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PRESSEKONFERENZ/1741: Regierungspressekonferenz vom 31. August 2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 31. August 2018
Regierungspressekonferenz vom 31. August 2018

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Zukunftsgespräch der Sozialpartner, Empfang des Präsidenten der Europäischen Kommission, Teilnahme an einer Veranstaltung der Deutschen Börse AG zur Zukunft des Finanzplatzes Deutschland in Europa, Kabinettssitzung, Empfang des Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik, Gespräch mit Lehrerinnen und Lehrern zum Thema schulischer Integration, Bundeswettbewerb "Jugend forscht", Empfang des japanischen Außenministers, Deutsch-Katarische Wirtschaftskonferenz), bevorstehende Reise des Außenministers in die Türkei, Debatte um Abschaffung der Sommerzeit, in der Türkei inhaftierte deutsche Staatsbürger, bayerisches Familiengeld, Ereignisse in Chemnitz, Reise der Bundeskanzlerin sowie des Bundesentwicklungsministers nach Afrika, Besuch des Bundestagsabgeordneten Martin Schulz bei dem in Haft befindlichen Lula da Silva, Handelspolitik zwischen der EU und den USA, Fall Sami A., Flüchtlingskosten, Reise einer AfD-Besuchergruppe zur Gedenkstätte Sachsenhausen, Finanzsituation in Argentinien, Zuspitzung der Lage im Nordwesten Syriens

Sprecher: SRSin Demmer, Adebahr (AA), Modes (BMWi), Ehrentraut (BMAS), Neymanns (BMI), Mänz (BMZ), Fehling (BMF)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRSin Demmer sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRSin Demmer: Wie immer möchte ich Sie über die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin informieren.

Am Montag, den 3. September, hat die Bundeskanzlerin die Sozialpartner zum 9. Zukunftsgespräch nach Schloss Meseberg eingeladen. In diesem Jahr werden sich die Gesprächspartner mit den Anforderungen beschäftigen, die sich durch die Digitalisierung der Arbeitswelt für die soziale Marktwirtschaft und die Sozialpartner ergeben. Im Mittelpunkt stehen neue Formen der Erwerbstätigkeit im Zeitalter der Digitalisierung. Ein weiteres Thema wird die wachsende Bedeutung von Weiterbildung sein. Ziel ist es, gemeinsam eine Antwort auf den digitalen Wandel in der Arbeitswelt zu finden, die dann auch in eine Nationale Weiterbildungsstrategie einfließen soll.

Seitens der Bundesregierung werden neben der Bundeskanzlerin und dem Bundesfinanzminister Olaf Scholz die Bundesministerinnen und -minister Altmaier, Heil, Giffey, Spahn, Scheuer, Karliczek und Braun teilnehmen. Seitens der Sozialpartner werden die Präsidenten von BDI, BDA, DIHK und ZDH dabei sein, sowie die Vorsitzenden der Gewerkschaften DGB, IG Metall, ver.di, IG BCE und dbb.

Die Veranstaltung wird um 15 Uhr mit einem Pressestatement der Bundeskanzlerin und des Bundesfinanzministers beginnen. Gegen 18.20 Uhr wird es eine abschließende Pressekonferenz geben, an der die Bundeskanzlerin, der Bundesfinanzminister sowie der DGB-Vorsitzende Hoffmann und der BDI-Präsident Kempf teilnehmen werden.

Am Dienstag zwischen 12 Uhr und 13.30 Uhr empfängt die Bundeskanzlerin den Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, im Bundeskanzleramt. Das Gespräch dient einem weiteren Meinungsaustausch über aktuelle europapolitische Fragen.

Ebenfalls am Dienstag nimmt die Bundeskanzlerin an einer Veranstaltung der Deutschen Börse AG in Frankfurt am Main teil. Die Veranstaltung steht unter dem Titel "Die Zukunft des Finanzplatzes Deutschland in Europa". Die Kanzlerin wird gegen 19.20 Uhr eine kurze Rede halten und danach an einem Podiumsgespräch teilnehmen.

Am Mittwoch tagt wie immer um 9.30 Uhr das Kabinett unter Leitung der Bundeskanzlerin.

Um 12.30 Uhr wird sie den Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik, Andrej Babis, mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen. Im Rahmen einer gemeinsamen Unterredung werden sie die deutsch-tschechischen Beziehungen sowie weitere außen- und europapolitische Themen erörtern. Um 13.45 Uhr gibt es eine gemeinsame Pressekonferenz

Am Mittwochnachmittag gegen 15 Uhr führt die Bundeskanzlerin ein Gespräch mit 50 Lehrerinnen und Lehrern zum Thema der schulischen Integration. Der Termin geht auf eine Zusage der Bundeskanzlerin zurück, die sie in der ZDF-Sendung "Klartext" am 14. September 2017 gemacht hat. Dort ist die Kanzlerin auf die Frage einer Leiterin einer Grundschule in Frankfurt am Main eingegangen und hat deswegen 50 Lehrkräfte zu einem Brainstorming zum Thema schulischer Integration eingeladen. Es soll ein offener Austausch mit den Lehrkräften über aktuelle Herausforderungen und konkrete Problemlagen an Schulen sein. Dabei wird es natürlich um Themen wie gesellschaftliche Integration an Schulen, Wertevermittlung sowie die Verhinderung von Gewalt und Diskriminierung an Schulen gehen. Anhand erfolgreicher Beispiele für Schulkonzepte und Unterstützungsansätze sollen zudem konkrete Handlungsoptionen und Empfehlungen diskutiert werden. An dem Gespräch nehmen seitens der Bundesregierung Bundesbildungsministerin Karliczek, Bundesfamilienministerin Giffey, Kanzleramtsminister Braun und Staatsministerin Widmann-Mauz teil. Von Länderseite werden die Berliner Schulsenatorin Scheeres, der Hessische Kultusminister Lorz und KMK-Präsident Holter teilnehmen.

Am Donnerstag empfängt die Bundeskanzlerin 61 Preisträgerinnen und Preisträger des 53. Bundeswettbewerbs "Jugend forscht" um 11 Uhr im Bundeskanzleramt. Sie wird nach ihrer Begrüßungsrede den mit 3000 Euro dotierten Preis der Bundeskanzlerin für die originellste Arbeit überreichen. Preisträger in diesem Jahr ist ein Geschwisterpaar aus Fulda. Anna, 16 Jahre, und Adrian Fleck, 20 Jahre, haben einen speziellen Gelenkschutz aus flüssiger Speisestärke entwickelt. Er soll Gelenke, Rücken und Schultern bei Stürzen, zum Beispiel beim Inlineskating und im Motorsport, schützen. Denn die Flüssigkeit, die sie aus der Speisestärke entwickelt haben, erstarrt bei hoher Krafteinwirkung.

