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MELDUNG/036: Die Beschlüsse des Bundestages am 14. und 15. Juni 2012 (Deutscher Bundestag)


Deutscher Bundestag

Die Beschlüsse des Bundestages am 14. und 15. Juni 2012

Der Bundestag hat am Donnerstag, 14. Juni, und Freitag, 15. Juni 2012, folgende Beschlüsse gefasst, zum Teil ohne vorherige abschließende Aussprache:



Faire Lebensmittelpreise: Bei Enthaltung der Grünen hat der Bundestag am 15. Juni gegen die Stimmen von SPD und Linksfraktion einen SPD-Antrag (17/4874) abgelehnt, der "faire Lebensmittelpreise" und "transparente Produktionsbedingungen" zum Ziel hatte. Er schloss sich einer Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (17/5824) an. Die SPD hatte eine umfassende Untersuchung der Einkaufspraktiken des Lebensmitteleinzelhandels und die Bekämpfung des Missbrauchs der Nachfragemacht erreichen wollen. Es sollte eine Ombudsstelle eingerichtet und ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werden. Lebensmittelunternehmen und ihre Zulieferer sollten menschenrechtliche, soziale und ökologische Mindeststandards einhalten müssen.

Arbeitslosenversicherung bei kurzfristigen Beschäftigungen: Bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen hat der Bundestag am 14. Juni einen Antrag der SPD (17/8574) abgelehnt, die Schutzfunktion der Arbeitslosenversicherung zu stärken und die zweijährige Rahmenfrist zum Erwerb einer Anwartschaft auf Arbeitslosengeld I auf drei Jahre zu verlängern. Die Schutzfunktion der Arbeitslosenversicherung greife bei instabilen Arbeitsverhältnissen, etwa befristeten Arbeitsverträgen, sowie bei Saisonbeschäftigung oder bei Leiharbeit nicht mehr, sodass diese bei Arbeitslosigkeit unmittelbar auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen seien. Bei Enthaltung von SPD und Grünen wurde ein Antrag der Linken (17/8586) abgelehnt, Arbeitslosengeld statt Hartz IV zu zahlen und den Zugang zur Arbeitslosenversicherung zu erleichtern. Auch Die Linke hatte unter anderem gefordert, die Rahmenfrist von zwei auf drei Jahre zu verlängern. Bei Enthaltung von SPD und Linksfraktion und gegen das Votum der Antragsteller lehnte das Plenum schließlich einen Antrag der Grünen (17/8579) ab, flexibel Beschäftigte in der Arbeitslosenversicherung besser abzusichern. Die Grünen hatten unter anderem vorgeschlagen, Arbeitslosengeld dann zu zahlen, wenn für mindestens vier Monate innerhalb von 24 Monaten Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt wurden. Die Anspruchsdauer sollte mit der Dauer der Beitragszahlung steigen. Der Bundestag folgte mit seinen Voten einer Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (17/9612).

Grundwerte und Grundrechte in Ungarn: Bei Enthaltung der Linksfraktion hat der Bundestag am 14. Juni einen Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (17/9032) abgelehnt, der einen "ehrlichen Dialog über europäische Grundwerte und Grundrechte in Ungarn" zum Ziel hatte. Die Fraktionen wollten die Bundesregierung auffordern, der ungarischen Regierung gegenüber deutlich zu machen, dass man über die demokratischen Verhältnisse in Ungarn sowie über Teile der Verfassung und einige Gesetze besorgt sei. Zugleich sollte die ungarische Regierung ermutigt werden, zur Klärung offener Fragen beizutragen. Der Bundestag folgte einer Empfehlung des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union (17/10004).

Situation der Roma im Kosovo: Der Bundestag hat am 14. Juni zwei Entschließungsanträge von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt, die sich auf eine Antwort der Bundesregierung (17/7131) auf eine Große Anfrage der Grünen zur Situation der Roma in der EU und in den EU-Beitrittskandidatenstaaten (17/5536) bezog. Gegen das Votum der Opposition fand ein Entschließungsantrag (17/8868) auf Empfehlung des Menschenrechtsausschusses (17/9915) keine Mehrheit, in dem die Regierung aufgefordert wurde, eine nationale Roma-Strategie auszuarbeiten und die Situation der Sinti und Roma in Deutschland zu verbessern. Bei Enthaltung der SPD und gegen das Votum der Grünen sowie der Linken lehnte der Bundestag einen weiteren Entschließungsantrag (17/8869) ab, in dem sich die Grünen auf das Rücknahmeabkommen mit dem Kosovo von 2010 bezogen hatte. Es sieht die Rückführung von etwa 12.000 kosovarischen Minderheitenangehörigen in den nächsten Jahren vor. Die Grünen hatten die Bundesregierung aufgefordert, sich gegenüber den Bundesländern dafür einzusetzen, dass die Abschiebung von Roma, Ashkali und Kosovo-Ägyptern ausgesetzt wird, weil deren Wiedereingliederung im Kosovo völlig unzureichend sei. Der Bundestag entschied auf der Basis einer Beschlussempfehlung des Innenausschusses (17/9723).

