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PRESSEKONFERENZ/1922: Regierungspressekonferenz vom 23. September 2019 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 23. September 2019
Regierungspressekonferenz vom 23. September 2019

Themen: gleichzeitige Flugreisen der Bundeskanzlerin und der Bundesverteidigungsministerin in die USA/CO2-Kompensation für Reisetätigkeit der Bundesregierung und der Bundesministerien sowie von Bundesbehörden, Klimaschutzprogramm 2030, Insolvenz der Thomas Cook Group plc und mögliche Auswirkungen auf die Condor Flugdienst GmbH, Kaperung des deutschen Frachtschiffs "MarMalaita" vor der Küste Kameruns, Tod von Sigmund Jähn, Demonstration von Regierungskritikern in Ägypten, Abstimmung im UN-Sicherheitsrat über eine Resolution für die Herbeiführung einer Waffenruhe in der syrischen Provinz Idlib, Luftangriff der von Saudi-Arabien angeführten Militärallianz im Jemen, Waldgipfel, mögliche Verbindung von Juan Guaidó mit mutmaßlichen Drogenbossen, Nuklearabkommen mit dem Iran

Sprecher: SRS'in Demmer, Routsi (BMVg), Haufe (BMU), Kolberg (BMF), Wagner (BMWi), Grünewälder (BMI), Strater (BMVI), Malachowski (BMJV), Breul (AA), Brandt (BMEL)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'in Demmer sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Frage: Meine Frage geht an Frau Demmer und vielleicht auch an das Verteidigungsministerium. Können Sie kurz sagen, warum es nicht geklappt hat, dass die Kanzlerin und die Verteidigungsministerin gemeinsam reisten? Man hat einiges über ein schlechtes Verhältnis der beiden und darüber gehört, dass Merkel sie nicht dabeihaben wollte. Dann hieß es, es sei von den Terminen her überhaupt nicht möglich gewesen. Vielleicht könnten Sie etwas für Aufklärung darüber sorgen.

Im Zuge dieser Geschichte hieß es gestern auch, die Bundesregierung kompensiere alle Dienstfahrten und alle Flüge. Vermutlich ist das BMU dafür der erste Ansprechpartner, aber vielleicht auch das derzeit noch nicht anwesende BMF. Wie wird das denn tatsächlich gemacht? Wie viele Kilometer werden jährlich kompensiert, und wie viel Geld nimmt die Bundesregierung dafür jährlich in die Hand?

SRS'in Demmer: Vielen Dank für die Frage. Das Thema hat uns ja am Wochenende beschäftigt. Das Interesse ist nachvollziehbar und verständlich. Ich würde gern die Gelegenheit nutzen, den Sachverhalt an der Stelle noch einmal einzuordnen.

Wenn Regierungsmitglieder fliegen, wenn die Bundeskanzlerin fliegt, dann ist das in der Regel mit besonderen Herausforderungen verbunden. Die Termine sind eng getaktet. Sie können sich kurzfristig ändern und müssen dann angepasst werden. Im konkreten Fall gab es jeweils ein eigenes Reiseziel, einen eigenen Reisegrund und eine eigene Delegation. Daher gebietet es die professionelle Sorgfalt, dass jede wichtige Delegationsreise mit der gleichen professionellen Ernsthaftigkeit geplant und, den eigenen Notwendigkeiten folgend, organisiert wird, damit am Ende auch wirklich alles klappt.

Kurz: Jede Reise ist für sich so wichtig, dass die Termine nicht durch Umplanungen und etwaige Terminveränderungen gefährdet werden sollen. Das hat also nichts mit dem Platzangebot oder irgendwelchen persönlichen Dingen zu tun, sondern es hat rein organisatorische Gründe.

Sie haben es selbst angesprochen: In der Tat ist der Bundesregierung schon lange bewusst, dass wir auf unseren CO2-Fußabdruck achten müssen. Deshalb gleicht die Bundesregierung seit 2014 die Klimawirkungen der notwendigen Dienstreisen ihrer Beschäftigten aus. Das gilt auch für die Flüge der Flugbereitschaft. Die CO2-Emissionserfassung erfolgt immer nach dem Flug. Dann wird das ausgerechnet. Wie das genau funktioniert, müsste vielleicht das BMU sagen. Denn das macht das Bundesumweltamt.

Vorsitzender Feldhoff: Hat das BMVg Ergänzungen?

Routsi: Im Prinzip nicht. Ich möchte vielleicht noch kurz sagen, dass unsere Ministerin wohlbehalten in den USA angekommen ist und dass Sie sich heute dort mit ihrem amerikanischen Counterpart treffen wird, um wichtige Themen zu besprechen.

Es ist genau so, wie Frau Demmer es sagt. Wir als BMVg stellen die Flüge zur Verfügung, so möchte ich es einmal nennen. Wir haben versucht, die Flüge zu optimieren. Zu den logistischen Gründen, die Frau Demmer genannt hat, habe ich eigentlich keine Ergänzungen. Es sind unterschiedliche Delegationen, Termine, Orte. Dementsprechend haben wir uns dazu entschlossen, dass die Ministerin separat in die USA reisen wird.

Vorsitzender Feldhoff: Vielleicht das BMU zu dem Mechanismus des Ausgleichs.

Haufe: Es ist ja schon gesagt worden, dass die Bundesregierung seit 2014 ihre Dienstreisen, also nicht nur ihre Flüge, kompensiert. Das heißt, auch Fahrten mit dem Pkw werden kompensiert.

Fahrten mit der Bahn werden nicht mehr kompensiert, weil man mittlerweile bei der Bahn im Bereich des Fernverkehrs schon so mit Ökostrom fahren kann. Das muss die Deutsche Bahn nachweisen. Das nutzt sie ja auch schon als Slogan. Das hat eine sachliche Grundlage, und deswegen gibt es dafür keine Kompensation. Jeder, der Ökostrom produziert, muss über einen Herkunftsnachweis nachweisen, dass es tatsächlich Ökostrom ist. Dafür gibt es auch einen Kontrollmechanismus, damit nicht ein Unternehmen behauptet, es nutze Ökostrom, und am Ende ist es gar kein Ökostrom.

Das Herkunftsnachweisregister ist beim Umweltbundesamt angesiedelt. Das Umweltbundesamt ist als die Stelle benannt worden, die, im Grunde genommen, die Kompensation durchführt. Denn beim Umweltbundesamt gibt es die Deutsche Emissionshandelsstelle. Alle Dinge, die ich Ihnen jetzt sage und die auch schon gesagt worden sind, sind dort transparent dargelegt. Sie können alle 121 Bundesbehörden, alle Ministerien, alle Bundesbehörden nachlesen. Ich habe die Liste dabei; Sie können Sie sich nachher anschauen. 121 Behörden und Ministerien kompensieren mittlerweile. Es ist ein echter Erfolg, dass es mittlerweile so viele sind und dass das so umfangreich wahrgenommen wird. Wenn Sie sich das im Weltmaßstab anschauen, finden Sie nicht so sehr viele Beispiele von Ländern, die das ähnlich handhaben. Auch alle Dienstreisen, die im Rahmen der Tätigkeit der deutschen Botschaften durchgeführt werden, müssen kompensiert werden. Auch das umfassen die Kompensationsleistungen.

Wir stellen dafür im Jahr ca. 2 Millionen Euro zur Verfügung. Für 2017 - das ist der letzte Bericht - haben wir 1,7 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Wir berichten jedes Jahr immer am Jahresende darüber, wie die Kompensation erfolgt ist, welchen Preis wir dafür gezahlt haben.

