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PRESSEKONFERENZ/1924: Regierungspressekonferenz vom 27. September 2019 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 27. September 2019
Regierungspressekonferenz vom 27. September 2019

Themen: Reise des Bundesaußenministers nach Prag zum 30-jährigen Jubiläum der DDR-Bootschaftsflüchtlinge in Prag, Reise des Bundesinnenministers in die Türkei und nach Griechenland, Termine der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche (Gespräch mit Akteuren der Flüchtlingsaufnahme und -integration in Deutschland, Treffen mit den Vorsitzenden der fünf internationalen Wirtschafts- und Finanzorganisationen, Kabinettssitzung, deutsch-niederländische Regierungskonsultationen), Klimaschutzpaket, Mord an Zelimkhan Khangoshvili in Berlin, Mord an Jamal Khashoggi, Engagement Deutschlands in der Ukraine, Rücktritt des EZB-Direktoriumsmitglieds Sabine Lautenschläger, Verhaftungen nach Demonstrationen in Ägypten, Insolvenz der Thomas Cook Group plc, Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Pkw-Maut, Commerzbank, Trauerfeierlichkeiten für den ehemaligen französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac, Brexit, Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien, Medienberichte über die Entziehung der Lizenz der Deutschen Welle in Russland

Sprecher: StS Seibert, Breul (AA), Grünewälder (BMI), Haufe (BMU), Kuhn (BMF), Buser (BMVI), Krüger (BMJV), Eichler (BMWi)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Breul: Außenminister Maas fliegt am Montag, den 30. September, nach Prag. Anlass ist das 30-jährige Jubiläum der DDR-Botschaftsflüchtlinge in Prag.

Sie werden sich erinnern: Im Herbst 1989 hatten tausende DDR-Bürgerinnen und -Bürger in der bundesdeutschen Botschaft in Prag Zuflucht gesucht. Am 30. September hat sich dann der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher vom Balkan der Botschaft an die Flüchtlinge mit den berühmten Worten gewandt, die Sie alle kennen. Der Rest ging im Jubel unter.

Um an dieses Ereignis zu erinnern, wird an der Botschaft eine Veranstaltung stattfinden, die gleichzeitig der Empfang zum Tag der Deutschen Einheit ist. Weitere Gäste sind der tschechische Premierminister Babis und der sächsische Ministerpräsident Kretschmer, der Mitausrichter der Veranstaltung ist. Außenminister Maas wird in Tschechien auch politische Gespräche führen - mit dem Ministerpräsidenten Babis, mit dem Außenminister Petrícek und dem ehemaligen Außenminister Karel Schwarzenberg.

Grünewälder: Am 3. und 4. Oktober wird Bundesinnenminister Seehofer in die Türkei und nach Griechenland fahren, um sich vor Ort über die Flüchtlingssituation zu informieren und mit seinem türkischen und seinem griechischen Amtskollegen über aktuelle Themen der Migrationspolitik zu sprechen. Die Reise unternimmt der Bundesinnenminister zusammen mit seinem französischen Kollegen Christophe Castaner sowie dem EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos.

In der Türkei ist der Schwerpunkt die Umsetzung der EU-Türkei-Vereinbarung. Die Türkei erbringt hier einen großen Dienst. In Griechenland geht es vor allem um die Fragen der administrativen Unterstützung von Asylverfahren.

Vorsitzender Feldhoff: Vielen Dank. - Dann kommen wir zu den Terminen der Kanzlerin in der nächsten Woche.

StS Seibert: Es geht los am Dienstag, den 1. Oktober. Die Kanzlerin trifft sich von 11 bis 14 Uhr im Kanzleramt mit Vertretern gesellschaftlicher Gruppen und Verbände, die sich für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen hier in Deutschland engagieren. Das ist das achte Treffen in einem vergleichbaren Kreis.

Was ist dieser Kreis? Eingeladen sind - ohne Anspruch auf Vollzähligkeit -: Wirtschafts- und Wohlfahrtsverbände, Migrantenorganisationen, Gewerkschaften, Kirchen, Stiftungen und natürlich Ansprechpartner der Länder und Kommunen. Auf Seiten der Bundesregierung wird neben der Bundeskanzlerin vertreten sein: das Innen-, das Arbeits-, das Finanz-, das Bildungs-, das Familien- und das Wirtschaftsministerium, außerdem die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Frau Widmann-Mauz, und Frau Grütters, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Themen werden sein: der gesellschaftliche Zusammenhalt, die Integration in den Arbeitsmarkt, ganz besonders auch die Förderung geflüchteter Frauen. Für die Bundeskanzlerin ist dieser erneute Informationsaustausch sehr wichtig, weil sie von den Vertretern dieser Gruppen hören kann, welche praktischen Erfahrungen die vielen Hunderttausend engagierten Menschen bei der Integration von Flüchtlingen machen, welche Themen sie bewegen und welche Hindernisse es geben mag. Natürlich ist es auch eine Gelegenheit, für dieses große Engagement zu danken. Immer noch am Dienstag, den 1. Oktober, gibt es gegen 17 Uhr einen Termin, den es auch schon regelmäßig früher gab, das Treffen mit den Vorsitzenden der fünf internationalen Wirtschafts- und Finanzorganisationen. Der OECD-Generalsekretär Herr Gurría, der stellvertretende IWF-Direktor Herr Lipton, der neue Präsident der Weltbank Herr Malpass, der WTO-Generalsekretär Roberto Azevêdo und der ILO-Generaldirektor Herr Ryder sind zu Gesprächen im Kanzleramt. Wie gesagt: Das ist ein jährlich stattfindendes informelles Treffen. Es findet bereits zum 11. Mal statt. Man befasst sich mit den gesamten Fragestellungen der internationalen Wirtschaftspolitik. Gegen 18.30 Uhr gibt es eine gemeinsame Pressekonferenz. Am Mittwoch, den 2. Oktober, findet wie üblich um 9.30 Uhr die Sitzung des Kabinetts unter Leitung der Bundeskanzlerin statt. Dann geht es weiter mit den dritten deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen, die im Bundeskanzleramt stattfinden. Es geht um 12.30 Uhr los mit einem Gespräch der Bundeskanzlerin mit ihrem niederländischen Amtskollegen Mark Rutte. Um 13.45 Uhr beginnt die gemeinsame Plenarsitzung der beiden Regierungsdelegationen. Schwerpunkte sind die Themen Europa, Energie und Klima, Digitalisierung und natürlich andere Themen der bilateralen Zusammenarbeit.

Nach derzeitigem Stand sind seitens der Bundesregierung neben der Bundeskanzlerin dabei: der Vizekanzler und Finanzminister, der Innenminister, der Außenminister, der Wirtschaftsminister, die Justizministerin, die Verteidigungsministerin, die Landwirtschaftsministerin und der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie das Bundesumweltministerium, auf Staatssekretärsebene vertreten. Für 16 Uhr ist eine gemeinsame Pressekonferenz geplant.

Am Donnerstag, 3. Oktober, ist der Tag der Deutschen Einheit. Die offiziellen Feierlichkeiten sind in diesem Jahr in Kiel. Das Motto, das Schleswig-Holstein für seinen diesjährigen Vorsitz gewählt hat, heißt: "Mut verbindet". Der offizielle Teil beginnt am Donnerstagmorgen um 9.20 Uhr vor dem Kieler Schifffahrtsmuseum. Dort begrüßt der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther gemeinsam mit dem Oberbürgermeister von Kiel die Verfassungsorgane des Bundes. Nach dem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Kiel gibt es ab 10 Uhr in der Nikolaikirche einen ökumenischen Gottesdienst, an dem die Bundeskanzlerin auch teilnimmt. Im Anschluss daran findet ab 12 Uhr der offizielle Festakt zum Tag der Deutschen Einheit in der Sparkassen-Arena statt. Die Ansprache der Bundeskanzlerin ist für 12.30 Uhr geplant.

Bei der Gelegenheit möchte ich Sie gern auf das traditionelle und immer sehr beliebte Bürgerfest zum Tag der Deutschen Einheit hinweisen. Das beginnt schon am Vortag, am 2. Oktober, in Kiel. Es präsentieren sich dort alle Bundesländer sowie der Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung. Natürlich weise ich Sie besonders auf die Formation aus drei Zelten der Bundesministerien und des Presse- und Informationsamtes am Ostseekai Nord hin. Wir freuen uns auch auf Ihren Besuch.