Klimaziel der EU: Gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag am 14. Juni einen Antrag der SPD (17/9561) abgelehnt, wonach sich die Bundesregierung in der EU dafür einsetzen sollte, dass die EU das Ziel einer Senkung ihrer Treibhausgasemissionen von 30 Prozent bis 2020 im Vergleich zu 1990 beschließt. Bei Enthaltung der SPD und der Grünen lehnte er ferner einen Antrag der Linksfraktion (17/9562) ab, die ebenfalls ein 30-Prozent-Ziel gefordert hatte. Schließlich fand gegen das Votum der Opposition auch ein Antrag der Grünen (17/9175) keine Mehrheit, wonach sich die Regierung dafür stark machen sollte, dass das EU-Klimaschutzziel von derzeit 20 auf 30 Prozent Emissionsminderung verschärft wird. Der Bundestag folgte dabei jeweils einer Empfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (17/9993).

UN-Waffenhandelsvertrag: Abgelehnt hat der Bundestag am 14. Juni einen gemeinsamen Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (17/9927), in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, sich international für einen wirkungsvollen Waffenhandelsvertrag der Vereinten Nationen (Arms Trade Treaty) einzusetzen. Der Vertrag sollte auch Kleinwaffen, leichte Waffen sowie Munition, Sprengstoffe und andere Rüstungskomponenten beinhalten, hieß es in dem Antrag der beiden Oppositionsfraktionen. Die Länder sollten verpflichtet werden, auch die Ablehnung einzelner Rüstungsexportentscheidungen anzugeben.

Vorübergehender Verlust der Aktionärsstimmrechte: Der Bundestag hat am 14. Juni einen Antrag von CDU/CSU und FDP mit dem Titel "Für effektive EU-Regeln zur Beteiligungstransparenz an börsennotierten Unternehmen und die Möglichkeit des Stimmrechtsverlustes bei Aktionären bei Verstößen gegen Meldepflichten aus den Paragrafen 25, 25a des Wertpapierhandelsgesetzes in der Fassung des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes" (17/9940) angenommen. Vorsätzliche Verstöße gegen die genannten gesetzlichen Pflichten sollten nach Meinung des Parlaments einen vorübergehenden Verlust der Stimmrechte des meldepflichtigen Aktionärs nach sich ziehen. Hintergrund ist ein EU-Richtlinienvorschlag zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, bei den Verhandlungen in Brüssel darauf hinzuwirken, dass die harmonisierten Mitteilungspflichten nicht hinter den Anforderungen des deutschen Rechts zurückbleiben.

Vereinfachungen beim Elterngeld: Bei Enthaltung der Linken und der Grünen und gegen das Votum der SPD hat der Bundestag am 14. Juni einen Gesetzentwurf des Bundesrates zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs (17/1221) in der vom Familienausschuss geänderten Fassung (17/9841) angenommen. Die Neuregelung betrifft unter anderem die Einkommensermittlung. Die Abzüge für Steuern und Abgaben werden pauschal ermittelt (fiktive Nettoberechnung). Zusätzliche Vereinfachungen gibt es auf der Einnahmenseite bei der Ermittlung des Bemessungseinkommens und des Einkommens während der Zeit des Bezuges von Elterngeld. Der Bundesrat hatte geltend gemacht, dass die bisherige aufwendige Einkommensermittlung die Verwaltungen der Länder belastet. Das Gesetz ist für den Bund kostenneutral, wie es in der Beschlussempfehlung heißt. Keine Mehrheit fand ein Änderungsantrag der Linksfraktion (17/9996), der darauf abzielte, gleichzeitig Teilzeit arbeitende Eltern gegenüber Eltern, die nacheinander in Elternzeit gehen, nicht zu benachteiligen. Abgelehnt wurde auch ein Entschließungsantrag der SPD (17/9997), die unter anderem gefordert hatte, eine Lösung für Elterngeldberechtigte zu finden, die wegen eigener Behinderung oder einer Behinderung des Kinders durch die vorgesehene Neuregelung schlechter gestellt werden.

