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PRESSEKONFERENZ/1604: Regierungspressekonferenz vom 5. Februar 2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 5. Februar 2018
Regierungspressekonferenz vom 5. Februar 2018

Themen: EU-Beitrittsperspektive der Westbalkanstaaten, Reise des Bundesaußenministers in den Kosovo, Legalisierung von Cannabis, Forderungen der EU-Kommission zur Verbesserung der Luftqualität, Reise mehrerer Landtagsabgeordneter auf die Krim, Berichte über den Einsatz von Chlorgas in Syrien, nachträgliche Legalisierung einer israelischen Siedlung im WestJordanland

Sprecher: StS Seibert, Breul (AA), Maschke (BMG), Kock (BMI), Kall (BMJV), Fichtner (BMUB)


Vorsitzende Maier eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Frage: Ich habe zwei Fragen zum Westbalkan.

Herr Seibert, der EU-Erweiterungsprozess soll einen neuen Impuls bekommen. In einem Papier der Kommission soll es morgen heißen, dass Serbien und Montenegro bis 2025 reif seien für eine Mitgliedschaft. Mit welchen Forderungen verbindet die Bundesregierung eine eventuelle Mitgliedschaft dieser beiden Staaten? Geht es dabei als Vorbedingung um die Anerkennung des Kosovo?

In diesem Sinne auch eine Frage an Sie, Herr Breul: Mit welchen Botschaften reist Bundesaußenminister Gabriel am Mittwoch nach Kosovo? Dürfen die Bürger des Kosovo auf eine Visaliberalisierung hoffen?

StS Seibert: Sie wissen, dass die Bundesregierung die sogenannte europäische Perspektive für die Staaten des westlichen Balkan immer für wichtig erachtet hat und dies auch immer betont hat. Nun sprechen Sie diesen Bericht der Kommission an. Dieser Bericht wird morgen veröffentlicht, deswegen möchte ich jetzt nicht unbedingt schon vorgreifen; das muss natürlich genau studiert werden. Klar ist: Etliche dieser Beitrittskandidaten haben noch umfangreiche Reformen in ihren Ländern umzusetzen, und so etwas wie automatisch Beitritte zu vorher festgelegten Daten wird es natürlich nicht geben.

Breul: Ich kann vielleicht noch kurz ergänzen, dass wir es grundsätzlich begrüßen, dass die EU-Kommission diese Strategie vorlegt. Sie unterstreicht damit die Bedeutung, die die weitere Transformation und Stabilität im westlichen Balkan für uns in Europa hat. Es sind noch weitere umfassende und überzeugende Reformen in zentralen Bereichen - gerade den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Wettbewerbsfähigkeit und regionale Kooperation - notwendig. Insbesondere müssen bilaterale Streitigkeiten vor einem Beitritt gelöst sein. Dazu ermutigen wir alle Entscheidungsträger in den betroffenen Ländern.

Zu Ihrer zweiten Frage zur Reise des Ministers: Ich will nicht verhehlen, dass es Überlegungen gibt, diese Woche zu reisen. Genaueres kann ich Ihnen dazu aber noch nicht ankündigen. Vielleicht nur allgemein zur Visaliberalisierung: Sie wissen ja auch, dass das eine gemeinsame Politik der Europäischen Union ist. Insofern wird es für einen deutschen Außenminister schwierig sein, da etwas im Gepäck zu haben.

Frage: An das Gesundheitsressort und möglicherweise auch an das Innenressort: Mich würde die grundsätzliche Position der Bundesregierung zum Thema Legalisierung von Cannabis interessieren.

An das Gesundheitsministerium möchte ich dann auf jeden Fall nachfragen: Gibt es belastbare Statistiken darüber, ob Cannabis im Vergleich zu Alkohol oder Tabak deutlich schlimmere Folgen für die Gesundheit der Konsumenten hat?

Maschke: Derartige Pläne gibt es aktuell nicht. Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass Cannabiskonsum insbesondere bei Kindern und Jugendlichen erhebliche negative gesundheitliche Folgen haben kann. Von daher gibt es keine Pläne, an der aktuellen Rechtslage etwas zu ändern.

Völlig klar ist, dass übermäßiger Alkoholkonsum gesundheitliche Risiken hat. Deshalb klären wir hier als Bundesgesundheitsministerium auch regelmäßig auf, die Drogenbeauftragte klärt auf. Es gibt zum Beispiel auch die Kampagne der BZgA "Kenn dein Limit".

Zusatzfrage: Der Vorwurf des Bundes der Kriminalkommissare ist ja auch, dass sich bei den Drogendelikten zum übergroßen Teil die Polizei vor allem mit den Konsumenten befasst und weniger mit der organisierten Kriminalität. Ist das so? Wenn ja: Gibt es Pläne, das zu verändern, also den Schwerpunkt ein bisschen zu verschieben und mehr gegen die Dealer als gegen die Konsumenten vorzugehen?