Wir haben in den vergangenen Jahren jeweils ein Planspiel angeboten. Das war ein großer Erfolg bei den Bürgern und ist sehr nachgefragt worden. Deswegen wird es das auch in diesem Jahr wieder geben. Bürger und Bürgerinnen können sich an dem Planspiel in einem dieser Zelte beteiligen und erleben, wie es ist, im Bundeskabinett zu sitzen und als Minister oder Ministerin am Kabinettstisch Standpunkte und Projekte zu vertreten.

Weitere Informationen dazu finden Sie auf bundesregierung.de.

Frage(zu den deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen): Herr Seibert, ich hätte ganz gern gewusst, ob das Thema Klima, das Sie erwähnt haben, dann auch zu konkreten Beschlüssen führen wird? Ich frage besonders im Hinblick auf den Zertifikatehandel, der ja geplant ist. Ist beabsichtigt, dass bei diesen Regierungskonsultationen Vereinbarungen im Klimabereich getroffen werden, etwa zum Zertifikatehandel?

StS Seibert: Ich kann und möchte diesen Konsultationen nicht vorgreifen. Aus Sicht des deutschen Klimakabinetts war die Begegnung in Den Haag vor einigen Wochen mit den niederländischen Kollegen sehr wichtig, die sich dort in der Regierung mit dem Thema Klima befassen. Das hat zahlreiche Anstöße gebracht. Es gibt, glaube ich, zwischen diesen beiden Regierungen und diesen beiden Ländern einen gemeinsamen Willen, auch in Europa voranzugehen. Aber ich kann den Konsultationen nicht vorgreifen.

Frage(zur Reise des Bundesinnenministers in die Türkei und nach Griechenland): Mich würde interessieren, ob auch ein Besuch der sogenannten Hotspots auf den griechischen Inseln geplant ist.

Grünewälder: Zu den genauen Reiseplanungen - sie sind noch im Fluss - kann ich mich jetzt noch nicht äußern. Das wird sich in den nächsten Tagen herausstellen.

Zusatzfrage: Gibt es denn vom Innenminister den Wunsch, diese zu besuchen? Sind es Absprachen, die getroffen werden müssen? Oder gibt es explizit den Wunsch des Ministers, dorthin zu reisen?

Grünewälder: Die genauen Reiseplanungen sind noch im Fluss. Dazu können wir Ihnen in der nächsten Woche, kurz bevor die Reise losgeht, genauere Informationen geben.

Frage: Ich hätte ganz gern gewusst, ob Herr Seehofer dann bei den Besuchen in der Türkei konkrete neue Vorschläge mitbringt, was die Zahlung für Flüchtlinge angeht. Der türkische Präsident hatte ja gefordert, dass die EU ihre Zahlungen etwas schneller leisten sollte und dass sie über die 6 Milliarden hinaus, die von der EU gezahlt werden, mehr Geld bereitstellt. Wäre der Innenminister dafür, und macht er da konkrete Vorschläge?

Grünewälder: Bei dem Besuch in der Türkei soll es um die EU-Türkei-Vereinbarung gehen. Diese EU-Türkei-Erklärung leistet nach unserer Auffassung eine herausragende Bedeutung zur Eindämmung der illegalen Überfahrten auf die griechischen Inseln. Die Erklärung dämmt das Geschäft der Schleuser ein und schützt vor Todesfällen in der Ägäis.

Es gibt Unzufriedenheit auf verschiedenen Seiten über die Umsetzung der EU-Türkei-Vereinbarung. Darüber will der Bundesinnenminister mit seinem Kollegen in Ankara sprechen. Der EU-Kommissar wird dabei sein, auch der französische Kollege. Es wird sehr konkret darum gehen, wie man dazu beitragen kann, dass die Umsetzung der EU-Türkei-Erklärung noch besser läuft.

Zusatzfrage: Können Sie noch etwas präziser zum Thema Unzufriedenheit sein? Die Frage haben Sie nicht ganz beantwortet: Wird der Minister selber Vorschläge machen, auch was die finanzielle Unterstützung der Türkei angeht?

Grünewälder: Ich möchte heute von dieser Stelle aus den Gesprächen noch nicht vorgreifen. Das, was ich dazu sagen kann, habe ich Ihnen gesagt.

Frage: Meine Frage richtet sich vermutlich an Herrn Haufe, und zwar geht es um das Klimaschutzpaket. In dem Entwurf für die Ressortabstimmung ist ein Kernbestandteil nicht mehr enthalten, nämlich die zu erwartenden COnderungen für jede einzelne Maßnahme. Herr Haufe, warum sind diese COnderungsziele aus dem Entwurf gestrichen worden?

Haufe: Danke, dass Sie das hier ansprechen. Es gibt ja heute schon einige Berichterstattung dazu. Da kommt sicherlich einiges durcheinander.

Auf der einen Seite sind wir ein bisschen gebrannte Kinder. Das haben wir ja auch gesagt, als das Klimaschutzprogramm vorgestellt worden ist. Wir haben mehrfach Ziele und ihre Erreichung angekündigt, und dann hat es nicht so richtig geklappt. Deswegen ist es diesmal besonders gut, dass wir uns noch einmal gründlich anschauen, welche Ziele wir haben und wie wir das erreichen.

Heute ist kommuniziert worden - Sie haben es auch angesprochen -, die Ziele seien nicht mehr da. Die Ziele stehen fest im Klimaschutzplan 2050. Da stehen die Ist-Ziele, die wir erreichen müssen.

Jetzt gibt es Abschätzungen pro Maßnahme, die im Klimaschutzprogramm stehen könnten. Das Klimaschutzprogramm steht in der Ressortberatung. Es ist ein internes Dokument, das jetzt scheinbar zirkuliert. Es wird so darüber berichtet, als wäre das ein finales Dokument. Das ist kein finales Dokument. Wir befinden uns also in der Ressortberatung zu diesem Dokument.

Jetzt noch einmal kurz zu Ihrer Frage: Diese Abschätzungen, die einmal gemacht worden sind - ganz unabhängig von dem zirkulierenden Dokument -, sind veraltet. Wir müssen uns heute in einem Klimaschutzprogramm genau anschauen: Was bewirkt die Einzelmaßnahme, und was bewirkt das Zusammenspiel der verschiedenen Maßnahmen? Wenn Sie auf der einen Seite ein COrtifikat haben, jedenfalls eine Lenkungswirkung durch eine COpreisung, und auf der anderen Seite haben Sie ein Förderprogramm, dann gibt es eine gewisse Wechselwirkung.

Als Besitzer eines Hauses mit einer Ölheizung bin ich vielleicht bei einem entsprechenden COeis eher dazu geneigt, den Wechsel einer Heizung vorzunehmen, als ohne COeis oder bei einer bestimmten Höhe eines COeises. Dann ist das Förderprogramm für mich eine gute Hilfe, um diese Lenkungswirkung des COeises im Alltag umzusetzen, um also eine andere Heizung zu bestellen und einzubauen.

Genau diese Wechselwirkungen müssen wir miteinberechnen. Das ist nicht ganz so einfach. Da betreten wir an der einen oder anderen Stelle auch Neuland. Deswegen steht - übrigens auch in dem Dokument, das da zirkuliert - längst drin, dass, sobald das Dokument feststeht, berechnet wird: Was wird die Maßnahme, das Zusammenspiel der Maßnahme, in etwa bewirken?

Ich betone noch einmal: Entscheidend ist etwas ganz Anderes. Entscheidend sind die Ist-Emissionen, die Ist-Zahlen, also das, was wir 2020, 2021 tatsächlich an Treibhausgasminderungswirkung erreichen. Das muss veröffentlicht werden. Das wird durch das Bundesumweltbundesamt erfasst. Das wird gespiegelt. Da wird geschaut: Wo hakt es? Wo läuft es gut, und was müssen wir als nächste Maßnahme machen, damit wir das 2030-Ziel, das konkret im Klimaschutzplan 2050 festgelegt ist, auch erreichen? - Das ist der Mechanismus, und der bleibt auch so.

StS Seibert: Ich möchte, wenn ich das darf, ganz kurz Herrn Haufe zum Maßnahmenprogramm zustimmen, das jetzt in der Ressortabstimmung ist. Wir äußern uns ja grundsätzlich nicht zu laufenden Ressortabstimmungen. Wichtig ist es trotzdem festzuhalten, dass ein zentraler Punkt des Klimaschutzprogramms 2030 genau das bleibt, wovon er gesprochen hat. Der jährliche Überprüfungsmechanismus, die jährliche Überprüfung der Zielerreichung durch das Klimakabinett, unterstützt von Experten - und zwar so, dass bei möglicher Zielverfehlung schnell mit einem Sofortprogramm nachgesteuert werden kann -, ist ein wichtiger Punkt und bleibt ein zentraler Teil dessen, worauf sich das Klimakabinett und jetzt auch das Kabinett geeinigt haben.