Förderung der Atomenergie in der EU: Gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag am 14. Juni einen SPD-Antrag (17/9554) abgelehnt, in dem sich die SPD gegen eine deutsche Zustimmung zu einer europäischen Förderung der Atomenergie ausgesprochen hatte. Die Atomenergie sei nicht wettbewerbsfähig und wegen des hohen Energieverbrauchs beim Uranabbau nicht kohlendioxidneutral, so die Fraktion. Der Bundestag folgte einer Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (17/9799).

Kinder- und Jugendtourismus: Bei Enthaltung der Linksfraktion und gegen das Votum von SPD und Grünen hat der Bundestag am 14. Juni beschlossen, den Kinder- und Jugendtourismus zu unterstützen und weiter zu fördern. Einen entsprechenden Antrag von CDU/CSU und FDP (17/8451) nahm er auf Empfehlung des Tourismusausschusses (17/9913) an. Die Regierung solle die Mitarbeiterqualifizierung weiter fördern und prüfen, inwieweit der Aufbau einer Internetplattform "Jugendtourismus in Deutschland" unterstützt werden kann. Keine Mehrheit fand bei Enthaltung der Grünen ein SPD-Antrag (17/8924), dem neben der SPD nur noch die Linksfraktion zustimmte. Darin trat die SPD für eine bessere Förderung von Kinder- und Jugendreisen ein. Für den Bau und die Erhaltung von Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätten sowie Jugendherbergen sollten im Bundeshaushalt 2013 auf fünf Millionen Euro angehoben werden.

International Organisation of Social Tourism: Bei Enthaltung der SPD hat der Bundestag gegen die Stimmen der Linken und der Grünen einen Antrag der Linksfraktion (17/4844) abgelehnt, wonach Deutschland Mitglied in der "International Organisation of Social Tourism" (OITS) werden sollte. Die Mitgliedschaft eröffne die Möglichkeit, direkten Einfluss auf die Fortentwicklung des Sozialtourismus auf europäischer Ebene zu nehmen. Der 1963 gegründeten Organisation gehören nach Angaben der Linken 140 Mitglieder an, darunter Griechenland, Italien, Polen, Belgien, Frankreich, die Schweiz, die Türkei, Portugal, Spanien und Mexiko. Der Bundestag folgte einer Empfehlung des Tourismusausschusses (17/9308).

Ressortforschungsaufgaben des Bundes: Bei Enthaltung der Linksfraktion und gegen die Stimmen von SPD und Grünen hat der Bundestag am 14. Juni einen Antrag von CDU/CSU und FDP (17/7183) angenommen, die Potenziale der Einrichtungen des Bundes mit Ressortforschungsaufgaben zu stärken. Er folgte dabei einer Empfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (17/9912). Die Bundesregierung wird aufgefordert zu überprüfen, welche der über 40 Einrichtungen mit Ressortforschungsaufgaben betraut werden können. Die Institute, Bundesanstalten und Bundesämter mit Forschungsaufgaben sollten zudem stärker mit dem Wissenschaftssystem vernetzt werden.

Barrierefreier Tourismus: Gegen die Stimmen der Opposition hat der Bundestag am 14. Juni einen SPD-Antrag "Barrierefreier Tourismus für alle" (17/5913) auf Empfehlung des Tourismusausschusses (17/9853) abgelehnt. Die SPD hatte einen vom Bund koordinierten Masterplan für barrierefreien Tourismus und ein Zuschussprogramm der staatlichen KfW-Bankengruppe dazu vorgeschlagen. Auch sollte Barrierefreiheit verpflichtend in die Ausbildung tourismusrelevanter Studiengänge aufgenommen werden.

Übersetzung von EU-Dokumenten: Bei Enthaltung der Opposition hat der Bundestag am 14. Juni einen Antrag von Union und FDP (17/9736) angenommen, in dem gefordert wird, die Übersetzungserfordernisse der nationalen Parlamente in der mehrjährigen Finanzplanung der EU von 2014 bis 2020 zu berücksichtigen. Er folgte dabei einer Empfehlung des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union (17/10003). Die Bundesregierung wurde aufgefordert, das Thema der Übersetzung von EU-Dokumenten zum Gegenstand der Verhandlungen über den nächsten Finanzrahmen zu machen und dabei zu berücksichtigen, dass die nationalen Parlamente diese Übersetzungen benötigen.

