Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


PRESSEKONFERENZ/1819: Regierungspressekonferenz vom 11. Februar 2019 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz - Montag, 11. Februar 2019
Regierungspressekonferenz vom 11. Februar 2019

Themen: durchschnittliche Dauer von Asylverfahren, mögliches Treffen der Außenminister im Normandie-Format auf der Münchner Sicherheitskonferenz, Nahost-Konferenz in Warschau, Interview mit dem früheren Bundesinnenminister Thomas de Maizière, geplante Änderung der Post-Entgeltregulierungsverordnung, Fall eines in der Türkei inhaftierten deutschen Journalisten, Grundrente

Sprecher: StS Seibert, Schmidt (BMI), Breul (AA), Wagner (BMWi), Jäger (BMAS)


Vorsitzender Szent-Iványi eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Frage : Herr Schmidt, eine Frage an Sie: Heute früh gab es eine Meldung bezüglich der Asylverfahren. Ihr Haus hat mitgeteilt, dass die Asylverfahren im Moment im Durchschnitt sechs Monate dauerten. Bei der Vorstellung des Migrationsberichts am 23. Januar hat Herr Sommer gesagt, die Asylverfahren dauerten im Regelfall im Durchschnitt drei Monate und in den AnKER-Zentren maximal zwei Monate. Können Sie uns diesen Widerspruch erklären?

Schmidt: Ich denke, es liegt kein Widerspruch vor, sondern ein Unterschied in den Fragestellungen, die diesen beiden Antworten vorangegangen sind. In der Tat wird in den heutigen Meldungen auf eine Antwort auf eine Kleine Anfrage, die wir kürzlich an das Parlament gegeben haben, Bezug genommen. Darin können Sie, wenn es Sie en détail interessiert, genau nachlesen, unter welchen statistischen Punkten und unter welchen Fragen, die Dauern zusammengefasst wurden.

Die durchschnittliche Dauer von drei Monaten kann ich insoweit erklären, als Sie auch der Antwort auf die Kleine Anfrage - dort ist es Frage 1 - entnehmen können, dass wir darauf hingewiesen haben, dass die durchschnittliche Verfahrensdauer neuer Verfahren, also von Asylverfahren, die im Jahr 2018 mit der Asylantragstellung eingeleitet und über die entschieden wurde, 2,9 Monate für den Zeitraum von Januar bis September 2018 betrug. Daher kommt, denke ich, die Angabe von etwa drei Monaten.

Zusatzfrage : Wäre es nicht naheliegend gewesen, die Dauer von sechs Monaten am 23. Januar zu nennen, um keinen falschen Eindruck zu erwecken? Denn die sechs Monate sind ja offenbar die reale Zahl.

Schmidt: Es lag uns fern, einen falschen Eindruck zu erwecken. Ich denke, wir haben das völlig richtig in Bezug auf die jeweiligen Fragestellungen beantwortet. Auch die Zahl von sechs Monaten kann sich aus einer Gesamtschau über einen anderen betrachteten Zeitraum ergeben. Heute aktuell in den Meldungen war eine Bezugnahme auf die Kleine Anfrage. Darin finden Sie die Zahl von 2,9 Monaten und auch, weil es dezidiert nachgefragt wurde, eine ganze Reihe anderer Darstellungen, auch ins Verhältnis gesetzt zu Datum der Antragstellung und Dauer des Verfahrens.

Ich würde Sie daher bitten, vielleicht noch einmal in die Antwort auf die Kleine Anfrage zu schauen. Das dürfte sich damit aufklären lassen.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Breul. Am Freitag findet die Münchner Sicherheitskonferenz statt. Im Vorfeld gab es sehr viele Gespräche zu einem anscheinend möglichen Treffen im Normandie-Format. Wissen Sie, ob in München ein Treffen von Ministern im Normandie-Format stattfinden kann?

Breul: Dazu kann ich Ihnen heute noch nichts Abschließendes sagen. Ich kann bestätigen, dass Herr Maas an der Münchner Sicherheitskonferenz teilnehmen wird. Wie Sie wissen, ist das ein Event, das vielleicht mit der VN-Woche in New York oder anderen großen Konferenzen zu vergleichen ist, an denen viele Minister und Staatsoberhäupter teilnehmen, sodass die Termine dementsprechend sehr stark im Fluss sind.

Ich würde Sie darum bitten, sich noch ein bisschen zu gedulden. Ich denke, dass ich spätestens am Freitag darüber Auskunft geben kann, wie der Freitag und der Samstag für den Außenminister genau aussehen werden.