Haufe: Genau in diesem Gesamtmechanismus, den Herrn Seibert gerade beschrieben hat, ist es eben möglich, das Ziel zu erreichen. Das ist das, was wir hier auch ganz klar sagen.

Zusatzfrage: Herr Haufe, Sie sagen, dass die Abschätzungen, welche COnderung erreicht werden kann, veraltet waren. Dazu würde ich gern wissen: Ist es also korrekt zu folgern, dass Ihr Haus dementsprechend diese Abschätzungen aus dem Dokument herausgenommen hat? Oder wie ist das entstanden?

Die zweite Frage ist: Ist es nicht sinnvoll, dass man solche Abschätzungen auch nennt, um nachher überprüfen zu können, ob genau diese Abschätzungen erreicht worden sind?

Haufe: Wir stimmen uns innerhalb der Bundesregierung über diese Abschätzungen ab. Sie können doch nicht davon ausgehen, dass Sie anhand eines Dokumentes, das Sie jetzt bekommen haben, die komplette Regierungsarbeit beurteilen können. Natürlich sind die Abschätzungen bekannt. Sie sind unseren Häusern bekannt. Unter den Häusern, die die Abstimmungen machen müssen, ist auch bekannt, dass wir eine Neuabschätzung brauchen, und die müssen wir vornehmen.

Zusatzfrage: Wann?

Haufe: Das steht im Klimaschutzprogramm 2030, sobald es feststeht. Das Bundeskabinett muss doch erst einmal das Klimaschutzprogramm 2030 beschließen. Dann haben wir noch einen parlamentarischen Prozess. Wenn klar ist, was die Maßnahmen sein werden, dann können wir eine seriöse Abschätzung machen. Es ist auch vorgesehen, dass wir wissenschaftliche Einrichtungen damit beauftragen - auch das ist Teil der Formulierungen im Klimaschutzprogramm -, damit es eine seriöse Berechnung geben kann. Wie gesagt, es ist nicht ganz trivial.

Frage: Herr Haufe, ich mag Sie noch nicht so ganz aus Ihrer verbalen Akrobatik entlassen.

Haufe: Das müssen Sie auch nicht.

Zusatzfrage: Sie meinen, das Eine seien die Zahlen, das Andere seien nur - das sage ich jetzt mit meinen Worten - Abschätzungen. Aber Sie müssen doch wissen, welche Maßnahme wie viel COnsparung bringt. Sonst können Sie weder die Maßnahme rechtfertigen, wenn Sie nicht wissen, was sie bringt, noch können Sie beim etwaigen Nachsteuern beurteilen: Wo muss ich nachsteuern? Wie muss ich nachsteuern? Muss ich möglicherweise eine ganz neue Maßnahme entwickeln oder muss ich die alten Maßnahmen, die ich schon habe, verschärfen? Sie müssen also pro Maßnahme wissen: Was bringt wie viel?

Deshalb irritiert mich das ein bisschen, wenn Sie das jetzt ein bisschen als Abschätzung geringschätzen.

Haufe: Ich nehme gar keine Geringschätzung vor. Ich rede davon, dass es eine Prognose geben kann und dass es Prognosen gegeben hat. Jetzt muss man sich zum Beispiel das Zusammenspiel einer COpreisung, die ja feststeht, und einer möglichen Fördermaßnahme anschauen, um abzuleiten: Welche Treibhausgasminderung könnte daraus resultieren?

Dieser Prozess steht jetzt an. Es ist genauso, wie Sie sagen: Es muss seriös durchgerechnet werden; das muss gemacht werden. Das ist auch Teil des Klimaschutzprogramms 2030.

Der entscheidende Punkt ist, was Ende 2020 an Treibhausgasminderungen herauskommt. Das wird für uns die erste Größe sein, wo wir sagen können: Jetzt hat die Prognose etwas bewirkt oder sie hat nicht so viel bewirkt.

Wie gesagt: Das Entscheidende ist die Ist-Zahl. Dafür haben wir jetzt den Mechanismus festgelegt. Man kann sagen: Es ist eine neue Architektur - eine Grundarchitektur, die auch eine ganz andere Verlässlichkeit bringt als bisher. Wir müssen eben überprüfen und transparent dokumentieren: Was bringen die Maßnahmen? Wenn nicht, dann muss man überlegen, wie man sie verbessert, wie man sie nachschärft.

Zusatzfrage: Was sagen Sie zu dem bereits kursierenden Vorwurf: Erst ist das Klimapaket zu Klein, und dann ist es noch nicht einmal nachprüfbar?

Haufe: Also erstens einmal ist das Klimapaket noch nicht beschlossen. Wir reden bisher auf der Grundlage von Eckpunkten, die in der letzten Woche vorgestellt worden sind.

Zweitens haben wir noch einen ganzen parlamentarischen Prozess vor uns. In diesen gehen wir mit vom Bundeskabinett beschlossenen Dokumenten hinein. Der Prozess bleibt auch abzuwarten. Wir können doch nicht darüber reden, als wäre heute alles fix und foxi. Das ist es nicht.

Frage: Herr Haufe, man wundert sich ja und fragt sich, was sich die Kollegen in ihren Häusern, die es bis vor ein paar Tagen offenbar für sinnvoll und zielführend gehalten haben, solche Potenziale aufzuschreiben, wohl dabei gedacht haben. Waren sie zeitweise geistig umnachtet? Warum haben sie das gemacht? Warum fällt es jetzt auf, dass das so nicht geht?

Was mich aber tatsächlich interessiert: Können Sie gewährleisten, wenn dieses Programm am Ende des parlamentarischen Prozesses steht, dass es möglich ist, in Form einer Soll-Ist-Berechnungsgrundlage nachzuvollziehen, welche Potenziale da sind und wie sie konkret für einzelne Sektoren, Maßnahmen und Zeiteinheiten aufgeschlüsselt sind, sodass man dann eine Grundlage hat um zu überprüfen, sozusagen Pitch-genau: Wurde das in diesem Sektor, mit dieser Maßnahme, eingehalten, ja oder nein?

Das würde bedeuten, dass das, was jetzt herausgekommen ist beziehungsweise herausgenommen worden ist, sozusagen nur eine zeitweilige Herausnahme ist und Sie das später als Überprüfungsmaßstab wieder einfügen werden.

Haufe: Den Vorwurf der geistigen Umnachtung weise ich jetzt erst einmal ganz deutlich zurück.

Ich glaube, dass alle in der Bundesregierung sehr verbindlich und auch sehr konzentriert - und mit einer Art des Interesses an diesem Thema, wie wir es vielleicht bisher noch gar nicht vorgefunden haben - daran arbeiten, dass wir hier ein sehr seriöses Klimaschutzprogramm vorlegen. Das ist das Erste.

Zum zweiten Punkt: Die Bundesumweltministerin hat auch gestern noch einmal dargelegt, dass es darum geht, dass die Klimaschutzziele 2030 jetzt rechtsverbindlich werden. Die Ziele müssen fest im Klimaschutzgesetz stehen. So ist es ihr Ziel. Natürlich müssen sie jährlich überprüfbar sein. Man muss genau sehen, sektorscharf: Was ist an Treibhausgasminderung möglich gewesen? Was war das Ziel, und was folgt als Konsequenz daraus? - Entsprechend muss nachgesteuert werden. Das Sicherheitsnetz, von dem die Ministerin immer spricht, ist hier gemeint.

Dieser Überprüfungsmechanismus ist ein Kernstück und wird ein Kernstück des Klimaschutzgesetzes sein.

Zusatz: Ich habe im Übrigen keinen Vorwurf gemacht, sondern eine Frage gestellt.

Haufe: Gut. Dann nehme ich das zurück. Dann habe ich es vorsorglich klargestellt.

Zusatzfrage: Verstehe ich Sie recht, wenn Sie sagen: Am Ende des Implementierungsprozesses wird es für die einzelnen Ressorts, für die einzelnen Sektoren, für einzelne Maßnahmen eine vergleichbare Potenzialanalyse oder Zielvorstellung geben, die dann mit einem Ist-Zustand abgeglichen werden kann? Also das, was dieses Zahlenwerk bislang eigentlich liefern sollte, von dem Sie jetzt sagen "Das ist veraltet. Das geht nicht.", soll in anderer Form als objektivierbarer Maßstab wieder eingefügt werden? Ist es das, worauf es bei Ihnen abzielt?

