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NORDRHEIN-WESTFALEN/2118: Zu Hause in... Wohnungspolitik - Fortschritt oder Eigenlob? (Li)


Landtag intern 6/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Plenum
Zu Hause in... Wohnungspolitik: Fortschritt oder Eigenlob?

Von Daniela Braun



14. Mai 2014 - Ob demografischer Wandel, Klimaschutzziele, knappe öffentliche Kassen oder verwahrloste Appartements in Investorenhand: Die soziale Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik des Landes stehe vor großen Herausforderungen, konstatieren SPD und Grüne in einer Großen Anfrage (Drs. 16/4768). Darin wollen sie wissen, wie sich der Wohnungsmarkt in NRW nach Einschätzung der Regierung aktuell und zukünftig darstellt. Ziel müsse es sein, die Lebensqualität in den Quartieren als "Heimat vor der Haustür" zu sichern. Die Anfrage und die Antwort der Landesregierung (Drs. 5609) sorgten zwei Wochen vor der Kommunalwahl für eine Debatte im Plenum - aus Sicht der Oppositionsfraktionen eine reine Selbstdarstellung der Regierung.


"Weder Slums noch Reichengettos tun unserer Gesellschaft gut", unterstrich Jochen Ott (SPD). In erster Linie gehe es bei der sozialen Wohnungsund Stadtentwicklungspolitik daher um lebendige und vielfältige Quartiere mit bezahlbaren Wohnungen. Dies bezeichnete Ott als Teil einer erfolgreichen Präventionspolitik. Regional unterschieden sich die Ausgangslagen stark: Es gebe schrumpfende wie auch wachsende Gebiete sowohl auf dem Land als auch in Städten. Nach Auffassung von Ott wird der Markt alleine die Herausforderungen nicht meistern. Es sei wichtig, wie geschehen, Förderprogramme zu bündeln und die Quartiere quasi aus einer Hand zu entwickeln.


Klare Förderpolitik

"Der Wohnungsmarkt spaltet sich", stellte Daniela Schneckenburger (GRÜNE) fest. Die Mieten stiegen vielerorts, vor allem auf der Rheinschiene und in den Unistädten - das gehe aus der Antwort der Regierung auf die Große Anfrage hervor. Wohnungspolitik brauche eine klare Förderpolitik und einen verlässlichen ordnungspolitischen Rahmen. Für beides habe Rot-Grün in den vergangenen Jahren gesorgt, so Schneckenburger. "Privat und Staat müssen sich auf dem Wohnungsmarkt ergänzen", meinte sie. Ziel sei, dass Jung und Alt in Quartieren zusammen wohnten und sich unterstützten. Auch der Klimaaspekt und bezahlbare Heizkosten seien zentral.

"Welchen Zweck hat die Große Anfrage, die hier gestellt worden ist, überhaupt?", fragte Bernhard Schemmer (CDU). Dies sei doch ein Instrument der Opposition. Der Abgeordnete warf SPD und GRÜNEN vor, der Regierung eine Bühne zum Eigenlob bieten zu wollen. Allerdings zeuge deren Antwort von Fehleinschätzungen und mangelnder Datenkenntnis. Demnach habe Rot-Grün mit dem Zensus 2011 urplötzlich festgestellt, dass in NRW deutlich weniger Menschen lebten und es mehr Wohnungen gebe als angenommen. Zudem seien die Statistiken zu den Leerstandsquoten widersprüchlich. Schemmer forderte: "Erarbeiten Sie einfach eine korrekte Datengrundlage!"

Auch Holger Ellerbrock (FDP) warf Rot-Grün Selbstdarstellung vor. Er kritisierte das gezeichnete "Zerrbild" eines Landes voller Probleme und die Schlussfolgerung, dass eine staatliche Mietpreisaufsicht notwendig sei. Ellerbrock betonte: "Mit Nordrhein-Westfalen haben wir ein Land, auf das wir stolz sein können." Natürlich gebe es die einen oder anderen Probleme. Hier gelte es aber, gemeinsam die Hinweise der Enquetekommission zum Wohnungsmarkt umzusetzen. Kritik übte Ellerbrock darüber hinaus an den Indikatoren der geplanten Mietpreisbremse. Diese stellten etwa Bottrop als einen angespannten Wohnungsmarkt dar, was de facto nicht zutreffe.

SPD und GRÜNE wollten sich im Wahlkampf offenbar selbst feiern, stimmte Olaf Wegner (PIRATEN) seinen Vorrednern zu - mit einer Zusammenstellung von Bekanntem. Seine Fraktion freue sich zwar, dass die Ergebnisse der Enquetekommission nachwirkten. Es ärgere ihn aber, wenn sich die Regierung und die sie tragenden Fraktionen als "Speerspitze der wohnungspolitischen Avantgarde" darstellten. "Es gibt nämlich noch sehr viel zu tun", bemerkte der Abgeordnete. Rot-Grün habe die Wohnraumförderung faktisch gekürzt, die für bislang 59 Kommunen geplante Mietpreisbremse reiche nicht aus, und das neue Wohnungsaufsichtsgesetz sei weichgespült.

NRW sei in der Wohnungs- und Städtebaupolitik endlich bündnisfähig geworden, lobte hingegen der zuständige Minister Michael Groschek (SPD). Zusammen mit den Verbänden, der NRW Bank, der Architektenkammer und dem Mieterbund habe das Land die Wohnraumförderung neu ausgerichtet. "Unser intellektuelles Konzept ist die Absage an eine Politik, die vergisst, dass Heimat vor der Haustür ein soziales Grundrecht ist", so Groschek. Es gehe darum, soziale Spaltung zu verhindern, Klimaquartiere zu schaffen und ausgestorbene Fußgängerzonen als Wohnraum neu zu beleben. Zum neuen Aufsichtsgesetz sagte er: "Ich glaube, dass die Wohnungspolizei viel Erfolg haben wird."

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Quelle:
Landtag intern 6 - 45. Jahrgang, 4.6.2014, S. 5
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juli 2014