Frage: Herr Breul, ist schon bekannt, ob Deutschland auf der Konferenz in Warschau vertreten sein wird und gegebenenfalls durch wen?

Breul: An der Konferenz in Warschau zum Nahen und Mittleren Osten, die Mitte dieser Woche stattfinden wird, wird für uns Staatsminister Annen teilnehmen.

Frage: Herr Seibert, der frühere Bundesinnenminister de Maizière hat heute Morgen selbstkritisch mit Blick auf die Flüchtlingskrise 2015 eingeräumt, dass sich die Politik und die Medien damals zu stark von Stimmungen leiten lassen hätten. Teil die Bundeskanzlerin diese Einschätzung im Rückblick?

StS Seibert: Ich kenne diese Äußerung des früheren Ministers Thomas de Maizière nicht. Ich würde sie mir schon gern erst anschauen. Aber ich hätte jetzt auch keinen Grund, sie zu kommentieren.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundeswirtschaftsministerium. Angeblich plant die Bundesregierung eine neue Portoverordnung. Es gibt Medienberichte, wonach damit das Briefporto auf 90 Cent ansteigen könnte. Können Sie uns das bestätigen? Können Sie uns etwas dazu sagen?

Wagner: Vielen Dank für die Frage. Das gibt mir die Gelegenheit, das ganze Thema einzuordnen und vielleicht auch der einen oder anderen Spekulation etwas entgegenzutreten.

Richtig ist: Das BMWi hat heute die Ressortabstimmung zur Änderung der sogenannten Post-Entgeltregulierungsverordnung eingeleitet. Diese Post-Entgeltregulierungsverordnung regelt unter anderem - das klingt jetzt technisch - das sogenanante Maßgrößenverfahren. Bei diesem Verfahren bestimmt die Bundesnetzagentur nach einem vorgegebenen Verfahren die maximale Preisentwicklung, die das zukünftige Porto haben kann.

Dabei werden zum Beispiel das Ausgangsentgeltniveau, die Inflation, die in dem maßgeblichen Zeitraum zu erwarten ist, und der Produktivitätsfortschritt berücksichtigt. Die Bundesnetzagentur berücksichtigt dabei auch einen angemessenen Gewinnzuschlag, der zu den errechneten Kosten für die Leistungsbereitstellung noch hinzukommt.

2015 hat der Verordnungsgeber diese Berechnung des Gewinnsatzes neu geregelt. Er hat dort festgelegt, dass der Gewinnsatz in Höhe der Gewinnmargen anderer Postanbieter als Vergleichsmaßstab gilt. Das heißt, seitdem wird Unternehmen ein Gewinnsatz in Höhe der Gewinnmargen anderer europäischer Postanbieter zugebilligt, die unter vergleichbaren Bedingungen Postdienstleistungen erbringen. An dieser Entscheidung halten wir auch grundsätzlich fest.

Nur hat sich gezeigt, dass das nicht in allen Punkten praxisgerecht ist. Deswegen sieht die nun vorgeschlagene Anpassung vor, dass zukünftig nicht mehr alle anderen europäischen Postunternehmen bei der Bestimmung des Gewinnsatzes berücksichtigt werden, sondern nur noch solche, die in struktureller Hinsicht mit dem regulierten Unternehmen vergleichbar sind.

Hintergrund ist, dass sich jetzt bei der Anwendung gezeigt hat, dass sonst auch solche Länder berücksichtigt werden, die gar nicht strukturell vergleichbar sind. Das sind zum Beispiel Postunternehmen, die reine Staatsunternehmen sind und deshalb schon gar nicht auf eine Gewinnerwirtschaftung ausgerichtet sind. Wenn ich Staatsunternehmen, die gar keine Gewinne erzielen sollen, als Vergleichsmaßstab bei der Gewinnmarge heranziehe, komme ich natürlich zu Ergebnissen, die den europäischen Portomaßstab, der mit der Deutschen Post vergleichbar sein soll, nur ungenügend abbilden.

Nach unserer Ansicht soll in Zukunft zum Beispiel Rumänien nicht mehr berücksichtigt werden, weil - wie gesagt - die strukturelle Vergleichbarkeit einfach fehlt. Das ist im Prinzip eine Anpassung, die aus unserer Sicht notwendig ist, damit wir das Ziel von 2015, diese Anpassung nach dem europäischen Benchmark zu machen, tatsächlich erreichen können.