Haufe: Es geht genau darum, dass man dann bestimmte Abschätzungen und Prognosen bei den Treibhausgasemissionen, im Treibhausgasemissionsregister, mit dem Ist-Zustand abgleichen und sagen kann: Hier stehen wir. Da hätten wir eigentlich stehen sollen. Deswegen müssen wir da nachsteuern. - Dieser Mechanismus muss eben auch rechtsverbindlich festgelegt werden. Genau darum geht es.

Frage: Ich habe eine Frage an das BMF: Wird der Bundesfinanzminister denn an einem der kommenden Mittwoche in den Kabinettsitzungen dem Klimapaket zustimmen können, das ja milliardenschwer ist, wenn bis dahin nicht schon solide Schätzungen dazu vorliegen, was die einzelnen Maßnahmen bringen? Was sie kosten, wissen wir ja ungefähr.

Kuhn: Die Beschlüsse und die Maßnahmen werden ja jetzt ausgearbeitet. Es gibt die Ressortabstimmung, die jetzt läuft. Dann wird das nachher im Kabinett beschlossen werden, und dann, wenn das Kabinett beschließt, wird auch der Bundesfinanzminister mit beschließen.

Zusatzfrage: Auch dann, wenn bis dahin noch keine Schätzung dazu vorliegen sollte, wie viel CO2 durch die einzelnen Maßnahmen eingespart wird?

Kuhn: Wie gesagt: Die Ressortabstimmung läuft. Wenn das dann im Kabinett sein wird, dann werden alle Kabinettsmitglieder darüber entscheiden.

Frage: Herr Haufe, Sie sagten gerade: Wenn wir das überprüfen, dann muss das sektorscharf passieren. - Heißt das, wenn Sie im Laufe der Überprüfung in den Zwanzigerjahren feststellen, dass der Sektor A oder B sein Ziel nicht erreicht hat, dass dann diese Zielöffnung auch im Sektor A oder B erfolgen muss und es nicht so sein kann, dass der Sektor B dann für den Sektor A, der es vielleicht nicht geschafft hat, einspringen muss?

Haufe: Damit gehen Sie schon sehr weit. Das - - -

Zuruf: Oder ist das noch offen?

Haufe: Das, was Sie da beschreiben, ist eine Situation, die durchaus eintreten kann. Da müssen Sie einfach sehen: Wir bewegen uns hier ja in einer Zehn-Jahres-Periode. Wir werden eine Reihe von Entwicklungen sowie möglicherweise auch von Technologiesprüngen und von Wirkungen von Technologiesprüngen bisher gar nicht absehen können. Deswegen ist der Nachprüfungsmechanismus auch so wichtig, auch aus diesem Grund und nicht nur aus dem Grund, dass wir beim Erreichen der Klimaziele verbindlicher werden, sondern eben auch deswegen, weil man gar nicht alle Entwicklungen vorhersehen kann.

Ob man Emissionsminderungen dann vielleicht von dem einen Sektor auf den anderen Sektor übertragen kann, ist eine Frage, die man sich auf jeden Fall im Laufe des Prozesses wird stellen müssen; da haben Sie vollkommen recht. Ich kann Ihnen die heute noch nicht abschließend beantworten. Das ist auch eine Frage, die in den jetzt laufenden Beratungen im Bundeskabinett, aber dann sicherlich auch noch einmal im parlamentarischen Raum beraten werden muss.

Zusatzfrage: Wäre das mit EU-Recht vereinbar? Nach meinem Kenntnisstand ist es nämlich so, dass die Einsparziele, die auch von der EU vorgegeben sind, sektorspezifisch sind. Dann kann man ja schlecht auf der nationalen Ebene "Hier schieben wir uns die Einsparziele zwischen dem Verkehrsbereich und dem Gebäudebereich hin und her" sagen!

Haufe: So wird es sicherlich nicht sein. Am Ende muss das Ziel stehen; damit haben Sie vollkommen recht. Am Ende steht: Das Ziel im Verkehrssektor oder im Gebäudesektor muss erreicht werden. Aber, wie gesagt, wie man mit so einer Situation, wie Sie sie beschreiben, umgeht, ist sicherlich Teil der Beratungen. Aber am Ende wird innerhalb des Sektors abgerechnet. Das bleibt so.

Frage: Herr Haufe, ich würde gerne kurz nach dem Zeitplan fragen. Wenn Sie jetzt von den Beratungen sprechen, wann wünschen sich Ihr Haus und Ihre Ministerin, dass diese Ressortberatungen abgeschlossen sein sollen? Wann ist dementsprechend mit einem Kabinettsbeschluss zu rechnen?

Haufe: Für die Ministerin ist natürlich klar, dass Wünsche im Klimaschutzbereich nicht so viel bringen. Ich kann Ihnen jetzt also keine genaue Angabe machen. Das wird in den nächsten Wochen der Fall sein. Ich kann Ihnen heute kein Datum nennen. Wir werden Sie darüber informieren, sobald Termine und die Übersichten für die jeweiligen Gesetze vorliegen. Ich kann Ihnen heute kein festes Datum nennen. Aber gehen Sie davon aus, dass es nicht lange dauern wird.

Frage: Sie haben in den letzten Tagen viel darüber gesprochen, was die Bundesregierung tut oder nicht tut. Aber in der Diskussion um die notwendigen Maßnahmen gibt es auch einige - sowohl in den Regierungsparteien als auch in den Oppositionsparteien -, die gegen die Idee Wettern, dass die Bürger in Deutschland in irgendeiner Weise ihre Lebensweise ändern müssten. Können Sie, Herr Seibert, für die Bundesregierung einmal klarstellen, wie Sie das sehen? Kann Deutschland denn glaubwürdig andere Länder zum Handeln bewegen, wenn es selbst nicht bereit ist, seinen Bürgern zuzumuten, ihren Lebensstil zu ändern?

StS Seibert: Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, auf welche Äußerungen Sie sich dabei beziehen. Umfragen, die man in den letzten Tagen so liest, zeigen doch eher, dass in Deutschland eine große Unterstützung für energischen Klimaschutz besteht. Genau da setzen wir doch auch mit unserem Klimaschutzpaket an, dem Klimaschutzprogramm 2030, das ja darauf abzielt, jede Form von klimafreundlichem, treibhausgasemissionseinsparendem Verhalten in Zukunft zu unterstützen und zu fördern. Das heißt im Gegenteil natürlich, dass die Menschen wie auch die Wirtschaft wissen, dass klimaschädliches, stark emittierendes Verhalten in den nächsten Jahren Schritt für Schritt einen höheren Preis als bisher haben wird. Das ist, glaube ich, der Grundgedanke dieses Klimaschutzprogramms 2030. Es ist so angelegt, dass die Menschen Schritt für Schritt diese Veränderungen vornehmen können und dass sie dabei von der Bundesregierung auch mit starken Mitteln unterstützt werden.

Zusatzfrage: Das ist jetzt vielleicht etwas zugespitzt, aber wird man dann auch irgendwann erleben, dass Mitglieder der Bundesregierung die 600 Meter vom Kanzleramt zum Futurium zu Fuß und nicht mit der Limousine zurücklegen?

StS Seibert: Sie wissen ja, was am letzten Freitag in Berlin-Mitte rund um das Brandenburger Tor los war, und es ist, glaube ich, völlig vertretbar gewesen, dass man sich so zum Futurium bewegt hat. Auch die Zeit war knapp. Sie wollten alle Ihre Pressekonferenz bekommen, und die Beratungen im Bundeskanzleramt gingen, wie Sie alle beobachten konnten, ziemlich lang.

Aber natürlich achtet die Bundesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch auf klimafreundliche Fortbewegung und kompensiert Flüge und andere Formen der Fortbewegung durch finanzielle Unterstützung von Klimaschutzmaßnahmen. Das haben wir Ihnen hier auch schon dargelegt.

Haufe: Wenn ich das noch ergänzen darf: Wir wissen natürlich, dass wir uns auch immer an die eigene Nase fassen müssen und dass die Bundesverwaltung natürlich einen Vorbildcharakter hat. Deswegen ist auch im Klimaschutzprogramm 2030 vorgesehen, dass die Bundesverwaltung klimaneutral sein muss - das heißt, nicht nur im Flugverkehr, sondern auch in anderen Bereichen.

