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NORDRHEIN-WESTFALEN/1946: Fachleute loben geplante "Clearingstelle Mittelstand" im Gesetzentwurf (Li)


Landtag intern 10/2012
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Herzstück Mittelstand
Anhörung: Fachleute loben geplante Clearingstelle im Gesetzentwurf

Von Daniela Braun



25. Oktober 2010 - Der Mittelstand gilt vielen als Herz der deutschen Wirtschaft. Im zuständigen Fachausschuss des Landtags haben nun zahlreiche Experten den Entwurf für ein Mittelstandsförderungsgesetz diskutiert. Dabei im Fokus der Regierungsvorschlag, zukünftig eine "Clearingstelle Mittelstand" einzurichten. Abgesehen davon sei der rot-grüne Entwurf allerdings wenig konkret und liefere kaum Neues.


"Beim neuen Entwurf ist die Clearingstelle ein ganz wichtiges Moment", betonte Thomas Grigutsch von den Wirtschaftsjunioren. Dies unterscheide die vorliegende Version von früheren Anläufen. Dem rot-grünen Gesetzentwurf zufolge soll die Clearingstelle bei mittelstandsrelevanten Gesetzgebungs- und Verordnungsvorhaben seitens der Regierung angehört werden.

Kompetenzen der Clearingstelle

Vielen Sachverständigen geht dies jedoch nicht weit genug: Die Clearingstelle müsse auch das Recht haben, auf Eigeninitiative hin Gesetze zu prüfen. Nicht ein Ressort in einem Ministerium dürfe entscheiden, was mittelstandfeindlich sei und was nicht, betonte Grigutsch. Auch der Blick auf bereits bestehende Gesetze sei wünschenswert, meinte Johannes Pöttering von den Unternehmern NRW, warnte aber: "Die Clearingstelle darf sich am Anfang auch nicht überheben." Die aktuell laufenden Gesetzgebungsverfahren lieferten ein ausreichend großes Übungsfeld.

"Wenn, dann richtig", plädierte hingegen Grigutsch dafür, sich auch verabschiedete Gesetze vorzunehmen. Zudem mahnte Dr. Ralf Mittelstädt von der IHK: "Wir dürfen uns hier nicht auf eine reine Absichtserklärung verständigen." Die Ergebnisse der Clearingstelle müssten später auch tatsächlich in den parlamentarischen Beratungsprozess einfließen. Rechtlich garantieren könne dies allerdings niemand, betonte Dr. Klaus-Heiner Röhl vom Institut der deutschen Wirtschaft: "Das Parlament muss letztlich entscheiden, was es will." Stattdessen schlug er vor, dass auch der Landtag selbst das Recht erhalten könnte, die Clearingstelle anzurufen.

Funktion und Aufbau des Gremiums

Was deren Aufbau betrifft, sprach sich das Gros der Fachleute für ein schlankes Gremium aus. "Eine neue Behörde will man da ja wahrscheinlich nicht", unterstrich Röhl. Auch Thomas Kolbe vom Bundesverband Mittelständische Wirtschaft warnte vor einer "Überbürokratisierung". Dies sei mitunter ein Spagat, so Mittelstädt: Insgesamt müsse man schauen, wie der Wunsch nach wenig Aufwand mit dem Anspruch, thematisch möglichst viel abzudecken, unter einen Hut zu kriegen sei.

Barbara Leutner von der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände machte den Vorschlag, die Clearingstelle solle nur arbeiten, wenn ein konkretes Problem auftauche. So fielen die Kosten möglichst gering aus. Waldemar Bahr vom DGB wies zudem darauf hin, dass noch einmal genau geschaut werden müsse, wie sich das Gremium personell zusammensetze. Seiner Auffassung nach sollten Mitglieder die betroffenen Mittelständler und nicht etwa Verbandsvertreter sein.

"Nach unserem Verständnis hat die Clearingstelle eine Koordinierungsfunktion", beschrieb Pöttering. Die eigentliche Prüfarbeit liege dann bei den Verbänden und sonstigen Mittelstandsvertretern. Dieser Einschätzung stimmten ebenso Mittelstädt wie auch Andreas Oehme vom Westdeutschen Handwerkskammertag zu: "Die Clearingstelle entwickelt keine eigene Position." Sie begleite nach ihrer Vorstellung lediglich den Prozess.

"Schade, dass das Mittelstandsförderungsgesetz noch nicht in Kraft ist", bedauerte Britta Brisch von der IHK. Dann hätte die Clearingstelle schon bei aktuellen mittelstandsrelevanten Vorhaben wie dem Klimaschutz- oder auch dem Nichtraucherschutzgesetz tätig werden können. Röhl regte darüber hinaus an, eine Evaluation bestehender Mittelstands-Förderprogramme ins Gesetz aufzunehmen. Zudem sprach er sich angesichts des von einigen Fachleuten attestierten "Fördermittel-Dschungels" für eine zentrale Internet-Plattform aus, auf der sich die Unternehmen über Förderprojekte informieren könnten.

Kritikpunkt: Wenig Konkretes

Grundlegende Kritik am Gesetzentwurf kam vom Bauindustrieverband: "Mittelstandsförderung ist generell zu begrüßen, aber es sollte etwas konkreter aussehen", forderte Harald Kern. Darüber hinaus liefere der Regierungsvorschlag jenseits von Clearingstelle und angedachtem Mittelstandsbeirat auch nicht viel Neues. Der Großteil der darin genannten Ziele und Forderungen finde auch ohne das Gesetz statt. "Je konkreter, desto besser", betonte auch Pöttering. Allerdings positioniere sich die Landesregierung in dem Gesetzestext zur Clearingstelle seiner Ansicht nach so klar, dass sie nach Inkrafttreten nicht darum herum komme, dies auch umzusetzen.

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Quelle:
Landtag intern 10 - 43. Jahrgang, 07.11.2012, S. 7
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2012