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NORDRHEIN-WESTFALEN/1892: Debatte um Arbeitszeitverstöße an nordrhein-westfälischen Krankenhäusern (Li)


Landtag intern 13/2011
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Wettlauf mit der Zeit
Debatte um Arbeitszeitverstöße an nordrhein-westfälischen Krankenhäusern

Von Anica Bömke


8. Dezember 2011 - Seit 2010 wurden an nordrhein-westfälischen Krankenhäusern 199 Arbeitszeitverstöße festgestellt, beklagt die FDP. Daher fordert sie in einem Antrag (Drs. 15/3256) die Landesregierung auf, ein Konzept zu erstellen, mit dem der Arbeitsschutz und somit auch die Patientensicherheit nachhaltig
verbessert werde. Darüber, dass eine sichere Versorgung von Patientinnen und Patienten nur bei ausgeruhten Ärztinnen und Ärzten gewährleistet ist, waren sich alle Fraktionen einig. Auch die CDU forderte Abhilfe. Arbeitsminister Schneider dagegen sah die Landesregierung "längst auf einem guten Weg". Die Vorgängerregierung habe den Arbeitsschutz vernachlässigt, kritisierten SPD, Grüne und Linke.


In der Sache gehe es um die "bestmögliche, qualitativ hochwertige und vor allem sichere Versorgung der Patienten", betonte Peter Preuß (CDU). Um dies zu gewährleisten, müsse die Zusammenarbeit zwischen den Krankenhäusern und Bezirksregierungen verbessert werden. Es fehle an eindeutigen und praxistauglichen Richtlinien, an denen sich die Personalabteilungen der Krankenhäuser und die Bezirksregierungen orientieren könnten. Deshalb sei es grundsätzlich richtig, ein verlässliches Konzept zu fordern, damit die sichere Versorgung der Patienten nicht an "bürokratischen Hemmschuhen" scheitere.

Im Bereich des ärztlichen Dienstes an Krankenhäusern seien die Arbeitszeitverstöße in den letzten Jahren "eklatant", führte Dr. Stefan Romberg (FDP) aus. "Wir haben wiederholt eine flächendeckende Überwachung der Krankenhäuser, aber natürlich auch eine Beratung und eine Ahndung bei Verstößen sowie deren Veröffentlichung gefordert." Eine erneute Überprüfung von 20 Krankenhäusern in diesem Jahr habe 98 Verstöße ergeben. Dies zeige, dass die bisherigen Maßnahmen wie Sanktionen, Information und Beratung der Krankenhäuser nur wenig gebracht hätten und daher zeitnah auf den Prüfstand gehörten.

Die FDP präsentiere im Landtag ein europaund bundespolitisches Thema als "vermeintlich brandeilige vorweihnachtliche Gabe", kritisierte Angela Lück (SPD). Gerade die FDP habe in der vergangenen Legislaturperiode anerkannte Schutzund Kontrollinstanzen abgeschafft und ausgedünnt, was sie jetzt kritisiere. Die Landesregierung unternehme im Rahmen des rechtlich Möglichen alles Notwendige, um Verstöße gegen den Arbeitsschutz festzustellen und zu ahnden. Doch der primäre Arbeitsschutz der Ärztinnen und Ärzte sowie die Patientensicherheit falle in den Zuständigkeitsbereich des Bundesgesundheitsministers.

Es sei "nicht hinnehmbar", dass in einigen Krankenhäusern Übermüdung, Arbeitsbelastung und Unterbesetzung der Ärztinnen und Ärzte immer noch ein Problem sei, bekräftigte Arif Ünal (Grüne). Bereits in der vergangenen Legislaturperiode habe seine Partei gefordert, geregelte und akzeptable Arbeitszeiten für die Betroffenen in NRW zu verankern. Die Krankenhäuser hätten bis dato große Anstrengungen unternommen, die neue Arbeitszeitregelung umzusetzen. Bei einem Großteil sei dies erfolgreich gelungen. Dennoch gebe es weiter Handlungs- und Optimierungsbedarf, auch in Hinblick auf die Bekämpfung des Ärztemangels.

Die Linken kritisierten schon lange, dass die Vorgängerregierung den Arbeitsschutz stetig ausgehöhlt habe, stellte Wolfgang Zimmermann (Linke) voran. Es sei richtig, dieses Problem zum Thema zu machen. Man müsse dann aber auch alles tun, um die personale Ausstattung in den Krankenhäusern zu optimieren und das nicht nur bei der Ärzteschaft. Man teile das Anliegen der FDP, dass die Zahl der übermüdeten Ärztinnen und Ärzte zeitnah zurückgehe und ein Konzept für mehr Arbeitnehmerschutz vorgelegt werde. Um dies durchzusetzen zu können, müsse allerdings eine Änderung der Gesundheitspolitik auf Bundesebene erfolgen.

Die Ergebnisse der jüngsten Überprüfungen von Krankenhäusern belegten eben nicht, dass Patienten zunehmend durch übermüdetes Personal behandelt würden, betonte Sozialminister Guntram Schneider. Zahlreiche der im letzten Jahr festgestellten Arbeitszeitverstöße seien auf Unkenntnis zurückzuführen, die in diesem Zusammenhang festgestellten Mängel seien weitgehend beseitigt worden. Auch die Schwere der Verstöße sei nach Feststellung der Bezirksregierungen eher zurückgegangen. Zusätzlich engagiere sich die Landesregierung mit einer Vielzahl von Maßnahmen für einen schlagkräftigen Arbeitsschutz.


WEITERE BERATUNG
Der Antrag der FDP-Fraktion "Bestmögliche Versorgung der Patienten sicherstellen - Marathondienste von übermüdeten Ärzten in nordrhein-westfälischen Kliniken wirksam unterbinden" wird im Arbeitsausschuss weiter beraten.


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Quelle:
Landtag intern 13 - 42. Jahrgang, 21.12.2011, S. 7
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Januar 2012