Mehr als 12 junge Forscherinnen und Forscher hatten sich mit über 6500 Projekten bundesweit für diesen Wettbewerb angemeldet. Die Einladung aller Bundessieger und Platzierten - das sind die zweiten bis fünften Preise - ins Bundeskanzleramt gehört seit 1981 zur Tradition des Wettbewerbs. Forschungsministerin Anja Karliczek wird ebenfalls an der Veranstaltung teilnehmen.

Im Anschluss an den Empfang gibt es eine Liveschaltung auf die Internationale Raumstation ISS zum deutschen Astronauten Alexander Gerst.

Immer noch am Donnerstag empfängt die Kanzlerin den japanischen Außenminister Taro Kono um 13.00 Uhr zu einem Höflichkeitsbesuch im Bundeskanzleramt. Im Mittelpunkt des Gesprächs werden die engen bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Japan sowie die Themen Wirtschaft und Handel und die regionalpolitischen Entwicklungen in Asien stehen.

Wir sind immer noch nicht durch; es kommt noch der Freitag. Um 10 Uhr wird die Kanzlerin gemeinsam mit dem Emir von Katar, Al Thani, die Deutsch-Katarische Wirtschaftskonferenz im Berliner Maritim-Hotel eröffnen. Am Rande der Konferenz kommt sie um etwa 10.30 Uhr mit dem Emir zu einem Gespräch zusammen. In der gemeinsamen Unterredung werden die bilateralen Beziehungen, Wirtschaftsthemen sowie aktuelle Entwicklungen in der Region im Mittelpunkt stehen.

Adebahr: Ich möchte Ihnen ankündigen, dass Außenminister Maas am kommenden Mittwoch und Donnerstag in die Türkei reisen wird. Es wird sein Antrittsbesuch in der Türkei sein. Dort sind politische Gespräche geplant, unter anderem mit dem türkischen Außenminister, Herrn Çavusoglu. Sicherlich soll eine ganze Reihe von Themen besprochen werden, bilaterale und auch internationale Fragen. Auch die Entwicklung in Syrien wird sicherlich zur Sprache kommen.

Von Ankara aus geht es noch nach Istanbul. Dort werden am Donnerstag beide Außenminister gemeinsam die deutsche Schule, das Lisesi Alman, besuchen, die in diesem Jahr ihr 150-jähriges Jubiläum feiert.

Frage: Wird bei dem Gespräch mit Herrn Juncker auch das Thema Sommerzeit eine Rolle spielen, nachdem Herr Juncker jetzt angekündigt hat, dass er es schnell umsetzen will? Was hält die Bundeskanzlerin davon?

SRSin Demmer: Dem Gespräch kann ich natürlich nicht vorgreifen. Die Bundesregierung hat das Ergebnis der von der EU-Kommission geführten Umfrage zur Kenntnis genommen und begrüßt die aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an diesem Thema. Aber wir warten jetzt erst einmal auf die konkreten Vorschläge der EU-Kommission und werden sie prüfen, sobald sie uns vorliegen.

Zusatzfrage: Haben Sie auch Vorstellungen, wie schnell so etwas umgesetzt werden könnte?

SRSin Demmer: Das kann ich Ihnen nicht sagen.

Frage: Gibt es seitens der Bundesregierung Grundlinien in Hinblick auf eine solche Umstellung? Wäre es, um ein Beispiel zu nennen, für die Bundesregierung akzeptabel, wenn die Länder in Europa unterschiedliche Zeiten hätten, wenn es also jedem Land überlassen würde, wie es sich verhält?

SRSin Demmer: Die Richtlinie gilt europaweit. Wenn sie geändert werden sollte, müsste die Europäische Kommission einen Vorschlag vorlegen, über den der Rat und das EP beraten würden.

Frage: Hat die Bundesregierung - das Thema ressortiert, meine ich, im Wirtschaftsministerium - Vorstellungen, wie man optieren würde, wenn sich Deutschland auf Sommer- oder Winterzeit festlegen müsste?

SRSin Demmer: Ich würde erst einmal abwarten, bis die Vorschläge der Kommission vorliegen. Dann werden wir uns positionieren.

Modes: Genau. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Frage: Hat man im Wirtschaftsministerium Vorstellungen, ob eine Umstellung irgendeinen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum oder Ähnliches haben könnte?

Modes: Ich müsste prüfen, ob wir dazu Zahlen haben. Das kann ich gern nachfragen.

Frage: Frau Demmer, wird die Kanzlerin mit Herrn Juncker auch über seinen Nachfolger, Herrn Weber, reden?

SRSin Demmer: Sie werden schon erwartet haben, was ich jetzt sage: Ich kann den Gesprächen nicht vorgreifen.

Zusatzfrage: Anders gefragt: Man kann heute überall lesen, dass die Kanzlerin die Kandidatur von Weber unterstützen wird. Können Sie das bestätigen?

SRSin Demmer: Die Kanzlerin selbst hat sich dazu geäußert. Sie kennen die Aussagen. Es gibt keinen neuen Stand.

Zusatzfrage: Aber das war ja letzte Woche.

SRSin Demmer: Genau, und von mir hören Sie jetzt: Dazu gibt es keinen neuen Stand.

Frage: Ich möchte Sie, Frau Demmer, bitten, etwas Näheres zu dem Treffen mit dem tschechischen Ministerpräsidenten zu sagen, besonders was das Ziel dieses Treffens aus Sicht der Bundeskanzlerin angeht.

SRSin Demmer: Auch hierzu muss ich wieder sagen: Ich kann den Gesprächen nicht vorgreifen. Es geht natürlich um die deutsch-tschechischen Beziehungen. Es wird natürlich auch ein Gespräch in Erinnerung der historischen Ereignisse der vergangenen Jahrzehnte seit dem Fall des Eisernen Vorhangs sein. Über Details kann ich Ihnen jetzt noch keine Auskunft geben. Danach wird es eine Pressekonferenz geben.

Zusatzfrag: Ist die Kanzlerin immer noch der Meinung, dass auch Tschechien Flüchtlinge aufnehmen soll?

SRSin Demmer: Sie kennen die Haltung der Bundeskanzlerin in der Migrationsfrage. Es gilt, dafür eine gesamteuropäische Lösung zu finden. Auch das wird Thema in dem Gespräch sein.

Zusatzfrage: Heißt das, dass auch Tschechien Flüchtlinge aufnehmen sollte?

SRSin Demmer: Wie gesagt, es gilt, dafür eine gesamteuropäische Lösung zu finden, und da gilt der solidarische Gedanke der Europäischen Union.

Frage: Frau Demmer, doch noch ein Versuch: Wird die Kanzlerin in dem Gespräch mit Herrn Babis - tief in die Historie gegriffen - die Rücknahme bestimmter Benes-Dekrete fordern, wie dies der Bund der Vertriebenen seit vielen Jahren verlangt?