Das Wichtige ist natürlich, dass dieses Geld in Projekte fließt, die tatsächlich einen Klimamehrwert, einen Umweltmehrwert haben, aber eben auch eine gute soziale Entwicklung fördern können. Das heißt, dass wir die Standards, die wir an solche Kompensationsprojekte anlegen, weit höher ansetzen, als das üblicherweise bei Kompensationsprojekten der Fall ist. Auch darüber, welche Projekte es sind, berichten wir transparent bei der Deutschen Emissionshandelsstelle. Im Wesentlichen sind es zwei Projekte, die sich in Nepal und in Sambia befinden. Wir investieren dort in den Aufbau einer klima- und umweltfreundlichen sauberen Energieversorgung. Dafür wird das Geld verwendet.

Wichtig ist natürlich auch immer, dass entsprechende Emissionen gelöscht werden, damit man solche kompensierten Emissionen nicht zweimal verwerten kann. Auch dafür sorgt die Deutsche Emissionshandelsstelle.

Zusatzfrage: Herr Haufe, ist das nur die Liste der 121 Ministerien und Behörden, oder enthält sie auch Informationen zur Kompensation und zum Klimaverhalten? Letzteres würde ich natürlich noch lieber nehmen als die Liste der 121 Ministerien und Behörden.

Herr Kolberg, können Sie die Zahlen nennen? Herr Haufe hat gerade gesagt: 1,7 Millionen Euro für 2017. - Ich habe in den aktuellen Haushalt geschaut. Ich weiß nicht, ob ich es vielleicht nicht ganz verstanden habe. Dort schienen mir beispielsweise für das Haushaltsjahr 2020 bis zu 900 000 Euro an Kompensation angesetzt zu sein, was mich zu der Frage treibt, ob das Ganze gedeckelt ist.

Vielleicht noch einmal zurück zu Herrn Haufe: Reichen 1,7 Millionen Euro, wenn es 2018, wie ich gelesen habe, allein knapp 230 000 Inlandsflüge von den Ministerien und Behörden gab? Dabei sind die Auslandsflüge noch gar nicht mit eingerechnet. Das kann eigentlich, wenn man so einen atmosfair-Rechner oder so nimmt, vom Geld her nicht ganz hinhauen.

Haufe: Ich denke, der atmosfair-Rechner ist nicht unbedingt der Maßstab dafür, wie die Deutsche Emissionshandelsstelle es für die Bundesregierung regelt. Ich kann Ihnen den ganzen Finanzierungsmechanismus nicht genau offenlegen. Wenden Sie sich bitte an die Deutsche Emissionshandelsstelle, die Ihnen das im Detail erläutern kann.

Ihre erste Frage habe ich, ehrlich gesagt, nicht verstanden.

Zusatz: Sie sagten eben, Sie hätten Unterlagen. Ich hatte nur gefragt, ob das nur die Liste der 121 Behörden und Ministerien ist oder ob das eine Liste über deren Fahrbereitschaft, Flugverhalten usw. ist.

Haufe: Wir können nicht in jeder Bundesbehörde und jedem Bundesministerium jede Dienstreise mit dem Pkw und dem Flugzeug genau aus einer Tabelle herausziehen. So funktioniert es nicht. Das war vielleicht ein Missverständnis.

Sie machen an manchen Stellen Überschlagrechnungen. Sie können natürlich sehr viele Reisen anhand des Travel Managements der Bundesregierung sehr gut nachvollziehen. Aber für bestimmte Reisen gibt es Pauschalsätze, die die Deutsche Emissionshandelsstelle ansetzt, weil man einfach davon ausgehen muss, dass nicht jede Reise bis ins letzte Detail immer komplett nachvollziehbar ist. Das ist einfach ein Mechanismus, um das etwas zu vereinfachen und nicht zu bürokratisch zu gestalten.

Kolberg: Herr Haufe hat es eben schon erläutert.

Weitere Fragen, die sich um die Finanzierung drehen, werden immer vom zuständigen Ministerium beantwortet. Von daher wäre das BMU zuständig, wenn Sie noch nähere Fragen haben.

Zusatzfrage: Aber es steht doch im Bundeshaushalt als eigener Posten. So viel habe ich aus dem Bundeshaushalt verstanden. Das ist richtig, oder? Da steht drin: Kompensation. - Das verantworten Sie.

Kolberg: Die Zuständigkeit für dieses Programm und die Antwort auf die Fragen, welche Kosten es in diesem Programm gibt und wie dieses Programm verwaltet wird, hat Herr Haufe eben erläutert. Wenn es weitere technische Fragen dazu gibt, würde ich Sie bitten, sich an den Kollegen zu wenden. Ich kann Ihnen keine Auskünfte dazu geben.

Zusatz: Das verstehe ich nicht. Ich hatte ja vorher schon nachgefragt, ob Sie bitte einmal nachschauen, was im Jahr tatsächlich ausgegeben wird. Habe ich es falsch gelesen, dass für das Haushaltsjahr - - -

Kolberg: Ich habe Ihnen eben schon das dazu gesagt, was ich sagen kann. Weiteres kann ich hier nicht ergänzen.

Zusatz: Das ist schade. Denn ich habe das Gefühl, dass die Zahlen nicht stimmen können.

Kolberg: Kollege Haufe hat eben erläutert, wie sich das Programm zusammensetzt. Wenn es noch weitere, detaillierte Fragen gibt, können sie sicherlich vom BMU beantwortet werden. Ich als Nichtfederführer kann zu diesem Punkt nichts Weiteres beitragen.

Haufe: Wir haben 2017 etwa 300 000 Tonnen CO2-Äquivalente kompensiert. Es waren etwas über 300 000 Tonnen; ich sage deswegen: rund 300 000 Tonnen. Das haben wir deutlich dokumentiert. Das haben wir Ende des vergangenen Jahres getan. Diese Kompensation hat uns etwa 1,7 Millionen Euro gekostet.

Die Daten für 2018 und 2019 liegen noch nicht vor. Die Zahlen für 2019 können sowieso noch nicht vorliegen, und die Zahlen für 2018 befinden sich noch in der Aufbereitung. Das dauert immer eine Weile; deswegen erfolgt die Veröffentlichung jeweils am Ende eines Jahres.

Frage: Bei diesem Themenkomplex ging es ja nicht nur um die Frage des ökologischen, sondern auch des finanziellen Schadens, also um die Frage, was diese Flüge den Steuerzahler am Ende kosten. Es waren Zahlen im Umlauf, nach denen eine Flugstunde in einer Regierungsmaschine 24 000 Euro bis 35 000 Euro koste. Gerechnet auf den Flug in die USA von Annegret Kramp-Karrenbauer beläuft sich das auf 360 000 Euro. Können Sie diese Zahlen bestätigen? Diese Frage richtet sich an das Verteidigungsministerium beziehungsweise an Frau Demmer.

Routsi: Vielen Dank. Ich würde kurz einhaken. Ich kann Ihnen das von dieser Bank aus jetzt nicht bestätigen, weil ich nicht weiß, was dem Ganzen zugrunde gelegt wird, ob das beispielsweise Personalkosten beinhaltet, ob Instandsetzungskosten dabei sind usw. Daher würde ich Sie bitten, sich an das Presse- und Informationszentrum der Luftwaffe zu wenden. Dort kann man Ihnen sicherlich nähere Auskünfte dazu erteilen.

Frage: Im Nachgang zur Vorstellung des Klimapakets am Freitag richtet sich meine Frage wahrscheinlich am ehesten an das Umweltministerium, an das Wirtschaftsministerium und vielleicht noch an Frau Demmer. Über das Wochenende kam das Thema der Klimaprämie wieder auf. Die Klimaprämie war in den Gutachten, die sowohl für das BMU als auch für das BMWi erstellt wurden, ein Vorschlag der Experten. Es ging um eine pauschale Klimaprämie für jeden Bürger. Das findet sich jetzt nicht im Eckpunktepapier.