Psych-Entgeltgesetz verabschiedet: Bei Enthaltung der Grünen hat der Bundestag am 14. Juni mit der Mehrheit von Union und FDP den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (17/8986) in der vom Gesundheitsausschuss geänderten Fassung (17/9992) angenommen. Das Gesetz regelt, wie das neue, auf Pauschalen beruhende Entgeltsystem in die Krankenhausfinanzierung eingebunden werden kann. Vorgegeben werden unter anderem Ein- und Überführungsphasen von Anfang 2013 bis Anfang 2022 sowie Vergütungsvereinbarungen. Bei Enthaltung der Grünen lehnte der Bundestag einen Antrag der Linken (17/5119) ab, in dem die Regierung aufgefordert wurde, einen Sachverständigenrat einzusetzen, um das Fallpauschalen-System zu evaluieren und das pauschalierende Entgeltsystem umzusetzen. Keine Mehrheit fand auch ein Antrag der Grünen (17/9169), den alle übrigen Fraktionen zurückwiesen. Die Grünen hatten eine Überarbeitung des Regierungsentwurfs verlangt. Die Einführung des neuen Entgeltsystems müsse von einer Expertenkommission fachlich begleitet werden, hatten die Grünen verlangt.

Entwicklungszusammenarbeit mit Afghanistan: Der Bundestag hat am 14. Juni einen Antrag von CDU/CSU und FDP zu einer Konferenz zur "nachhaltigen Entwicklungsstrategie für Afghanistan" am 8. Juli in Tokio (17/9923) angenommen. Darin wurde die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, sich weiterhin für die Stabilisierung Afghanistans und die Schaffung von selbsttragenden Lebensgrundlagen für die afghanische Bevölkerung einzusetzen. Auch sei zu prüfen, ob ein deutsch-afghanisches Rohstoffpartnerschaftsabkommen ausgearbeitet werden soll.

UN-Nachhaltigkeitskonferenz in Rio de Janeiro: Abgelehnt hat der Bundestag am 14. Juni einen Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (17/9922) zur Nachhaltigkeitskonferenz der Vereinten Nationen in diesem Sommer in Rio de Janeiro aus Anlass des 20. Jahrestages des ersten Weltgipfels zu Umwelt und Entwicklung in der brasilianischen Stadt. Darin hatten die Fraktionen unter anderem gefordert, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Konferenz teilnimmt und die "gestaltende Rolle" der Bundesregierung im Klima- und Umweltschutz "wieder stärkt". Bei Enthaltung der SPD und gegen das Votum der Linken und der Grünen lehnte das Parlament einen Antrag der Linksfraktion mit dem Titel "Rio+20 - Globale Gerechtigkeit statt grüner Kapitalismus" (17/9732) auf Empfehlung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (17/9988) ab. Die Linke hatte die Bundesregierung unter anderem gefordert, sich auf der Konferenz für eine Umwidmung von Rüstungsetats zugunsten der Bekämpfung von Hunger und Armut einzusetzen.

Kloster Mor Gabriel in der Türkei: Bei Enthaltung der SPD und gegen die Stimmen der Linken hat der Bundestag am 14. Juni gefordert, den Fortbestand des syrisch-orthodoxen Klosters Mor Gabriel in der Türkei sicherzustellen. Einen entsprechenden Antrag von Union und FDP (17/9185) nahm er auf Empfehlung des Menschenrechtsausschusses (17/9914) auch mit den Stimmen der Grünen an. Die Bundesregierung soll sich gegenüber der Türkei dafür einsetzen, dass die Existenzgrundlage und die Lebensperspektive des Klosters dauerhaft garantiert und der syrisch-orthodoxen Minderheit die rechte gewährt werden, die in der beitrittspartnerschaft mit der Türkei festgelegt sind. Keine Mehrheit fand ein Antrag der SPD (17/9921) mit der gleichen Zielrichtung. Die Regierung solle sich unter anderem dafür einsetzen, dass die Türkei die syrisch-orthodoxen Christen als Minderheit anerkennt, so die SPD.