Frage: Ich habe noch eine Frage zum CO2-Preis. Es gibt ja jetzt den Vorschlag aus der Unionsfraktion, 2030 bei 180 Euro anzukommen, was laut UBA auch den wirklichen Kosten pro Tonne CO2 entspricht. An das Verkehrs- und das Innenministerium, die das ja vor allem betrifft, stelle ich die Frage: Wäre das für Sie vorstellbar?

An das BMU: Entspricht das Ihren Vorstellungen?

Buser: Dann fange ich einmal an. - Natürlich laufen momentan die Diskussionen rund um den Klimaschutz, und es sind auch sehr, sehr wichtige Debatten, die momentan geführt werden.

Wir haben jetzt erst einmal natürlich ein ganz klares Eckpunktepapier, dass das Bundeskabinett auch beschlossen hat. Deswegen sind wir jetzt natürlich erst einmal dabei, an der Umsetzung zu arbeiten und auch wirklich einen ganz konkreten Zeit- und Arbeitsplan zu machen. Die anderen Diskussionen, die auf politischer Ebene geführt werden, werden auch weitergehen. Es ist auch wichtig, dass die geführt werden. Deswegen kann ich die natürlich an dieser Stelle auch nicht kommentieren.

Grünewälder: Für das BMI, das ja auch für das Bauen zuständig ist, kann ich sagen, dass für uns ganz klar ist, dass die Reduktion des CO2-Ausstoßes im Gebäudebereich ein ganz zentrales Element des Klimaschutzpakets ist. Darin sind auch wesentliche Maßnahmen enthalten, zum Beispiel, was die Förderung der energetischen Sanierungsmaßnahmen angeht. Wir sind nun dabei, diese Maßnahmen umzusetzen und sie in Gesetzesform zu gießen, sie zu regeln und abzustimmen. Dann wird das Kabinett darüber einen Beschluss fassen. Mehr kann ich zum jetzigen Zeitpunkt dazu noch nicht sagen.

Haufe: Vor mehr als knapp einem Jahr wollte noch gar niemand über eine CO2-Bepreisung reden. Damals ist es der Bundesumweltministerin zum Teil rüde abgesprochen worden, das Thema überhaupt aufgreifen zu dürfen. Heute gibt es eine intensive Debatte darüber. Das kann die Bundesumweltministerin nur begrüßen. Es ist auch gut, dass sich die Parlamentarier im Zuge der anstehenden Beratungen mit dem Thema beschäftigen.

Die Bundesumweltministerin hat gerade auch in den letzten Tagen ab und zu gesagt, dass sie sich auch einen höheren Einstiegspreis hätte vorstellen können; das ist ja bekannt. Diese einzelnen Zahlen möchte ich jetzt nicht weiter kommentieren.

Frage: Herr Seibert, eine der Verhandelnden, nämlich Malu Dreyer, hat ja auch ihre Bereitschaft dazu erklärt, den Einstiegspreis für CO2 in den Gesprächen, die jetzt auch mit den Grünen und der FDP anstehen, anzuheben. Wäre die Bundeskanzlerin auch bereit, einen höheren Einstiegspreis zu akzeptieren?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat sich ja gemeinsam mit den anderen Verhandlern am Freitag ausführlich zu dem Eckpunktepaket, dem Klimaschutzprogramm 2030, geäußert, seitdem übrigens noch mehrmals. Das heißt, dem habe ich nichts hinzuzufügen. Wir machen jetzt die notwendigen gesetzlichen Regelungen. Die werden vom Kabinett beschlossen. Dann beginnt das parlamentarische Verfahren.

Zusatzfrage: Entschuldigung, wenn ich nachfrage, aber auch Frau Dreyer hatte sich letzten Freitag geäußert und nachgeschoben - - -

StS Seibert: Für Frau Dreyer kann ich nicht sprechen.

Zusatzfrage: Nein, ich weiß. Aber sie hat sich geäußert, und darauf bezieht sich jetzt meine Frage, ob sich in der Zwischenzeit auch bei der Bundeskanzlerin die Bereitschaft ergeben hat, einen höheren Einstiegspreis zu akzeptieren.

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin steht zu dem Eckpunktepaket, das das Kabinett am Mittwoch gemeinsam beschlossen hat.

Frage: Ich hätte eine Frage, die Herr Seibert vor etwa vier Wochen mehrmals beantwortet hat. Aber nun haben wir vielleicht eine etwas neue Grundlage. Es geht um den Mord des georgischen Bürgers Zelimkhan Khangoshvili. Mehrere deutsche und nicht nur deutsche Medien schreiben heute, dass sich die Indizien dafür verhärten, dass dieser wahrscheinlich politische Mord vom russischen Staat beauftragt wurde. Wie sieht das die Bundesregierung? Früher haben Sie gesagt, dass Sie dafür das Land Berlin für verantwortlich halten. Sehen Sie das jetzt anders? Ist das ein Thema innerhalb der Bundesregierung oder im Bundeskanzleramt? Halten Sie es für notwendig, diese Situation mit Moskau zu besprechen und aufzuklären?

Eine Zusatzfrage, wenn Sie erlauben, Herr Seibert und Frau Krüger: Mehrere deutsche Bundestagsabgeordnete kritisieren, dass dieser Fall nicht ganz und völlig von der Generalbundesanwaltschaft übernommen wird. Auch Herr Röttgen, der ja Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses ist, hält das für unverständlich und seltsam. Könnten Sie ihm und uns bitte erklären, warum die Generalbundesanwaltschaft immer noch nicht diesen Fall übernimmt?

StS Seibert: Will das Justizministerium vielleicht anfangen?

Krüger: Das kann ich gerne tun. - Es ist so, dass der Generalbundesanwalt die Geschehnisse rund um diesen Mordfall in Berlin sehr genau beobachtet und auch laufend in Verbindung und in Gesprächen mit den zuständigen Ermittlungsbehörden ist. Es ist allerdings so, dass es eben hinreichende Anhaltpunkte dafür geben muss, dass eine Zuständigkeit des Generalbundesanwalts gegeben ist. Sollte es diese hinreichenden Anhaltspunkte geben, dann würde der Generalbundesanwalt entsprechende Ermittlungen einleiten. Diese Voraussetzungen sind im Gerichtsverfassungsgesetz ganz genau festgeschrieben, und wenn diese Voraussetzungen erfüllt wären, dann würde er auch übernehmen. Das ist bislang aber nicht der Fall.

StS Seibert: Wir nehmen die Berichterstattung und auch die aktuelle Berichterstattung über dieses Thema natürlich wahr, und das bestärkt uns darin, absolutes Interesse an einer umfassenden Aufklärung dieses Mordes zu haben. Aber wir haben auch Vertrauen in die deutschen Ermittlungsbehörden - in diesem Fall in die des Landes Berlin -, dass sie auch genau diese Aufklärung betreiben.

Frage: Zum nächsten Mordfall, dem Fall Khashoggi, Herr Breul: Der saudische Kronprinz hat ja die Verantwortung für die Ermordung von Herrn Khashoggi übernommen. Gibt es schon irgendeine Reaktion Ihres Hauses auf diese Äußerungen?

Breul: Ja, in der Tat hat sich der saudische Kronprinz - ich glaube, gegenüber einem amerikanischen Fernsehsender - geäußert. Wie auch sonst immer äußern wir uns nicht zu Kommentaren gegenüber Medien.

Wir haben im Mordfall Khashoggi ja in aller Deutlichkeit unsere Position vorgestellt und auch Konsequenzen gezogen. Es bleibt dabei: Wir verlangen eine vollständige und glaubwürdige Aufklärung. Das gilt jetzt, knapp ein Jahr nach dem grausamen Mord, genauso wie vor ein paar Monaten.

Zusatzfrage: Das heißt, Sie sind nicht überrascht. Wird das auch irgendwelche Konsequenzen für die deutsch-saudischen Beziehungen haben, wo er jetzt selbst sagt, dass er die Verantwortung übernimmt? Es ist ja gewissermaßen Teil der Aufklärung, wenn einer sagt "Ich übernehme die Verantwortung für diese Ermordung".

Breul: Ich glaube, wenn Sie sich das Interview anschauen, dann werden Sie sehen, dass es, soweit ich das als Nicht-Jurist beurteilen kann, weniger um strafrechtlich relevante Verantwortlichkeit als um den Hinweis darauf ging, dass jemand, der Verantwortung in der Regierung hat, natürlich auch für den Regierungsapparat Verantwortung hat, also um einen sehr abstrakten Hinweis. Das scheint mir jetzt nicht ein wesentlicher Beitrag für die strafrechtliche Aufarbeitung zu sein.

