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PRESSEKONFERENZ/1450: Regierungspressekonferenz vom 8. Mai 2017 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 8. Mai 2017
Regierungspressekonferenz vom 8. Mai 2017

Themen: Freilassung von Boko Haram verschleppter Mädchen in Nigeria, Personalstärke der Bundeswehr, rechtsextreme Tendenzen in der Bundeswehr, deutsch-französischer Investitionsfonds, von den USA geforderte formale Beteiligung der Nato an Anti-IS-Koalition, Untersuchung der Rolle der Aufklärungsbilder der Bundeswehr bei Luftschlag mit zivilen Opfern in Syrien, Abgeltungssteuer, Sicherheitshinweis des US-amerikanischen Außenministeriums für Reisen nach Europa, Zugehörigkeit Gibraltars zu Großbritannien, Fall des in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel und weiterer deutsch-türkischer Inhaftierter, Wunsch von Opfern des Terroranschlages am Berliner Breitscheidplatz nach einer Begegnung mit der Bundeskanzlerin

Sprecher: StS Seibert, Nannt (BMVg), von Tiesenhausen-Cave (BMF), Schäfer (AA)


Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Meine Damen und Herren, guten Tag! Seit wir uns das letzte Mal hier begegnet sind, hat es eine freudige Nachricht gegeben, die nicht untergehen soll - eine freudige Nachricht in einer insgesamt sehr traurigen Situation; sie kommt aus Nigeria. Sie wissen, dass die Terrororganisation Boko Haram im April 2014 insgesamt 276 Mädchen in Chibok im Nordosten des Landes verschleppt hat. Man mag sich nicht ausmalen, was diese Mädchen seitdem erlitten haben. Nun ist bekannt geworden, dass Boko Haram 82 der Mädchen freigelassen hat. Für sie und ihre Familien hat das schreckliche Leid ein Ende. Die Bundesregierung begrüßt diese Freilassung sehr. Mehr als 100 Mädchen befinden sich allerdings weiter in Gefangenschaft. Wir fordern Boko Haram, wir fordern diese islamistische Terrororganisation auf, umgehend alle weiteren Schülerinnen freizulassen, die vor drei Jahren als unschuldige Geiseln verschleppt worden sind.

Frage: Ich habe eine Frage an das BMVg. Die Verteidigungsministerin sprach gestern im TV von einer Trendwende, die gemacht worden ist. Sie sagte, dass der Tanker - sie meinte damit die Bundeswehr - gedreht und dass sie in der Bundeswehr enorm viel bewegt habe. Ich will in meiner Frage auf die Personalstruktur eingehen. Die aktuelle Personalstärke ist 178. 185 könnte sie haben. Sie will aber natürlich viel mehr einstellen. 198 ist die neue Zahl. Meine Frage: Wie will sie das eigentlich erreichen, und wie definiert sie, dass das BMVg in diesem Punkt Erfolg gehabt hat?

Nannt: Ich glaube, da muss ich ziemlich weit ausholen. Vom Sachstand her: Wir hatten in der Vergangenheit eine Personalobergrenze von 185. Darin eingeschlossen waren auch 2500 Stellen für Reservisten. Wir sind ja insgesamt über 25 Jahre hinweg geschrumpft. Wir hatten letztes Jahr im Mai den Tiefststand im Bereich der Zeit- und Berufssoldaten. Seit Mai oder Juni letzten Jahres sind wir wieder am Wachsen.

Wir haben jetzt einen Plan bis 2024, wonach die Zahl der Personalstellen im Bereich Zivil, aber auch im Bereich Militär anwächst. Im Bereich der militärischen Stellen sind es 198 und im Bereich Zivil 61 Stellen. Wie machen wir das? Wir haben bereits Anfang 2014 mit der Agenda Attraktivität angefangen und damit ein Riesenbündel an Maßnahmen, nämlich 55 Maßnahmen, eingeleitet. Dabei geht es um eine höhere Finanzierung der Gehälter, um mehr Attraktivität sowie um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Wir sehen, dass diese Maßnahmen greifen.

Allein im letzten Jahr haben wir deutlich mehr Personal einstellen können. Wir haben im letzten Jahr 16 Prozent mehr Zeitsoldaten eingestellt. Nur um einmal eine Zahl zu nennen: Im Bereich der IT-Feldwebel hatten wir 60 Prozent mehr Einstellungen. Auch konnten wir die Zahl der Weiterverpflichtungen deutlich erhöhen. Die Serie "Die Rekruten", die wir gemacht hatten, hatte im vergangenen Jahr einen riesigen Erfolg. Es gab deutlich mehr Anfragen im Bereich der Karrierecenter und einen deutlich höheren Zugriff auf die Hotline. Insgesamt haben wir einen deutlichen Anwuchs, der Monat für Monat zunehmen wird. Unser Ziel ist ganz klar: Bis 2024 wollen wir in dieser Richtung weiter wachsen. Das haben wir uns vorgenommen.

Zusatzfrage: Jetzt ist ja das sogenannte Bühler-Papier in der Presse aufgetaucht, also ein Strategiepapier der Abteilung Planung. Darin ist von einer kräftigen Aufrüstung der Bundeswehr die Rede; etwa 40 Bataillone sollen dazukommen. Wenn man das einmal überschlägig mit rund 600 Mann pro Bataillon rechnet, dann komme ich schon allein da auf 21 nur im Heer und in der Streitkräftebasis. Ist das in den Planungen des BMVg, bis zu 198 Sollstellen zu gehen, schon inkludiert, oder kommt das noch obendrauf?

Nannt: Schauen Sie bitte einmal in das Protokoll der Regierungspressekonferenz! Dieses Thema hatten wir schon vor drei Wochen. Die Dinge, die Sie gerade genannt haben, sind völlig falsch.

Zusatzfrage: Können Sie erläutern, was daran falsch ist?

Nannt: Schauen Sie in das Protokoll! Dann sehen Sie es.

Frage (zu rechtsextremen Tendenzen in der Bundeswehr): Herr Nannt, die Ministerin hat gestern von einem Säuberungs-, einem Reinigungsprozess in der Bundeswehr gesprochen. Wenn man diese Begriffe googelt, dann kommt man auf Artikel, die mit Diktatoren verbunden sind, beispielsweise mit Herrn Erdogan. Sind das gestern bewusst gewählte Begriffe der Ministerin gewesen?

Nannt: Was machen wir jetzt? Vielleicht um einfach den Stand zu nennen - dies war schon in der Berichterstattung am Sonntag enthalten -: Der Generalinspekteur hat angewiesen, dass im Zuge der Ermittlungen noch einmal alle dienstlichen Liegenschaften mit Blick auf die Einhaltung der Regelungen zum Umgang mit dem Traditionsverständnis überprüft werden. Diese Überprüfung findet derzeit statt. Sie wird bis zum 16. Mai abgeschlossen sein.

Im Zuge der Aufarbeitung des Falles von Oberleutnant A. wurden in mindestens zwei Kasernen, nämlich in Illkirch und in Donaueschingen, Wehrmachtsdevotionalien gefunden. Wir überprüfen jetzt weiterhin und schauen, ob es im Hinblick auf das Traditionsverständnis der Bundeswehr einen weiteren Handlungsbedarf gibt. Da sind wir jetzt in der Lagefeststellung.