Bundeswehrreform beschlossen: Der Bundestag hat am 14. Juni bei Enthaltung von SPD und Grünen und gegen das Votum der Linken den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Begleitung der Reform der Bundeswehr (17/9340) in der vom Verteidigungsausschuss geänderten Fassung (17/9954) angenommen. Das Gesetz sieht vor, den Personalbestand der Bundeswehr bis Ende 2017 auf bis zu 185.000 Soldaten, davon bis zu 170.000 Berufs- und Zeitsoldaten sowie bis zu 15.000 freiwillig Wehrdienstleistende, zu verringern und zu verjüngen. Die Zahl der Zivilbeschäftigten soll auf 55.000 begrenzt werden. Für Berufssoldaten und Beamte sollen andere Einsatzmöglichkeiten im öffentlichen Dienst gesucht werden. In den Fällen, in denen die neue Verwendung mit einer verringerten Besoldung verbunden ist, werden Ausgleichzahlungen geleistet. Zudem wird für Berufssoldaten und Beamte eine nach Altersklassen abgestufte Regelung zur Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand eingeführt. Ausgleichszahlungen erhalten auch jene Berufssoldaten, deren Dienstverhältnis in das eines Zeitsoldaten umgewandelt wurde. Um jüngere Zeitsoldaten für die Truppe zu gewinnen, zahlt der Bund eine Verpflichtungsprämie. Soldateneltern werden künftig zusätzlich anfallende Kosten für Kinderbetreuung in Zeiten von Aus-, Fort- und Weiterbildungen erstattet. Verbessert wurde auch die Berufsförderung von Zeitsoldaten. Berufsförderungsansprüche wurden auf Dienstverhältnisse ab vier Jahren ausgeweitet. 50 Prozent der Berufssoldaten können vorzeitig in den Ruhestand gehen. Die Hinzuverdienstgrenze für freiwillig aus dem Dienst ausscheidende Soldaten entfällt künftig. Keine Mehrheit fanden Entschließungsanträge der SPD (17/9986) und der Grünen (17/9987). Die SPD hatte gefordert, den Dienst in der Bundeswehr attraktiver zu machen. Für die Grünen sollte Familienfreundlichkeit oberste Priorität bei der Bundeswehrreform haben.

Frauen in der Bundeswehr: Mit der Mehrheit von CDU/CSU, FDP und Linksfraktion hat der Bundestag am 14. Juni einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zu "Zehn Jahre Frauen in der Bundeswehr" (17/7351) auf Empfehlung des Verteidigungsausschusses (17/8496) abgelehnt. Die Fraktion hatte darin gefordert, Führungspositionen in der Bundeswehr verstärkt mit Frauen zu besetzen, Familie und Dienst besser zu vereinbaren und die Zahl und Ausstattung der Gleichstellungsbeauftragten zu überprüfen.

Nachtragshaushalt 2012 beschlossen: Gegen die Stimmen der Opposition hat der Bundestag am 14. Juni den Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2012 (17/9040, 17/9649) in der vom Haushaltsausschuss geänderten Fassung (17/9650, 17/9651) angenommen. 300 Abgeordnete stimmten für, 254 gegen den Gesetzentwurf, es gab eine Enthaltung. Damit werden die Ausgaben des Bundes in diesem Jahr gegenüber dem bisherigen Haushaltsgesetz um 6,5 Milliarden Euro auf 312,7 Milliarden Euro (bisher: 306,2 Milliarden Euro) angehoben. Die Neuverschuldung steigt von 26,1 Milliarden Euro um sechs Milliarden Euro auf 32,1 Milliarden Euro. Der Nachtragshaushalt wurde wegen der deutschen Zahlungen an das Stammkapital des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), dem Euro-Rettungsfonds, notwendig. 8,7 Milliarden werden dafür in diesem Jahr fällig. Darüber hinaus nahm der Bundestag mit dem Nachtrag Änderungen bei den Steuereinnahmen, beim Anteil des Bundes am Reingewinn der Deutschen Bundesbank, bei den Zinsausgaben und bei den bislang geplanten Rückeinnahmen aus dem Darlehen an die Bundesagentur für Arbeit vor. Abgelehnt wurde ein Änderungsantrag der Linksfraktion (17/9960), Einnahmen aus der Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer in den Nachtrag aufzunehmen. Keine Mehrheit fand auch ein Entschließungsantrag der Linken (17/9962), auf die Ratifizierung des ESM- und des Fiskalvertrags zu verzichten. Die SPD hatte in einem ebenfalls abgelehnten Entschließungsantrag (17/9961) verlangt, gesetzliche Änderungen vorzunehmen, um die Schuldenbremse auch "im Geiste und Sinn des Gesetzes" einzuhalten. Schließlich scheiterten auch die Grünen mit einem Entschließungsantrag (17/9963), das Euro-Rettungspaket um eine europäische Investitionsinitiative zu ergänzen. Bei Enthaltung von SPD und Linken lehnte der Bundestag auf Empfehlung des Haushaltsausschusses (17/9911) zudem einen Antrag der Grünen (17/8919) ab, den Nachtragshaushalt zu nutzen, um Energiewende und Klimaschutz solide zu finanzieren.