Deswegen die Frage: Ist das damit komplett vom Tisch? Können Sie erläutern, warum Sie sich gegen dieses Modell der Entlastung der Bürger entschieden haben?

Wagner: Ich kann dazu nur so viel sagen: Das Klimakabinett, das ja am Freitag getagt und die Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030 vorgestellt hat, hat sich für die in den Eckpunkten festgelegten Maßnahmen entschieden. Wie üblich können wir die einzelnen Diskussionsstände, die es gegeben hat, nicht nachbesprechen und nicht im Einzelnen auseinanderdröseln.

Klar ist, dass die Bundesregierung jetzt Kompensationsmaßnahmen vorsieht, unter anderem was die EEG-Umlage betrifft, außerdem auch für Berufspendler, insbesondere bei der Frage der Kompensation durch eine höhere Entfernungspauschale. Es sind weitere Maßnahmen vorgesehen, die zu einer Kompensation führen.

Haufe: Das Prämienmodell war eines der Modelle, das die Gutachter und wissenschaftlichen Berater der Bundesregierung vorgeschlagen haben, um einen sozialen Ausgleich zu garantieren. Sie haben immer gesagt, dass man es alternativ auch über eine Stromsteuerregelung machen kann. Beide Modelle lagen auf dem Tisch. Die Klimaprämie erweist sich am Ende als ein recht bürokratischer und teurer Mechanismus, wenn man ihn benutzt. Das war sicherlich ein Grund, um zu sagen: Dann suchen wir die Ausgleichsfunktion eher über die Stromsteuer.

Zusatzfrage: Habe ich es richtig verstanden, dass die Klimaprämie - jeder bekommt pauschal 80 Euro oder 100 Euro im Jahr - bürokratischer ist als Pendlerpauschale, Wohngelderhöhung usw.?

Haufe: Sie haben auch an anderer Stelle bei Geldzahlungen, zum Beispiel beim Kindergeld, natürlich einen gewissen bürokratischen Aufwand in Abhängigkeit davon, wie man es aufziehen muss. Das haben die Gutachter auch einer Klimaprämie zugrunde gelegt. Der Aufwand der Auszahlung an jeden Bundesbürger wäre erheblich gewesen. Das hat man in die ganze Kostenkalkulation mit eingerechnet. Unter anderem deswegen hat man sich nicht dafür entschieden.

Frage: Ich habe eine Frage an das Verkehrsministerium. Gehen Sie tatsächlich davon aus, dass mit den beiden Punkten 20 - Stärkung des Schienengüterverkehrs - und 21 - Kapitalerhöhung DB - im Eckpunktepapier der Anteil der Schiene am Güterverkehr in halbwegs absehbarer Zeit halbwegs signifikant zu steigern ist, und, wenn ja, warum?

Strater: Wir betrachten den Güterverkehr nicht nur auf der Schiene, sondern auch auf der Straße. Wir wollen ihn ja auch auf der Straße sauberer machen. Ein Drittel der Fahrleistung des schweren Straßengüterverkehrs soll bis 2030 mit sauberen Antrieben vollzogen werden. Das ist das, was auf der Straße passiert.

Aber natürlich wollen wir auch mehr Verkehr auf die umweltfreundliche Schiene verlagern. Dazu haben wir auch schon in der Vergangenheit eine Menge angestoßen. Mit dem Masterplan Schienengüterverkehr haben wir in das Netz, in die Elektrifizierung, in ein 740-Meter-Netz investiert. Wir wollen die Investitionen in das Netz weiter stärken, um Kapazitäten zu schaffen, auch für den Güterverkehr, der sich die Strecken mit dem Personenverkehr teilt. Deswegen betrachten wir das System insgesamt.

Wir haben mit dem Klimapaket das größte Investitions- und Wachstumsprogramm in der Geschichte der Bahn auf den Weg gebracht. Zu den 86 Milliarden Euro, die wir in den nächsten zehn Jahren in Erhalt und Modernisierung stecken wollen, kommen noch 11 Milliarden Euro für die Eigenkapitalerhöhung hinzu, also eine Milliarde jährlich. Die Mehrwertsteuersenkung auf Fernverkehrstickets steht jetzt im Programm, so wie es der Minister seit Monaten gefordert hat. Das macht das Bahnfahren billiger. Das bringt mehr Kunden. Das wiederum bringt mehr Einnahmen, und diese Einnahmen können dann in neue Züge investiert werden. Bahnfahren ist aktiver Klimaschutz, so hat es der Minister gesagt.

Die Schiene ist klarer Gewinner dieses Klimaschutzprogramms, viele andere Bereiche natürlich auch, aber was wir hiermit für die Bahn tun, folgt unserer Leitlinie für eine starke Bahn, für eine starke Bürgerbahn, von der der Kunde am Ende profitiert.

Zusatzfrage: Meine Frage richtete sich eher auf den Güterverkehr. Alles, was Sie eben in dem großen, breiten Bild aufgeführt haben, in Ehren, aber was konkret wird sich beim Schienengüterverkehr tun? Mit welcher Verbesserung möglicherweise auch des Marktanteiles rechnen Sie? Bisher liegt er, glaube ich, bei einer Größenordnung von 18 Prozent. Wann soll er wo sein?

Strater: Eine Zielmarke kann ich Ihnen jetzt nicht nennen. Wir wollen mehr Verkehr auf die Schiene bringen. Wir wollen aber, wie gesagt, auch die Zahl der Fahrgäste verdoppeln. Also muss das System insgesamt - - -

Zusatz: Wir reden über Schienengüterverkehr.

Strater: Ich weiß. Aber Personenverkehr und Güterverkehr müssen wir zusammendenken. Ich habe ja gesagt, dass wir den Masterplan Schienengüterverkehr schon auf den Weg gebracht haben. Das alles muss jetzt konsequent umgesetzt werden. Wir brauchen Kapazitätserweiterungen. Dafür investieren wir ganz konkret in Strecken, in Aus- und Neubau, aber auch in Erhalt und Modernisierung. Wir investieren in die Elektrifizierung. Dort, wo nicht elektrifiziert werden kann, investieren wir in saubere Antriebe, um zum Beispiel Diesellokomotiven zu ersetzen. Dort können dann also auch Züge mit Wasserstoff fahren. Das bedeutet wiederum eine Attraktivitätssteigerung für den Güterverkehr. Es gibt vieles mehr, was wir schon angelegt haben und was jetzt verstärkt wird, auch durch noch einmal zusätzliche Mittel in den nächsten Jahren.

Zusatzfrage: Verstehe ich Sie richtig, dass es keine Zielmarge gibt, die Sie erreichen wollen?

Strater: Ich kann Ihnen jetzt keinen Modal-Split-Prozentsatz nennen. Alle Anstrengungen führen auf den Weg dahin, dass wir mehr Güter auf die Schiene bringen. Daran arbeiten wir sehr intensiv.

Frage: Ich habe Fragen an das Wirtschafts- und möglicherweise an das Verkehrsministerium. Die Thomas-Cook-Tochter Condor will einen Überbrückungskredit von der Bundesregierung. Ist darüber schon entschieden? Wenn nicht, wann wird darüber entschieden? Um wie viel Geld geht es dabei?

Zum Zweiten: Gibt es in der Bundesregierung Überlegungen, Urlauber zurückzuholen, die jetzt gestrandet sind? Denn unter anderem heißt es, Condor dürfe Thomas-Cook-Gäste nicht mehr transportieren.