Frage: Herr Breul, können Sie uns bitte aus ihrer Sicht etwas zu den Trump-Aussagen zu der fehlenden deutschen Hilfe für die Ukraine sagen, also vielleicht eine genaue Zahl?

Breul: Wir haben da in der Tat in den letzten Tagen schon auf Anfrage ein paar Zahlen genannt. Es ist immer ein bisschen schwierig, weil Zahlen unterschiedlich aggregiert werden und unterschiedlich zusammengefasst werden. Ich denke, das umfangreiche Engagement Deutschlands in der Ukraine ist dennoch sehr gut belegt.

Wir sind laut OECD-Zahlen nach den USA und der EU der drittgrößte EZ-Geber. Natürlich fließen auch unsere Beiträge an die EU in die Mittel ein, die die EU vor Ort investiert und als Hilfe übermittelt. Genauso sind wir politisch stark an der Lösung des Ukraine-Konflikts engagiert, natürlich im Normandie-Format. Ich erinnere auch an unsere Rolle im Minsker Prozess.

Ich denke also, jeder, der das nüchtern betrachtet, wird zu dem Ergebnis kommen, dass sich Deutschland stark engagiert, und daran wollen wir auch festhalten.

Frage: Herr Seibert, da nun die Präsidenten Trump und Selensky zu 100 Prozent bis 1000 Prozent darin übereinstimmten, dass die Kanzlerin außer Worten nichts liefere, fühlt sich die Bundeskanzlerin in ihrem Wirken und in ihrem Engagement in Bezug auf die Ukraine richtig dargestellt?

StS Seibert: Es bleibt bei dem, was ich schon seit zwei Tagen auf solche Anfragen sage: Diese Aussagen, die aus einem Telefonprotokoll stammen, kommentiere ich nicht.

Ansonsten hat Herr Breul gerade etwas dargelegt - wer die letzten Jahre hier verbracht hat, der hat uns stundenlang über die große Bandbreite unseres Engagements für die Souveränität und die territoriale Integrität sowie über die Reformorientierung der Ukraine sprechen hören -, und darauf verweise ich.

Zusatz: Ich hatte auch nicht um einen Kommentar gebeten, sondern lediglich gefragt, ob sich die Kanzlerin in dieser ja nun unbestrittenen Übereinstimmung korrekt wiedergegeben sieht. Das ist nicht die Frage nach einem Kommentar!

StS Seibert: Es bleibt aber bei meiner Antwort.

Zusatzfrage: Wird die Kanzlerin in folgenden Gesprächen mit Herrn Selensky und möglicherweise mit Herrn Trump den Fehleindruck, den es da wohl sozusagen gibt, von sich aus korrigieren?

StS Seibert: Ich nehme kommende Gespräche wie üblich nicht vorweg. Wir befinden uns in intensiven Arbeiten, die einen möglichen neuerlichen Normandie-Gipfel auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs vorbereiten sollen. Das heißt, es gibt sowieso zahlreiche Kontakte zur Ukraine und zu den anderen Teilnehmern des Normandie-Prozesses. Mit dem amerikanischen Präsidenten wie im Übrigen auch mit Präsident Selensky war die Bundeskanzlerin gerade in New York zusammengetroffen.

Frage: Herr Breul, Sie haben gerade gesagt, jeder, der das nüchtern betrachtet, müsse zu dem gleichen Schluss wie Sie kommen. Gehen Sie davon aus, dass Herr Trump nicht nüchtern war, als er diese Aussage getätigt hat? Haben ihm Fakten gefehlt, die Sie jetzt präsentiert haben? Haben Sie die Fakten den Amerikanern irgendwie übermittelt?

Breul: Ich glaube, auf den ersten Teil Ihrer Frage erwarten Sie gar keine Antwort von mir. Danach müssten Sie gegebenenfalls die amerikanische Regierung fragen.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Natürlich sind wir mit den Amerikanern im Gespräch. Wenn es da Informationsdefizite geben sollte, was ich nicht weiß, dann sind wir gerne bereit, natürlich auch der amerikanischen Seite die Zahlen zu übermitteln.

Frage: Ich habe eine Frage an das BMF. Es geht um die EZB und den Rücktritt der Direktorin Lautenschläger. Vielleicht können Sie uns einmal darüber aufklären, was die Motive von Frau Lautenschläger sind, wer Nachfolger oder Nachfolgerin werden wird und wer eigentlich darüber entscheidet. Ist das eine Entscheidung, die allein der Bundesfinanzminister fällt? Wann wird die Entscheidung fallen?

Kuhn: Zu Spekulationen über die Gründe für den vorzeitigen Rückzug von Frau Lautenschläger äußern wir uns nicht. An denen beteiligen wir uns jedenfalls nicht.

Wenn Sie die Nachfolge ansprechen, dann erhebt Deutschland als größte Volkswirtschaft der Eurozone und als größter Mitgliedstaat der EU natürlich auch den Anspruch, weiterhin ein Mitglied im EZB-Direktorium zu stellen. Wir werden als Bundesregierung in Kürze eine geeignete Kandidatin beziehungsweise einen Kandidaten für die Nachfolge benennen.

Zum Verfahren: Die Mitglieder des EZB-Direktoriums werden immer vom Europäischen Rat, also den Staats- und Regierungschefs, auf Empfehlung des ECOFIN-Rats, also der Finanzminister, ernannt. Vor der Ernennung erfolgt noch eine Anhörung durch das Europäische Parlament und die Europäische Zentralbank. Das ist das Verfahren.

Zusatzfrage: Ich hatte jetzt auch gar nicht von Ihnen erwartet, dass Sie sich an Spekulationen beteiligen, sondern ich bin einfach davon ausgegangen, dass Sie als Finanzministerium wissen, warum Frau Lautenschläger diesen Posten nicht mehr ausüben möchte. Das ist die eine Frage. Vielleicht können Sie darauf noch einmal antworten.

Gibt es zweitens innerhalb der Bundesregierung eine Abstimmung? Ist das also ein Koalitionsthema?

Kuhn: Wie gesagt: Wir nehmen zu den Rücktrittsgründen keine Stellung.

Federführend bei der Benennung ist natürlich das Bundesfinanzministerium, aber das ist natürlich nachher eine Entscheidung, die dann auch im Ressortkreis getroffen wird.

Frage: Herr Breul, ich habe eine Frage zur Lage in Ägypten. Die spitzt sich ja zu. Heute sind größere Demonstrationen am Rande des Freitagsgebets geplant, und laut Menschenrechtsorganisationen sind jetzt auch schon mehr als 2000 Leute verhaftet worden. Das heißt, die Verhaftungswelle geht weiter. Wie besorgt ist die Bundesregierung über diesen Fall? Inwiefern wird sich die Bundesregierung auch für die Verhafteten und dafür einsetzen, dass sie freigelassen werden?

Breul: In der Tat - das habe ich ja hier am Mittwoch schon gesagt - haben wir uns mehrfach besorgt darüber geäußert, wohin es in Ägypten mit Menschenrechten und politischen Freiheiten - insbesondere Versammlungs- und Pressefreiheiten - geht, und darüber, dass diese weiter eingeschränkt werden. Dementsprechend hatten wir uns auch im UN-Menschenrechtsrat eingebracht, sowohl national als auch als EU. Insofern verweise ich auf diese Äußerung. Das ist unsere Position.

Bestätigte Zahlen liegen mir nach wie vor nicht vor. Wir sehen natürlich auch die Medienberichte und sind auf Informationen vor Ort angewiesen. Ich hatte auch darauf hingewiesen, dass wir natürlich erwarten, dass die, die verhaftet werden, nach rechtsstaatlichen Maßstäben behandelt werden.

Nach unseren Informationen sind bisher keine deutschen Staatsangehörigen betroffen, auch keine Doppelstaatler, über die wir - das muss ich natürlich immer einschränkend hinzufügen - informiert wären. Selbstverständlich stehen wir bereit, sobald sich daran etwas ändern sollte, entsprechende konsularische Betreuung anzubieten.

Ich möchte zudem noch auf etwas hinweisen. Für heute sind ja neue, größere Demonstrationen angekündigt. Ich möchte alle Deutschen, die sich derzeit in Ägypten aufhalten, darauf hinweisen, dass Sie bitte die Reise- und Sicherheitshinweise sorgfältig studieren. Die werden laufend aktualisiert und angepasst.

