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NORDRHEIN-WESTFALEN/2094: Soziallasten auf den Schultern der Kommunen (Li)


Landtag intern 4/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Soziallasten auf den Schultern der Kommunen
Diskussion um Kostenübernahme bei Eingliederungshilfen durch den Bund

Von Daniela Braun



26. März 2014 - Die Städte und Gemeinden im Land kämpfen seit Jahren mit finanziellen Problemen. Hierfür seien unter anderem die hohen Soziallasten verantwortlich, betont die FDP in einem Antrag (Drs. 16/5354). Die Fraktion fordert den Bund auf, die Kommunen - wie im Koalitionsvertrag versprochen - weiter zu entlasten. Sie befürchtet, dass das Vorhaben auf die lange Bank geschoben werden könnte. Thema einer Aktuellen Stunde im Landtag.


"Sie haben alles haarklein geregelt", meinte Kai Abruszat (FDP) hinsichtlich des Koalitionsvertrags auf Bundesebene. Doch ab wann die Kommunen bei der Eingliederungshilfe nun konkret entlastet würden, bleibe offen. Aussagen der Bundesregierung legten nahe, dass in diesem Jahr gar nichts passiere und auch in der laufenden Legislaturperiode die umfassende Unterstützung ausbleibe, so der FDP-Abgeordnete. Eine Milliarde Euro ab dem Jahr 2015 sei ein Tropfen auf den heißen Stein. Abruszat forderte: Berlin müsse die Interessen der NRW-Kommunen endlich wahrnehmen. Deren schwierige Situation sei dort offenbar noch nicht richtig angekommen.

Hans-Willi Körfges (SPD) warf der FDP antizyklisches Verhalten vor: Sei sie an der Regierung, passiere nichts - in der Opposition gebe sie sich plötzlich kommunalfreundlich. Dass der Bund heute für die Grundsicherung im Alter aufkomme, dazu habe entscheidend der NRW-Regierungswechsel beigetragen, betonte der Abgeordnete. Ohne Rot-Grün hätte es den Druck aus dem Bundesrat nicht gegeben: "Wir bewirken was, während Sie nur reden." Die SPD stehe an der Seite der Kommunen, so Körfges. Auch ohne Aktuelle Stunde sei der Fahrplan klar: NRW müsse darauf hinwirken, dass die 5 Milliarden Euro Entlastung bei der Eingliederungshilfe zeitnah kämen.

Bereits jetzt unterstütze der Bund die NRW-Kommunen in den Jahren 2014 bis 2017 mit 6,5 Milliarden Euro, unterstrich André Kuper (CDU): "Bei dieser Summe kann wohl keiner ernsthaft von den Kommunen als Verlierer der Großen Koalition sprechen." Der Bund komme seiner Verpflichtung nach, obwohl die Länder für die kommunale Ausstattung zuständig seien. Er leiste seine Hilfe dauerhaft, unbefristet und inklusive aller Steigerungen, lobte Kuper. Hinzu komme ab dem nächsten Jahr 1 Milliarde Euro Soforthilfe bei der Eingliederungshilfe - dies bedeute 240 Millionen Euro für NRW. Gleichzeitig müsse aber auch Rot-Grün ihren Teil für die Kommunen beitragen.

Es sei nicht in Ordnung, dass der Bund den Zeithorizont für die Zuschüsse zur Eingliederungshilfe nicht klar definiere, befand Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE) und forderte finanzpolitische Verlässlichkeit: "Wir wollen die schnellstmögliche Entlastung." Die Bundesregierung müsse zügig einen Gesetzentwurf vorlegen und dafür sorgen, dass die Hilfen auch bei den Kommunen ankämen. Zudem kritisierte Mostofizadeh die FDP für ihr ambivalentes Verhalten. Im Bundesrat habe man sie erst treiben müssen, um die Entlastung bei der Altersgrundsicherung durchsetzen zu können. Die Fraktion habe die Kommunen bis zum Jahr 2010 bekämpft, nun schwinge sie sich zu deren Retter auf.

SPD und CDU spielten ihr eigenes "Unterlassen an Hilfeleistungen" herunter, kritisierte Dietmar Schulz (PIRATEN). Während der Bundesfinanzminister seine schwarze Null preise, sehe er als NRW-Abgeordneter schwarz für die Kommunen im Land. Schulz warf dem Bund vor, sich auf Kosten der Städte und Gemeinden zu sanieren. Steuerquellen seien stetig nach Berlin verlagert worden. Auch sei offen, wann das Bundesteilhabegesetz als Basis für die Entlastungen bei der Eingliederungshilfe kommen werde. Bis zum Jahr 2017 sei nicht mit zusätzlichen Hilfen zu rechnen: "In Wahrheit lässt das Land die Kommunen mit ihren Aufgaben strukturell und individuell im Regen stehen."

Die Debatte habe einen ernsthaften Hintergrund, rief Kommunalminister Ralf Jäger (SPD) in Erinnerung: Bei der Eingliederungshilfe gehe es um die lückenlose Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Er unterstütze die Beteiligung des Bundes an der Eingliederungshilfe. Jäger sagte zu: "Wir werden darauf achten, dass es auch umgesetzt wird." Nach dem aktuellen Plan wolle der Bund den Kommunen in den Jahren 2015 bis 2017 mit je 1 Milliarde Euro helfen. Ab dem Jahr 2018 soll sich die Summe auf 5 Milliarden Euro erhöhen, erläuterte der Minister und machte deutlich: "Das ist uns zu spät." Rot-Grün werde sich in Gesprächen mit dem Bund für eine frühere Entlastung einsetzen.


GEMEINSAMER ENTSCHLIEßUNGSANTRAG
Im Vorlauf der Plenardebatte hatte sich die FDP-Fraktion einem Entschließungsantrag (Drs. 16/5370) der Regierungsfraktionen zum Thema für die Debatte im Kommunalausschuss angeschlossen. Damit soll die Landesregierung aufgefordert werden, sich auf Bundesebene weiterhin konsequent für eine nachhaltige Entlastung der NRW-Kommunen einzusetzen.

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Quelle:
Landtag intern 4 - 45. Jahrgang, 9.4.2014, S. 4
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Mai 2014