Zusatzfrage: Die Frage bezog sich auf die Begriffe, die die Ministerin in der Öffentlichkeit verwendet.

Nannt: Ich habe Ihnen doch gesagt, was wir gerade machen. Wir machen jetzt die Überprüfung.

Frage: Herr Nannt, wenn ich die Äußerungen der Ministerin richtig wahrgenommen habe, dann hat sie in den vergangenen Tagen in Bezug auf die Überprüfungen mehrfach gesagt, da werde noch mehr hochkommen. Es ist ungewöhnlich, von einer Ministerin zu Beginn eines Prozesses diese Erwartung oder fast schon Gewissheit zu hören. Worauf gründet die sich? Gibt es in Wahrheit doch schon eine Vielzahl von Hinweisen interner Art, was da alles noch kommen wird? Das ist ja eine sehr starke Vermutung.

Nannt: Es sind insgesamt drei Säulen, so will ich es einmal bezeichnen, warum diese Vermutung naheliegt. Erstens. Die Ermittlungen im Fall Oberleutnant A. sind noch gar nicht abgeschlossen. Der Generalbundesanwalt ist insgesamt noch mitten in den Untersuchungen. Die Frage ist: Gibt es vielleicht noch Mitwisser? Gibt es Mittäter? Da ist man noch mittendrin. Hierzu erwarten wir noch weitere Erkenntnisse.

Der zweite Punkt ist, dass im Rahmen solcher Prüfungen, wie ich dies gerade dargestellt habe, auch festgestellt wird: Gibt es vielleicht noch in anderen Bereichen Handlungsbedarf, der bislang noch nicht erkannt wurde?

Die dritte Säule ist, dass man schon spürt, dass aufgrund dieses Themas eine höhere Sensibilität der Soldatinnen und Soldaten sowie der zivilen Beschäftigten und auch der Vorgesetzten vorhanden ist und dass sich dadurch vielleicht auch das Meldeaufkommen erhöht.

Das sind die drei Linien, auf die sich die Aussagen der Ministerin begründen.

Zusatzfrage: Das bedeutet vor allem im Hinblick auf die dritte Säule, dass schon jetzt nach den allerersten Berichten sozusagen von unten nach oben Informationen, Hinweise durchgesickert sind oder weiter kommen, was es an ähnlich einzuordnenden Vorfällen gibt?

Nannt: Genau, wir spüren ein höheres Meldeaufkommen als normal. Das sagt aber nichts über die Qualität aus; das ist ein ganz wichtiger Punkt. Das sagt aber etwas darüber aus, wie Vorgesetzte, vielleicht auch Mitarbeiter Dinge wahrnehmen und dass sie vielleicht verstärkt darauf achten. So ist es vielleicht auch, wenn man sich einen Raum anschaut - Donaueschingen als Beispiel - und sagt: Mensch, das ist vielleicht nicht so, wie es sein sollte. - Das ist einfach der Punkt.

Frage: Ich habe erst einmal eine Frage an Herrn Schäfer, und zwar zu dem deutsch-französischen Investitionsfonds, von dem der Außenminister gesprochen hat. Meine Frage ist, ob das auch mit der Bundeskanzlerin abgestimmt war und ob es konkretere Punkte dazu zu erwähnen gibt. Vielleicht könnten Sie das noch ein bisschen erläutern.

Des Weiteren habe ich noch eine Frage an das Finanzministerium, nämlich ob das auch mit Ihnen beziehungsweise dem Finanzminister verabredet worden ist, ob es dafür Geld gibt und, wenn ja, wie viel.

Schäfer: Wir sind jetzt noch nicht einmal 16 Stunden von dem Moment weg, an dem der neue französische Präsident vom französischen Volk gewählt worden ist.

All das, was der Außenminister gestern zu diesem Thema gesagt hat, ist wohl für alle, die hier auf der Bank sitzen, aber auch für die aufmerksamen Beobachter nichts Neues. Herr Gabriel hat sich in den Wochen vor dieser zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen immer wieder zu der Lage in Frankreich, zum deutsch-französischen Verhältnis und zu der Lage in Europa geäußert. Zuletzt hat er das in einem Namensbeitrag in der großen französischen Tageszeitung "Le Monde" am vergangenen Mittwoch unter der Überschrift "Emmanuel Macron hat recht" getan. Die wesentliche Botschaft, die der Außenminister in diesem Artikel den französischen Leserinnen und Lesern von "Le Monde" mit auf den Weg geben wollte, war, dass es aus seiner Sicht gut ist, wenn Emmanuel Macron französischer Präsident wird, weil er für Europa steht, weil er sich von den Miesmachern, den Populisten und denjenigen mit den einfachen Antworten nicht hat ins Bockshorn jagen lassen, sondern weil er sich aktiv und engagiert für Europa eingesetzt hat.

Er hat auch schon vor der Wahl angekündigt, nämlich am Mittwoch, dass er sich als Außenminister, als Europaminister und dass sich die Bundesregierung gemeinsam mit Frankreich und einem neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron um Europa kümmern möchte, die Aufbruchsstimmung, die sich aus der Wahl von Emmanuel Macron ergibt, zu nutzen, um ein neues, ein besseres Europa zu schaffen. Dazu gehört nach seiner Überzeugung auch, Frankreich dabei zu unterstützen, den neuen französischen Präsidenten dabei zu unterstützen, die ehrgeizige und engagierte Reformagenda, die sich der jetzige französische Präsident auf die Fahnen geschrieben hat, zu fördern und dabei zu helfen. Dazu gehört aus der Sicht des Außenministers auch, öffentliche Investitionen in Gang zu schieben. Darüber redete er in diesem und in einem anderen Kontext nicht zum ersten Mal, sondern dies hat er schon ganz häufig getan.

Den konkreten Vorschlag, zu dem Sie jetzt fragen, müssen Sie so verstehen, dass das ein Vorschlag des deutschen Außenministers an die Adresse der neuen französischen Führung, des neuen französischen Präsidenten ist. Details dazu kann ich Ihnen nicht nennen. Das ist eine Idee, ein politischer Vorschlag, über den dann natürlich innerhalb der Bundesregierung und auch mit unseren französischen Partnern, im Übrigen auch mit unseren europäischen Partnern gesprochen werden kann und gesprochen werden soll, weil wir der Meinung sind, dass jetzt unter keinen Umständen Zeit dabei verloren werden darf, Frankreich dabei zu helfen, seine Reformen umzusetzen und damit wieder der starke Partner Deutschlands und Europas zu sein, den wir brauchen.

Zusatzfrage: Ich verstehe das sehr gut. Vielen Dank für die Erklärung. Aber meine Frage war, ob dieser deutsch-französische Fonds auch mit der Bundeskanzlerin verabredet war, ob es dafür möglicherweise Geld vom Finanzministerium gibt und, wenn ja, wie viel.

Schäfer: Ich kann nur wiederholen: Konkrete Summen, konkretes Kleingedrucktes werden Sie von dieser Bank, ganz bestimmt auch von Herrn Seibert oder von der Kollegin aus dem Finanzministerium jetzt nicht hören können. Worum es geht, ist die grundsätzliche Einstellung des deutschen Außenministers, dass der jetzige französische Präsident, der einen mutigen Wahlkampf geführt hat, der sich für Europa eingesetzt hat und der möchte, dass Frankreich wieder der starke Partner Europas und Deutschlands ist, der es einmal war, die volle Unterstützung Deutschlands verdient hat. Das gilt auch für seine Projekte, Investitionen anzuschieben, die nicht nur die Möglichkeiten für Unternehmen verbessern, Wachstum zu erzeugen, sondern die auch zusätzliche Nachfrage schaffen und deshalb in gleich doppelter Weise dafür eingesetzt werden können, uns in Europa wirtschaftlich und sozial voranzubringen.