SRSin Demmer: Ich möchte den Gesprächen jetzt wirklich nicht vorgreifen. Im Anschluss an das Gespräch gibt es eine Pressekonferenz.

Frage: Findet es die Kanzlerin problematisch, dass Herr Babis laut tschechischen und slowakischen Historikern ein ehemaliger Agent der tschechoslowakischen Staatssicherheit ist?

SRSin Demmer: Sie empfängt den Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik, und den empfängt sie gern.

Zusatzfrage: Kann sich die Bundeskanzlerin vorstellen, dass ein ehemaliger Mitarbeiter der Stasi zum deutschen Bundeskanzler wird?

SRSin Demmer: Das ist eine so hypothetische Frage, dass ich sie hier ganz bestimmt nicht beantworten werde.

Frage: Frau Adebahr, ich möchte nach dem Stand der Dinge fragen, was die Inhaftierung deutscher Staatsbürger aus politischen Gründen in der Türkei angeht. Darüber ist im Vorfeld der Reise des Außenministers viel gesprochen worden. Können Sie uns noch einmal sagen, wie viele es sind, ob es in dem einen oder anderen Fall Bewegung gibt und ob Sie es für vorstellbar halten, dass sich die bilateralen Beziehungen ohne eine Freilassung all dieser Häftlinge normalisieren?

Adebahr: Aktuell befinden sich 50 deutsche Staatsangehörige in türkischer Haft. Daneben sind uns 35 Fälle von Deutschen bekannt, die die Türkei aufgrund von Ausreisesperren nicht verlassen können, die meisten aufgrund politischer Tatvorwürfe.

Von den 35 Deutschen, die seit dem Putschversuch mutmaßlich wegen politischer Strafvorwürfe inhaftiert wurden, befinden sich immer noch sieben in türkischer Haft, darunter drei Doppelstaatler. Alle anderen Tatvorwürfe sind kriminalrechtlicher Natur.

Sie haben den Außenminister in den vergangenen Tagen wahrscheinlich verschiedentlich gehört. Er hat immer wieder darauf hingewiesen, dass uns das Verhältnis zur Türkei sehr wichtig ist, dass wir aber darüber, dass wir dort noch die inhaftierten deutschen Staatsbürger haben, sehr ernsthaft mit der Türkei reden müssen. Denn die Vorwürfe sind für uns nicht nachvollziehbar, nach wie vor zum Teil nicht. Das wird, denke ich, auch bei dem kommenden Besuch passieren. Das ist natürlich ein Punkt, an dem wir noch arbeiten müssen, wenn wir auf dem Weg der Normalisierung mit der Türkei weiter vorankommen wollen.

Zusatzfrage: Sehen Sie bei einem oder mehreren der sieben erwähnten Fälle aktuell Bewegung?

Was die Themen der Reise angeht: Wird der Außenminister von Wirtschaftsvertretern begleitet? Kommt er mit Angeboten der Wirtschaft im Gepäck, der Türkei bei den aktuellen wirtschaftlichen Problemen zu helfen?

Adebahr: Meiner Kenntnis nach wird der Außenminister nicht von Wirtschaftsvertretern begleitet, sondern es ist ein politischer Antrittsbesuch.

Zur Frage möglicher Hilfe für die Türkei - oder was auch immer -, haben wir, denke ich, hier in den letzten Tagen alles gesagt. Dazu gibt es keinen neuen Stand.

Zu den einzelnen Haftfällen: Sehen Sie es mir nach. Von diesem Podium würde ich jetzt ungern in einzelne Fälle einsteigen. Das betrifft auch Persönlichkeitsrechte der Betroffenen. Wir arbeiten an allen Fällen intensiv, und hoffen natürlich, dass wir dabei zu Fortschritten kommen.

Frage: Eine Frage zum Familiengeld und der Auseinandersetzung zwischen dem Freistaat Bayern und dem Bundesarbeitsministerium: Herr Ehrentraut, der Freistaat Bayern sagt jetzt, nach Ansicht der Staatsregierung verhinderten Ausnahmeregelungen im Sozialrecht die Notwendigkeit zur Anrechnung, es gebe also aus bayerischer Sicht die Möglichkeit, dieses Familiengeld nicht unbedingt auf Hartz IV anzurechnen.

Machen Sie von dieser Möglichkeit zur Ausnahme Gebrauch?

Ehrentraut: Danke für die Frage. Das gibt mir noch einmal die Möglichkeit, Einiges klarzustellen.

Die Bayerische Staatsregierung hat sich sehenden Auges selbst in diese Situation gebracht. Sie kannte die Rechtslage und wusste, dass das Bayerische Familiengeld als Einkommen gilt und deshalb zwingend auf die Grundsicherung anzurechnen ist. Aus unserer Sicht ist es nicht zu verantworten, dass unterschiedliche Rechtsauffassungen zu den unterschiedlichen Fragestellungen, wie sie jetzt existieren, auf dem Rücken von Familien ausgetragen werden. Aus unserer Sicht ist es auch nicht hinnehmbar, dass diesen Familien Gelder versprochen werden, die sie später zurückzahlen müssen.

Es ist richtig, es gab diversen Kontakt auf diversen Ebenen, zuletzt einen Brief unserer Staatssekretärin, in dem unsere Rechtsauffassung noch einmal deutlich gemacht wurde. Darin haben wir die Bayerische Staatsregierung beziehungsweise das Staatsministerium darauf hingewiesen, dass es zu Zahlungsrückforderungen kommen kann, wenn das Bayerische Familiengeld nicht angerechnet wird. Wir haben das bayerische Staatsministerium auch gebeten, diese Weisung an die zugelassenen kommunalen Träger, die in der Verantwortung der Bayerischen Staatsregierung stehen, zurückzunehmen. Für den Fall, dass diese Weisung vonseiten der Bayern dennoch vollzogen wird, werden wir uns rechtliche Schritte vorbehalten.

Grundsätzlich gilt: Wir als Bundesregierung können uns nicht einfach über Recht und Gesetz hinwegsetzen. Auch eine bevorstehende Landtagswahl rechtfertigt dieses Verhalten der Bayerischen Staatsregierung nicht. Von daher setzen wir darauf, dass es zu einem Einlenken kommt.

Die von Ihnen angesprochenen Ausnahmeregelungen greifen insofern nicht, weil das Familiengeld keinen bestimmten Zweck verfolgt. Es gab einmal ein bayerisches Landeserziehungsgeld. Dieses wurde abgeschafft. Es wurde nicht angerechnet, weil es an einen bestimmten Zweck gebunden war. Es war dafür da, Verdienstausfälle durch Kindererziehung auszugleichen. Voraussetzung dafür war, dass die Berechtigten nicht oder nicht voll erwerbstätig waren. Das nun geplante Familiengeld wird aber völlig unabhängig davon gezahlt, ob jemand gar nicht, nicht oder voll oder uneingeschränkt arbeitet. Von daher greifen, wie gesagt, diese Ausnahmeregelungen nicht. Das Bayerische Familiengeld ist zwingend auf Grundsicherungsleistungen anzurechnen.