Warnschussarrest für jugendliche Straftäter: Gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag am 14. Juni einen sogenannten Warnschussarrest von bis zu vier Wochen für jugendliche Straftäter beschlossen. Auf Empfehlung des Rechtsausschusses (17/9990) nahm er einen Gesetzentwurf von CDU/CSU und FDP zur Erweiterung der jugendgerichtlichen Handlungsmöglichkeiten (17/9389) in geänderter Fassung an. Damit wird den Jugendgerichten ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen neben einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe einen Jugendarrest ("Warnschussarrest") zu verhängen. Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende, die wegen Mordes verurteilt werden, wurde auf 15 Jahre erhöht. Auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wurde das von Jugendgerichten entwickelte Institut der sogenannten "Vorbewährung". In einer gesonderten Abstimmung vorab stellte der Bundestag Einstimmigkeit im Hinblick den neuen Paragrafen 61 des Jugendgerichtsgesetzes ("Vorbehalt der nachträglichen Entscheidung über die Aussetzung") fest.

Sondergremium zum Europäischen Stabilisierungmechanismus besetzt: In geheimer Wahl mit Stimmzetteln und Wahlausweis hat der Bundestag am 14. Juni auf Wahlvorschlag aller fünf Fraktionen (17/9919) die Mitglieder des Sondergremiums nach Paragraf 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes bestimmt. Das Sondergremium kann die Beteiligungsrechte des Bundestages wahrnehmen, wenn die Bundesregierung für den Aufkauf von Staatsanleihen an der Börse eine besondere Vertraulichkeit geltend gemacht hat. Das Gremium soll dem Bundestag über Inhalt und Ergebnis seiner Beratungen berichten, sobald die besondere Vertraulichkeit nicht mehr gegeben ist. Gewählt wurden die Mitglieder des Haushaltsausschusses: CDU/CSU: Norbert Barthle (492 Ja, 38 Nein, 33 Enthaltungen), Bartholomäus Kalb (500 Ja, 33 Nein, 36 Enthaltungen), Eckhardt Rehberg (489 Ja, 42 Nein, 36 Enthaltungen) und Michael Stübgen (479 Ja, 45 Nein, 43 Enthaltungen); SPD: Lothar Binding (514 Ja, 27 Nein, 23 Enthaltungen) und Petra Merkel (510 Ja, 33 Nein, 19 Enthaltungen); FDP: Florian Toncar (483 Ja, 49 Nein, 30 Enthaltungen); Die Linke: Dr. Dietmar Bartsch (434 Ja, 70 Nein, 35 Enthaltungen); Bündnis 90/Die Grünen: Priska Hinz (488 Ja, 35 Nein, 30 Enthaltungen). Zu Stellvertretern wurden gewählt: CDU/CSU: Norbert Brackmann (506 Ja, 25 Nein, 36 Enthaltungen), Klaus-Peter Flosbach (498 Ja, 30 Nein, 39 Enthaltungen), Alois Karl (493 Ja, 30 Nein, 43 Enthaltungen) und Bernhard Schulte-Drüggelte (496 Ja, 27 Nein, 42 Enthaltungen); SPD: Michael Roth (496 Ja, 35 Nein, 25 Enthaltungen) und Rolf Schwanitz (478 Ja, 49 Nein, 24 Enthaltungen); FDP: Joachim Spatz (486 Ja, 43 Nein, 37 Enthaltungen); Die Linke: Roland Claus (403 Ja, 86 Nein, 39 Enthaltungen); Bündnis 90/Die Grünen: Manuel Sarrazin (471 Ja, 42 Nein, 40 Enthaltungen).

