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NORDRHEIN-WESTFALEN/1961: Fachleute diskutieren Open-Government-Strategie für NRW (Li)


Landtag intern 12/2012
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Demokratie 3.0
Fachleute diskutieren Open-Government-Strategie für NRW

Von Daniela Braun



6. Dezember 2012 - Mehr Transparenz, mehr Teilhabe und mehr Zusammenarbeit: Das verbirgt sich hinter dem Begriff "Open Government". In einer Anhörung des Innenausschusses haben Fachleute nun darüber beraten, wie eine NRW-Strategie rund um Open Government und Open Data aussehen könnte. Im Fokus die Forderung: weg vom Informationsfreiheits- hin zu einem Transparenzgesetz.


"Wir sind in einem digitalen Zeitalter angekommen", erläuterte die Internetberaterin Valentina Kerst. 80 Prozent der Menschen seien online. Land und Kommunen dürften nun den Anschluss nicht verpassen. Das koste Geld und Personal - sei aber notwendig, betonte Kerst. Zudem könnten Open Data (s. unten) und Open Government dazu beitragen, das Vertrauen in Politik und Verwaltung zu stärken.

Open Data

Mehr Transparenz könne er nur begrüßen, lobte der Landesdatenschutzbeauftragte Ulrich Lepper den der Anhörung zugrunde liegenden rot-grünen Antrag (Drs. 16/811). "Wir haben nun zehn Jahre Informationsfreiheitsgesetz", erinnerte er. Danach müssen Behörden Daten derzeit nur auf Antrag herausgeben. Das sollte sich ändern, forderte Lepper und plädierte für ein proaktives, verpflichtendes Transparenzgesetz: Hin zu einer Bringschuld der Verwaltung, stimmte Alexander Trennheuser vom Kölner Verein "Mehr Demokratie" zu.

Der Vereinssprecher betonte aber auch: "Das geht natürlich nicht von heute auf morgen." Hamburg, das derzeit ein ähnliches Gesetz umsetzt, räume eine Übergangszeit von zwei Jahren ein. Schritt für Schritt, mahnte auch Jens Klessmann vom Fraunhofer Institut Fokus. Es gehe zudem um einen Kulturwandel in den Verwaltungen, ergänzte Steinbach. Ebenso müsse die Gesellschaft vorbereitet werden, so Kerst. Eine zentrale Internetplattform mit allen Daten von NRW-Verwaltung und Regierung wäre aus Sicht von Lepper ein "bedeutender Schritt in Richtung Transparenz". Dabei müsse man die Informationsfreiheit aus Sicht der Menschen im Land denken, forderte Steinbach.

"Die Bereitstellung öffentlicher Daten ist der Grundstock für eine partizipatorische Demokratie", machte auch Hans-Josef Fischer, Präsident von IT NRW, deutlich. Es gebe bereits funktionierende Plattformen, wie das Geoportal NRW - daran könne angeknüpft werden. Die Herausforderungen der Open-Government-Initiative sah Fischer vor allem auf rechtlicher und organisatorischer Seite - zusätzliche Ressourcen seien notwendig. Die kommunalen Spitzenverbände warnten dabei allerdings vor einseitigen Zusatzkosten für die Kommunen.

Open Government

"Open Government ist nicht gleich Open Data", stellte der Verwaltungsinformatiker Christian Geiger klar. Dies werde oft in einen Topf geworfen. Open Data sei die Basis. Bei Open Government gehe es dann um Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit zwischen Bürgern und Verwaltung. Insgesamt bedeute dies, die parlamentarische Demokratie weiterzuentwickeln. Das funktioniere aber nur, wenn die Menschen merkten, dass sie wirklich mitwirken könnten. Wichtig wäre laut Klessmann zudem eine übergreifende Koordination.

"Der Begriff 'Open Government' ist relativ schillernd", meinte Dr. Marco Kuhn von der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände. Für die Kommunen seien entsprechende Aktivitäten aber nichts Neues - dazu zählen laut Städte- und Gemeindebund unter anderem Open-Data-Projekte, interaktive Internetauftritte oder auch der Einsatz sozialer Medien. Allerdings seien die Startvoraussetzungen jeweils sehr unterschiedlich. So mancher Kämmerer habe derzeit andere Sorgen.

Zur Bürgerkommunikation über soziale Netzwerke wie Facebook sagte Lepper: "Hiervor kann ich nur mit Nachdruck warnen." Hier entstünden Persönlichkeitsprofile, die man öffentlichen Stellen niemals übermitteln würde. Der Datenschutzbeauftragte schlug deshalb vor, zu diesem Zweck Kommunikationsstrukturen in Eigenregie zu nutzen. Da müsse man differenzieren, entgegnete Kerst. Facebook dürfe kein Serverersatz oder Dokumentenarchiv sein. Doch viele Menschen nutzten diese Medien. Deshalb sei es wichtig, auch dort präsent zu sein, um zumindest Informationen weiterzugeben.

Mehr-Kanal-Konzept

So oder so: "Mehr Beteiligung muss nicht unbedingt dazu führen, dass auch mehr Bürgerwille umgesetzt wird", betonte Martin Lehrer vom Städte- und Gemeindebund. Dies gelte gerade in Zeiten knapper öffentlicher Kassen. Auch bedeute mehr Transparenz und Dialog im Internet nicht zwangsläufig mehr Demokratie, ergänzte Kuhn: Nicht alle Menschen hätten Netzzugang, und nicht alle mit Zugang, würden diesen im Sinne von Open Government und Open Data nutzen: "An der Stelle muss man die unterschiedlichen Facetten berücksichtigen." Es bestehe immer noch eine "digitale Kluft", bestätigte Geiger. Deshalb komme es darauf an, mehrkanalig zu arbeiten: Internet ja, aber eben auch Post und Telefon.


KASTEN
 
OPEN DATA

Das Konzept "Open Data" steht laut einer Definition der Bundeszentrale für politische Bildung für die Idee, Daten öffentlich frei verfügbar und damit für alle nutzbar zu machen.

LIVE-ÜBERTRAGUNG

Die Open-Government-Anhörung hat der Landtag live ins Internet übertragen. Interessierte können den Mitschnitt auch nachträglich im Videoarchiv auf der Internetseite des Landtags ansehen.

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Quelle:
Landtag intern 12 - 43. Jahrgang, 12.12.2012, S. 11
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
Carina Gödecke, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Januar 2013