Zusatzfrage: Sie sagten, Sie behielten sich rechtliche Schritte vor. Welche Schritte sind denkbar? Welche rechtlichen Optionen gibt es?

Ehrentraut: Sie wissen, dass die Jobcenter unterschiedlich organisiert sind. Es gibt die gemeinsamen Einrichtungen, die unter der Aufsicht der BA stehen, und es gibt die sogenannten zugelassenen kommunalen Träger, die Optionskommunen. Diese stehen unter der Aufsicht des Staatsministeriums in Bayern.

Die Jobcenter, die unter der Aufsicht der BA stehen, werden das Bayerische Familiengeld auf die Grundsicherungsleistung anrechnen. Die Optionskommunen werden das, wie derzeit der Stand ist, offenbar nicht tun. Die Folge wäre, dass wir diese Optionskommunen prüfen werden. Wenn es zu Überzahlungen gekommen ist, dann werden wir diese Gelder von den Kommunen zurückfordern müssen. Das wäre eine äußerst missliche Situation, weil die Kommunen Weisungen befolgen. Das gilt es unbedingt zu verhindern. Von daher - ich sage es noch einmal - setzen wir auf ein Einlenken der Bayerischen Staatsregierung.

Frage: Das heißt aber, dass der einzelne Empfänger nicht befürchten muss, dass das Arbeitsministerium oder die BA Geld von ihm verlangt, sondern es geht immer an die Kommune. Kann das Arbeitsministerium denn irgendetwas direkt gegen die bayerische Staatsregierung tun?

Ehrentraut: Wie gesagt, wir können in dem Bereich tätig werden, in dem wir zuständig sind. Das ist im Bereich der Jobcenter. Die Jobcenter werden alle Familien anschreiben, die ein- oder zweijährige Kinder haben, und auf deren Mitwirkungspflichten hinweisen. Wie gesagt, die Optionskommunen stehen unter alleiniger Verantwortung des bayerischen Staatsministeriums.

Frage: Sie sehen das also als reines Wahlkampfmanöver der Bayern vor der Landtagswahl?

Ehrentraut: Die Deutlichkeit meiner Worte war, glaube ich, klar. Wir sehen es so, dass es zwingend geboten ist, sich an Recht und Gesetz zu halten.

Frage: Herr Ehrentraut, Sie sagten "werden wir ... von den Kommunen zurückfordern müssen". Wer ist "wir" in diesem Zusammenhang?

Ehrentraut: Das BMAS.

Zusatzfrage: Das BMAS kann direkt von Kommunen zurückfordern?

Ehrentraut: Wie gesagt, das gilt es möglichst zu vermeiden. Deshalb setzen wir darauf, dass es hier zu einer Lösung mit der bayerischen Staatsregierung kommt beziehungsweise die Staatsregierung nicht von ihrem Recht Gebrauch macht, diese Weisung zu erteilen.

Frage: Herr Ehrentraut, gibt es außer, wie ich annehme, flottem Briefwechsel zwischen Berlin und München auch direkte Kontakte auf höherer Ebene, also auf Ministerebene oder mit dem bayerischen Sozialministerium? Wie darf ich mir das vorstellen? Schreibt man sich da nur Briefe hin und her?

Ehrentraut: Ich habe ja gesagt, dass es Kontakte auf diversen Ebenen gab. Zu internen Vorgängen und Absprachen kann ich hier keine Stellung nehmen.

Frage: Haben Sie eine Vorstellung, wie viele Kinder oder wie viele Familien da betroffen sein könnten?

Ehrentraut: Wie es heißt, haben im Freistaat Bayern 240 Familien Anspruch auf das Familiengeld. Wie viele nun in den Optionskommunen betreut werden, müssten Sie bitte die bayerische Staatsregierung fragen.

Zusatzfrage: Haben Sie eine Vorstellung, wie viele von den 240 Hartz-IV-Empfänger sind?

Ehrentraut: Nein. Wie gesagt, das sind Zahlen, die die Optionskommunen betreffen, und die liegen dann auch nur dort vor.

Frage: Sie haben gerade von rechtlichen Schritten gesprochen. Auf welcher Ebene muss man sich das dann vorstellen?

Ehrentraut: Der erste Schritt wäre die Prüfung. Da wird eben geschaut, ob es zu Überzahlungen gekommen ist; dann würde es zu Rückzahlungen kommen. Alles Weitere bleibt abzuwarten.

Frage: An Frau Demmer oder Frau Adebahr: Wie bewerten Sie den Besuch des Bundestagsabgeordneten Martin Schulz bei Lula da Silva im Gefängnis, gerade mit Blick auf die anstehenden Wahlen? Welche Auswirkungen könnte das möglicherweise haben?

Adebahr: Dazu kann ich Ihnen gern sagen, dass unsere deutschen Auslandsvertretungen, die Botschaften, die Mitglieder des Bundestages organisatorisch in der Vorbereitung und logistisch bei ihren Auslandsreisen betreuen, sofern das gewünscht ist. Ich möchte aber auch betonen: Die inhaltliche Ausgestaltung liegt bei den Abgeordneten selbst. Martin Schulz ist gewählter Abgeordneter des Deutschen Bundestages und in der Ausübung seines Mandates natürlich frei. Ich möchte diesen Besuch daher auch gar nicht weiter kommentieren.

SRSin Demmer: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Frage: Ich habe noch eine Frage zu den Terminen der Bundeskanzlerin: Ich habe auf Ihrer Liste einen Termin vermisst, Frau Demmer, und zwar ein Treffen mit Macron am nächsten Freitag; das hatte nämlich die französische Regierung eigentlich schon bestätigt.

SRSin Demmer: Ich habe Ihnen jetzt das angekündigt, was anzukündigen ist. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Zusatzfrage: Wenn die eine Regierung sagt "Es gibt so ein Treffen" und die andere Regierung das nicht auf der Liste hat, dann widerspricht sich das ja ein bisschen. Heißt das, Frau Merkel wird Herrn Macron am Freitag nicht treffen?

SRSin Demmer: Das habe ich so nicht gesagt. Ich habe gesagt, dass ich Ihnen jetzt erst einmal die Ankündigungen gemacht habe, die wir haben. Bei allem Weiteren halten wir Sie auf dem Laufenden.

Frage: Ich habe noch eine Frage zu jüngsten Äußerungen von US-Präsident Trump zur Handelspolitik. Er hat in einem Interview mit Bloomberg gestern gesagt - das läuft ja auch schon mehrfach über verschiedene Medien -, dass er das Angebot der EU ablehne und dass die EU im Grunde genommen genauso schlimm sei wie China, nur ein bisschen Kleiner, und er hat auch noch einmal das Gaspipelineprojekt deutlich kritisiert. Gibt es irgendeine Reaktion der Bundesregierung darauf?

