meist neue Ausgabenideen entgegen.


Variation

Dietmar Schulz (PIRATEN) warf Kraft Wortbruch und Verfassungsbruch mit Ansage vor. Noch im vergangenen Jahr habe sie versprochen, keine weiteren Nullrunden anzusetzen. Wie von ihm und Fachleuten angekündigt, sei der Regierung das Gesetz nun um die Ohren geflogen. Dabei habe es alternative Vorschläge gegeben, auch von seiner Fraktion: gemeinsam mit den Beamtenvertretern zu überlegen, wie die Gesamtsumme gerecht auf alle Besoldungsgruppen verteilt werden könne. Zudem kritisierte der Abgeordnete, dass Rot-Grün kein Geld für den Fall des nun eingetroffenen Urteils zurückgestellt habe - dies hätte eine Haushaltssperre verhindern können.

Das Gesetz sei sozial gerecht, betonte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). Dazu stehe sie. Die Meinung vieler Experten, wonach der Tarifabschluss der Angestellten eins zu eins auf die Beamten hätte übertragen werden müssen, bestätige das Urteil nicht. Der Gesetzgeber dürfe, so die Richter, bei der Anpassung die Haushaltssanierung berücksichtigen und auch bei den einzelnen Besoldungsgruppen variieren.


ABGELEHNT
Ein Entschließungsantrag von CDU und FDP (Drs. 16/6206) wurde mit der Mehrheit von SPD und GRÜNEN abgelehnt.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 45. Jahrgang, 11.7.2014, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2014