Frage: Ich habe eine Frage an das Finanz- und an das Wirtschaftsministerium: Wie ist denn der Stand beim Überbrückungskredit für die deutsche Thomas Cook? Können Sie schon sagen, wann da eine Entscheidung fallen soll?

Eichler: Der Antrag ist eingegangen; das können wir bestätigen. Wir sind jetzt bei der Prüfung. Weiteres kann ich dazu im Moment nicht sagen.

Kuhn: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Frage: Was unterscheidet die beiden Fälle Condor und Thomas Cook Deutschland Ihrer Meinung nach? Könnte es sein, dass Sie Condor einen Kredit gewährt haben und ihn Thomas Cook Deutschland möglicherweise nicht gewähren? Stufen Sie die in ihrer Unternehmensstruktur also komplett unterschiedlich ein?

Eichler: Dazu kann ich nichts weiter als das sagen, was ich gerade gesagt habe. Der Antrag wird geprüft. Sie werden verstehen, dass ich mich zu diesen laufenden Prüfungen im Detail nicht äußern kann.

Frage: Ich habe auch eine Frage dazu. Der Antrag von Condor wurde ja sehr zügig geprüft, und es ist innerhalb von wenigen Tagen zu einem Ergebnis gekommen. In welcher Zeitspanne erwarten Sie denn dieses Mal ein Ergebnis?

Eichler: Auch dazu kann ich Ihnen keine Details nennen.

Frage: Thomas Cook Deutschland hat angekündigt, dass Reisen, die bis Ende Oktober gebucht waren, storniert werden. Gibt es vonseiten der Bundesregierung irgendeine Form oder eine Planung, dass man den betroffenen Passagieren unter die Arme greift?

Eichler: Auch dazu kann ich Ihnen im Moment nichts sagen. Wir nehmen die Situation natürlich zur Kenntnis. Aber über Planungen jedweder Art kann ich im Moment nichts sagen.

Breul: Ich kann höchstens noch einmal darauf verweisen, dass sich der Insolvenzversicherer für Thomas Cook Deutschland schon mehrfach geäußert und zugesagt hat, Kosten für Flüge und Hotelkosten zu übernehmen. Dazu gibt es umfangreiche Pressemitteilungen des Insolvenzversicherers, auf die ich gerne verweisen möchte. Dieser ist jetzt am Zug. Wenn überhaupt, käme die Bundesregierung subsidiär zum Zug. Es gibt aber keine Anzeichen, dass diesbezüglich ein Bedarf entstehen würde.

Frage: Zwei Fragen an das Verkehrsministerium, die sich auf die Maut-Verträge beziehen.

Treffen Berichte zu, dass es in Ihrem Haus keine Akten oder Dokumente über die Treffen des Verkehrsministers mit den Betreiberfirmen Kapsch und Eventim im Juni 2019 und November 2018 gibt?

Zweitens. Bleibt der Minister nach der Anhörung im Bundestag dabei, dass es kein Angebot seitens Eventim gegeben hat, die Unterzeichnung des Maut-Vertrags erst nach dem Urteil des EuGH zu vollziehen?

Buser: Vielen Dank für Ihre Frage. - All diese Punkte zum Thema Maut haben wir als Klarstellung zu der eben erwähnten Berichterstattung auf unserer Website eingestellt. Sie finden die Antworten auf all Ihre Fragen auf unserer Website umfassend dargestellt. Schauen Sie einfach einmal auf unsere Website.

Zusatzfrage: Wäre es möglich, da ich im Moment nicht auf die Website zugreifen kann, dass Sie trotzdem der Öffentlichkeit hier in der Regierungspressekonferenz dazu etwas andeuten?

Buser: Ich kann gerne zunächst auf den ersten Punkt eingehen: Ja, zu den Gesprächen gab es weder vorbereitende noch nachbereitende Vermerke.

Zu dem anderen Punkt: Der Minister hat sich umfassend im Bundestag dazu geäußert. Dabei bleibt es auch.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesfinanzministerium zum Thema Commerzbank. Ich hätte ganz gerne gewusst, was der Anteilseigner zu den Schließungsplänen von Filialen sagt. Hat die Bundesregierung irgendeine Meinung dazu?

Der Chef der Commerzbank hat heute davon geredet, dass er eine Konsolidierung von Banken in Deutschland und Europa erwartet. Wie beurteilen Sie das? Sehen Sie diesen Konsolidierungsbedarf auch? Wohin sollte der führen?

Kuhn: Entscheidungen einzelner Finanzinstitute kommentieren wir grundsätzlich nicht. Das gilt auch für die Commerzbank.

Natürlich beobachten wir als Bundesfinanzministerium - wie auch BaFin und Bundesbank - die Entwicklung auf dem Bankensektor sehr genau und sind da nahe dran.

Zusatzfrage: Sie sehen jetzt keinen erhöhten Konsolidierungsbedarf angesichts der Selbsteinschätzung, die die Bank vorgelegt hat?

Kuhn: Wie gesagt, wir beobachten den Markt sehr genau. Ich nehme aber zu einzelnen Überlegungen keine Stellung.

Frage: Am Montag findet in Paris eine große Trauerfeier für Jacques Chirac statt. Ich hoffe, ich habe es vorhin bei den Reiseplänen nicht überhört. Wird die Bundesregierung dort vertreten sein? Wird die Bundeskanzlerin teilnehmen?

StS Seibert: Ich habe Ihnen die Pläne der Bundeskanzlerin so, wie ich sie heute vortragen kann, vorgetragen.

Zusatzfrage: Wird die Bundesregierung dort anderweitig vertreten sein?

Breul: Ich kann nur sagen, dass die Bundesregierung dort mit Sicherheit vertreten sein wird. Die Abstimmung dazu läuft noch. Sobald feststeht, wer reist, werden wir das gerne mitteilen.

Frage: Vielleicht habe ich es verpasst, aber es scheint untergegangen zu sein: In der letzten Woche sind seit dem Besuch von Herrn Johnson 30 Tage verstrichen, in denen man, wie die Kanzlerin gesagt hat, einen Deal hätte erreichen können. Ich weiß, dass sie ihre Aussage nachher noch einmal relativiert hat. Mich würde interessieren, ob in den verbleibenden 33 Tagen vor dem Austrittsdatum ihrer Meinung nach noch ein geordneter Brexit-Deal möglich ist.

StS Seibert: Da Sie ja wirklich einer der bestinformierten Journalisten hier sind, wissen Sie natürlich, dass es nie eine Frist gab, sondern dass die Bundeskanzlerin gesagt hat - und sie hat dazu die Zahl 30 gegriffen; sie hätte auch eine andere greifen können -: Bei gutem Willen ist es machbar. - Das ist im Grunde der Kern ihrer Aussage gewesen.

Das hat sich nicht geändert. Die EU als Verhandlungsführer wird ihrerseits alles tun, dass es zu einer Einigung kommt. Aber es bleibt dabei: Wir brauchen dazu einen konkreten und schriftlichen Vorschlag von der britischen Seite, der in Brüssel vorgelegt wird. Es ist aus unserer Sicht wichtig, zu einer solchen Lösung zu kommen. Wir wollen dazu auch beitragen. Aber die Zeit drängt jetzt etwas; das ist ja offensichtlich.

Frage: Herr Breul, ich habe eine Frage zum Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien. Der pakistanische Premierminister hat erwähnt, dass er einen Brief vom saudischen Kronprinzen erhalten habe, den er der iranischen Seite übergeben hat. Der iranische Präsident hat in New York bestätigt, dass er einen solchen Brief erhalten hat. Außenminister Maas hat sich mit seinem iranischen und seinem saudischen Counterpart getroffen. Hat er in diesem Gespräch ähnliche Entspannungssignale wahrgenommen?

Könnte Deutschland eine Art Vermittlerrolle zwischen Iran und Saudi-Arabien spielen? In der Vergangenheit gab es ähnliche Versuche, zwischen diesen Mächten am Persischen Golf zu vermitteln.

Breul: Ehrlich gesagt sind mir diese Äußerungen, die Sie zitieren, nicht bekannt. Sie haben recht: Außenminister Maas hat mit seinem iranischen Kollegen in New York beraten - einmal bilateral und dann im Rahmen einer Tagung im Format der Joint Commission - und dabei natürlich insbesondere über die Implementierung des JCPOA geredet. Jüngste Meldungen der IAEO weisen in die falsche Richtung. Was das iranische Verhalten angeht, so ist das aus unserer Sicht beunruhigend. Das ist für uns ein ganz entscheidender Baustein, um wieder zu Deeskalation zu kommen und um diplomatische Bemühungen zum Erfolg zu bringen.