Zum Dritten: In Deutschland gibt es die Reiseausfallversicherung, die automatisch dabei ist. Aber sie ist wohl nach oben bei 110 Millionen Euro gedeckelt. Deutschland hat dabei eine EU-Richtlinie nicht vollständig umgesetzt und könnte nach oben hin in Haftung sein. Wird die Bundesregierung, wird das Wirtschaftsministerium die Deckung übernehmen, wenn die 110 Millionen Euro aufgebraucht sind?

Wagner: Vielen Dank für die Frage. - Vielleicht erst einmal vorneweg: Das Bundeswirtschaftsministerium und die Bundesregierung insgesamt haben die Entwicklungen natürlich aufmerksam verfolgt, die die Konzernmutter der Condor betrafen, die englische Thoms Cook Group plc mit Sitz in London, die jetzt Insolvenz angemeldet hat. Die Insolvenz gilt für die Muttergesellschaft der Condor. Wie sich das auf die Condor auswirkt, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen. Die Condor hat aber erklärt, dass sie sowohl den Geschäftsbetrieb als auch den Flugbetrieb weiterführen wird.

Ich kann auch bestätigen, dass die Condor bei uns einen Antrag auf einen Überbrückungskredit gestellt hat. Er wird derzeit geprüft. Eine Entscheidung wurde noch nicht getroffen. Zu weiteren Details kann ich an dieser Stelle keine Auskunft geben. Das betrifft sowohl die Summe als auch den Entscheidungszeitpunkt, der von der weiteren Prüfung abhängt.

Hinsichtlich der anderen Fragen und der Frage einer etwaigen Rückholung müsste ich auf die Kollegen im Auswärtigen Amt und im BMVI verweisen.

Zu der Frage der Ausfallversicherung können die Kolleginnen und der Kollege im BMJV noch etwas ergänzen.

Breul: Ich kann gerne etwas dazu sagen. Der Kollege hat es bereits gesagt: Wir verfolgen die Lage sehr genau. Wir beobachten genau, was passiert und welche unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden. Wir stehen mit allen Seiten in engem Kontakt. Dazu gehören das Verkehrsministerium, das BMWi, Thomas Cook Deutschland, der Deutsche Reiseverband und auch die Züricher Versicherung.

Welche Auswirkungen die Insolvenz genau haben wird, wird sich in den nächsten Stunden beziehungsweise möglicherweise Tagen zeigen. Wir bereiten uns jedenfalls auf die unterschiedlichen Szenarien vor. Wir haben dazu für heute auch eine Krisenvorsorgesitzung bei uns im Auswärtigen Amt einberufen.

Ich möchte vielleicht noch einmal kurz Ihre Frage vorwegnehmen, warum es keine deutsche Operation Matterhorn gibt, wie sie von der britischen Regierung geplant wird. Es ist so, dass die Gesetzeslagen in Deutschland und Großbritannien sehr unterschiedlich sind. In Deutschland - Sie sprachen es gerade schon an - gibt es eine spezielle Insolvenzpflichtversicherung für Reiseveranstalter, die es zum Beispiel so in Großbritannien nicht gibt. Im dortigen System steht der Staat unmittelbar in der Pflicht. Bei uns ist es zunächst der jeweilige Reiseveranstalter, der dafür verantwortlich ist, eine Rückreise zu organisieren.

Wenn aber Deutsche im Ausland stranden - das möchte ich ausdrücklich noch hinzufügen -, zum Beispiel auch Individualtouristen, dann steht natürlich unser weltweites Netz von Auslandsvertretungen für Unterstützung bereit. Wir führen da, wie gesagt, auch vorsorgliche Gespräche und sehen, dass wir auf alle Szenarien vorbereitet sind.

Malachowski: Ich kann eigentlich nicht sehr viel ergänzen, außer dass in der Tat in &sect, 651r des Bürgerlichen Gesetzbuches diese Versicherung mit einer Pflichtsumme von mindestens 110 Millionen Euro geregelt ist.

Zusatzfrage: Was passiert, wenn das nicht reicht?

Malachowski: Darüber kann ich jetzt hier nicht spekulieren; tut mir leid. 110 Millionen Euro sind jedenfalls das Minimum, das versichert sein muss. Man kann natürlich auch darüber hinaus Versicherungen abschließen. Das ist auf jeden Fall die gesetzliche Vorgabe. Die geht auf die Umsetzung der, glaube ich, Pauschalreiserichtlinie zurück, auf jeden Fall auf ein europäisches Gesetzgebungsverfahren, das wir in das BGB überführt haben.

Frage: Können Sie jetzt unabhängig von diesem Fall noch einmal kurz erklären, wie es generell abläuft, wenn solche Überbrückungskredite beantragt werden? Wie wird das bei Ihnen beantragt? Wer trifft die Entscheidung? Wie schnell kann so etwas dann auch ausgezahlt werden? Ist das immer komplett vom Fall abhängig?

Vielleicht noch einmal an Sie die Frage: Condor hat ja gesagt, dass man den Flugbetrieb erst einmal aufrechterhalten wolle. Wie groß ist denn Ihre Sorge, dass das mittelfristig nicht mehr möglich sein wird?

Wagner: Vielleicht erst einmal zur zweiten Frage: Wir verfolgen das, wie gesagt, aufmerksam. Herr Breul hat gerade schon ausgeführt, dass wir mit allen Beteiligten in Kontakt stehen. Aber zunächst einmal hat Condor ja gesagt, dass man den Flugbetrieb weiter aufrechterhalte. Wir können jetzt nicht darüber spekulieren, wie weit das geht.

Zu der anderen Frage nach generellen, allgemeinen Ausführungen zu diesen Bürgschaftskosten: Das Thema ist uns ja schon einmal begegnet, als es um Air Berlin ging. Da ist es so: Ein Unternehmen, das quasi in Schieflage zu geraten droht, kann einen Antrag bei der Bundesregierung stellen. Der Antrag geht dann an das BMWi. Es sind aber auch andere Ressorts beteiligt, weil es hierbei auch um finanzielle Risiken geht. Dort wird dann im Detail geprüft, inwieweit dieser Kredit gewährt werden kann. Dabei sind verschiedene Kriterien anzuwenden. Unter anderem spielt auch das europäische Beihilferecht eine Rolle, weil das unter Umständen beihilferechtsrelevant sein kann, sodass dann zum Schluss die Europäische Kommission auch noch einmal darauf schaut.

Es ist schwierig, weil es tatsächlich immer Einzelfälle sind, die mit einer ganz anderen Komplexität und Dimension und anderen Parametern quasi bei uns auf den Tisch kommen, wenn ich das einmal so ausdrücken darf, anhand von Erfahrungswerten aus anderen Verfahren zu sagen, wie es in diesem Fall sein wird. Klar ist, dass die Bundesregierung mit Hochdruck daran arbeitet und natürlich versucht, das so schnell wie möglich zu bearbeiten.

Frage: Ist Ihnen denn eine Zahl von betroffenen Reisenden bekannt, die momentan mit einer der Thomas-Cook-Töchter aus Deutschland im Ausland unterwegs sind?

Dann vielleicht noch einmal an Herrn Wagner: Wenn Sie rückblickend den Air-Berlin-Überbrückungskredit betrachten, der ja vollständig zurückgezahlt wurde, war es dann aus heutiger Sicht eine richtige Entscheidung, Air Berlin damals dabei zu unterstützen?

Wagner: Zu der konkreten Zahl von Reisenden liegt jedenfalls mir keine Information vor. Es ist vielleicht sinnvoll, sich dafür noch einmal an das Unternehmen zu wenden. Gegebenenfalls haben die die Zahl vorliegen. Ich habe sie jedenfalls nicht vorliegen. Ich weiß nicht, ob jemand aus den anderen Ressorts - vielleicht das AA - eine Zahl hat; wahrscheinlich auch nicht. Das wird uns das Unternehmen dann sicherlich mitteilen.

