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NORDRHEIN-WESTFALEN/1954: Kraftwerke in der Energiewende (Li)


Landtag intern 12/2012
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Kraftwerke in der Energiewende
Diskussion über neues Gutachten des Umweltministeriums

Von Daniela Braun



28. November 2012 - Kohle, Gas und erneuerbare Energien: Die Abgeordneten haben im Plenum auf Antrag von CDU (Drs. 16/1544) und FDP (Drs. 16/1543) erneut über das Gelingen der Energiewende diskutiert. Anlass war eine Studie der Landesregierung, die laut Presseberichten 29 NRW-Kraftwerke wirtschaftlich infrage stellt. Teile der Opposition forderten die Regierung auf, die Ergebnisse der Studie ohne vorherige redaktionelle Anpassungen offenzulegen.


"Wir wollen alle gemeinsam das Gelingen der Energiewende", machte Dietmar Brockes (FDP) deutlich. In vielen Punkten seien sich die fünf Landtagsfraktionen in den vergangenen Plenardebatten auch einig gewesen. Umso mehr hätten ihn Anfang der Woche die Presseberichte über eine "ominöse Studie" des Umweltministeriums überrascht: Demnach stünden 29 der 72 Kohle- und Gaskraftwerke in Nordrhein-Westfalen infrage. "Das steht völlig konträr zu dem, was wir in den letzten Tagen und Wochen hier diskutiert haben", kritisierte der FDP-Sprecher. Es sei an der Zeit, dass die Ministerpräsidentin von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch mache und ein Machtwort spreche.

"Uns würde es schon reichen, wenn die Regierung mit einer Stimme und nicht mit mehreren Stimmen sprechen würde", ergänzte Thomas Kufen (CDU). Zudem forderte er Rot-Grün auf, die Ergebnisse der Prognos-Studie sofort offenzulegen und nicht erst noch in ihrem Sinne zu redigieren. Kritisch sah er auch, dass das genannte Gutachten nicht in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP auftauche. Auch Kufen betonte: "Die Energiewende in Deutschland muss in unserem eigenen Interesse gelingen." Dazu forderte er mehr Koordination zwischen den einzelnen Aktivitäten und Ebenen. Es gehe um Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit, um Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz.

"CDU und FDP versuchen, ein Thema zu skandalisieren, das nicht skandalisierbar ist", entgegnete Thomas Eiskirch (SPD). Viele alte Kraftwerke seien nicht rentabel, das zeige sich auch in Gesprächen mit den Energieunternehmen. Und: "Das ist alles nichts Neues." Die Bundesregierung sei dabei, die Chancen der Energiewende zu "versemmeln". Er sei daher froh, dass Rot-Grün die Herausforderungen erkenne und sich ihnen stelle. Dazu gehöre es auch, sich auf Basis von Studien mit der Zukunft von Kraftwerken zu beschäftigen. Die aktuelle Studie beinhalte noch "einige handwerkliche Fehler". Das zuständige Ministerium werde die Situation der konventionellen Kraftwerke bewerten.

"Sie haben einfach keine Ahnung", warf Reiner Priggen (GRÜNE) insbesondere der FDP-Fraktion vor. Diese müsse lediglich mal mit den Energieunternehmen reden. "Was wir brauchen, sind Kraftwerke, die heute ein anderes technisches Design haben als früher", betonte der GRÜNEN-Sprecher. In dieser Richtung gebe es derzeit im Land eine ganze Reihe an geplanten Investitionen. Was allerdings ein neues Strommarktdesign angehe: Da sei die Bundesregierung am Zug. Zur Kritik am Umgang mit den Ergebnissen der Studie des Umweltministeriums sagte Priggen: "Das ist normaler Verlauf." Die Landesregierung gebe eine Studie in Auftrag, werte sie aus und gebe sie dann weiter.

Die PIRATEN begrüßten, dass die erneuerbaren Energien gegenüber den fossilen bereits jetzt einen deutlichen wirtschaftlichen Vorteil erreicht hätten, sagte deren Sprecher Kai Schmalenbach. Allerdings sei es wichtig, an kalten Wintertagen auf mögliche Engpässe vorbereitet zu sein. Was die Studie des Umweltministeriums angeht, sagte Schmalenbach: Eine unfertige Studie zu veröffentlichen, sei aus seiner Sicht nicht sinnvoll. Dies führe nur zu Verwerfungen. Grundsätzlich aber müsse die Veröffentlichung einer Studie selbstverständlich erfolgen - und nicht erst auf Anfrage. Zudem kritisierte der PIRAT: "Für mich hinterlässt der Antrag der CDU ausschließlich Fragen."

Ein einziger Blick in den Koalitionsvertrag hätte das "Theater" von CDU und FDP ersparen können, meinte Umweltminister Johannes Remmel (GRÜNE). Es gehe um Planungssicherheit und zukünftige Investitionen - das sei der Arbeitsauftrag der Studie: "Sie soll nämlich sagen, was Sache ist", erläuterte Remmel. NRW nehme die Energiepolitik ernst und betreibe sie nicht im Affekt. Dafür sei die Studie Grundlage. Die Bundesregierung hingegen sei dabei, das NRW-Vorhaben, die Energieversorgung umzustellen, zu blamieren: "Wenn wir so weiterarbeiten, dann wird die Energiewende zum Geisterschiff", befürchtete der Umweltminister. Wichtige Rahmenbedingungen fehlten bislang.

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Quelle:
Landtag intern 12 - 43. Jahrgang, 12.12.2012, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Januar 2013