SRSin Demmer: Die Aussagen des US-Präsidenten haben wir zur Kenntnis genommen. Ich kann sagen, was wir immer sagen und was weiterhin gilt: Die Bundesregierung lehnt einseitige Zölle ab. Wir sind der Überzeugung, dass es allen Beteiligten zugutekommt, wenn Handelshemmnisse abgebaut werden, anstatt neue Hürden zu errichten. Deswegen wird sich die Bundesregierung auch weiterhin für freien Handel und offene Märkte einsetzen. Aktuell laufen ja die Gespräche zwischen der EU-Kommission und den Vereinigten Staaten über eine Verbesserung der transatlantischen Handelsbeziehungen und eine Stärkung der wirtschaftlichen Beziehungen. Dabei kann die EU-Kommission weiter auf die Unterstützung der Bundesregierung zählen. Einzelfragen zu den Gesprächen möchte ich jetzt nicht kommentieren.

Frage: Steht die Bundesregierung hinter den Aussagen von Herrn Juncker, dass, wenn Trump Autozölle verfügt, Europa genauso nachziehen wird? Steht die Bundesregierung hinter der Position der EU, dem Angebot der EU, alle Autozölle auf null abzubauen?

SRSin Demmer: Da würde ich jetzt das zuständige Ressort um eine Antwort bitten. Wie gesagt, die Gespräche führt die Kommission. Diese Gespräche laufen, und ich möchte sie jetzt nicht weiter kommentieren.

Frage Modes: Ich kann das eigentlich auch nur wiederholen. Die Verhandlungen beginnen jetzt. Die Verhandlungen werden von der EU geführt. Die einzelnen Schritte können wir aktuell nicht kommentieren. Was ganz allgemein die Haltung des Bundeswirtschaftsministeriums betrifft, so hat sich der Minister in den letzten Monaten ja häufig geäußert, und die Haltung ist ganz klar: Wir sollten Zölle senken und nicht erhöhen.

Frage: Zu Chemnitz: Der mutmaßliche Täter Yousif A. hätte ja offenbar nach Bulgarien zurückgeführt werden können. Können Sie sagen, warum das nicht passiert ist?

Neymanns: Ich kann da nicht in die Details gehen; das sind noch teils laufende Verfahren, und es sind ja auch Persönlichkeitsrechte, die dahinterstehen. Das BAMF untersucht gerade genau, wie die Verfahren gelaufen sind. In der Tat hätte einer der beiden Tatverdächtigen wohl im Rahmen des Dublin-Rücküberstellungsverfahrens nach Bulgarien zurückgeschickt werden können. Das ist nicht erfolgt. Warum das nicht erfolgt ist, wird derzeit geprüft.

Zusatzfrage: Das ist ja nicht das erste Mal, dass jemand, der nach Bulgarien hätte zurückgeführt werden können, nicht zurückgeführt wurde. Können Sie sagen, warum es so wenige Fälle gibt, in denen tatsächlich eine Rückführung nach Bulgarien gelingt?

Neymanns: Ich habe jetzt keine einzelnen Zahlen, was Dublin-Rücküberstellungen in Richtung Bulgarien betrifft. Grundsätzlich gilt: Das Dublin-Verfahren regelt die Zuständigkeit. Die Prozesse sind aber auch da nicht unkompliziert. Wenn ein Land zuständig ist, dann muss es auch administrativ zusagen, dass es die Person wieder zurücknimmt. Auf europäischer Ebene laufen seit Langem Gespräche, wie man das Dublin-System effektivieren und verbessern kann. Im Zuge der ganzen Qualitätsmaßnahmen, die im BAMF stattgefunden haben - auch im Zuge des Masterplans Migration -, ist die Dublin-Einheit im BAMF sehr gestärkt worden, sodass dort - ich sage es einmal salopp - mehr Manpower zur Verfügung steht, um genau solche Verfahren zu betreiben und Dublin-Ersuchen auch häufiger zu einer Rücküberstellung zu führen.

Frage: Nur um noch einmal ganz klar zu fragen: Der sächsische Ministerpräsident hat ja heute Morgen auf eine entsprechende Frage hin ganz klar gesagt, die Verantwortung dafür liege beim BAMF und damit beim Bund, wenn da etwas schiefgelaufen sei. Hat er recht?

Neymanns: Wir sind selbstverständlich wie immer sehr dran interessiert, die Vorfälle aufzuklären, soweit der Bund betroffen ist. Wir nutzen solche Fälle auch klar, um eigene Prozesse, Prozesse im BAMF noch einmal zu überprüfen. Ich fände es jetzt ein bisschen früh, um da schon ein Urteil zu fällen. Ich gehe auch davon aus, dass man das nicht monokausal auf einen Grund zurückführen kann. Aber natürlich wollen wir aufklären, natürlich wollen wir dabei mithelfen, und selbstverständlich wollen wir, wenn irgendwo ein Fehler war, zumindest für die Zukunft versuchen, diesen Fehler auszuschließen.

Frage: Nicht zum Fall des Abzuschiebenden, aber auch zu Chemnitz: In den nächsten Tagen werden in der Stadt noch einmal viele Veranstaltungen stattfinden. Viele Politiker - vor allen Dingen aus Parteispitzen - haben angekündigt, dass sie anreisen wollen. Nachdem bereits Frau Giffey da war: Plant noch jemand im Kabinett hinzufahren? Überlegt vielleicht insbesondere der Bundesinnenminister, sich einmal ein Bild von der Lage vor Ort zu machen?

Neymanns: Mir ist derzeit keine konkrete Reise bekannt. Ich weiß aber, dass der Bundesinnenminister noch heute mit dem sächsischen Ministerpräsidenten telefoniert.

Frage: Konkret an Frau Demmer gefragt: Warum fährt drei Jahre nach "Wir schaffen das" Frau Merkel nicht nach Chemnitz?

SRSin Demmer: Die Bundeskanzlerin hat sich ja klar und deutlich geäußert. Für die Bundesregierung steht mit Blick auf diejenigen, die Gewalt säen, die Stimmung machen und Hass streuen, fest: Das geht so nicht, das akzeptieren wir nicht. Die sind aber klar von denen abzugrenzen, die zur bürgerlichen Mitte gehören. Hier müssen wir ins Gespräch kommen, um nicht zuletzt die Zivilgesellschaft vor Ort zu stärken. Aus diesem Grund ist jetzt ja auch die Familienministerin vor Ort, um dort Gespräche zu führen. Dieser Prozess wird ja nicht an diesem Wochenende abgeschlossen sein; vielmehr ist das ein Prozess, der sich sicherlich über die nächsten Wochen und Monate erstrecken wird.