Hinsichtlich der Frage nach dem Rückblick auf Air Berlin muss ich an dieser Stelle noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass das zwei komplett verschiedene Sachverhalte sind, die natürlich jeweils eine Airline betreffen. Aber jeder Sachverhalt ist so individuell, dass das keine Vergleiche ermöglicht.

Zusatz: Ich wollte ja keinen Vergleich, sondern eine Bewertung dieses damaligen Vorgangs haben.

Wagner: Zur Bewertung des Air-Berlin-Überbrückungskredits haben wir uns ja auch an dieser Stelle schon mehrfach geäußert. Die Bundesregierung hat damals die Entscheidung getroffen und hatte sehr gute Gründe dafür, diese Entscheidung zu treffen, und diese Gründe werden jetzt im Nachhinein nicht infrage gestellt. Sie haben ja auch mitbekommen, dass auch Rückzahlungen in erheblichem Maße geflossen sind. Es gibt aber jetzt eigentlich keinen Grund dafür, neu zu bewerten, wie es damals war.

Breul: Bezüglich der Zahlen möchte ich Sie jetzt auch um Verständnis bitten. Wir erfassen natürlich als Bundesregierung nicht, wie viele Deutsche bei welcher Firma gebucht haben. Wir sind dafür natürlich auf die Angaben der Unternehmen angewiesen. Vielleicht lohnt es sich, dort noch einmal nachzufragen.

Entscheidend ist natürlich auch, ob und in welcher Form die jeweiligen Töchter von der Insolvenz betroffen sind. Ich kann Ihnen nur zur Größenordnung sagen, dass für die Flugbewegungen natürlich ganz entscheidend ist, was mit der Tochter Condor passiert.

Frage: Herr Wagner, ist die Entscheidung, was den Überbrückungskredit betrifft, denn noch für heute zu erwarten, oder kann das jetzt Tage dauern?

Zweite Frage an das Justizministerium: Wenn Sie von einem Deckel in Höhe von 110 Millionen Euro sprechen, heißt das, man weiß nicht, was passiert, wenn dieser Deckel nicht ausreichen sollte oder wenn es mehr werden würde, oder wie ist Ihre Aussage zu verstehen?

Wagner: Zum Zeitplan kann ich Ihnen tatsächlich keine Aussage machen. Die Prüfungen laufen mit Hochdruck. Ich kann Ihnen eigentlich weder zum Zeitpunkt noch zur Zeitspanne etwas sagen. Das wäre jetzt reine Spekulation.

Malachowski: Ich kann Ihnen nur sagen, dass ein Schadensfall mit einer Summe bis zu dieser Höhe versichert sein muss. Wenn ein Schadensfall eintritt, der größer ist, dann ist er zumindest nicht pflichtabgesichert. Der kann dann parallel noch durch eine andere Versicherung abgesichert sein, aber es gibt zumindest keine Pflichtversicherung für diesen Fall.

Zusatzfrage: Schauen die, die dann über dem Deckel liegen, als betroffene Urlauber in die Röhre?

Malachowski: Unter Umständen kann das der Fall sein, aber darüber möchte ich jetzt hier nicht spekulieren, weil es auch sein kann, dass es zu gar keinen Schadensfällen kommt, die über dieser Summe liegen.

Frage: Ist es richtig, dass Deutschland an der Stelle die EU-Richtlinie nicht komplett umgesetzt hat, weil die keine Obergrenze kennt?

Malachowski: Soweit ich weiß, ist es nicht richtig - zumindest laut unserer Auffassung -, dass wir das irgendwie nicht vollständig umgesetzt hätten; denn es gibt keine Summe in der EU-Richtlinie, soweit ich weiß. Darin gibt es eher Ausführungen dazu, wie das ganze System ausgestaltet werden soll. Diese ganze Insolvenzabsicherungssystematik war, wenn ich mich jetzt nicht täusche, auch ohnehin schon vorher im deutschen Recht so, und wir haben daran im Wege der Umsetzung der Fernreiserichtlinie Kleinere Anpassungen vorgenommen. Aber es ist nicht so, dass in der Richtlinie "200 Millionen" oder so etwas stünde und wir eine Höhe von nur 110 Millionen Euro vorgesehen hätten.

Zusatzfrage: Der Eindruck war ja, dass darin überhaupt keine Obergrenze genannt wird, sondern dass darin steht, es müsse alles abgesichert sein.

Malachowski: Das glaube ich nicht. Ich glaube, darin steht ungefähr und sinngemäß, dass Vorkehrungen dafür getroffen werden müssen, dass es eine Absicherung gibt. Ich kann noch einmal schauen, ob ich hier irgendetwas vorliegen habe. Aber es ist auf jeden Fall nicht so, dass in der Richtlinie stünde, eine endlose Absicherung ohne Kappung müsse vorgenommen werden.

Frage: Herr Wagner, ich muss Sie noch einmal quälen. Sie können zum Zeitplan nicht sagen. Können Sie den etwas zum Volumen des Kredites sagen?

Wagner: Auch zum Volumen kann ich derzeit keine Aussagen machen.

Frage: Meine Frage betrifft das deutsche Schiff "MarMalaita", dessen Seeleute am 15. August gefangen genommen und angeblich vor Kurzem freigelassen wurden. Angeblich sind die Seeleute zurzeit in Deutschland. Können Sie das bestätigen?

Grünewälder: Ich habe Ihre Frage gesehen. Mir liegen dazu noch keine Erkenntnisse vor. Das werde ich Ihnen aber gerne nachreichen.

Frage: Am Samstag ist mit Sigmund Jähn der erste Deutsche im All verstorben. Als wir hier vor einem Jahr saßen, gab es angesichts seines historischen Jubiläums "40 Jahre erster Weltraumflug eines deutschen Staatsbürgers" keinerlei Glückwünsche vonseiten der Bundesregierung. Mich würde interessieren, ob die Bundesregierung angesichts seines Todesfalls irgendeine Würdigung seines Lebenswerkes vorsieht oder plant.

SRS'in Demmer: Das ist ja jetzt tatsächlich schon eine Weile her, aber ich glaube, dass es damals, wenn ich mich recht entsinne, eine Würdigung seitens der Bundesregierung gegeben hatte.

Sigmund Jähn ist im Alter von 82 Jahren gestorben. Der erste Deutsche im All war ein echter Pionier der Raumfahrt, und er war in Ost und West ein Vorbild für die nachfolgenden Generationen von Raumfahrern und all denen, die vom Weltall träumen. Auch nach seinem Weltraumflug widmete er sich intensiv der Raumfahrt und war 1985 Mitbegründer der internationalen Vereinigung der Raumfahrer. Später arbeitete er als Berater für die europäische Weltraumorganisation ESA und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Die Bundesregierung trauert mit seiner Familie um Sigmund Jähn.

Wagner: Ich möchte auch noch einmal ganz kurz - Frau Demmer hat es ja schon gemacht - der Aussage widersprechen, die Bundesregierung hätte das damals nicht gewürdigt. In der Tat hat sich auch der Beauftragte für Luft- und Raumfahrt der Bundesregierung, Herr Jarzombek, damals ausführlich dazu geäußert.

Auch diesmal hat er sich wieder dazu geäußert. Ich kann das vielleicht einmal kurz zitieren. Er hat gesagt:

"Mit 82 Jahren ist gestern Sigmund Jähn verstorben. Er war der erste Deutsche im All und ein Vorbild für Generationen von Raumfahrern und all denen, die von den Sternen träumen. Ich trauere um ihn. Möge seine Entdeckungsreise an die verborgenen Orte weitergehen!"