Was eine deutsche Vermittlerrolle zwischen Saudi-Arabien und Iran angeht, möchte ich, ehrlich gesagt, nicht spekulieren. Es ist mit Sicherheit nicht so, dass wir uns dabei in irgendeiner Form nach vorne drängen würden. Wenn es gewünscht ist - das gilt natürlich immer zwischen zwei sich streitenden Parteien -, zu vermitteln und die guten Dienste der Bundesregierung dazu beitragen können, stehen wir natürlich immer dazu bereit.

Zusatzfrage: Meine Frage bezog sich nicht auf den JCPOA, sondern auf den Konflikt speziell zwischen Iran und Saudi-Arabien, der die gesamte Region destabilisiert. Wurde dieser Konflikt angesprochen? Hat der Minister irgendwelche Entspannungssignale von beiden Seiten wahrgenommen, bei denen man sagen könnte, dass das ein Ansatz für einen diplomatischen Versuch wäre, zur Lösung des Konflikts zu kommen?

Breul: Der Minister hat sich in New York mehrere Male zum Iran geäußert. Das muss ich hier nicht wiederholen. Es ist nicht üblich, dass wir hier Einzelheiten der diplomatischen Gespräche ausbreiten. Ich habe den JCPOA erwähnt, weil dazu aktuelle Meldungen von der IAEA vorliegen, das für uns natürlich ein Grund ist zur Sorge und natürlich die Themen miteinander verwoben sind.

Für uns ist klar: Diplomatische Bemühungen begrüßen wir. Wenn Schritte aufeinander zugemacht werden, finden wir das richtig. Wir können jetzt nach einer ersten Zwischenbilanz der Gespräche in New York - die VN-Woche läuft ja noch - nicht sagen, dass das jetzt eine Woche war, in der wir große Schritte nach vorne gemacht hätten.

Frage: Ich habe auch eine Frage zum JCPOA. Es gibt einen Bericht aus New York, wonach die E3 dem Iran angedroht haben, dass sie sich bis November aus dem JCPOA zurückziehen werden, wenn der Iran seine Drohungen wiederum wahrmacht und weitere Bestimmungen des Iran-Abkommens aufgibt. Können Sie das bestätigen oder bleibt man auf europäischer Seite auf jeden Fall beim JCPOA?

Breul: Ich verweise noch einmal auf das Statement der E3 vom Montag nach dem Gespräch der Kanzlerin mit dem französischen und britischen Kollegen. Das ist die Position, die gilt. Es gab danach eine Tagung der Joint Commission - ich korrigiere mich: eine Tagung der Minister im Format der Joint Commission; die technische Joint Commission findet auf anderer Ebene statt -, wo noch einmal deutlich gemacht wurde, dass der Iran zu seinen Verpflichtungen zurückkehren muss.

Es gab gestern einen Bericht der IAEO, der feststellt, dass der Iran weitere konkrete Schritte unternommen hat, um seine Ankündigung von Anfang September weiter umzusetzen, Forschung und Entwicklung von fortschrittlichen Zentrifugen voranzutreiben. Der Iran bewegt sich hier klar außerhalb des vom JCPOA erlaubten Bereichs und versucht, den Druck auf die verbliebenen JCPOA-Teilnehmer zu erhöhen. Wir ermahnen den Iran ausdrücklich, den Kurs zu wechseln und das JCPOA nicht weiter auszuhöhlen.

Wir haben es vor ein paar Wochen schon einmal gesagt: Der Iran hat sich auf eine schiefe Ebene begeben. Man könnte auch sagen: Der Iran bewegt sich in die falsche Richtung - und das waren jetzt weitere Schritte in die falsche Richtung und Schritte weg vom JCPOA.

Frage: Im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Iran war die Frage der Verantwortung für Raketenangriffe auf die Raffinerien hier schon Thema. Herr Breul, können Sie heute genauer definieren, was eigentlich unter der Aussage "Iran trägt Verantwortung" zu verstehen ist? Das ist ja einer der vagsten Sätze überhaupt. Ist das Verantwortung in Form von politischer Anleitung, Motivation? Ist es Verantwortung in Form von Lieferung von Militärgütern? Ist es Verantwortung in der Form, dass der Iran selbst Drohnen abgeschossen hat? Können Sie das inzwischen spezifizieren?

Breul: Nein. Die Untersuchungen laufen ja noch. Das Statement von Montag ist gültig und richtig. Darin heißt es ja auch, dass die Einzelheiten geprüft werden sollen und Untersuchungen stattzufinden haben. Das ist weiterhin unsere Position.

Zusatzfrage: Gibt es einen Zeitrahmen, wo man genauer sagen könnte, wie diese Verantwortung konkret bezeichnet wird?

Breul: Das sind in erster Linie Untersuchungen der saudi-arabischen Behörden. Sie müssten diese Frage also an sie richten.

Vorsitzender Feldhoff: Es gibt noch Nachlieferungen von Herrn Seibert und von Herrn Haufe. - Herr Seibert, bitte.

StS Seibert: Kurze Rückkehr zum Thema Brexit: Ich wollte dem Kollegen nur ein Zitat der Kanzlerin nachreichen, das ich in der Schnelle nicht gefunden hatte. Es stammt vom Dienstag in New York, ist aber noch absolut gültig:

"Es gibt die Arbeit Großbritanniens daran, der Europäischen Union Vorschläge vorzulegen. Das ist noch nicht erfolgt; ich habe damit aber auch noch nicht gerechnet. (...) Ich hoffe weiterhin, dass wir einen Deal, wie man so schön sagt, also ein Abkommen über einen geordneten Austritt Großbritanniens bekommen werden. Ich sage immer dazu: Wir sind auch auf etwas anderes vorbereitet. Vorzuziehen wäre aber ein Abkommen über einen geordneten Austritt."

Das ist eine noch bessere Antwort als die, die ich Ihnen vorhin gegeben habe.

Haufe: Ich kehre noch einmal kurz zum Thema Klimaschutzprogramm und zur Frage von dem Kollegen zurück. Die Frage war, ob man zwischen den Sektoren auch Emissionsminderungen verrechnen kann.

Ich habe mir von den Kollegen dazu Informationen schicken lassen. Die eine Klarstellung: Die jeweiligen sektorscharfen Ziele - Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft usw. - werden im Klimaschutzgesetz festgeschrieben. Das ist erst einmal das Wichtige, an dem wir uns orientieren. Dort sind die Zielstellungen, die Ist-Größen festgeschrieben. Das bezieht sich auf das EU-Budget. Jedes Mitgliedsland hat pro Jahr ein Emissionsbudget, auf dem diese Sektorziele fußen. Wir rechnen dieses gesamte EU-Emissionsbudget in die verschiedenen Sektorziele um. Am Ende kann man tatsächlich theoretisch und auch praktisch die eine Minderung auf einen Bereich übertragen, der noch nicht so weit gekommen ist. Das wäre also möglich. Die EU würde sich am Ende erst einmal das Jahresbudget anschauen, dass das stimmt und das es den Wert hat, der auch vorgesehen ist.

Frage: Meine Frage richtet sich an Herrn Breul oder an Herrn Seibert und bezieht sich auf die Deutsche Welle. Im russischen Parlament hat heute ein Abgeordneter gesagt, dass es eine Untersuchung gebe, die festgestellt habe, dass sich die Deutsche Welle in innerrussische Angelegenheiten eingemischt habe und deswegen das Außenministerium aufgefordert werde, der Deutschen Welle die Lizenz für Russland zu entziehen. Wie besorgt sind Sie darüber, dass dieser Fall eintritt?

Breul: Eine Prognose will ich mir, ehrlich gesagt, nicht erlauben. Wir wissen, dass die Deutsche Welle in Russland unter Druck ist. Das ist auch leider nicht das erste Mal. Wir haben hier schon mehrfach darauf hingewiesen, dass wir uns insgesamt um die Presse- und Medienfreiheit in Russland Sorgen machen. Davon ist jetzt auch die Deutsche Welle betroffen. Wir unterstützen die Deutsche Welle und haben vollstes Vertrauen in ihre redaktionelle Unabhängigkeit und den Qualitätsjournalismus, für den sie steht. Wir werden natürlich, falls es nötig sein sollte, in Rücksprache mit der Deutsche Welle sie da, wo es notwendig ist, unterstützen.

Freitag, 27. September 2019

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 27. September 2019
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regierungspressekonferenz-vom-27-september-2019-1676488
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. September 2019

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