Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FDP

ARBEIT/868: Lohnfindung wird zum Glücksspiel


Presservice der Liberalen / F.D.P. Bundestagsfraktion - 25.04.2012

KOLB: Lohnfindung wird zum Glücksspiel



BERLIN. Der Stellvertretende Vorsitzende und sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Heinrich KOLB erklärt zu dem heute veröffentlichten Vorschlag der CDU/CSU, eine allgemeine Lohnuntergrenze von einer Kommission festlegen zu lassen:

Die von der Union vorgeschlagene Kommissionslösung ist nicht überzeugend.

Der Vorschlag ist ein Wegducken der Politik vor der Verantwortung. Er ist so offen formuliert, dass er mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Ob Differenzierungen nach Branchen und Regionen stattfinden oder am Ende ein einheitlicher bundesweiter Mindestlohn steht, bleibt vollkommen offen. Wesentliche Entscheidungen, bei denen sich die unterschiedlichen Interessengruppen innerhalb der Union nicht verständigen konnten, werden auf eine "Super-Kommission" verschoben.

Mit Tarifautonomie hat der Vorschlag so viel zu tun, wie Seegurken mit Gemüse. Tarifpartner heißen so, weil sie Tarifverträge schließen, für deren Inhalt sie dann auch die Konsequenzen tragen müssen. Das ist bei dem Vorschlag der Union nicht der Fall. Vielmehr setzen von den Spitzenorganisationen DGB und BDA benannte Kommissionsmitglieder einen Lohn, der sie regelmäßig nicht betrifft. Entscheidungsbefugnis und Haftung fallen auseinander.

Die Tariföffnungsklausel, mit der angeblich die Tarifautonomie gewahrt wird, verfehlt dieses Ziel. In Zukunft würde in Deutschland kein Tarifvertrag mehr geschlossen, der unterhalb der allgemeinen Lohnuntergrenze liegt - mit all den negativen Auswirkungen insbesondere für Arbeitssuchende mit geringerer Qualifikation.

Der Vorschlag ist praxisuntauglich. Denn er hat für Unternehmen mit Sitz im Ausland keine bindende Wirkung. Mit ausländischen Tarifverträgen könnte die deutsche Lohnuntergrenze also unterlaufen werden. Ergebnis: Kleine Unternehmen werden benachteiligt. Die Großen weichen in die EU aus.

Verfassungsrechtlich bedenklich ist, dass sich die Politik zu einer eins zu eins-Umsetzung verpflichtet. Die Bundesregierung soll an die Entscheidungen der Kommission gebunden sein. Damit gäbe das Parlament nach einer grundsätzlichen Entscheidung das Verfahren in einer Frage von überragender Bedeutung quasi aus der Hand.

Die Union glaubt offenbar selbst nicht an die Objektivität der Mindestlohnkommission. Breiten Raum nimmt deshalb ein Schlichtungsverfahren für den Fall ein, dass sich die Mitglieder der Kommission nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag verständigen. Dass im Zweifelsfall das Los entscheiden soll, macht die Lohnfindung zum Glücksspiel.

*

Quelle:
Presseservice der Liberalen
FDP-Bundestagsfraktion
Pressestelle
Platz der Republik, 11011 Berlin
Telefon: 030/227 52 378
Fax: 030/227 56 778
E-Mail: pressestelle@fdp-bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2012