Er hat sich also ganz umgehend und kurz nachdem die Meldung kam, dazu geäußert, wie er es auch damals getan hat. Da möchte ich Ihnen deshalb noch einmal widersprechen.

Zusatzfrage: Zum einen habe ich ja nach einer Form der Würdigung gefragt, nicht nach dem Vorlesen eines Sprechzettels. Es wäre also immer noch die Frage offen, inwieweit etwas geplant ist.

Zum anderen möchte ich noch einmal etwas zu dem Thema sagen, das wir auch letztes Jahr hatten: Sie bezogen sich beide auf einen Drei-Zeilen-Tweet des entsprechenden Verantwortlichen der Bundesregierung für Weltraumfragen, den er von seinem persönlichen Profil aus abgesetzt hat. Herr Seibert hatte zwei Zeilen übrig und brachte dann auch das Kunststück zustande, den Namen Sigmund Jähn falsch zu schreiben. Wollen Sie hier wirklich zwei Tweets an einen 80-Jährigen ohne Twitter-Konto als eine Würdigung der Bundesregierung verkaufen?

SRS'in Demmer: Ich glaube, wir nehmen von dieser Bank aus keine Bewertung vor. Das überlassen wir Ihnen. Ich widerspreche jedenfalls, wie gesagt, Ihrer Interpretation.

Zusatzfrage: Ich will noch eine kurze Nachfrage stellen, und zwar - - -

Vorsitzender Feldhoff: Eine letzte - Wenn ich kurz einmal etwas sagen darf: Das Vorlesen von Sprechzetteln ist, glaube ich, Teil der Antwort, die die Bundesregierung gibt. Die können Sie hinterher kritisieren, aber in dieser Form fand ich das, ehrlich gesagt, etwas merkwürdig.

Zusatz: Jeder hat seine Interpretation! - Um noch einmal sicherzugehen: Das, was Sie als Würdigung der Lebenszeit von Sigmund Jähn ansehen, sind zwei Tweets. Das war's!

SRS'in Demmer: Wenn ich es richtig sehe, interpretieren wir jetzt etwas, das lange zurückliegt. Die Würdigung von heute haben wir ja gerade zweimal von dieser Bank aus vorgenommen.

Frage: Ich hätte noch eine Frage zum Terminplan der Kanzlerin in New York. Wird sie den ägyptischen Präsidenten treffen? Falls ja, wird sie dort auch ansprechen, wie letztens gegen Demonstranten in Kairo vorgegangen wurde?

SRS'in Demmer: Sie wird ihn treffen. Wie immer kann ich den Gesprächen jetzt natürlich nicht vorgreifen. Aber ganz grundsätzlich sind diese Themen ja immer so wichtig, dass sie in der Regel angesprochen werden.

Frage: Zu Ägypten: Wieso schweigt die Bundesregierung zu den Protesten? Seit Tagen finden diese Proteste statt, die auch gewaltsam niedergeschlagen wurden. Wieso sagen Sie nichts dazu?

Breul: Es ist richtig: Wir haben die Demonstrationen, die in Kairo stattgefunden haben, auch wahrgenommen. Ich denke, unsere Position zur Versammlungsfreiheit und zur Demonstrationsfreiheit ist hinlänglich bekannt, auch der ägyptischen Seite. Wenn es konkrete Vorwürfe gegenüber den ägyptischen Sicherheitsbehörden gibt, dann werden wir das sicherlich auch wahrnehmen und gegebenenfalls das Gespräch darüber suchen. Darüber liegen mir jetzt aber keine präzisen Informationen vor.

Zusatzfrage: Verurteilt die Bundesregierung die Niederschlagung dieser Proteste?

Die, die protestieren, haben ja den Sturz Sisis gefordert. Unterstützt die Bundesregierung diese Forderung?

Breul: Ich glaube, die Antwort auf die letzte Frage kennen Sie. Wir äußern uns nicht zu den Inhalten von Demonstrationen, wenn wir auf Demonstrationsfreiheit pochen, sondern wir halten das grundsätzlich für ein Recht innerhalb des Staates.

Was Ihre erste Frage angeht: Wir haben gesehen, dass es Demonstrationen gab. Es gab auch Polizeiaktionen. Ich habe aber keine präzisen Informationen darüber, was die Polizei dort genau getan hat. Das werden wir uns sicherlich anschauen. Unsere Botschaft wird darüber berichten. Dann werden wir sicherlich sehen, ob daraus Rückschlüsse zu ziehen sind.

Zusatzfrage: Diese Demonstrationen finden ja schon seit Donnerstag statt. Das heißt, Sie haben innerhalb von vier Tagen nicht die Möglichkeit gehabt, sich diese Videos anzuschauen?

Breul: Das habe ich nicht gesagt.

Zusatzfrage: Haben Sie die Möglichkeit gehabt, sich diese Videos anzuschauen, oder nicht?

Breul: Ich habe mir die Videos nicht angeschaut. Wie ich gesagt habe, haben wir eine Botschaft. Wir haben auch ein Fachreferat für Ägypten. Das wird das mit Sicherheit bewerten. Dann werden wir sehen, ob wir daraus Rückschlüsse zu ziehen haben oder nicht.

Frage: HTS wird sowohl vom Verfassungsschutz als auch von der UN als Terrororganisation gelistet. Nun hatte die Bundesregierung zusammen mit Belgien und Kuwait letzte Woche eine Resolution im UN-Sicherheitsrat eingebracht, in der allgemein ein Waffenstillstand in Idlib gefordert wurde. Sowohl China als auch Russland haben signalisiert, dass sie dem zustimmen würden, aber nur, wenn HTS sozusagen herausgenommen werden würde. Die Bundesregierung hat trotzdem auf dem Resolutionsentwurf bestanden, der HTS in den Waffenstillstand einbezog. Mich würde einfach interessieren, aufgrund welcher Beweggründe die Bundesregierung so sehr insistiert hat, HTS in den Waffenstillstand einzubeziehen.

Breul: Dazu kann ich gerne etwas sagen. In der Tat ist eine Resolution im VN-Sicherheitsratsrat zur dramatischen Lage in Idlib in der letzten Woche bei 13 Stimmen für die Resolution gescheitert, und zwar an den Gegenstimmen von China und Russland. Wir haben diese Resolution als Co-Federführer im humanitären Dossier eingebracht. Belgien und Kuwait sind dabei unsere Partner.

Wir haben in New York sehr lange und sehr ausführlich mit allen Seiten über diese Resolution verhandelt. Wie sich schon aus der Benennung des Themenfeldes ergibt, ist das eine humanitäre Resolution, keine politische Resolution. Es geht dabei um die Einhaltung des humanitären Völkerrechts. Es geht um den humanitären Zugang und selbstverständlich auch um die Einstellung aller Feindseligkeiten. Wir sind überzeugt, dass es richtig ist, dass sich diese Resolution auf die humanitären Aspekte und auf die Einhaltung des humanitären Völkerrechts konzentriert, und finden es daher umso bedauerlicher, dass die Regierungen von China und Russland nicht bereit waren, diesen Text mitzutragen.

Zusatzfrage: Aber wenn ich es richtig gesehen habe, hätte es ja eine Zustimmung gegeben, wenn man HTS aus diesem Resolutionsentwurf herausgenommen hätte. Das wäre sozusagen auch Ihrer Argumentation und auch der Einheit des UN-Sicherheitsrats hilfreich gewesen. Deswegen stelle ich meine Frage noch einmal. Es hat sich mir nicht ganz erschlossen, was die Beweggründe dafür waren, explizit auch HTS und Al-Qaida in diesen Resolutionsentwurf einzubeziehen.