Zur Preisentwicklung haben wir ja heute auch vielerlei Spekulationen gelesen. Darüber können wir zum jetzigen Zeitpunkt sehr wenig sagen. Denn das ist ein Verfahren, das die Bundesnetzagentur erst noch durchführt. Da sind verschiedene Kenngrößen zu ermitteln, die dann zugrunde gelegt werden. Auch legt die Bundesnetzagentur die Portogebühren für die verschiedenen Briefarten noch nicht abschließend fest, sondern die Deutsche Post beantragt diese erst bei der Bundesnetzagentur und dann werden sie festgelegt. Auch hier ist es so, dass sie dann für die verschiedenen Prüfformen beantragt werden. Das ist natürlich der Standardbrief. Das ist die Postkarte. Das ist der Maxibrief, der Großbrief usw. Da wird die Post dann selbst nach unternehmerischen Entscheidungen festlegen, wo sie sozusagen gewisse Gewinnerhöhungen verteilt, die sich dann aus dem Maßgrößenverfahren der Bundesnetzagentur ergeben.

Ich möchte aber vielleicht schon einer Spekulation entgegentreten und hier ganz deutlich sagen: Wir gehen nicht davon aus, dass die Post in diesem Jahr für den Standardbrief das Porto von 90 Cent erheben wird.

Frage: Eine Frage an Herrn Breul, und zwar geht es um den Fall des deutsch-türkischen Journalisten Adil Demirci, der genauso wie Mesale Tolu für die gleiche Nachrichtenagentur gearbeitet hat und der derzeit in der Türkei in Haft ist. Ist die Bundesregierung in diesen Fall involviert? Wenn ja, was tut die Bundesregierung derzeit, um den Mann frei zu bekommen?

Breul: Grundsätzlich gilt: Die Bundesregierung ist immer involviert, wenn Deutsche im Ausland in Haft geraten, es sei denn, die Betroffenen wünschen dies nicht, weil wir da in gewisser Weise als Dienstleister für die Betroffenen auftreten. Grundsätzlich gilt auch, dass wir uns zu Einzelfällen nicht äußern können - es sei denn, wir sind dazu ausdrücklich von den Betroffenen autorisiert. Dementsprechend kann ich Ihnen hier zu diesem Fall keine detaillierten Angaben machen.

Frage: Eine Frage zum Thema Grundrente. Gestern hat ja Andrea Nahles bei der Vorstandsklausur der SPD noch einmal die Position verteidigt, dass es diese Bedürftigkeitsprüfung im Entwurf nicht geben soll. Jetzt ist dazu ja die Position der Union bekannt. Vielleicht könnten Sie, BMAS oder Kanzleramt, einen Hinweis darauf geben, ob das Ganze in dieser Woche im Koalitionsausschuss zum Thema wird und ob man da vielleicht zu einer Lösung kommt.

StS Seibert: Ich will vielleicht ganz allgemein dazu sagen: Es ist klar, dass jede der Parteien in dieser Regierungskoalition das Recht hat, sich programmatische Gedanken zu machen, sich programmatisch weiterzuentwickeln. Es war auch immer bei der Bildung dieser Koalition das Verständnis, dass die Parteien, die diese Koalition tragen, das tun würden.

Die Grundlage der konkreten Zusammenarbeit in der Bundesregierung ist der Koalitionsvertrag. Wo von ihm abgewichen wird, wo über ihn hinausgegangen wird, muss darüber gesprochen werden.

Ich habe ja hier schon am Freitag für die gesamte Bundesregierung gesagt, dass die Grundrente ein ganz wichtiges Thema ist, weswegen es ja auch im Koalitionsvertrag mit einer Vereinbarung vorkommt, eine Grundrente einzuführen. Nun gibt es den Vorschlag des Arbeits- und Sozialministers, der erkennbar über das im Koalitionsvertrag Vereinbarte hinausgeht, und deswegen muss darüber gesprochen werden. Wann und in welcher Form das geschehen wird, das kann ich Ihnen wiederum nicht sagen. Die konkrete Ausgestaltung ist dann auch eine Sache des Koalitionsausschusses. Das ist eine Sache der Parteien.

Jäger: Ich habe den Ausführungen nichts hinzuzufügen.

Montag, 11. Februar 2019

*

Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 11. Februar 2019
https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/regierungspressekonferenz-vom-11-februar-2019-1579198
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2019

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang