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PRESSEKONFERENZ/1599: Regierungspressekonferenz vom 26. Januar 2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 26. Januar 2018
Regierungspressekonferenz vom 26. Januar 2017

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Kabinettssitzung, Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus, Besprechung mit den Regierungschefs der Länder), Nahostkonflikt, Rüstungslieferungen aus Deutschland an die Türkei, Stuttgart 21, Klage von Vertretern der Herero und der Nama gegen die Bundesregierung, Revisionsprozess um die Gemeinnützigkeit des Netzwerks Attac, Festnahme eines schwedischen Staatsbürgers in China, EU-Flüchtlingspolitik, Jemen-Konflikt

Sprecher: StS Seibert, Adebahr (AA), Einhorn (BMWi), Flosdorff (BMVg), Strater (BMVI), Fehling (BMF), Dimroth (BMI)


Vors. Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Einen schönen guten Tag auch von mir! Ich kann Ihnen drei Termine der geschäftsführenden Bundeskanzlerin in der nächsten Woche nennen.

Der erste ist die Tagung des Bundeskabinetts am Mittwoch zur üblichen Zeit um 9.30 Uhr.

Anschließend wird die Bundeskanzlerin im Deutschen Bundestag an der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus teilnehmen, 73 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz. Die Gedenkveranstaltung findet im Plenarsaal statt. Sie beginnt um 13 Uhr. Es werden auch Vertreter aller anderen Verfassungsorgane anwesend sein. Es begrüßt der Bundestagspräsident Wolfang Schäuble. Die Hauptrede wird in diesem Jahr Frau Anita Laska-Wallfisch halten. Sie war Häftling im Vernichtungslager Auschwitz. Sie ist eine der letzten Überlebenden des sogenannten Mädchenorchesters von Auschwitz.

Am Donnerstag, den 1. Februar, wird die Bundeskanzlerin zu ihrer regulären Besprechung mit den Regierungschefs und -chefinnen der Bundesländer im Kanzleramt zusammenkommen. Die thematischen Schwerpunkte kann ich jetzt nur grob benennen: die Asyl- und Flüchtlingspolitik, Europa, die Stärkung der deutsch-französischen Bildungskooperation, die Umsetzung der Energiewende, die Beteiligung der Polizeien der Bundesländer an internationalen Polizeimissionen und Maßnahmen des Bundes und der Länder zur Reduzierung der Stickoxydbelastung. Das Ganze beginnt um 15 Uhr im Internationalen Konferenzsaal des Kanzleramts. Im Anschluss an die Besprechung wird es eine kurze Pressekonferenz geben - also so, wie Sie das vom Ablauf her eigentlich kennen.

Frage: Herr Seibert, wie reagiert die Bundesregierung auf die Erklärung des amerikanischen Präsidenten gestern in Davos bezüglich Jerusalems und der Zukunft des Friedensprozesses?

StS Seibert: Unsere Haltung sowohl zum Nahost-Friedensprozess als auch zur Frage des Status von Jerusalem ist bekannt. Sie ist durch die gestrige Rede auch nicht in irgendeiner Weise verändert worden. Sie ist hier oft dargestellt worden.

Zusatzfrage: Sehen Sie die Erklärung von Präsident Trump gestern als eine Komplikation für die Zukunft des Friedensprozesses an oder als eine Hilfe für diesen Prozess, wie es vonseiten Israels und Amerikas gemeint wurde?

StS Seibert: Ich möchte hier nicht die Reden anderer Staatsoberhäupter beurteilen. Wir haben eine Politik gegenüber Israel, gegenüber dem, was man den Nahost-Friedensprozess nennt, wobei es im Moment ja bedauerlich wenig Prozess gibt. Sie ist sehr klar und dient dem Ziel, dass es eine Zwei-Staaten-Lösung, verhandelt zwischen Israelis und Palästinensern, gibt, die es diesen beiden Staaten ermöglicht, in Zukunft friedlich, sicher und harmonisch Seite an Seite zu existieren. Das ist das Ziel unserer Politik in der Region. Das kann ich Ihnen jetzt nur als eine unveränderte Haltung der gesamten Bundesregierung darlegen.

Frage: Bewertet es die Bundesregierung als hilfreich für den Friedensprozess, wenn damit gedroht wird, Zahlungen zur Unterstützung der Palästinenser gegebenenfalls auszusetzen, wenn diese nicht in einer bestimmten Form an den Verhandlungstisch zurückkehren?

StS Seibert: Ich sage es noch einmal: Ich habe hier für die Bundesregierung keine Noten zu vergeben. Wir haben unsere Politik gegenüber der Region, gegenüber dem Staate Israel. Das hat sich durch die Ansprache gestern nicht geändert.

Zusatz: Ich frage gar nicht nach Noten. Die Frage ist nur, ob Sie es als hilfreich für einen solchen Prozess ansehen.

Adebahr: Ich kann mit Blick auf das Flüchtlingshilfswerk UNRWA vielleicht noch hinzufügen, dass wir an dem allgemeinen völkerrechtlichen Grundsatz festhalten, dass humanitäre Hilfe nicht politisiert werden darf und dass diese Organisation für die Bundesregierung ein wichtiger Partner und auch ein Stabilitätsanker mit Blick auf die Hilfe für die Palästinenser ist.

Frage: Meine Frage bezieht sich auf einen anderen Aspekt des Israel-Themas. Es geht um die Golanhöhen. Weil am Mittwoch von der Bundesregierung von der territorialen Integrität Syriens gesprochen wurde, die über allem stehe.

Wie bewerten Sie die Ausweitung der Sicherheitszone der Israelis auf den Golanhöhen? Sie wird jetzt 40 km weiter nach Syrien ausgeweitet.

Adebahr: Ehrlich gesagt, kenne ich die konkrete Sachlage und die Berichte darüber nicht und würde das deswegen jetzt ungern kommentieren. Das können wir aber gern noch bilateral aufnehmen.

Frage: Zurück zum Thema Israel/Palästina: Frau Adebahr, inzwischen wurde in Israel bekannt, dass der Außenminister nächste Woche dort doch einen Besuch abstatten wird. Können Sie das bestätigen? Wird dies endlich ein Versöhnungstermin zwischen ihm und dem israelischen Premierminister Netanjahu?

Adebahr: Wir haben hier schon darüber gesprochen, dass der Bundesaußenminister für Ende Januar eine Reise nach Israel plant. Eine konkrete Ankündigung oder ein konkretes Programm habe ich heute noch nicht mitgebracht; sehen Sie es mir nach. Wir werden das tun, sobald es fertig und uns möglich ist.

Frage: Sind Treffen mit israelischen Friedensorganisationen geplant?

Adebahr: Wie gesagt, es ist noch der Stand von vorgestern. Zum konkreten Programm kann ich gern etwas sagen, wenn wir - - -

Zusatzfrage: Wenn wir ein konkretes Programm haben. Aber ob das angedacht ist?

Adebahr: Wir sind in der Planung, und wenn sie fertig ist, teilen wir sie mit.

Frage: Ich habe eine Frage ans Bundeswirtschaftsministerium, eventuell auch an das Verteidigungsministerium. Es geht um die Rüstungslieferungen an die Türkei. Neben den Panzern wurden ja auch ganz viele andere Dinge geliefert. Können Sie uns darüber zumindest einen groben Überblick geben, auch gerade mit Blick auf Sturmgewehre usw.?

Einhorn: Meinen Sie aktuelle Ausfuhren?

Zusatz: Nein, in der Vergangenheit. Ich dachte, aktuell werde nichts ausgeführt.

Einhorn: Die Vergangenheit ist so lang, dass es schwer ist, hier einen Überblick zu geben. Das kann ich Ihnen jetzt nicht geben.

Es gibt unsere Rüstungsexportberichte, in denen über die Genehmigungen in aggregierter Form Auskunft gegeben wird. Darin werden bestimmte Rüstungsgüter zusammengefasst, und dann wird in aggregierter Form für einzelne Länder dargestellt, was genehmigt wurde.

Zusatzfrage: Heißt das, dass Sie dazu jetzt nicht konkreter werden können?

Einhorn: Konkreter als eben kann ich jetzt nicht werden.

Vors. Mayntz: Das Verteidigungsministerium war auch angesprochen.

Flosdorff: Da sich die Zeiträume ja bis in die 90er-Jahre zurückerstrecken, bitte ich um Verständnis. Ich weiß noch nicht einmal, ob die Behörden Ihnen das alles mit einer wochenlangen Recherche zusammenstellen können, was dafür möglicherweise infrage kommt. Das ist sicherlich eine Sache, für die man in die Archive hinuntersteigen müsste.

Frage: Tut die Bundesregierung immer noch so, als ob dort keine Leopard-Panzer eingesetzt werden?

Flosdorff: Das ist eine Suggestivfrage. Wenn Sie die Bundeswehr anschauen - - - Richtet sich die Frage an mich?

Der Auftrag der Bundewehr in Syrien ist ganz klar umrissen. Er steht im Mandat Counter-ISIL, und die Überschrift gibt ja schon den Hinweis darauf, worum es dabei geht: Das ist Aufklärung im Kampf gegen den IS.

Zusatzfrage: Folgt die Bundeswehr der türkischen Armee darin, dass die türkische Armee in Afrin usw. den IS bekämpft?

Flosdorff: Ich kann Ihnen nur sagen, was der Auftrag der Bundeswehr ist.

Zuruf : Nein, nein! Den kenne ich. - Haben Sie eigene Erkenntnisse? Sie fliegen da ja auch.

Flosdorff: Ich habe es Ihnen hier an dieser Stelle schon häufig erklärt. Das Engagement der Bundeswehr sieht folgendermaßen aus: Wir sind in Jordanien stationiert. Die Aufklärungstornados fliegen dort im Auftrag der Aufklärungswünsche anderer Nationen, die Wochen vorher angemeldet werden und die klar definiert sind, auch vom Zielgebiet, gegen den IS. Dort liefern wir Bilder, meistens von Gebäuden. Wir hatten die Thematik, ob zeitnah eine Auswertung erfolgen kann und worüber wir Auskunft geben können - über Stellungen. Diese Daten werden an die Koalition geliefert und dienen dort dem Kampf gegen den IS.

Zusatz Dieser Anti-ISIS-Koalition gehört ja auch die Türkei an. Sie beruft sich darauf, dass sie ISIS bekämpfe, obwohl sie syrische Kurden bekämpft.

Flosdorff: Sie versuchen, hier einen Zusammenhang herzustellen, der nicht mit dem Auftrag der Bundeswehr, der klar im Mandat umrissen ist, in Zusammenhang zu bringen ist.

Zusatzfrage: Ich rede nicht vom Auftrag. Ich rede von Ihrem Koalitionspartner und Nato-Partner, der behauptet, dass er ISIS bekämpft. Sie bekämpfen ISIS ja auch. Ist das, was die Türkei sagt, richtig?

Flosdorff: Es ist hier nicht an mir, das zu bewerten. Ich weiß ja, wohin Sie wollen, aber der Auftrag der Bundeswehr ist ein anderer. Dies ist hier nicht die Stelle, an der die Bundeswehr bewertet, was der Nato-Partner Türkei an einer anderen Stelle tut. Die Bundeswehr fliegt Aufklärungstornados, liefert Aufklärungsbilder von mutmaßlichen Stellungen des IS im Auftrag der Koalition.

Vors. Mayntz: Um diesen Dialog vielleicht ein bisschen abzukürzen: Liegen der Bundesregierung irgendwelche Erkenntnisse über die Natur des türkischen Einsatzes vor? - Offenbar nicht.

Frage: Ja, das wäre ein Teil meiner Frage gewesen, weil Ihr Kollege, Herr Neumann, in den beiden vergangenen Sitzungen der RegPK jeweils erklärt hat, es gäbe keine eigenen Erkenntnisse darüber, ob die Bilder von Lepoard-2-Panzern, die wir gesehen haben, in Zusammenhang mit diesem aktuellen Einsatz der Türkei stehen. Frage vor diesem Hintergrund: Wäre es im deutschen Interesse, über Luftbildaufnahmen zu verfügen, die klarmachen könnten, ob beim aktuellen Einsatz der Türkei in Syrien Panzer aus deutscher Produktion eingesetzt werden? Wenn das im deutschen Interesse wäre, wäre es dann möglich, die Tornados auch dort fliegen zu lassen, damit sie diese Fotos machen können? Wäre vielleicht die Möglichkeit gegeben, dass wir nicht dreimal hintereinander hören "Wir haben keine eigenen Erkenntnisse"?

Flosdorff: Wenn ich das Protokoll der Sitzung der Bundespressekonferenz vom Mittwoch richtig gelesen habe, dann ist hier ja ausgiebig über diese Frage geredet worden. Es ist hier auch von Kollegen Auskunft darüber gegeben worden, auf welchem Wege man sich dort berechtigt darum bemüht, Erkenntnisse darüber zu gewinnen. Das ändert aber nichts daran, dass die Bundeswehr einen auch vom Parlament klar definierten Auftrag hat. Egal wie herum Sie es jetzt irgendwie drehen, ist es einfach an dieser Stelle nicht meine Aufgabe, dieses Interesse zu definieren. Das Interesse ist berechtigt, aber das ist nicht die Aufgabe der Bundeswehr.

Zusatzfrage: Dennoch stelle ich die Frage, und vielleicht richte ich sie an den Regierungssprecher: Hat nicht die Bundesregierung insgesamt ein Interesse daran, zu wissen, ob in diesem Einsatz, wie es Fotos und Aufnahmen des türkischen Fernsehens nahelegen, Panzer aus deutscher Produktion eingesetzt werden? Wenn dieses Interesse besteht, wäre es dann nicht ein Gedanke, den Bundeswehreinsatz in dieser Richtung, was die Tornados betrifft, zu definieren?

StS Seibert: Ich kann Ihnen ganz grundsätzlich darin Recht geben, dass es immer wichtig ist, ein vollständiges Lagebild zu haben, um eine Beurteilung vornehmen zu können. Ich kann Sie vielleicht noch einmal auf die gestrige Erklärung des Bundesaußenministers verweisen, die ja eng mit der Bundeskanzlerin abgestimmt war. In der spricht er ja davon, dass er den Generalsekretär der Nato gebeten hat, also des Bündnisses, in dem sowohl wir als auch die Türkei Mitglied sind, auch innerhalb der Nato über die Lage im Norden von Syrien zu beraten. Das erscheint mir, ehrlich gesagt, auch das bessere Gremium zu sein, als das bilateral zu besprechen. Das wird geschehen. Natürlich wird man versuchen, ein Lagebild herzustellen; das ist doch ganz klar.

Frage: Frau Adebahr, was ist mit der Völkerrechtsfrage? Haben Sie mittlerweile einmal nachgeschaut?

Adebahr: Es geht dabei nicht darum, nachzuschauen oder nicht nachzuschauen, sondern es geht, und insofern gibt es keinen neuen Stand, darum, dass man eine völkerrechtliche Bewertung eben immer nur in Kenntnis der ganz genauen Umstände abgeben kann. Diese Kenntnis der ganz genauen Umstände haben wir nicht. Insofern gibt es keinen neuen Stand im Vergleich zu vorgestern.

Zusatzfrage: Warum haben Sie es denn in der Vergangenheit getan? Wenn die Russen etwas in Syrien gemacht haben, wenn die Syrer selbst etwas gemacht haben, dann haben Sie nicht darauf gewartet, ein vollumfängliches Bild zu haben, sondern Sie haben sofort gewusst und auch zurecht gewusst, dass das Völkerrechtsbrüche sind. Warum ist das in diesem Fall anders?

Adebahr: Sie versuchen jetzt, Sachverhalte aus verschiedenen Richtungen und verschiedenen Zeiten miteinander zu vergleichen. Das würde ich jetzt nicht tun. Hinsichtlich dieser Frage, die Sie zuerst gestellt haben, gibt es im Vergleich zu vorgestern keinen neuen Stand.

Frage: Ich habe zwei Fragen an das Verkehrsministerium, wenn Sie erlauben. Es geht um den Komplex Stuttgart 21. Zum einen würde mich interessieren, wie Sie die erneute Kostensteigerung und Verzögerung bewerten, und zum Zweiten, ob Sie sich über den vereinbarten Kostendeckel hinaus an den Mehrkosten beteiligen, falls ja, in oder bis zu welcher Höhe?

Strater: Vielen Dank für die Frage. - Mit den Kosten- und Terminfragen beschäftigt sich zur Stunde der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn, und wir werden sehen, was dort besprochen oder beschlossen werden wird. Das wird dann ja wahrscheinlich auch anschließend kommuniziert werden. Dem kann ich jetzt nicht vorgreifen. Ich kann mich also jetzt, während der Aufsichtsrat tagt, von dieser Stelle aus nicht zu diesen Fragen äußern; das sehen Sie mir hoffentlich nach.

Zusatz: Die Zahlen stehen ja im Raum.

Strater: Dass sie in der Presse stehen, ist das eine. Ob ich sie hier kommentiere, ist das andere.

Zusatzfrage: Würden Sie sich denn theoretisch an Mehrkosten beteiligen?

Strater: Das ist eine theoretische Frage. Die kann ich hier nicht beantworten. Wir werden jetzt sehen, was der Aufsichtsrat berät, und anschließend kommunizieren.

Frage: Es sind gerade Vertreter der Herero in Berlin. Die haben berichtet, dass das Verfahren vor dem New Yorker Bezirksgericht gestern auf den 14. Februar vertagt worden sei. Ich möchte gerne fragen, ob Sie das bestätigen, und zum anderen wissen, wie aus Sicht der Bundesregierung im Moment der Stand dieses Verfahrens ist.

StS Seibert: Was ich Ihnen dazu sagen kann, ist, dass wir uns zu laufenden Verfahren nicht äußern. Ob es eine Äußerung zu den aktuellsten Ereignissen aus New York gibt, danach müsste ich wirklich das Auswärtige Amt fragen; ich kann das nur grundsätzlich so sagen.

Wir haben ja einen Sonderbeauftragten der Bundesregierung - das ist Ruprecht Polenz -, der mit dem Sonderbeauftragten der Regierung in Windhoek über den Umgang mit den damaligen Vorgängen verhandelt. Es hat, glaube ich, schon sechs oder sieben gemeinsame Treffen gegeben, zuletzt im Herbst des vergangenen Jahres. Es geht bei diesen Gesprächen immer um eine mögliche gemeinsame Erklärung zu den historischen Ereignissen, die die Bundesregierung und Namibia abgeben könnten, und es geht darum, welche neuen, in die Zukunft gerichteten Projekte wir gemeinsam unternehmen könnten. Aus unserer Sicht besteht darauf kein Rechtsanspruch. Es soll eine nächste Verhandlungsrunde geben, wieder in Windhoek, und dafür gibt es noch keinen Termin.

Vors. Mayntz: Möchten Sie das ergänzen, Frau Adebahr?

Adebahr: Nein.

StS Seibert: Wenn ich das noch sagen darf: Wir haben ja schon häufig darüber gesprochen. Deswegen habe ich das jetzt nicht noch einmal ganz weit aufgefächert.

Das grundsätzliche Bekenntnis Deutschlands und der Bundesregierung zur historischen Verantwortung gegenüber Namibia und seinen Bürgern, insbesondere gegenüber den Herero und Nama, steht fest. Wir wollen mit Namibia eine gemeinsame Basis des Umgangs mit unserer Vergangenheit und mit der Zukunft finden. Dazu wollen wir - das braucht es ja auch - ausführlich mit den betroffenen Gemeinschaften diskutieren. Ein Teil von Ihnen hat das Angebot der namibischen Regierung angenommen, war von Anfang an bei den Verhandlungen dabei. Die Bundesregierung setzt sich ein für Versöhnung, für eine würdige Gedenkkultur, für ein Erinnern an die Gräueltaten und an das Leid der Menschen während des deutschen Kolonialkriegs in dem früheren Südwestafrika, das heutige Namibia.

Zusatzfrage: Ich möchte noch einmal auf meine Frage zu dem Prozess zurückkommen. Ist es richtig, dass das verschoben wurde und am 14. Februar der nächste Verhandlungstermin stattfindet? Wissen Sie das? Nach Auskunft der Herero-Vertreter hat die Richterin gesagt, es müsse zunächst eine außergerichtliche Verständigung zwischen den Anwälten beider Seiten oder ein Gespräch stattfinden, bevor überhaupt weiterverhandelt wird. Ich wüsste gern, ob Sie das bestätigen können oder davon wissen.

Adebahr: Wir äußern uns nicht zum laufenden Verfahren. Unserer Kenntnis nach war es aber bei dem gestrigen Termin in New York so, dass nur prozedurale Fragen erörtert wurden. Der Prozess wurde in der Tat vertagt. Gestern gab es da keine inhaltliche Erörterung. Ich könnte jetzt nicht das genaue Datum sagen.

Frage: Können Sie uns einmal aufklären, wer von Regierungsseite an diesem Prozess teilnimmt?

Adebahr: Wir haben ja schon oft unsere Rechtsauffassung zu diesem Prozess in New York dargelegt. Diese ist, dass wir den politischen Prozess führen, den Herr Seibert ausführlich dargestellt hat, aber die Klage wegen des Grundsatzes der Staatenimmunität unzulässig ist. Deshalb ist es nach dem amerikanischen Prozessrecht notwendig, dies dem Gericht auch formal mitzuteilen. Dies haben wir über einen Anwalt gemacht. Es hat also keine inhaltliche Einlassung auf die Klage gegeben, sondern wir haben unsere grundsätzliche Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht.

Zusatzfrage: Das heißt, Sie wollen nicht am Prozess teilnehmen?

Adebahr: Das heißt, wir suchen mit der namibischen Regierung einen politischen Weg. Dieser Dialog findet statt. Unsere Rechtsauffassung zu dieser ganz konkreten Klage ist, dass sie wegen des Grundsatzes der Staatenimmunität unzulässig ist.

Frage: Ich wollte vom Finanzministerium wissen, warum man sich jetzt an dem Revisionsprozess gegen Attac am Bundesfinanzhof beteiligt, Herr Fehling. Also warum sieht das Bundesfinanzministerium es als gegeben an, dass Attac keine gemeinnützige Organisation ist?

Fehling: Zu dem einzelnen Steuerfall kann ich Ihnen hier nichts sagen, weil wir uns zu einzelnen Steuerfällen grundsätzlich nicht äußern. Ich kann sagen, dass es darum geht, wie die Regelungen des Gemeinnützigkeitsrechts zu verstehen sind. Gemeinnützigkeitsrecht bedeutet ja, dass es steuerliche Privilegierungen gibt. Grundsätzlich ist es auch möglich, dass sich die betreffende Organisation in bestimmten Umfang politisch engagiert. Die Frage ist eben: Wie weit kann das gehen? Wo ist da die rechtliche Grenze? - Das ist eine Rechtsfrage. Der Bundesfinanzhof ist jetzt sozusagen aufgefordert, diese Frage verbindlich zu klären.

Zusatzfrage: Wo sehen Sie denn eine Grenze?

Fehling: Ich will jetzt hier in diesem laufenden Verfahren nicht dem Bundesfinanzhof vorgreifen. Aber es gibt eine klare Regelung, dass die politische Aktivität nicht im Vordergrund stehen darf.

Frage: Ich habe für die Kollegen vom Hörfunk eine Frage an Frau Adebahr. Sie ist womöglich ein bisschen schwierig zu beantworten.

Es gibt derzeit Verwerfungen zwischen China und Schweden wegen der Festnahme eines schwedischen Staatsbürgers dort. Ich weiß nicht, ob Sie den Vorgang kennen. Da bitten die Kollegen vom Hörfunk um eine Bewertung Ihrerseits.

Adebahr: Der Vorgang ist mir nicht bekannt. Da kann ich leider keine Bewertung abgeben. Es tut mir leid.

Frage: Noch einmal im Nachgang zu der gestrigen Erklärung aus Sofia, dass die Innenminister die Frage der Quotenregelung zunächst zurückstellen, um andere Verfahrensprozesse zu ermöglichen: Ist das am Ende dann doch so etwas wie eine Kapitulation, weil Ungarn nur noch von Österreich massiv unterstützt wird, oder besteht in Deutschland tatsächlich die Hoffnung, dass es am Ende einen vernünftigen, von allen akzeptierten Verteilungsschlüssel geben kann?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage. Das gibt mir Gelegenheit, hier auch noch einmal einen Versuch zu unternehmen, das etwas einzuordnen. - Die ersten Agenturmeldungen, die gestern nach dem Statement des Ministers in Sofia dazu auf dem Markt waren, waren vielleicht etwas überspitzt. Es ist mitnichten so, dass wir unsere Grundsatzposition auch nur im Ansatz verschieben oder gar aufgeben, was die Frage einer gerechten, solidarischen Verteilung in Europa anbetrifft. Wir sehen das nach wie vor als einen der zentralen Bestandteile der laufenden Reformbemühungen für das gemeinsame europäische Asylsystem.

Was der Minister zum Ausdruck gebracht hat, ist, dass er begrüßt, dass die bulgarische Präsidentschaft jetzt mit Hochdruck und mit großem Ernst Kapitel für Kapitel der vorliegenden Vorschläge verhandeln will, und er appelliert, dass man beginnt, genau diese Kapitel nacheinander abzuarbeiten, ohne sozusagen alles auf Halt zu stellen, weil einige Fragen - darunter eben die Verteilungsfrage - noch nicht geklärt und bekanntermaßen auch sehr streitig sind. Uns geht es darum, jetzt voranzukommen, indem wir Kapitel für Kapitel eine Reihe von anderen wichtigen Politikfeldern in diesem Kontext behandeln und da, wo Einigungsmöglichkeit besteht, möglichst abschließen. Das heißt aber nicht, dass wir bereit wären, auf die Klärung der grundsätzlichen Frage einer Verteilung in Europa zu verzichten.

Zusatzfrage: Gilt für dieses Verfahren die Aussage, die man aus Koalitions- oder Sondierungsgesprächen kennt, dass am Ende nichts beschlossen ist, solange nicht alles beschlossen ist, oder ist das etwas ganz anderes und man sagt: Wenn wir uns über diese eine Sache nachher nicht einigen können, dann gelten aber wenigstens doch die anderen?

Dimroth: Das ist jetzt eine sehr prognostische Entscheidung. Grundsätzlich gilt auch da: Es ist nichts vereinbart, bevor nicht alles vereinbart ist. Das Gesamtpaket muss stimmen, und ich sage noch einmal: Aus unserer Sicht ist die Frage einer gerechten Verteilung innerhalb Europas ein ganz wesentlicher Bestandteil. Genauso richtig ist aber auch, dass andere wichtige Bestandteile beziehungsweise eine Reihe von anderen sehr relevanten Fragestellungen in diesem Dossier enthalten sind - beispielsweise der Außengrenzschutz, beispielsweise die Frage, welchen Familienbegriff wir in Europa beim Flüchtlingsrecht eigentlich zugrunde legen -, die aus unserer Sicht auch gelöst werden müssen.

Das war letztlich der Schwerpunkt dessen, was der Minister gesagt hat. Ihm ist es wichtig, dass man jetzt nicht alles auf Eis legt, nur weil eben eine zentrale Frage bekanntermaßen sehr streitig ist. Man will vielmehr in all diesen wichtigen Punkten vorankommen. Dann wird es aber zum Schluss darauf ankommen, dass das Gesamtpaket stimmt, und wie gesagt: Aus unserer Sicht ist die Verteilung dabei sicherlich ein wichtiger Baustein.

Adebahr: Ich habe noch eine Nachreichung zum Thema China und Schweden zu machen: Wie Sie auch aus einem Statement unserer Botschaft in Peking ersehen können, ist es so, dass wir in diesem Fall die schwedische Haltung und die Haltung der EU zur Inhaftierung von Gui Minhai vollumfänglich unterstützen. Wir teilen die Besorgnis über seine Behandlung und seine Verhaftung durch chinesische Behörden. Wir erwarten von den chinesischen Autoritäten, dass sie ihn unverzüglich freilassen, und es muss möglich sein, dass er konsularisch betreut wird und auch die medizinische Hilfe erhält, die er benötigt. Insofern befinden wir uns diesbezüglich mit Schweden und der Europäischen Union, die sich dazu auch schon geäußert hat, ganz auf einer Linie.

Frage: Weil wir gerade beim Sondierungspapier waren: Herr Seibert, weiß die Bundesregierung mittlerweile, wer die Beteiligten im Jemen-Krieg sind?

StS Seibert: Dazu ist hier alles gesagt, -

Zusatz: Nein, gar nicht.

StS Seibert: - das müssen wir nicht jedes Mal wieder neu aufrollen.

Zusatzfrage: Können Sie mir die Beteiligten im Jemen-Krieg nennen, an die man keine Waffen mehr liefert?

StS Seibert: Das ist doch hier keine Schulstunde. Sie können jederzeit zu den üblichen Suchsystemen greifen und herausfinden, welche Partner sich beispielsweise Saudi-Arabien da gesucht hat. Wir haben gesagt, was das Entscheidende für unsere Entscheidungen bei Rüstungsexportgenehmigungen ist.

Zusatzfrage: Das heißt, nach Amerika wird jetzt nicht mehr exportiert?

StS Seibert: Diese Schlussfolgerung ist ausdrücklich falsch.

Freitag, 26. Januar 2018

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 26. Januar 2018
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2018/01/2018-01-26-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2018

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