Frage: Herr Neymanns, wer hat denn um dieses Telefonat gebeten und was soll da konkret zwischen Seehofer und dem sächsischen Ministerpräsidenten beschlossen werden?

Neymanns: Ich habe nicht gesagt, dass ein Beschluss ansteht, ich habe nur gesagt, dass sie heute telefoniert haben. Zu Inhalten kann ich Ihnen nichts sagen.

Frage: Ich habe eine Frage zu den Reisen der Bundeskanzlerin und auch des Bundesentwicklungsministers in Sachen Afrika: Frau Adebahr, am Montag und Dienstag steht eine Tschadsee-Konferenz im Auswärtigen Amt an. Wer kommt da alles und was ist das konkrete Ziel der Bundesregierung mit Blick auf diese Konferenz? Was soll das Ergebnis sein, wenn es nach Ihnen geht?

Adebahr: Am 3. und 4. September findet im Auswärtigen Amt eine hochrangige Konferenz zur Tschadseeregion statt, zu der Deutschland, Nigeria und Norwegen sowie die Vereinten Nationen einladen. Die Konferenz hat einen Fokus auf humanitäre Hilfe, auf ganz zentrale Fragen, die in der Region des Tschadsees anstehen, und auf die Stabilisierung und die Entwicklungszusammenarbeit in der Region. Mit unseren Co-Gastgebern und jeweiligen Vertreten der Anrainerstaaten wird der Außenminister die Konferenz am 3. September um 10.15 Uhr eröffnen. Neben den Gastgebern und Ministern der Anrainerstaaten nehmen internationale Partner sowie Regional- und UN-Organisationen an dieser zweitägigen Veranstaltung teil. Darunter werden - darüber freuen wir uns sehr - auch der Nothilfekoordinator der UN, Mark Lowcock, und der Administrator des UN-Entwicklungsprogramms, Herr Achim Steiner, sein. Im Mittelpunkt des zweiten Tages der Konferenz steht ein Austausch mit der Zivilgesellschaft.

Vielleicht noch kurz zur Tschadseeregion: An den See grenzen die Länder Nigeria, Niger, Tschad und Kamerun. Dieser See, diese Region ist leider seit geraumer Zeit und immer wieder Schauplatz einer der größten humanitären Krisen Afrikas. Wir sehen dort auch Sicherheitsproblematiken durch die Terrorgruppe Boko Haram. 2,3 Millionen Menschen sind dort binnenvertrieben, 200 auf der Flucht, und mehr als 10 Millionen Menschen sind in diesen Ländern auf humanitäre Hilfe angewiesen. Deshalb richten wir diese Konferenz aus, um dort unser Engagement, Deutschlands Interesse und mögliche Initiativen, die die Situation lindern könnten, voranzutreiben.

Zusatzfrage: An das AA und das BMZ: Ich höre, dass bei der Konferenz die Anrainerstaaten, also die Betroffenen, nicht einmal auf Ebene der Außenminister in Berlin präsent sind. Gleichzeitig findet in China ein China-Afrika-Gipfel statt, zu dem Dutzende von Staatsoberhäuptern anreisen. Wie groß ist die Gefahr, dass China sich hier den profitableren Aspekten der Beziehung zu Afrika widmet, während Deutschland auf die Themen Migration, Umwelt und Terror schaut?

Adebahr: In der Tat gibt es diese Terminlage. Ich kann Ihnen im Moment nicht aus dem Kopf sagen - vielleicht kann ich das nachreichen -, wer genau aus den Anrainerstaaten auf welcher Ebene vertreten ist. Die Bundesregierung sieht natürlich - ich glaube, die Kanzlerin hat sich auf ihrer Reise auch dazu geäußert - das Engagement, das China weltweit und auch in Afrika betreibt. Deshalb sagt auch die Bundesregierung, dass Afrika für uns ein ganz wichtiger Kontinent in verschiedenen Fragen ist - wirtschaftlich wie natürlich auch in der Migrationsproblematik - und dass wir uns diesem Kontinent stärker widmen müssen - mit den Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit, mit wirtschaftlichen Mitteln, mit Fragen der humanitären Hilfe. Diesem Ziel dient eben auch diese Konferenz.

Mänz: Ich kann vielleicht noch ganz kurz ergänzen: Auch dem Entwicklungsministerium ist natürlich diese Konkurrenz - in Anführungszeichen - durch China sehr bewusst, und auch der Minister hat jetzt im Zuge der Reise, die ihn in Afrika in sieben verschiedene Länder geführt hat, noch einmal ganz vehement an die deutschen Unternehmen appelliert, die Chancen für Investitionen und Engagement, die sich in Afrika bieten, wirklich auch zu nutzen. Unser Ziel als Entwicklungsministerium ist es auch, den Weg für solche Investitionen zu ebnen, beispielsweise durch Reformpartnerschaften. Wenn wir an Ghana denken: Dort unterstützt das Entwicklungsministerium auch durch zusätzliches finanzielles Engagement den Weg Ghanas zu weiteren Reformen, gerade auch im wirtschaftlichen Bereichen, um so den Weg für weitere Investitionen auch von deutschen Unternehmen beispielsweise im Bereich erneuerbare Energien zu ebnen.

Frage: Auch an das Auswärtige Amt, und zwar zu dem Bericht, dass der Außenminister angekündigt habe, mehr Geld für das Palästinenserhilfswerk der UN zu geben. Können Sie das bestätigen und da vielleicht auch schon eine Höhe nennen und vielleicht noch einmal die Hintergründe erläutern?

Adebahr: Ich kann bestätigen, dass der Außenminister gestern in einem Brief an seine Außenministerinnen- und Außenministerkollegen der Europäischen Union geschrieben hat und auf die finanzielle Krise des UN-Flüchtlingshilfswerkes für Palästina, UNRWA, hingewiesen hat. Wie Sie vielleicht wissen, ist das Hilfswerk UNRWA in einer ganz kritischen Situation. Dieses Hilfswerk leistet seit Jahrzehnten einen wirklich essenziellen und substanziellen Beitrag für die palästinensischen Flüchtlinge und somit auch für die Stabilität in der gesamten Region. UNRWA befindet sich momentan in einer prekären Finanzlage. Das ist unter anderem auch deshalb so, weil der, glaube ich, größte Geber, die Vereinigten Staaten, beabsichtigt, sich weitestgehend aus der Organisation zurückzuziehen.

Deshalb finden wir es ganz besonders bemerkenswert und auch begrüßenswert, dass es der Generalsekretär von UNRWA trotz dieser momentan sehr prekären Finanzlage geschafft hat, jetzt zum beginnenden Schuljahr die Schulen zu eröffnen, für die UNRWA verantwortlich zeichnet. Es ist eben auch ein Auftrag an uns alle - so sieht es die Bundesregierung, so sieht das der Außenminister -, das Flüchtlingshilfswerk weiter zu unterstützen. Wir haben im laufenden Jahr 81 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Wir arbeiten jetzt an der Bereitstellung weiterer substanzieller Mittel. Eine konkrete Zahl kann ich Ihnen noch nicht nennen.

Der Außenminister würde sich sehr freuen, wenn seine europäischen Kollegen auch schauen, wie man dieser UN-Organisation weiter beistehen kann und ob es eine Erhöhung der Mittel in anderen Mitgliedstaaten gibt. Das sind dann eben Gespräche, die man jetzt führen muss. Momentan beläuft sich das Defizit auf 217 Millionen US-Dollar.

Politisch werden wir daran weiterarbeiten. Wir planen, in der sogenannten Ministerwoche der VN-Generalversammlung auch ein Event und ein Gespräch dazu zu nutzen, um für einen Beitrag zu dem Hilfswerk zu werben.

Zusatzfrage: Auch wenn Sie die konkrete Höhe nicht nennen können, ist es tatsächlich das Ziel, dass man als EU versucht, diese weggefallenen Zahlungen der USA auszugleichen?

Da es ja nicht das erste Mal ist, dass die USA ankündigen, sich auch finanziell aus UN-Fonds zurückzuziehen, hat man schon einmal beziffert, was das anderen Staaten inzwischen insgesamt kostet?

Adebahr: Mir ist eine solche Statistik - sie wäre im Moment auch hypothetisch - nicht bekannt. Wir sehen in dieser Gesamtfrage natürlich mit Sorge - der Außenminister hat das auch verschiedentlich angesprochen -, dass die Vereinigten Staaten sich aus verschiedenen Organisationen des UN-Systems zurückziehen wollen oder dies beabsichtigen.

Bei UNRWA ist es nun konkret. Dort, wie gesagt, beläuft sich die Lücke auf über 200 Millionen US-Dollar. Der Bundesaußenminister hat gesagt, dass Deutschland allein natürlich diese Lücke nicht wird füllen können. Deswegen werben wir ja innerhalb der Europäischen Union darum, möglichst substanzielle Beiträge dazu zu geben.

Natürlich ist es auf der anderen Seite so, dass wir auch mit unseren amerikanischen Partnern im Gespräch sind und ihnen darlegen, warum aus unserer Sicht ein fortgesetztes starkes US-Engagement in den Organisationen der Vereinten Nationen wichtig, richtig und zielführend wäre.

Frage: Der Bundesinnenminister hat ja gestern seinen tunesischen Amtskollegen in der Sache Sami A. angerufen und ihn noch einmal an die von Deutschland schon erbetene diplomatische Zusicherung erinnert. Jetzt wüsste ich gern, wie die Antwort war. Vielleicht kann auch das Auswärtige Amt etwas dazu sagen, das ja die Abwicklung dieser Angelegenheit übernommen hat.

Neymanns: Es ist richtig, Frau Clasmann: Der Bundesinnenminister hat seinen tunesischen Amtskollegen angerufen und noch einmal auf die Bitte um diplomatische Zusicherung aufmerksam gemacht.

Der Sachverhalt ist sonst klar. Über sonstige Inhalte aus dem Gespräch kann ich derzeit nichts sagen.

Er hat einfach die Bitte übermittelt und gesagt, das wäre für uns wichtig. - Das ist der Sachstand.

Adebahr: Wir haben noch keine Verbalnote oder eine Antwort der tunesischen Seite bei uns zu verzeichnen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesfinanzministerium. Es geht um die Berichterstattung des "Handelsblatt" in Sachen Flüchtlingskosten. Es gibt offenbar eine Kluft zwischen den Erwartungen der Länder und der Bereitschaft des Bundes. Ich würde ganz gern wissen: Wie problematisch ist dieser Dissens? Warum ist es im August, also im zurückliegenden Monat, nicht gelungen, eine Einigung zu erzielen? Wann soll sie kommen?

Fehling: Dazu kann ich Ihnen mitteilen, dass derzeit Gespräche laufen. Ich bitte um Verständnis, dass ich deswegen zu Einzelheiten noch nichts sagen kann.

Frage: Können Sie denn schon bestätigen, dass der Bund nächstes Jahr den Ländern 435 Millionen Euro für die Kinderbetreuung von Flüchtlingen zahlen will?

Fehling: Wie gesagt: Die Gespräche laufen derzeit. Deswegen bitte ich um Verständnis, dass ich das noch nicht bestätigen kann.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundespresseamt: Es geht um die Reise einer AfD-Besuchergruppe zur Gedenkstätte Sachsenhausen; da gab es wohl hetzerische Äußerungen und eine Anzeige der Polizei. Wie wird das Bundespresseamt, das ja diese Reise auch finanziert hat, damit umgehen?

SRSin Demmer: Die Bundesregierung weist jede Relativierung und Verharmlosung der Verbrechen der Nationalsozialisten, des von Deutschland ausgegangenen Vernichtungskrieges und des Holocaust entschieden und unmissverständlich zurück. - Das einmal vorab.

Für den Hintergrund: Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung organisiert und finanziert Informationsfahrten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, bei denen jeder Abgeordnete dreimal im Jahr 50 Bürgerinnen und Bürger aus seinem Wahlkreis nach Berlin einladen kann. Die Fahrten dienen der politischen Bildung und sollen Einblicke in das politische Berlin ermöglichen sowie Kenntnisse über jüngere und deutsche Zeitgeschichte vermitteln. Dazu können unter anderem der Bundestag, die Bundesministerien, das Bundeskanzleramt, das Bundespresseamt, aber eben auch Gedenkstätten, die an die NS-Vergangenheit und die DDR-Geschichte erinnern, besucht werden. Wir organisieren das in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Abgeordnetenbüros.

Ein Besuch der Gedenkstätte und des Museums Sachsenhausen wurde explizit von der Abgeordneten Weidel für die Informationsfahrt gewünscht. Für das Verhalten, das die Besucherinnen und Besucher vor Ort an den Tag legen, ist das Bundespresseamt nicht verantwortlich. In der Regel werden die Gruppen durch eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter der Abgeordneten begleitet. Insofern sind also auch auf der Seite alle Vorfälle bekannt.

Wir stehen zu diesem Thema im Austausch mit den Gedenkstätten. Wir halten die Fahrten zur politischen Bildung für einen wichtigen Baustein unserer Arbeit, aber wir behalten das natürlich auch im Blick.

Frage: Sie sagten gerade, wenn ich Sie richtig verstanden habe, normalerweise seien die Abgeordneten selbst dabei. Das war in diesem Fall, so wie ich es gelesen habe, nicht der Fall. Empfinden Sie das als unüblich? Wird das bei der konkreten Abgeordneten irgendwie Schlussfolgerungen oder Konsequenzen für die Zukunft haben, wenn sie wieder solche Fahrten beantragt? Gibt es dazu Gespräche beziehungsweise Kontakt zu diesem Abgeordnetenbüro?