Kock: Da bin ich nur sehr bedingt die richtige Ansprechpartnerin, da ja Polizei Ländersache ist und das in den Ländern entschieden wird. Dass Rauschgiftkriminalität im Bereich der organisierten Kriminalität nicht angegangen wird, nicht bekämpft wird, kann ich so überhaupt nicht bestätigen. Es gibt ausgewiesene Kommissariate, es gibt eine ganze Abteilung im Bundeskriminalamt, die sich mit der Bekämpfung von schwerer und organisierter Kriminalität befasst. Dazu gehört auch die Rauschgiftkriminalität, also der Handel mit Rauschgift. Es gibt auch Schwerpunktstaatsanwaltschaften. Ich weiß nicht, ob der Kollege dazu noch ergänzen will.

Kall: Nicht über das hinaus, was Sie schon gesagt haben. Aber danke für den Hinweis auch darauf.

Zusatzfrage: Dann habe ich nur eine kurze Nachfrage an das Innenressort: Nimmt innerhalb der OK die Drogenkriminalität zu, oder ist sie rückläufig?

Kock: Es gibt einen jährlichen Lagebericht zur organisierten Kriminalität. Mir liegt er hier jetzt nicht vor. Das müsste ich gegebenenfalls nachreichen.

Frage (zu Forderungen der EU-Kommission zur Verbesserung der Luftqualität): Eine Frage an das Bundesumweltministerium: Heute läuft die letzte Frist für die Bundesregierung aus, noch einmal neue Maßnahmen an die EU-Kommission zu schicken, um eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zu vermeiden. Welche Angebote hat die Bundesumweltministerin dem Umweltkommissar eventuell noch gemacht?

Fichtner: Das ist nicht ganz richtig. Die Frist läuft am Freitag aus, und zwar Freitag zu Dienstschluss. Was genau wir dann nach Brüssel schicken, werden wir in dieser Woche innerhalb der Bundesregierung abstimmen.

Frage: An Herrn Seibert oder vielleicht das Auswärtige Amt: Es wurde gemeldet, dass am Samstag eine Delegation mit Vertretern aus drei deutschen Landtagen auf der Krim eingetroffen ist. Es handelt sich um Mitglieder der AfD. Können Sie vielleicht etwas dazu sagen?

StS Seibert: Ich kann für die Bundesregierung sagen, dass wir von dieser Reise mehrerer Landtagsabgeordneter der AfD aus den Medien Kenntnis erhalten haben. Wir stehen solchen Reisen grundsätzlich kritisch gegenüber. Aber private Reisen sind nicht von Sanktionen erfasst.

Wir weisen regelmäßig darauf hin, dass die internationale Staatengemeinschaft eine Nichtanerkennungspolitik wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim seitens Russland betreibt. Zu dieser stehen wir unbedingt. Wir warnen vor rechtlichen Folgen, die für diejenigen, die solche Reisen unternehmen, gegebenenfalls in der Ukraine zu erwarten sind.

Breul: Das kann ich nur voll unterstreichen.

Frage: Eine Frage an das Auswärtige Amt: Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, dass in Syrien seitens des Assad-Regimes Chlorgas eingesetzt wurde?

Breul: Vielen Dank für die Frage. Wir sind sehr besorgt ob der Berichte, dass es erneut zu einem Einsatz von Chemiewaffen gekommen sein soll. Wir haben aber keine eigenen Erkenntnisse dazu.

Zusatzfrage: Die Informationen kommen unter anderem von den Weißhelmen. Sie haben diese in der Vergangenheit als eher zuverlässige Quelle bezeichnet. Gilt diese Einschätzung immer noch?

Breul: Wir haben mit den Weißhelmen in der Vergangenheit ja auch zusammengearbeitet. Ich weiß jetzt nicht genau - - - Das sind ja auch unterschiedliche Gruppen an unterschiedlichen Orten usw.

Ich will das jetzt nicht näher bewerten; wir haben einfach im Moment noch keine eigenen Erkenntnisse.

Frage: Wiederum an das Auswärtige Amt: Wie beurteilt die Bundesregierung die nachträgliche Legalisierung einer bis dahin illegalen israelischen Siedlung im WestJordanland, nachdem dort ein Rabbi getötet wurde?

Breul: Grundsätzlich gilt: Wir rufen beide Parteien dazu auf, in dieser schwierigen Phase für den Nahostfriedensprozess einseitige Schritte zu unterlassen. Die gestern beschlossene und von Ihnen erwähnte nachträgliche Legalisierung eines auch nach israelischem Recht illegalen Außenpostens ist ein solcher Schritt. Damit wird per Kabinettsbeschluss eine neue israelische Siedlung geschaffen - auf privatem palästinensischem Land und mitten im WestJordanland. Das finden wir äußerst besorgniserregend.

Zusatzfrage: Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie eben sagten, das sei auch nach israelischem Recht bedenklich? Ich hatte die Position Herrn Netanjahus so verstanden, dass das eine legale und legitime Praxis sei.

Breul: Nein, mein Punkt war die nachträgliche Legalisierung. Bis dato war das nach israelischem Recht illegal, und jetzt erfolgt die Legalisierung

Montag, 5. Februar 2018

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 5. Februar 2018
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2018/02/2018-02-05-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Februar 2018

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