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NORDRHEIN-WESTFALEN/2081: Tatort Fußball - Polizei gegen gewaltbereite Anhänger (Li)


Landtag intern 2/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Tatort Fußball
Polizei gegen gewaltbereite Anhänger - Ein Fall für den Landtag

Von Daniela Braun



29. Januar 2014 - Eigentlich sollte es die schönste Nebensache der Welt sein. Doch in den vergangenen Wochen und Monaten gab es in Nordrhein-Westfalen rund um Fußballspiele immer wieder hässliche Szenen: randalierende und prügelnde - vermeintliche - Fans in Stadien und Innenstädten. Dabei griffen die Gewalttäter teils auch gezielt Polizeikräfte an. Die Folge: zahlreiche Verletzte und Schwerverletzte. In einem Antrag fordert die FDP-Fraktion die Landesregierung nun dazu auf, ein schlüssiges Gesamtkonzept gegen Gewalt im Umfeld von Fußballspielen vorzulegen (Drs. 16/4820). Thema einer Debatte im Plenum.


Die jüngsten Ereignisse in Köln und Bielefeld hätten eine Dimension erreicht, über die man nicht einfach hinweggehen könne, stellte der FDP-Abgeordnete Mark Lürbke fest: "Sie haben mit Fußball nichts zu tun und bringen den ganzen Sport in Verruf." Prävention sei ein wichtiger Baustein, allerdings gebe es Menschen, denen damit nicht beizukommen sei - sie suchten gezielt Gewalt. "Reicht Ihnen die derzeitige Rechtslage zu Meldeauflagen und ungenauen Strafbeständen wie Landfriedensbruch und Beteiligung an einer Schlägerei?", fragte Lürbke den Innenminister. Der Abgeordnete forderte ein schlüssiges Gesamtkonzept gegen Gewalt rund um Fußballspiele sowie beschleunigte Verfahren gegen die Täter.

Im vergangenen Jahr habe der Landtag die Problematik auch mit Fachleuten immer wieder diskutiert, erinnerte Andreas Kossiski (SPD). Nun tue die FDP so, als sei ihr das völlig entgangen. Die Regierung habe bereits mehrere Initiativen ergriffen: Neben einem Zehn-Punkte-Plan gehöre dazu unter anderem eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern. "Als Gipfel sehe ich aber, dass Sie behaupten, die Landesregierung würde Meldeauflagen oder konsequentes Vorgehen gegen Randalierer ablehnen", kritisierte Kossiski die FDP. Gewalt im Fußball sei inakzeptabel, betonte er. Doch ebenso gelte, dass es hiergegen kein Patentrezept, sondern diverse zu diskutierende Ansätze gebe.

Über medienwirksame "Polit-Bengalos" hinaus habe sich unter Rot-Grün gegen Gewalt im Fußball nichts getan, meinte hingegen Werner Lohn (CDU): "Es wird von Woche zu Woche schlimmer." Den Innenminister forderte er auf, endlich konkret "tatkräftig" zu werden und mit den friedlichen Fans zu kommunizieren. Viele der gewaltbereiten Anhänger kämen aus NRW, deshalb müsse sich das Land verschärft hiermit beschäftigen. Im Fall der Eskalation beim Spiel Köln-Schalke, zu dem Rechtsradikale aus Dortmund angereist waren, monierte Lohn einen mangelhaften Informationsaustausch der beteiligten Stellen. Zudem brauche NRW ein Konzept für den Umgang mit vermummten Straftätern.

Eine Debatte über "bürgerkriegsähnliche Zustände" schieße weit übers Ziel hinaus, so Josefine Paul (GRÜNE). Ausschreitungen bildeten die Ausnahme. Gleichzeitig plädierte sie für eine differenzierte Debatte; längst nicht alle jugendlichen Ultras seien Intensivtäter, gegen die etwa mit behutsam einzusetzenden Meldeauflagen vorgegangen werden könne. Natürlich müsse NRW schauen, welche - auch repressiven - Maßnahmen ausgebaut werden könnten, gestand Paul zu. Doch grundsätzlich gebe es bereits schlüssige Konzepte. Darüber hinaus mahnte sie, ein sicheres Stadionerlebnis liege in der Verantwortung aller - auch der Vereine, die professionelle Ordner einsetzen müssten.

"Mich ärgert wirklich, dass Sie keine neuen Vorschläge unterbreiten", sagte der PIRATEN-Sprecher Frank Herrmann zur FDP. Die Ideen zur Kontrolle der Fans hätten die Fachleute in einer Anhörung als unverhältnismäßig abgelehnt. Einzelfälle zu dramatisieren, reiche nicht aus, betonte Herrmann: "Personalisierte Tickets und kontrollierte Reisewege sind keine Lösungen, sondern Massenüberwachungen." Stattdessen sprach er sich für wissenschaftliche Studien zur tatsächlichen Situation der Fanszene aus und forderte den Innenminister auf, den Dialog mit den Fans zu suchen. Zudem bräuchten die teils erst kürzlich gestarteten Präventionsinitiativen Zeit, um sich zu entfalten.

Unter die friedlichen Fans mischten sich einige wenige Straftäter, unterstrich Innenminister Ralf Jäger (SPD). Wichtig sei daher, zweigleisig zu fahren: mit einem klaren Fan-Dialog und konsequenter Repression gegen Intensivtäter. Letztere gelte es, genauer in den Fokus zu nehmen, befand der Minister. So sollten Strafverfahren gegen ein und denselben Täter auf eine Stelle etwa am Wohnort konzentriert werden. Im Übrigen seien neben der Polizei aber auch die Vereine und Ultrafans für sichere Stadien zuständig, mahnte Jäger: "Es kann nicht sein, dass immer wieder Polizei in die Stadien muss, um eigentliche Ordnertätigkeiten durchzuführen." 30 Prozent der Arbeitskraft der Hundertschaften sei durch Fußball gebunden.


ABSTIMMUNG
Der FDP-Antrag (Drs. 16/4820) wurde einschließlich eines Entschließungsantrags der Piratenfraktion (Drs. 16/4896) federführend zur Beratung an den Innenausschuss sowie darüber hinaus an den Sportausschuss, den Rechtsausschuss und den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend überwiesen.

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Quelle:
Landtag intern 2 - 45. Jahrgang, 19.2.2014, S. 10
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. März 2014