SRSin Demmer: Normalerweise sind die Abgeordneten dabei, das stimmt. Ich war jetzt bei dem konkreten Fall nicht dabei, deswegen kann ich auch über die Hergänge nichts Genaues sagen. Wir stehen dazu in Kontakt und haben das Problem im Blick.

Frage: Ich möchte im Prinzip die gleiche Frage noch einmal stellen: Frau Demmer, stehen Sie mit Frau Weidel wegen dieses Vorfalls in Kontakt?

SRSin Demmer: Davon kann ich Ihnen nichts berichten.

Frage: Frau Demmer, zum Thema Argentinien: Im Mai hatte der Regierungssprecher im Zusammenhang mit den finanziellen Schwierigkeiten, die Argentinien hat, darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung sowohl mit Argentinien als auch mit dem IWF in engem Kontakt steht. Da ging es damals um finanzielle Hilfen des IWF. Jetzt braucht Argentinien weitere Hilfen. Die erste Tranche ist aufgebraucht. Ich hätte gern gewusst, was diese Kontakte mit Argentinien und dem IWF ergeben haben.

Die zweite Frage wäre, ob durch diese Turbulenzen, in denen Argentinien sich befindet, der G20-Prozess, der ja auch von Deutschland in der letzten G20-Präsidentschaft maßgeblich angeschoben wurde, gefährdet ist.

SRSin Demmer: Ich bin da nicht auf dem aktuellen Stand. Vielleicht kann das Ressort da einspringen.

Fehling: Ich kann nur ganz allgemein sagen: Wenn es um Fragen zum IWF und zu Argentinien geht, dann sind das natürlich Fragen, die zunächst einmal Argentinien und der IWF miteinander besprechen müssen.

Adebahr: Ich kann vielleicht ergänzen, dass die Bundesregierung grundsätzlich begrüßt, dass Staatspräsident Macri in dieser für Argentinien schwierigen wirtschaftlichen Situation das Gespräch mit dem IWF sucht, um alle Möglichkeiten der Stabilisierung der Wirtschaft Argentiniens auszuloten. So wie wir das im Moment wahrnehmen, finden zwischen dem IWF und Argentinien konstruktive Gespräche statt. Wir gehen davon aus, dass der IWF und die argentinischen Behörden gemeinsam gute Lösungen finden werden. Im laufenden IWF-Programm besteht ja auch die Möglichkeit flexibler Anpassungen. Insofern begrüßen wir, dass es da Gespräche und Diskussionen mit dem Ziel der Stabilisierung der argentinischen Wirtschaft gibt.

Frage: Nach dem letzten Gespräch der Kanzlerin mit Wladimir Putin war uns ja berichtet worden, es sei auch vor allen Dingen um Syrien und die Provinz Idlib gegangen. Uns wurde die Einschätzung übermittelt, dass das auf fruchtbaren Boden gestoßen sei. Jetzt sagt Lawrow über Idlib, diese "Eiterbeule" müsse in jeder Hinsicht entfernt werden. Es gibt auch Berichte über Truppenverlegungen, auch der Russen.

Jetzt wüsste ich gern: Haben Sie das Gefühl, dass Deutschland da völlig machtlos ist? Über welche Kontakte, vielleicht auch mit der Türkei, können Sie uns berichten, wenn sich da noch einmal ein ganz großer Flüchtlingsstrom von Idlib in Bewegung setzen sollte?

SRSin Demmer: Die Bundesregierung ist sehr besorgt über die Zuspitzung der Lage im Nordwesten Syriens. Großflächige militärische Operationen des syrischen Regimes in und um Idlib werden zu einer weiteren humanitären Katastrophe führen mit potenziell hunderttausenden schutzsuchenden Menschen in unmittelbarer Nähe zur türkischen Grenze.

Anlässlich ihres Gesprächs - Sie verwiesen darauf - mit Präsident Putin in Meseberg hatte die Bundeskanzlerin in der Tat betont, dass eine humanitäre Katastrophe in Idlib vermieden werden müsse. Wir erwarten zunächst von Russland, das syrische Regime von einer Eskalation abzuhalten und so eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Zentral ist in jedem Fall: Humanitäre Hilfsorganisationen müssen ungehindert Zugang zur Zivilbevölkerung in Stadt und im Umland haben.

Frage: Wenn ich darf, würde ich gern noch einmal auf die Sommerzeit zurückkommen. Vielleicht habe ich das überhört. Ich würde gern wissen: Gibt es eine Meinung der Bundesregierung oder explizit der Kanzlerin zur Sommerzeit?

SRSin Demmer: Ich habe ja gesagt: Wir warten jetzt ab, bis der konkrete Vorschlag der EU-Kommission vorliegt. Dann prüfen wir ihn, und dann positionieren wir uns.

Zusatzfrage: Die Umfrage hat ja ergeben, dass ein ganz großer Teil der Beteiligten aus Deutschland kam und sich ein ganz großer Teil für die Sommerzeit ausgesprochen hat. Glauben Sie nicht, dass sich dazu nicht nur der Kommissionspräsident äußern sollte, sondern auch die Kanzlerin?

SRSin Demmer: Ich sage ja nicht, dass wir uns dazu nicht äußern. Wir warten jetzt erst einmal ab, bis die Kommission ihren Vorschlag mit konkreten Positionen bereichert.

Grundsätzlich haben wir ja den Prozess begrüßt. Ich habe mich dazu eben auch schon geäußert. Es gibt dann ein klares Prozedere. Weil es um eine europaweit geltende Richtlinie auf Vorschlag der Kommission geht, müsste sie dann über den Rat und das EP beraten werden.

Modes: Ich würde noch einmal kurz auf die Frage von eben eingehen wollen, ob wir Studien haben. Im Wirtschaftsministerium liegen da keine Studien vor.

Es gibt aber aus dem Jahr 2007 einen Bericht der EU-Kommission. Da kommt man zu dem Ergebnis, dass negative Auswirkungen nicht nachweisbar sind. Aber es werden insbesondere die positiven Auswirkungen einer harmonisierten Zeitumstellung hervorgehoben.

Zweitens gibt es ein Projekt mit dem Titel "Bilanz der Sommerzeit". Das wurde durch den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages in Auftrag gegeben. Im Februar 2016 kommt der Abschlussbericht zu dem Ergebnis, dass es keine belastbaren Hinweise gibt, wonach die Anwendung der Sommerzeit ernsthafte positive oder negative energetische, wirtschaftliche oder gesundheitliche Effekte nach sich zieht.

Freitag, 31. August 2018

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 31. August 2018
www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2018/08/2018-08-31-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. September 2018

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