Breul: Die Verhandlungen waren langwierig. Sie waren schwierig. Unser Fokus lag gemeinsam mit unseren Federführenden auf der humanitären Lage. Sie wissen: Humanitäre Beweggründe sind politisch blind. Dabei geht es darum, das Leiden der Menschen zu beenden - das war der Fokus dieser Resolution - und uns nicht auf ein Terrain zu begeben, auf dem es im Sicherheitsrat bekanntlich auch unterschiedliche Auffassungen gibt. Das haben wir in der Vergangenheit schon erfolgreich so gehandhabt, und wir wollten an diese Praxis anknüpfen, zumal die Lage in Idlib sehr besorgniserregend ist. Umso bedauerlicher ist es vor dem Hintergrund des aktuellen Zustandes in Idlib, dass es nicht möglich war, da im VN-Sicherheitsrat zu einer Stimme zu finden.

Frage: Herr Breul, zum Jemen: Saudi-Arabien hat die Hafenstadt Hudaida bombardiert und den Waffenstillstand in der Stadt gebrochen. Gibt es eine Reaktion darauf und auch eine Stellungnahme zu den Huthis, die ja einen einseitigen Waffenstillstand verkündet haben? Gibt es eine Stellungnahme dazu?

Breul: Ja. Ich kann nur auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, sagen: Wir appellieren an alle Seiten, jetzt auf Deeskalation zu setzen. Die Angriffe auf die Ölanlagen in Saudi-Arabien haben dazu keinen Beitrag geleistet. Im Gegenteil: Das war eine Entwicklung der Eskalation. Jetzt ist aus unserer Sicht wieder die Zeit gekommen, auf den politischen Prozess zu setzen. Der VN-Sondergesandte hat dabei unsere volle Unterstützung.

An den zweiten Teil Ihrer Frage versuche ich mich gerade zu erinnern.

Zusatzfrage : Waffenstillstand der Huthis!

Breul: Auch dazu möchte ich sagen: Wenn dies ein ernst gemeintes Signal der Deeskalation ist, dann schauen wir uns das gemeinsam mit unseren internationalen Partnern an. Nicht immer haben die Äußerungen, die von den Huthis gemacht wurden, eine lange Lebensdauer gehabt. Wir denken, wie gesagt, dass der einzige Weg nach vorne der politische Prozess ist. Dazu brauchen wir Deeskalation und Dialog. Alle Angebote, die da formuliert werden, die ernst gemeint sind und die auch mit Aktionen hinterlegt werden, sind willkommen.

Frage: Ich möchte zum Klimaschutzprogramm zurückkommen. Auch im Kontext des Klimagipfels in New York würde ich gern wissen, was das Programm der Bundesregierung für die internationale Zusammenarbeit bedeutet.

SRS'in Demmer: Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass sie mit dem Eckpunktepapier am Freitag einen soliden Einstieg in einen effektiven Klimaschutz geleistet hat und wir damit einen geeigneten Weg gehen, um die uns selbst gesetzten Ziele zu erreichen. Mit diesem Paket ist die Kanzlerin jetzt nach New York gereist.

Zusatzfrage: Betrifft das Eckpunktepapier auch die internationale Zusammenarbeit? Oder ist das nur auf Deutschland bezogen?

SRS'in Demmer: Das Paket, das die Bundesregierung am Freitag vorgelegt und beschlossen hat, enthält Maßnahmen, die Deutschland vornimmt, um die selbst gesetzten Ziele zu erreichen. Die internationalen Abkommen - in das Thema kann vielleicht das BMU noch ausführlicher einsteigen - bleiben davon völlig unberührt.

Haufe: Die Bundesregierung ist zum UN-Gipfel gefahren, um durchaus verschiedene Zeichen für die internationale Klimazusammenarbeit zu setzen. Das Eine ist - das hat Frau Demmer gerade aufgeführt - natürlich das, was wir selbst machen. Viele Länder schauen darauf, was so ein großes Industrieland wie Deutschland tut, wo es sich hinbewegt, wie es seine Treibhausgasemissionen einsparen will. Es geht ihnen auch darum zu sehen: Wie könnten wir es selbst machen?

Andererseits zeigt das, dass die Motivation unter den Industrieländern, das Klimaschutzabkommen ehrgeizig zu erfüllen, nach wie vor sehr hoch ist. Damit bestärken wir auch viele andere Länder mitzuziehen, weil wir eine wirtschaftliche Struktur haben, bei der es nicht ganz so einfach ist. Das ermuntert andere, es ebenfalls zu tun.

Dann haben wir auch eine Menge finanzieller Maßnahmen, die wir in die internationale Klimazusammenarbeit setzen. Dazu haben wir gestern - und tun das auch heute - verschiedene Initiativen veröffentlicht. Wir werden zum Beispiel zusammen mit Norwegen und Großbritannien den Regenwaldschutz weiter stärken. Dazu haben wir extra Gelder zur Verfügung gestellt. Wir haben extra Gelder zur Verfügung gestellt, um die Klimaanpassung in Großstädten zu verbessern. Denn wir müssen sehen, dass zukünftig ein Großteil der Menschheit eher in städtischen Gebieten leben wird. Das ist eine besondere Herausforderung. Dafür setzen wir auch unsere finanziellen Förderungen ein. Das haben wir zum Beispiel auch gerade getan oder tun das jetzt beim UN-Klimagipfel. Also wir unterstützen auf unterschiedliche Weise internationale Finanzierungsinitiativen für den Waldschutz, für den Umbau der Klimaanpassung in den Städten und in vielen anderen Bereichen.

Vorsitzender Feldhoff (zur Insolvenz der Thomas Cook Group): Eine Nachlieferung des BMJ zum Insolvenzrecht.

Malachowski: Ich sehe, dass der Kollege, der die Frage gestellt hatte, jetzt schon weg ist.

Vorsitzender Feldhoff: Wir rufen ihn gleich an.

Malachowski: Aus Artikel 17 Absatz 2 Satz 1 der Pauschalreiserichtlinie ergibt sich, dass die Sicherheit wirksam sein und die nach vernünftigem Ermessen vorhersehbaren Kosten abdecken muss.

Der Erwägungsgrund 40 dazu geht dann wiederum darauf ein, dass ein wirksamer Insolvenzschutz nicht bedeutet, dass sehr unwahrscheinliche Risiken berücksichtigt werden müssen.

Dann geht es weiter: "... wenn diese unverhältnismäßige Auswirkungen auf die Kosten des Schutzes haben und somit seine Wirksamkeit beeinträchtigen würden." In solchen Fällen kann die garantierte Erstattung begrenzt sein. Das ist das Eine. - In der Richtlinie stehen also keine Summen, sondern haftungswirksame Insolvenzsicherung.

Dann möchte ich noch auf die Frage des Kollegen kommen, was passiert, wenn das aufgebraucht ist und es sonst kein Geld gibt, aus welchen Gründen auch immer. Da ist im Bürgerlichen Gesetzbuch - in § 651r Absatz 3 letzter Satz - vorgesehen, dass sich, falls die Erstattungsansprüche diese Summe übersteigen, die einzelnen Erstattungsansprüche in dem Verhältnis verringern, in dem ihr Gesamtbetrag zum Höchstbetrag steht. Dann muss also quotiert werden.

Vorsitzender Feldhoff: Das BMU hat auch noch eine Nachlieferung zur COmpensation.