Michael Grosse-Brömer gewählt: Für den ins Amt des Bundesumweltministers gewählten Abgeordneten Peter Altmaier (CDU/CSU) hat der Bundestag am 14. Juni auf Wahlvorschlag der CDU/CSU dessen Fraktionskollegen Michael Grosse-Brömer als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums gewählt, das nach Artikel 45d des Grundgesetzes die nachrichtendienstliche Tätigkeit des Bundes kontrolliert. Er erhielt 516 von 579 gültigen Stimmen bei 19 Gegenstimmen und 38 Enthaltungen. Grosse-Brömer ist auch Nachfolger Altmaiers als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion.

Eurovignette: Einstimmig hat der Bundestag am 14. Juni ohne Aussprache einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Protokoll vom 21. Oktober 2010 zur Änderung des Übereinkommens über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Straßen mit schweren Nutzfahrzeugen vom 9. Februar 1994 (17/9343) angenommen. Er folgte dabei einer Empfehlung des Verkehrsausschusses (17/9843). Die Änderung durch das Protokoll betrifft unter anderem die Einführung der papierlosen Vignette. Deutschland hat das Protokoll mit unterzeichnet, obwohl es sich aus dem Eurovignettensystem zurückgezogen hat. Die Eurovignette ist eine Straßennutzungsgebühr schwere Lkw ab einem zulässigen Gesamtgewicht von zwölf Tonnen auf Autobahnen in Belgien, Luxemburg, Dänemark, den Niederlanden und Schweden.

Globaler Treuhandfonds für Nutzpflanzenvielfalt: Einstimmig hat der Bundestag am 14. Juni einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Übereinkommen vom 4. Oktober 2003 zur Gründung des Globalen Treuhandfonds für Nutzpflanzenvielfalt (17/9696) auf Empfehlung des Landwirtschaftsausschusses (17/9955) angenommen. Deutschland hat von 2005 bis 2010 7,5 Millionen Euro zum Stiftungsvermögen dieses Fonds beigetragen, der seinen Sitz von Rom nach Bonn verlegt. Damit sich der Fonds in Deutschland niederlassen kann, muss die Bundesrepublik dem Übereinkommen zur Gründung des Globalen Treuhandfonds für Nutzpflanzenvielfalt beitreten. Der Fonds (Global Crop Diversity Trust) hat zum Ziel, genetische Ressourcen von Nutzpflanzen dauerhaft zu erhalten, um die Ernährungssicherheit und eine nachhaltige Landwirtschaft zu gewährleisten. Der Fonds basiert auf dem internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft von 2001.

Betriebssicherheit von Eisenbahnfahrzeugen: Bei Enthaltung von SPD und Linkfraktion hat der Bundestag am 14. Juni einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften (17/9692) in der vom Verkehrsausschuss geänderten Fassung (17/9953) angenommen. Damit werden EU-Vorgaben in deutsches Recht umgesetzt. Unter anderem wird damit das Eisenbahn-Bundesamt verantwortlich für die Instandhaltung und den betriebssicheren Zustand der von ihm übernommenen Eisenbahnfahrzeuge. Das Gesetz enthält eine Vorschrift, dass die Behörde Aufgaben in diesem Zusammenhang auf private Auftragnehmer, etwa sachverständige Ingenieure, übertragen kann.

Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft": Ohne Aussprache hat der Bundestag am 14. Juni einen Antrag von CDU/CSU und FDP zur Verlängerung der Arbeit der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" (17/9939) angenommen. Damit setzt die Kommission ihre Arbeit über die parlamentarische Sommerpause 2012 hinaus fort, um den Arbeitsauftrag (17/17/950) erfüllen zu können. Die Projektgruppen der Kommission sollten ihre Beratungen bis Ende 2012 abschließen, sodass sich der Bundestag anschließend damit befassen kann.

Beschlüsse zu Petitionen: Ohne Aussprache hat der Bundestag am 14. Juni Beschlüsse zu einer Reihe von Petitionen gefasst. Im Einzelnen wurden die Empfehlungen des Petitionsausschusses zu den Sammelübersichten 437 bis 444 übernommen (17/9760, 17/9761, 17/9762, 17/9763, 17/9764, 17/9765, 17/9766, 17/9767). (vom)

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Quelle:
http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2012/39390871_kw24_angenommen_abgelehnt/index.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2012