StS Seibert: Sie wissen: Die Bundeskanzlerin hat sich über den großen Wahlerfolg Emmanuel Macrons sehr gefreut. Sie hat ihm gestern Abend telefonisch herzlich dazu gratuliert. Macron trägt die Hoffnungen von Millionen von Franzosen; das ist ganz offensichtlich. Aber er trägt auch die Hoffnung vieler Menschen in Deutschland, vieler Menschen in ganz Europa. Er hat - das hat Herr Schäfer gerade schon ganz richtig gesagt - einen wirklich mutigen, proeuropäischen Wahlkampf geführt. Er steht für Weltoffenheit statt Abschottung. Er ist entschieden für eine soziale Marktwirtschaft eingetreten. Das alles sind gute Anknüpfungspunkte für eine vertrauensvolle künftige Zusammenarbeit mit der Bundesregierung.

Die Partnerschaft mit Frankreich ist, war und bleibt ein Grundpfeiler deutscher Politik. Wir stehen in Europa und anderswo vor zahlreichen gemeinsamen Herausforderungen, unsere Länder und die Europäische Union in eine gute, erfolgreiche und sichere Zukunft zu führen. Wir stimmen uns mit der französischen Regierung dabei über viele gemeinsame Schritte ab. Wo immer möglich, gehen wir diese Schritte auch zusammen zum Wohl unserer Länder, nämlich Deutschlands und Frankreichs, aber auch zum Wohl der gesamten Europäischen Union.

In diesem Geist freut sich die Bundeskanzlerin auf die Begegnungen mit dem neuen französischen Präsidenten, auf die Unterhaltungen, die Diskussionen mit ihm. Sie wünscht ihm und damit auch allen Französinnen und Franzosen viel Erfolg.

von Tiesenhausen-Cave: Auch der Bundesfinanzminister hat sich sehr über die Wahl von Herrn Macron zum französischen Präsidenten gefreut. Er freut sich auch auf die Zusammenarbeit mit der künftigen französischen Regierung, wenn sie denn berufen ist. Wenn die neue Regierung im Amt sein wird, wird es viele gemeinsame Themen geben, darunter natürlich auch die Stärkung der Eurozone sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch in Bezug darauf, was die Strukturen, die Governance der Eurozone angeht.

Frage: Herr Seibert, der Außenminister hat ganz klar von der Unterstützung gesprochen, die Deutschland bringen soll, um Macron in Frankreich zu helfen, damit Marine Le Pen im Jahr 2022 nicht gewählt wird. Welche Art von Unterstützung kann sich die Bundeskanzlerin vorstellen? Vielleicht könnten Sie das etwas konkreter beschreiben.

Frau von Tiesenhausen, Herr Macron hat sich offen für einen Eurohaushalt ausgesprochen. Welche Konzepte haben Sie jetzt parat, um die Diskussion und die Debatte um die Stärkung der Eurozone weiterzutreiben?

StS Seibert: Herr Macron ist gestern Abend gewählt worden. Er ist noch nicht einmal im Amt. Ich schlage vor, wir warten erst einmal seine ersten programmatischen Erklärungen als Präsident Frankreichs, seine ersten Begegnungen mit der Bundeskanzlerin und mit anderen europäischen Regierungschefs ab. Deutschland, die Bundesregierung insgesamt wünscht sich, wie gesagt, eine möglichst enge und gute Zusammenarbeit und ist auch zuversichtlich, dass es zu dieser Zusammenarbeit kommen wird. Ich halte es für zu früh, heute, wie Sie es jetzt von mir verlangen, konkrete Punkte zu besprechen. Das fände ich unangemessen.

von Tiesenhausen-Cave: Dem würde ich mich anschließen. Ich möchte nur noch auf etwas hinweisen, da Sie gerade einen Punkt herausgestellt haben. Wenn ich die Vorschläge von Herrn Macron richtig gelesen habe, dann waren in seinen Aussagen im Wahlkampf auch prominent ein europäischer Finanzminister oder eine Art europäischer Haushaltskommissar mit stärkeren Befugnissen enthalten. Insofern wird künftig, wenn die neue Regierung feststeht, sicherlich ein Gesamtpaket in die Diskussion eingebracht. Aber wie Herr Seibert richtig gesagt hat: Warten wir ab, was dann an Vorschlägen kommt.

Zusatzfrage: Ich verstehe die diplomatische Vorgehensweise, dass man erst einmal warten muss. Es gibt aber auch innerhalb der deutschen Regierung eine Diskussion darüber. Herr Gabriel hat gesagt, das, was die Deutschen bisher gemacht hätten, habe die Franzosen tiefer in die Krise gestürzt. Vielleicht kann der Sprecher der Kanzlerin diese Aussage begründen.

StS Seibert: Nein, das glaube ich nicht. Was ich Ihnen noch sagen kann, ist, dass die gute Zusammenarbeit, die die Bundesregierung mit dem neuen französischen Staatspräsidenten und seinem künftigen Team anstrebt, natürlich eine Zusammenarbeit auf der Basis dessen sein wird, was sich die EU-27 zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge gerade erst in Rom gemeinsam vorgenommen haben. Das sind doch die Leitlinien, an denen wir arbeiten. Wir wollen also ein sicheres Europa, ein beschützendes Europa. Wir wollen ein soziales Europa. Wir wollen ein wirtschaftlich starkes Europa. Das sind doch die Grundlagen der gemeinsamen Arbeit in der Europäischen Union. Dabei ist doch vielen in Europa klar, und die Bundeskanzlerin hat es auch immer wieder öffentlich gesagt: Die Europäische Union hat sich in der Vergangenheit manchmal einiges vorgenommen, was dann nicht ausreichend untermauert wurde und nicht ausreichend zu Ergebnissen geführt hat. Das muss sich in den nächsten Jahren ändern - im Interesse unserer Völker. Das sind die Grundlagen der europäischen Erklärung von Rom und auch unserer gemeinsamen deutsch-französischen Zusammenarbeit. Wir verstehen Deutschland und Frankreich als ein Paar, dessen Verpflichtung und Verantwortung es ist, dies auch im europäischen Interesse voranzubringen.

Schäfer: Ich kann mich nur den beiden Vorrednern anschließen und möchte noch einmal ausdrücklich sagen: Natürlich ist es jetzt in erster Linie am neuen französischen Präsidenten, wenn er denn das Amt übernommen haben wird - das geht ja in Frankreich schneller als bei uns und anderswo; ich glaube, nächste Woche wird schon die Amtsübergabe von Präsident Hollande an Präsident Macron erfolgen -, uns, Europa und der französischen Öffentlichkeit seine Vorschläge vorzulegen.

Die Äußerungen des Außenministers müssen Sie so verstehen und können Sie auch so verstehen, dass er sehr offen ist, auf das, was ja bereits bekannt ist und was im Übrigen zu einem Teil gemeinsam mit ihm - damals noch in seiner Funktion als Wirtschaftsminister - ausgearbeitet worden ist, positiv und, soweit es irgend geht, hilfreich zu reagieren.

Um vielleicht noch einmal auf den Vorhalt der ersten Frage zu sprechen zu kommen: Der Text, wie er gestern von Herrn Gabriel in die Öffentlichkeit gegeben worden ist, lautet:

"Deutschland muss jetzt gemeinsam mit Frankreich Verantwortung übernehmen. Es ist in unserem politischen, aber auch in unserem wirtschaftlichen Interesse, Frankreich diese Unterstützung zu geben. Helmut Schmidt und Helmut Kohl haben das gewusst. Wir sollten genauso klug handeln."

In diesem Kontext hat Herr Gabriel ergänzt:

"Wir sollten als Deutsche jetzt gemeinsam mit den Franzosen an einem deutsch-französischen Investitionsfonds arbeiten."

Das bekräftigt und bestätigt, glaube ich, das, was ich gesagt habe, nämlich dass es jetzt darauf ankommt, gemeinsam mit Frankreich, aber mit diesem neuen französischen Präsidenten zusammenzuarbeiten und ihm die Gelegenheit zu geben, uns seine Vorschläge für sein Land, für Europa und für die deutsch-französische Zusammenarbeit zu unterbreiten. Die gestrigen Aussagen dürfen Sie als eine Zusage des deutschen Außenministers und Vizekanzlers wie der ganzen Bundesregierung verstehen, uns diesen Vorschlägen sehr offen zuzuwenden.

Frage: Frau von Tiesenhausen, Herr Seibert, könnten Sie bitte noch einmal die Frage meines Kollegen beantworten - die haben Sie nämlich nicht beantwortet -, ob die gestrigen Äußerungen von Herrn Gabriel mit der Kanzlerin und Herrn Schäuble abgestimmt waren?

Herr Schäfer, wie bewertet es das Auswärtige Amt, dass mehr als ein Drittel beziehungsweise fast jeder vierte Franzose eine aus meiner Sicht rechtsextreme Präsidentschaftskandidatin gewählt hat?

von Tiesenhausen-Cave: Ich glaube, wenn Sie genau hingehört haben, haben Sie gehört, dass der Kollege Schäfer die Antwort selbst gegeben hat.

Zusatzfrage: Die war?

von Tiesenhausen-Cave: Ich will jetzt nicht für den Kollegen Schäfer sprechen - vielleicht spricht er selbst für seinen Außenminister -, aber er hat ja von einer Initiative des Außenministers gesprochen.

Zusatzfrage: Ich verstehe das also richtig, dass das nicht mit Herrn Schäuble oder Frau Merkel abgestimmt war. Korrekt?

StS Seibert: Die Europapolitik der Bundesregierung, um Sie zu beruhigen, ist die Europapolitik der ganzen Bundesregierung.

Schäfer: Es ist genau so, wie die beiden sagen: Das ist eine Initiative des Außenministers, die sich auf der gemeinsamen Europapolitik dieser Bundesregierung gründet.

Zu Ihren Äußerungen zum Thema Le Pen kann ich sagen: Ich weiß nicht, ob Ihre Leser, Ihre Nutzer oder Sie selbst noch öffentlich-rechtliches Fernsehen schauen. Ich tue das noch ab und an und habe da gestern auch den deutschen Außenminister vernommen, der auf die allererste Frage - ich glaube, in beiden Sendern, bei ARD und ZDF -, wie er denn den Wahlsieg einschätze, gesagt hat: Ich bin erleichtert, aber ich bin auch in Sorge, und zwar genau wie Sie, weil da mehr als 10 Millionen Franzosen eine Partei gewählt haben, die sich - jetzt wähle ich die Worte des Außenministers -, wenn man das in das deutsche politische Spektrum überträgt, politisch irgendwo zwischen NPD und AfD bewegt.

Dass uns das Sorgen machen kann und dass es dem deutschen Außenminister große Sorge bereitet, davon können Sie ausgehen. Das mögen Sie auch daran ermessen, dass er auch gestern öffentlich im Fernsehen gesagt hat, und damit kommen wir zu der Debatte, die wir jetzt führen: Wenn wir Frankreich jetzt nicht dabei helfen, seine Reformen in die Tat umzusetzen, dann haben wir in fünf Jahren Le Pen. - Das ist ein ganz wesentliches Motiv für die gestrigen sehr starken und sehr solidarischen Aussagen des deutschen Außenministers an die Adresse des neuen französischen Präsidenten.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, welche Reformen erwartet Herr Gabriel von den Franzosen?

Schäfer: Ich glaube, es führt jetzt zu weit, das im Detail auszuführen. All die Vorschläge, die der französische President-elect Emmanuel Macron gemacht hat, sind ja öffentlich einsehbar. Ein großer Teil davon ist übrigens gemeinsam mit Deutschland entstanden.

Es gibt gemeinsame Papiere von Herrn Gabriel, damals noch Wirtschaftsminister, und Herrn Macron, damals noch Wirtschaftsminister, für eine Reform Europas, für öffentliche Investitionen, für eine Reform der Institutionen der Eurozone und manches mehr; ansatzweise haben wir darüber gesprochen. Aber ich glaube, Sie sollten jetzt nicht erwarten, dass wir hier von dieser Bank aus wohlfeile Vorschläge dazu machen, wie Emmanuel Macron jetzt das Reformprojekt in seinem Land angeht. Das wird er selbst am besten wissen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass er sehr bald sehr klare Vorschläge machen wird. Wir werden uns das, wie gesagt, sehr sorgfältig anschauen und unser Möglichstes tun, um das zu unterstützen.

Frage: Herr Schäfer, Sie sprachen bei diesem Investitionsfonds vom Kleingedruckten. So klein möchte ich ja auch gar nicht werden, denn dabei geht es dann darum, wie Investitionen vergeben werden, wie die Ausschreibungsverfahren sind usw. Aber vielleicht können Sie uns doch einmal eine grobe Linie dessen aufzeigen, wie so ein Investitionsfonds aussehen könnte.

Ich greife die Frage des Kollegen Savelberg noch einmal auf: Was wäre das für eine Dimension? Würde das in Konkurrenz zu dem europäischen Investitionsfonds treten, den es ja bereits gibt und von dem wir wissen, dass es auch sehr schwer ist, Investitionen zu vergeben, weil die Projekte gar nicht da sind?

Schäfer: Das, was der Außenminister da gestern gesagt hat und worauf Sie sich beziehen, schließt für mich weder denklogisch noch semantisch noch sprachlogisch eine Beteiligung Europas oder etwas unter dem Dach Europas aus.

Darüber hinaus gilt, dass das, was der deutsche Außenminister vorgeschlagen hat, ja bereits Gegenstand der Gespräche mit dem Präsidentschaftskandidaten und ehemaligen Wirtschaftsminister Macron gewesen ist. Deshalb noch einmal, und das sagen wir und ich jetzt inzwischen zum dritten Mal: Ich glaube, es wäre jetzt gut, das als einen Vorschlag des deutschen Außenministers wahrzunehmen und zu bewerten - ich überlasse es Ihnen, ob Sie das für vernünftig oder nicht vernünftig halten -, aber es dann doch den jetzt sicherlich sehr bald und sehr intensiv beginnenden deutsch-französischen Beratungen und Konsultationen zu überlassen, was daraus konkret wird. Denn, noch einmal gesagt, es ist jetzt am französischen gewählten Präsidenten, seine Vorschläge auf den Tisch zu legen und seine Vorschläge in Frankreich politisch durchzusetzen. Wir werden alles tun, um diesen seinen Vorschlägen, die uns ja im Wesentlichen bekannt sind, so viel Unterstützung angedeihen zu lassen, wie es nur irgend geht.

Zusatzfrage: Darf ich daraus schließen, dass es dann keine genaueren Vorstellungen des Außenministers gibt, als dass es einen solchen Investitionsfonds geben soll?

Schäfer: Nein, es gibt - - -

Zuruf: Aber wie er aussehen soll, wissen wir nicht.

Schäfer: Ich glaube, es wäre schlicht und ergreifend politisch unklug und auch unfair, so etwas jetzt in die Öffentlichkeit zu tragen, ohne es vorher intensiv mit dem dann ins Amt gekommenen französischen Präsidenten aufzunehmen.

Frage: Ich möchte noch einmal daran anknüpfen. Wenn die Europapolitik also im Auswärtigen Amt gemacht wird und wenn das die Europapolitik für die gesamte Bundesregierung ist, dann denke ich auch, dass der Außenminister nicht einfach so dahersagt, dass es diesen Fonds geben soll, sondern dass das auch vorbereitet und mit anderen Ministerien abgestimmt wird. Sie sprachen in der Tat vom Kleingedruckten, aber es geht dabei bestimmt um 1 Milliarde Euro oder um viele Milliarden Euro. Gibt es also im Bundesfinanzministerium Spielraum dafür, vielleicht aus dem deutschen Budget noch einmal einige Milliarden locker zu machen, um dort einen neuen Fonds aufzulegen? Ich vermute, das wird vorher abgestimmt, wenn das die Europapolitik der gesamten Bundesregierung ist.

von Tiesenhausen-Cave: So sehr das hier auch interessant ist, muss ich mich jetzt einfach wiederholen und sagen: Es handelt sich hierbei um Äußerungen von Herrn Gabriel. Ich kann Ihnen jetzt keine weiteren Details dazu nennen.

Zusatzfrage: Wurde das also nicht abgestimmt?

(Es erfolgt keine Antwort.)

Frage: Herr Schäfer, was ist eigentlich die Erwartung des Außenministers? Erwartet er, dass diese Initiative, dieser Vorschlag bis zu den Bundestagswahlen innerhalb der Regierung diskutiert und kritisiert wird, oder ist das ein Gedanke, ein Vorschlag oder eine Initiative für die Zeit nach den Bundestagswahlen?

Schäfer: Ich glaube, die Zeit, Europa und Frankreich werden nicht auf den innenpolitischen Kalender oder Wahlkalender Deutschlands Rücksicht nehmen. Dass in einer Situation, in der auch die politischen Parteien, die diese Bundesregierung stellen, miteinander oder gegeneinander mit Blick auf die Bundestagswahl in einen Wettbewerb treten und dass das die Sache nicht unbedingt erleichtern mag, das mag sein. Aber deshalb gibt es aus meiner Sicht trotzdem überhaupt keinen Grund, mit irgendetwas zu warten.

Der französische Präsident hat in seinem Wahlkampf immer wieder darauf hingewiesen, wie dringend reformbedürftig sowohl sein Land als auch Europa als Ganzes, die Europäische Union, sind. Ich bin sicher, dass auch der französische Präsident mit seinen Vorschlägen nicht auf den 24. September 2017 warten wird und wir deshalb gut beraten sind, bereits jetzt mit den Franzosen in einer womöglich innenpolitisch nicht ganz einfachen Lage das Gespräch zu suchen.

Es gibt in dieser Frage einen sehr engen Austausch innerhalb der Bundesregierung. Ich weiß, dass sich der deutsche Außenminister über dieses Thema regelmäßig mit der Bundeskanzlerin austauscht. Die Bundeskanzlerin hat bereits gestern mit dem neuen französischen Präsidenten Kontakt aufgenommen. Sobald das neue Team des französischen Präsidenten - Finanzminister, Außenminister - und all die Portfolios, die ganz viel mit dem deutsch-französischen Verhältnis zu tun haben, feststehen werden, wird es dann auch sofort zu neuen Kontakten kommen, und zwar auf der Grundlage dessen, was wir wissen, und auf der Grundlage dessen, was ja bereits gemeinsam besprochen worden ist.

Dass das alles nicht personengebunden ist, mögen Sie auch daran ermessen, dass ja noch Außenminister Steinmeier mit seinem damaligen Amtskollegen Ayrault, der jetzt noch für einige Tage der Amtskollege von Herrn Gabriel sein wird, letztes Jahr unmittelbar nach dem Brexit-Referendum im Vereinigten Königreich Vorschläge für eine Reform Europas gemacht hat, insbesondere in Bezug auf drei Baustellen, nämlich die Reform der Eurozone, mehr innere und äußere Sicherheit für Europa sowie den Umgang mit dem Flüchtlingsthema. Diese drei Themen stehen auch heute noch im Kern dessen, glaube ich, was wir gemeinsam in Europa anpacken müssen. Darüber gibt es innerhalb der Bundesregierung ganz, ganz große Einigkeit.

Frage: Herr Schäfer, Sie haben dieses gemeinsame Papier von Herrn Gabriel und Herrn Macron erwähnt. Ich glaube, sie hatten damals von Eurobonds oder europäischen Gemeinschaftsschulden gesprochen und sich eigentlich dazu bekannt. Ist das immer noch der Fall? Ist der Außenminister immer noch dafür?

Herr Seibert, gilt der Satz der Kanzlerin "Es wird keine Eurobonds geben, solange ich lebe" noch?

Schäfer: Jetzt versuchen Sie mit einem zweiten Punkt - zuerst mit diesem Investitionsfonds und jetzt mit dem Thema Eurobonds -, uns zu Aussagen zu verlocken, in denen Sie vielleicht Widersprüche ermitteln können. Ich kann Ihnen dazu nur sagen, was ich gerade eben gesagt habe: Es ist jetzt am französischen Präsidenten, seine Vorschläge für die Reformen in Frankreich und Europa zu machen. Was das sein wird, das können wir nur ahnen. Das wissen wir nicht. Wir haben dafür wahrscheinlich ein etwas besseres Gespür als die allgemeine Öffentlichkeit, weil sich die handelnden Personen innerhalb der Bundesregierung mit Emmanuel Macron auch im Wahlkampf ausgetauscht haben. Deshalb war er ja auch in Berlin und hat mit der Bundeskanzlerin und jedenfalls auch mit dem Außenminister gesprochen, und zwar auch unter vier Augen.

Aber jetzt muss er erst einmal in sein Amt kommen, jetzt muss er sein Team zusammenstellen. Dann werden wir - ganz bestimmt sehr schnell - wissen, was seine Vorschläge für die anstehenden Reformen sein werden, und dann werden wir uns dazu positionieren.

StS Seibert: Ich kann Ihnen eigentlich zu all dem nur sagen, dass die ablehnende Haltung der Bundesregierung zu Eurobonds weiterhin besteht.

Frage: Herr Schäfer, zusammengefasst: Der Außenminister geht also davon aus, dass mit der Wahl Macrons ein Momentum geschaffen wurde, in dem in Zukunft das vielleicht möglich sein wird an gemeinsamer deutsch-französischer Triebkraft - positiv gesehen -, was mit Hollande zumindest in den letzten Jahren nicht mehr stattgefunden hat, und dass unter diesen Voraussetzungen dieser Ansatz einer, sagen wir einmal, Macron-Ökonomie von Deutschland sehr wohlwollend begrüßt wird?

Schäfer: Ich würde versuchen, den zeitlichen Bogen beziehungsweise vielleicht den historischen Bogen etwas weiter zu ziehen. Das Jahr 2016 war in vielerlei Hinsicht für die Europäische Union so etwas wie ein Annus horribilis, würde ich sagen. Dass wir mit den Ergebnissen des Referendums in Großbritannien zum Brexit im Juni bis heute zu kämpfen haben, verfolgen Sie jeden Tag in den Medien. Wie schwierig das alles sein wird, es hinzubekommen, von 28 auf 27 zurückzudrehen und vernünftige Beziehungen mit Großbritannien in einem außenpolitisch, sicherheitspolitisch und vielleicht sogar historisch sehr schwierigen Umfeld in den Umbrüchen am Anfang des 21. Jahrhunderts, in dem wir uns bewegen, zu gestalten.

Dass wir im Jahr 2017 gute Entwicklungen zu verzeichnen haben, zu denen ich ausdrücklich auch die gestrigen Wahlen in Frankreich rechne, ist richtig. Dazu gehört aber mehr. Dazu gehört auch das Ergebnis der niederländischen Parlamentswahlen, dazu gehört in beiden Ländern ein klares Votum gegen Populisten und Nationalisten und ein klares Votum für Europa. Das ist aus unserer Sicht ein Moment, das Dynamik erzeugt; dieses Momentum müssen wir aber auch aufnehmen, indem wir uns dazu bekennen, dass wir bereit sind, Reformschritte zu gehen, und dass wir bereit sein müssen, manche Orthodoxien hinter uns zu lassen. Das gilt, und das gilt ausdrücklich auch für den Außenminister.

Frage: Herr Schäfer und gegebenenfalls Herr Nannt: Ich habe am Wochenende im "Spiegel" gelernt, dass die USA darauf drängen, dass sich die Nato formal an der Anti-ISIS-Koalition beteiligt. Welche Stellung hat diesbezüglich die Bundesregierung?

Schäfer: Ich habe das, was da im "Spiegel" geschrieben worden ist, sehr aufmerksam gelesen. Es gibt ja sogar Anwesende in diesem Saal, die daran irgendwie beteiligt gewesen sind, wenn ich das richtig sehe.

Für uns ist nicht neu, dass das die Haltung der amerikanischen Regierung ist, und zwar nicht der Administration Trump, sondern schon der Administration Obama. Bei den Nato-Außenministertreffen in den letzten Jahren, bei denen ich dabei war - ich glaube, das waren alle -, seitdem die Anti-ISIS-Koalition im September 2014 gegründet worden ist, war das immer ein Thema und war das immer die Position der Vereinigten Staaten von Amerika, und es war auf manchen dieser Außenministertreffen dann auch die Position des Nato-Generalsekretärs. Das ist jetzt wieder der Fall, und jetzt prallen erneut Argumente aufeinander, ein Für und Wider, das man so oder so sehen kann. Die Haltung der Bundesregierung war bisher, dass sie aus guten und auch für alle Beteiligten - einschließlich der Vereinigten Staaten von Amerika und dem Generalsekretär der Nato - verständlichen Gründen mit anderen Partnern innerhalb der Nato dafür geworben hat, das nicht zu tun.

Wir haben jetzt eine sich verändernde Lage - nicht nur durch eine neue amerikanische Administration, sondern auch dadurch, dass sich die Lage vor Ort, nämlich im Kampf gegen ISIS in Irak und in Syrien, verändert hat. Deshalb werden wir jetzt die amerikanischen Vorschläge und die Vorschläge unserer Partner in diesem Zusammenhang sehr intensiv prüfen. Bis zum 25. Mai haben wir noch 17 Tage, und bis dahin gibt es noch jede Menge Zeit. Es ist ganz normal, dass wir uns auf den verschiedenen Ebenen, auf denen solche Gipfeltreffen vorbereitet werden, im Kreise der 28 Mitgliedstaaten der Nato miteinander beraten. Ich bin mir ganz sicher, dass wir am 25. Mai der Öffentlichkeit ein Ergebnis präsentieren können, das ein Signal der Einigkeit der Nato ist - nicht nur bei Fragen rund um den Artikel 5 und die Bündnisverteidigung, sondern auch bei den sonstigen Fragen, die dort auf der Tagesordnung stehen werden, zu denen ganz bestimmt auch der Beitrag der Nato im Kampf gegen islamistischen Extremismus und Terrorismus steht.

Vorsitzender Mayntz: Herr Nannt, Sie waren auch angesprochen.

Nannt: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Möchte die Verteidigungsministerin, dass die Nato formal Mitglied der Anti-ISIS-Koalition wird?

Nannt: Wir haben das doch gerade eben ausdiskutiert. Die AWACS-Flugzeuge leisten jetzt ja auch einen Beitrag, insofern ist die Nato schon in diesem Bereich mit dabei - das haben Sie vielleicht nicht mitbekommen; das war, glaube ich, schon vor Monaten. Insofern ist das gar keine Frage, die sich stellt. Herr Schäfer hat es gerade ausführlich dargestellt: Man ist jetzt in Diskussionen darüber, wie dieser Auftrag insgesamt fortgeschrieben wird, und dem, was Herr Schäfer gesagt hat, habe ich nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Schäfer, wenn das alles nichts Neues ist, wie Sie gerade so schön gesagt haben - sozusagen kalter Kaffee -, dann müsste die Haltung der Bundesregierung in diesem Fall ja schon abgestimmt sein. Deswegen die Frage an Sie und vielleicht auch an Herrn Seibert: Mit welchem Votum zu dieser Frage - das ist ja formal beantragt worden - fährt die Bundesregierung zu diesem Gipfel?

An Herrn Nannt und an Herrn Schäfer: Ist es möglich, dass es im BMVg und im AA unterschiedliche Haltungen gibt, nämlich dass das BMVg eine solche Zusage durchaus machen würde, um ein positives Signal an Herrn Trump zu senden und ihn vielleicht auch in der Zwei-Prozent-Frage ein bisschen aufzuweichen, während das AA es eher so sieht, dass man in dieser Frage unbeweglich sein will?

Schäfer: Das muss ich dann doch vielleicht etwas entschiedener zurückweisen: "Kalter Kaffee" sind solche Themen nicht. Dass das Thema immer wieder auf die Tagesordnung kommt, heißt ja nicht, dass es nicht relevant und nicht wichtig - und auch nicht wichtig für Deutschland - wäre. Natürlich ist das eine wichtige Frage. Herr Nannt hat gerade zu Recht darauf hingewiesen, dass, ich glaube, alle Mitgliedstaaten der Nato - vielleicht irre ich mich; es ist aber mindestens die ganz überwältigende Mehrheit der Mitgliedstaaten der Nato - als Staaten Mitglied der Anti-ISIS-Koalition sind, so wie Deutschland auch. Bislang hat das Bündnis davon Abstand genommen, als Bündnis der Anti-ISIS-Koalition beizutreten - was die Mitgliedstaaten der Nato nicht davon abhält und auch Deutschland nicht davon abhält, gemeinsam im Kampf gegen ISIS eng zusammenzuarbeiten, und zwar nicht nur im Nato-Kreis, sondern auch mit den anderen Bündnispartnern im Rahmen dieser Koalition, die ja im September 2014 gegründet worden ist und inzwischen, glaube ich, mehr als fünf Dutzend Staaten umfasst.

Was ich gerade eben gesagt habe kann ich eigentlich nur noch einmal wiederholen: Sie können sich ganz gewiss sein, dass es in dieser Frage - in dieser wichtigen sicherheitspolitischen und außenpolitischen Frage - engste Abstimmung zwischen den beteiligten Ressorts und dem Bundeskanzleramt geben wird. Jetzt haben wir noch eine ganze Menge Zeit - genau wie vor allen anderen Nato-Außenminister-, Verteidigungsminister- oder Gipfeltreffen - und werden das in aller Ruhe beraten. Ich glaube auch, dass die Fragen, so wie Sie sie jetzt stellen - einfach Ja/Nein oder so -, sich gar nicht stellen. Es kommt vielmehr immer auf die Frage an: Was bedeutet denn das - was bedeutet das für die Ressourcen der Nato, was bedeutet das für die Finanzierung gemeinsamer Maßnahmen der Nato, was bedeutet das für die Wirkung einer solchen Maßnahme in der Region und bei denjenigen, um deren Köpfe und Herzen wir ringen? Das sind alles schwierige Fragen, die wir jetzt nicht in der Öffentlichkeit diskutieren wollen und werden, sondern die wir miteinander zwischen den zuständigen Experten und zuständigen Politikern einem guten Ergebnis zuführen werden.

StS Seibert: Vielleicht sage ich auch kurz etwas dazu.

Erstens. Die Nato hat schon durch ihren Einsatz in Afghanistan gezeigt, dass sie aktiv im Kampf gegen den Terrorismus ist.

Zweitens. Es ist bereits erwähnt worden: Mit den AWACS-Aufklärungsflugzeugen ist die Nato bereits in gewisser Weise ein unterstützender Teil der Anti-IS-Koalition.

Drittens. Die Bundeskanzlerin hat sich am Wochenende in ihrem wöchentlichen Video-Podcast zu diesem Thema geäußert, und darauf kann ich Sie vielleicht noch einmal hinweisen. Ohne jetzt den Verhandlungen unter den Nato-Partnern und den Gesprächen bei diesem Sondertreffen am 25. Mai vorauszugreifen, hat die Bundeskanzlerin zum Beispiel in Bezug auf Syrien gesagt, was sie für den zielführenderen Ansatz hält: Das ist nicht, dass die Nato dort alleine auftritt, sondern dass sich Koalitionen von Mitgliedstaaten mit regionalen Kräften bilden. Das hat sie als den zielführenderen Ansatz bezeichnet. Die Nato überlegt jetzt, ob sie sich in der Ausbildung im Irak engagieren will, aber insgesamt hält die Bundeskanzlerin regionale Koalitionsbildungen in Bezug auf die Region Syrien für die bessere Antwort.

Das alles greift natürlich nicht dem wichtigen Austausch mit den anderen Nato-Partnern am 25. Mai in Brüssel vor.

Frage: Herr Nannt, vor ein paar Wochen war hier ein Thema, dass deutsche Aufklärungsergebnisse zum Tod von Zivilisten unter anderem in Syrien geführt haben. Das wollten Sie noch untersuchen lassen. Ist die Untersuchung schon durch, gibt es einen Abschlussbericht?

Nannt: Es gibt noch keinen Abschlussbericht, und die Untersuchungen sind nach meinem Kenntnisstand noch nicht abgeschlossen.

Zusatzfrage: Wann können wir damit rechnen?

Nannt: Wenn sie fertig sind.

Zusatzfrage: Wann wird das sein?

Nannt: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Da sollten Sie vielleicht diejenigen fragen, die dafür die Federführung haben, also die Koalition beziehungsweise die Amerikaner, die diese Untersuchungen federführend leiten; da bin ich der falsche Ansprechpartner. Ich kann Ihnen aber sagen: Nach meinem Kenntnisstand sind die Untersuchungen derzeit noch nicht abgeschlossen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Bundesfinanzministerium zur Abgeltungssteuer: Es gab am Wochenende Berichte, laut denen der Finanzminister seine ablehnende Haltung gegenüber der Abschaffung - eine doppelte Verneinung sozusagen - leicht revidiert habe und jetzt danach strebe, die Abgeltungssteuer nur noch bei Zinsen auf das Maß der Einkommensbesteuerung zu heben. Können Sie sagen, ob dem so ist, und das vielleicht noch um eine Begründung ergänzen?

von Tiesenhausen-Cave: Ich habe die Berichte auch gelesen. Sie wissen, dass die Abgeltungssteuer unserer Ansicht nach ein Thema für die nächste Legislaturperiode ist; insofern sind zum jetzigen Zeitpunkt auch noch keinerlei Festlegungen getroffen. Wir werden abwarten, was der automatische Informationsaustausch bringt, der ja dieses Jahr zum ersten Mal stattfindet. Zudem muss man bei der Abgeltungssteuer immer berücksichtigen, dass man sich hier im Kontext der Unternehmensbesteuerung befindet; insofern werden wir auch im Blick behalten müssen, wie sich die Unternehmensbesteuerung international entwickelt. Das führt zu dem Schluss, dass man in der nächsten Legislaturperiode an einem sorgfältigen Gesamtkonzept arbeiten muss, das sowohl die Abgeltungssteuer als auch den Gesamtkontext einer möglichen Reform der Unternehmenssteuer in Deutschland einschließt.

Frage: Vorab möchte ich darauf hinweisen, Herr Schäfer, dass das Auswärtige Amt nachreichen wollte, wie es die US-Reisewarnung für Europa bewertet.

Schäfer: Soll ich das jetzt tun?

Frage: Das können Sie gerne machen. - Außerdem wollte Frau Adebahr nachreichen, wie die Bundesregierung zur Souveränität Gibraltars steht.

Danach würde ich gern noch meine Frage stellen.

Schäfer: Ich bin mir nicht sicher, ob das jetzt wirklich alle unsere Zuschauer und Zuhörer so intensiv interessiert wie Sie, aber selbstverständlich mache ich das trotzdem gerne.

Zu der sogenannten Reisewarnung kann ich jetzt, nachdem ich mir das auch selber angeschaut habe und sich auch die Kollegen das angeschaut haben, sagen, dass das genauso ist wie bei uns: Es gibt auf der Webseite des State Departments, des amerikanischen Außenministeriums, Sicherheitshinweise und Reisewarnungen. Das hier ist ausdrücklich qualifiziert als ein Sicherheitshinweis, ein "Europe Trave Alert" - so nennen die das. Dass das am 1. Mai herausgegeben wurde, ist nur so zu erklären, dass das aus amerikanischer Sicht der Beginn der Feriensaison für die hoffentlich zahlreichen, millionenstarken amerikanischen Touristen ist, die sich in den nächsten Monaten zu uns nach Europa begeben werden, um unsere schönen Landschaften, Städte und Orte zu besuchen. Die Amerikaner machen da etwas, was wir auch machen würden, nämlich dass sie ihre Bürger nach bestem Wissen und Gewissen darauf hinweisen - in der Tat -, dass es in ganz Europa die Gefahr von terroristischen Anschlägen gibt. Ich denke, das ist weder für Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen noch für die deutsche Öffentlichkeit in irgendeiner Weise eine große Überraschung, weil wir bedauerlicherweise erleben mussten, dass es an verschiedenen Orten in Europa - darunter leider auch in Deutschland - in den letzten Jahren in der Tat zu terroristischen Anschlägen gekommen ist. - Das ist das Beste, was ich zu diesem Thema sagen kann.

Zum Thema Gibraltar: Die Frage des völkerrechtlichen Status von Gibraltar ist seit vielen Jahrhunderten massiv umstritten, im Wesentlichen zwischen Spanien und dem Vereinigten Königreich. Sehr viele Völkerrechtler, Wissenschaftler und Politiker haben sich daran schon abgearbeitet. Man könnte, wenn man wollte, sehr viel dazu sagen.

Aber die Haltung der Bundesregierung ist die, darauf zu setzen, dass es nach Jahrhunderten der völkerrechtlichen und politischen Auseinandersetzung zwischen unterschiedlichen Regimen in Spanien und der britischen Krone irgendwann zu einer vernünftigen Lösung kommt, die eine gütliche Einigung zwischen beiden Seiten bedeuten würde.

Vielleicht ist der jetzt begonnene Austrittsprozess des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union eine historische Gelegenheit, diese Fragen vielleicht ein für alle Mal aufzunehmen und zu klären. Ich habe keine konkreten Anhaltspunkte dafür, die mich veranlassen, eine solche Hoffnung zu äußern. Aber es ist klar, das im Zuge des Austrittsprozesses ganz bestimmt von der ein oder anderen Seite, sicherlich auch von der britischen Seite das Thema Gibraltar auf die Tagesordnung gesetzt werden wird.

Die Haltung der Bundesregierung könnte eigentlich gar nicht klarer sein: Wir möchten eine vernünftige und gütliche politische Einigung zwischen denjenigen Staaten, die miteinander dazu völkerrechtlich und politisch im Streit stehen. Das sind in diesem Fall Spanien und Großbritannien. Wir werden uns in diesem Kontext weder auf die eine noch auf die andere Seite schlagen.

Zusatz : Aber das ist ja schon interessant; denn die Briten sagen ja: "Da gibt es nichts zu diskutieren; da gibt es nichts zu verhandeln", und Sie wünschen sich, dass das geklärt wird. Das wünschen sich die Spanier ja auch.

Vorsitzender Mayntz: Was war jetzt Ihre Frage?

Zusatz : Das ist die Verständnisfrage auf die Antwort.

Schäfer: Ich denke, auf spanischer Seite hat man eine ähnliche Position. Da wird auch gesagt: Darüber gibt es nichts zu diskutieren; unsere völkerrechtliche Lage ist völlig eindeutig. - Das ist, wie soll ich sagen, ohne dass es dabei irgendeinen Konnex gibt, bei der Krim genauso. Die einen behaupten, das sei Teil des russischen Staatsgebietes; die anderen sagen, es ist Teil des ukrainischen Staatsgebietes. Dazu haben wir eine klare völkerrechtliche und politische Haltung, anders als in diesem Fall.

Vorsitzender Mayntz: Dann kommen wir jetzt vom Dialog zur letzten Frage.

Zusatzfrage: Was gibt es Neues in Sachen Deniz Yücels und der deutsch-türkischen Inhaftierten? Was haben Sie in den letzten Tagen für deren Freilassung getan?

Schäfer: Ich kann Ihnen leider immer noch nicht davon berichten, dass es uns gelungen wäre, die Haftbedingungen oder die Besuchsmöglichkeiten für Deniz Yücel auszuweiten und zu verbessern. Wir haben genauso wie beim letzten und auch beim vorletzten und vorvorletzten Mal, als Sie diese Frage gestellt haben, eigentlich immer das gleiche Problem, dass wir wegen der doppelten Staatsangehörigkeit von Deniz Yücel keinen völkerrechtlichen Anspruch darauf haben und nur einen politischen Wunsch äußern können, den wir aber so vehement äußern, wie es nur geht. Wir bringen gegenüber der türkischen Seite immer wieder zum Ausdruck, dass der Fall Deniz Yücel tatsächlich so etwas wie ein ständiger Stachel im Fleische der deutsch-türkischen Beziehungen ist, die ohnehin in keinem guten Zustand sind.

Wir müssen feststellen, dass es in der Türkei Vermischungen zwischen der angeblich unabhängigen Justiz und Regierungshandeln gibt. Deshalb bleibt es auch dabei, dass wir uns nicht nur an die türkische Justiz wenden, sondern auch an die türkische Exekutive, die Regierung, mit dem Ziel, das zu erreichen, was wir am Ende erreichen wollen, nämlich eine Freilassung von Deniz Yücel und auf dem Wege dahin verbesserte Haftbedingungen und Besuchsmöglichkeiten.

Frage: Herr Seibert, eine ganz andere Frage, die aber auch mit Zugang zu tun hat. Seit längerer Zeit gibt es den Wunsch der Opfer des Terroranschlages vom Breitscheidplatz, ein Treffen mit der Kanzlerin zu organisieren, ähnlich wie es der Bundespräsident schon getan hat, also ein symbolischer Termin.

Gibt es Planungen für solch einen Termin mit der Bundeskanzlerin? Wenn nicht, warum nicht?

StS Seibert: Der Bundesregierung ist es von Anfang an sehr wichtig gewesen, dass die Opfer und die Familien der Opfer des Anschlags vom Breitscheidplatz eine möglichst gute Begleitung in einer fürchterlich schwierigen menschlichen Situation bekommen. Diese Begleitung ist durch den Berliner Opferbeauftragten geleistet worden. Wie Sie wissen, gibt es jetzt auch einen Opferbeauftragten der Bundesregierung, den ehemaligen Ministerpräsidenten und SPD-Vorsitzenden Kurt Beck, der im Rahmen dieser Tätigkeit jetzt schon Ansprechpartner für Betroffene ist und sich mit Betroffenen auch getroffen hat.

Über weitere Schritte und ein mögliches Treffen mit der Bundeskanzlerin, wie Sie es jetzt ansprechen, kann ich Ihnen im Moment nichts sagen. Uns ist wichtig, dass die Betroffenen die Hilfe, die Unterstützung und auch die Solidarität erhalten, die sie in dieser Situation brauchen, dass sie alle Hilfen bekommen, um auf die Leistungen, die Ihnen zur Verfügung stehen, zurückgreifen zu können - wissend, dass keine materielle Leistung den menschlichen Verlust, den sie erlitten haben, aufwiegen kann. Über weitere Dinge kann ich Ihnen im Moment nichts sagen und würde Sie darüber informieren, wenn es soweit ist.

Zusatzfrage: Ist Ihnen der Wunsch bekannt, der auch, meine ich, über einen Vermittler an die Bundeskanzlerin direkt herangetragen worden ist, dass sie sich als symbolische Geste gern treffen würden?

StS Seibert: Ich muss Ihnen eine Antwort darauf nachreichen.

Vorsitzender Mayntz: Diese Antwort interessiert uns alle.

Montag, 8. Mai 2017

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 8. Mai 2017
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/05/2017-05-08-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2017

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