Haufe: Ich habe noch eine Nachlieferung. Ich habe mir gerade noch einmal die Zahlen von 2018 zur Kompensation liefern lassen. Wir müssen also für das Jahr 2018 insgesamt 309 358 Tonnen COmpensieren - 126 777 Tonnen für den Flugverkehr, 113 014 Tonnen für Reisen mit Dienst-Pkws und über 69 000 Tonnen für die Flugbereitschaft des BMVg.

Das tun wir auch. Wir schreiben jetzt die Gutschriften für diese Menge an Kompensation aus. Es stehen dafür 2 Millionen Euro zur Verfügung.

Frage: Herr Haufe, die Zahl, die Sie eben genannt hatten - 300 000 Tonnen CO 2017 und 1,7 Millionen Euro -, das macht ja einen Preis von knapp 6 Euro pro Tonne aus. Kann ich noch einmal kurz nachfragen, wie Sie auf den Preis kommen? Denn wenn man auf Seiten wie "myclimate" oder so etwas geht, dann berechnen sie ungefähr 22 Euro pro Tonne COHaufe: Ich muss Sie für detaillierte Berechnungen an die Deutsche Emissionshandelsstelle verweisen. Sie ist dafür zuständig und kann Ihnen das aufdröseln.

Frage: Ich hätte noch einmal eine Frage, nach vorn geblickt, an das Bundeslandwirtschaftsministerium. Übermorgen ist ja der Waldgipfel. Dazu hieß es, das solle ein Ergebnis- und Tatengipfel werden. Kann man schon ein bisschen sagen, was dabei herauskommen soll?

Noch eine zweite Frage dazu: Ist denn jetzt nach dem Klimakabinett klar, wie viel Geld es vom Bund für den deutschen Wald geben soll?

Brandt: Wie Sie wissen, haben Stürme, extreme Dürre und der Borkenkäferbefall dem Wald schwere Schäden zugefügt. Die Schäden sind unübersehbar. Allein durch Waldbrände ist im vergangenen Jahr eine Fläche, die umgerechnet so groß wie 3 300 Fußballfelder ist, vernichtet worden. Angesichts dieser Schäden hat Bundesministerin Julia Klöckner Fachleute, Wissenschaftler und Entscheidungsträger aus Bund und Ländern zu diesem nationalen Waldgipfel eingeladen, zu dem Sie auch sehr gern kommen können. Er ist am Mittwoch.

Dem kann ich jetzt natürlich nicht vorgreifen. Es geht darum, dass die Ministerin ihr Leitbild und Maßnahmen vorstellen will, wie die akuten Schäden bewältigt, die zerstörten Flächen wiederbewaldet werden können und die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel gestärkt werden kann.

Zusatzfrage: Zu dem Geld können Sie nichts sagen?

Brandt: Wir hatten ja an Klimafonds eine halbe Milliarde angemeldet. Dazu hatte die Ministerin auch ein Interview in der "Bild am Sonntag" gegeben. Da werden wir jetzt sehen, wie wir das Geld einsetzen können.

Frage: Es kursieren mittlerweile zahlreiche Fotos, die Juan Guaidó - teilweise Arm in Arm, teilweise im Auto - mit mutmaßlichen Drogenbossen des "Los Rastrojos"-Kartells zeigen. Ein Großteil der Fotos ist mittlerweile auch polizeilich verifiziert. Mich würde interessieren, wie das Auswärtige Amt diese Fotos einschätzt oder bewertet.

Breul: Ich glaube nicht, dass ich einzelne Fotos bewerten muss. Ich glaube auch nicht, dass es einen Zweifel daran geben kann, dass wir, wenn es Hinweise zur Zusammenarbeit mit organisierter Kriminalität oder Ähnlichem gibt, das sozusagen nicht kritisch aufnehmen.

Grundsätzlich hat sich aber an unserer politischen Haltung zu Venezuela nichts geändert. Das ist das, was ich heute dazu sagen kann.

Zusatzfrage: Die anerkannte kolumbianische Menschenrechtsorganisation "Progresar" hat darauf hingewiesen, dass laut ihren Informationen der illegale Grenzübertritt von Juan Guaidó - denn die Grenze war offiziell geschlossen - über "Los Rastrojos" sichergestellt wurde. Sie präsentieren dazu auch zahlreiche Zeugenaussagen von Einwohnern, die sich auf Anweisung von "Los Rastrojos" 24 Stunden einschließen lassen mussten, um die Sicherheit von Guaidó zu gewährleisten. Wie bewertet denn das Auswärtige Amt die Stellungnahme oder Einschätzung dieser Menschenrechtsorganisationen?

Breul: Ehrlich gesagt kenne ich die Stellungnahme nicht. Mir liegt dazu auch keine Einschätzung unserer Botschaft vor. Das muss ich Ihnen gegebenenfalls nachreichen.

Zusatz: Ich wäre für eine Nachreichung dankbar.

Frage : Herr Breul, eine Frage zum Nuklearabkommen mit dem Iran. Am Mittwoch soll ja ein Treffen der Parteien stattfinden, also ohne die USA. Weiß auch die Bundesregierung von dem Treffen? Wird es am Rande des Treffens ein Treffen zwischen Außenminister Maas mit seinem iranischen Counterpart Sarif geben?

Breul: Genau. Das ist richtig: Am Mittwoch findet ein Treffen auf Ministerebene der JCPOA-Teilnehmer statt. Das hat schon Tradition. Das hat in den letzten Jahren immer im Format der sogenannten Joint Commission stattgefunden. Dann wird beraten, natürlich insbesondere über das iranische Verhalten in den letzten Wochen und Monaten.

Über die bilateralen Gespräche in New York kann ich Ihnen hier im Einzelnen noch keine Auskunft geben. Ich glaube, ich hatte im vergangenen Jahr schon darauf hingewiesen: Es ist ja immer ein riesiges Klassentreffen. Da sind weit über 150 Außenminister vor Ort. Da versucht man sozusagen möglichst viel abzudecken, um auch den Flug, der dafür notwendig ist, mit ausreichend inhaltlichen Gründen zu hinterlegen. Es werden natürlich auch die Themen, über die wir uns hier häufig unterhalten, ganz vorn auf der Agenda stehen. Darum kann ich das im Moment weder ausschließen noch bestätigen, dass es auch ein Treffen mit dem iranischen Außenminister geben kann.

Zusatzfrage: Sie haben das iranische Verhalten angesprochen. Wird hier also nur über das Verhalten gesprochen oder geht es auch konkret um Anreize für den Iran, was das Nuklearabkommen anbelangt?

Breul: Die Joint Commission hat natürlich die Aufgabe, in erster Linie die Einhaltung des Abkommens zu überwachen. Wir wissen alle, dass der Iran Schritte unternommen hat, die ihn auf eine schiefe Ebene bringen und von dem Abkommen wegführen. Konkret werden einzelne Maßgaben des Abkommens schon jetzt nicht mehr erfüllt, und das wird ja auch öffentlich so gesagt. Das wird, denke ich, das Hauptthema sein. Aber selbstverständlich wird man sich auch andere Bereiche des JCPOA ansehen und über die Implementierung des Abkommens beraten.

Zusatzfrage: Es ging ja auch um die Anreize. Der Iran sagt ja auch, dass der Westen das Abkommen nicht einhält, weil er den Verpflichtungen nicht nachgekommen ist. Können Sie da konkret dem Iran Anreize anbieten?

Breul: Wenn Sie mich so fragen: Ich denke nicht, dass bei den Schlussfolgerungen der Joint Commission Anreize für den Iran im Vordergrund stehen werden, sondern eher der klare Appell, die deutliche Aufforderung an den Iran, zu seinen Verpflichtungen zurückzukehren.

Montag, 23. September 2019

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 23. September 2019
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regierungspressekonferenz-vom-23-september-2019-1674246
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2019

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