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PRESSEKONFERENZ/1306: Regierungspressekonferenz vom 21.09.2016 (BPA)



Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 21. September 2016
Regierungspressekonferenz vom 21. September 2016

Themen: Angriff auf einen UN-Hilfskonvoi in Syrien, UN-Gipfel zu Flucht und Migration, Side Event zum globalen Gesundheitskrisenmanagement im Rahmen der UN-Generalversammlung, Kabinettssitzung (Gesetz zur Umsetzung der CSR-Richtlinie, Regelbedarfsermittlungsgesetz 2017, Drittes Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes, Viertes Gesetz zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes, Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit 2015, Bericht des Gesundheitsministers zur medizinischen Versorgung von Asylbewerbern), Hackerangriff auf IT-Systeme des Deutschen Bundestages, Strafbarkeit illegaler Autorennen, mögliches Treffen zwischen der Bundeskanzlerin und dem bayerischen Ministerpräsidenten, Asyl- und Flüchtlingspolitik, geplante Unterstützung für die Deutsche Bahn AG, Pressemitteilung der Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe zur Beschlagnahme von Vermögenswerten in Ägypten, Kuriertätigkeiten des BND für andere Bundesbehörden

Sprecher: SRS'in Demmer, Fischer (AA), Flosdorff (BMVg), Küchen (BMAS), Baron (BMWi), Dimroth (BMI), Strater (BMVI), Malachowski (BMJV), von Tiesenhausen-Cave (BMF)

Vors. Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'IN DEMMER sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS'in Demmer: Der Außenminister hat sich ja schon zu den Angriffen auf den VN-Hilfskonvoi geäußert. Ich möchte hier aber auch noch einmal für die Kanzlerin Stellung nehmen: Die Bundesregierung verurteilt den Angriff auf einen VN-Hilfskonvoi, der am Montag auf dem Weg nach Aleppo war, auf das Schärfste. Offensichtlich besteht aufseiten des Regimes und seiner Verbündeten kaum Interesse an einer politischen Lösung des Konflikts. Wir unterstützen auch im Rahmen der Syrien-Unterstützergruppe Bemühungen, die Waffenruhe wiederherzustellen. Wir sehen dabei neben Russland weiterhin den Iran in der Pflicht, zu einer Deeskalation der Lage und einem Erhalt der Option einer politischen Lösung beizutragen.

Eine Waffenruhe ist unabdingbar für die vereinbarte umgehende humanitäre Versorgung der syrischen Bevölkerung in den belagerten und schwer zugänglichen Gebieten. Der Angriff auf den Hilfskonvoi hat dies noch einmal in schrecklichster Form vor Augen geführt. Mit dem abscheulichen Angriff auf den Hilfskonvoi wurden ein weiteres Mal die bereitstehenden und dringend benötigten Lieferungen durch die Vereinten Nationen verhindert. Leidtragende sind die Menschen in den vom Widerstand kontrollierten Gebieten.

Die Bundesregierung hat keine eigenen gesicherten Erkenntnisse darüber, wer die Verantwortung für diesen Angriff trägt. VN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat die Verantwortlichen für den offenbar gezielten Angriff auf den VN-Hilfskonvoi gestern in seiner Rede vor der VN-Generalversammlung als Feiglinge bezeichnet. Gezielte Angriffe auf humanitäre Lieferungen sind Kriegsverbrechen. Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Besonders schwere Schuld, so der VN-Generalsekretär, habe das syrische Regime in dem seit fünf Jahren tobenden Bürgerkrieg auf sich geladen.

Erneut gesagt: Eine militärische Lösung des Konflikts wird es nicht geben. Die Parteien müssen sich in einem Verhandlungsprozess auf einen politischen Transitionsprozess einigen.

Frage : Frau Demmer, Sie sagten jetzt mehrfach "Angriff" und nicht "Luftangriff". Die Amerikaner und ihre Alliierten sprechen von Luftangriffen. Warum benutzen Sie nicht das Wort Luftangriff? Haben Sie, Herr Fischer oder vielleicht auch Herr Flosdorff eigene Erkenntnisse?

SRS'in Demmer: Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse.

Fischer: Vielleicht kann man es so sagen: Wir haben noch kein abschließendes Bild des Angriffs, kein abschließendes Lagebild dessen, was passiert ist. Aber genauso wie Sie haben wir natürlich Berichte darüber gehört, dass der Angriff aus der Luft erfolgt ist. Das ist der derzeitige Stand.

Aber das zeigt natürlich nur, dass dieser Vorfall dringend aufgeklärt werden muss und dass dieser Angriff gegen humanitäre Helfer, der jeglicher Menschlichkeit widerspricht, dann auch nach seiner Aufklärung zu Konsequenzen führen muss. Deshalb hat der Außenminister, hat die Bundeskanzlerin und hat die Weltgemeinschaft diese abscheuliche Tat auch sehr klar verurteilt. Am Ende gilt nämlich unabhängig davon, von wo dieser Angriff erfolgt ist, ob aus der Luft oder vom Boden oder von anderer Seite aus: Das bleibt ein Verstoß gegen humanitäres Kriegsrecht.

Zusatzfrage : Aus der Luft können ja nicht nur die syrischen und die russischen Flieger angreifen, sondern auch wir, also die Anti-ISIS-Koalition. Können Sie ausschließen, dass wir das waren, Herr Flosdorff?

Flosdorff: Da die Bundeswehr selbst keine Luftangriffe fliegt, kann ich hier gar nichts ausschließen.

Zusatzfrage : Aber die Anti-ISIS-Koalition - - -

Flosdorff: Es gibt ja Äußerungen in der Presse. Dort haben sich bereits amerikanische Quellen geäußert, die sicherlich über einen sehr guten Überblick darüber verfügen, was es innerhalb der Koalition an Aktivitäten gibt. Das wird ja über ein gemeinsames Hauptquartier koordiniert. Ich denke, solche Aussagen sind belastbar.

Frage: Die schwache Uno ist eigentlich der Hauptgrund dafür, dass dieses Wirrwarr in der Welt weitergeht. Gibt es deutsche Pläne für einen dritten Anlauf, die Uno zu reformieren, damit sie ihre Aufgabe besser erledigen kann?

Fischer: Es gibt, glaube ich, ständige Bemühungen, die Uno zu reformieren und sie auf die Herausforderungen der globalisierten Welt und der veränderten Machtverhältnisse in der Welt einzustellen. Gerade heute wird sich der Außenminister in New York im Rahmen der G4-Initiative gemeinsam mit den Außenministern aus Brasilien, Indien und Japan treffen, um über die Reform der Uno zu sprechen, zu beraten und zu schauen, wie wir da weiter vorangehen können.

Frage : Das Weiße Haus gibt ja den Russen die Schuld für den Angriff. Was wissen denn die amerikanischen Alliierten mehr als Sie?

Fischer: Ich kann Ihnen nicht sagen, was die amerikanischen Alliierten mehr wissen als Sie. Ich kann mich nur dem anschließen, was Herr Flosdorff gesagt hat. Ich kann auch nur an den Vorfall vor wenigen Tagen erinnern, als es einen Angriff auf syrische Streitkräfte gegeben hat, bei dem die Urheberschaft sehr schnell klar war und auch sehr schnell bekannt wurde. Insofern glaube ich, dass hier eine transparente Form der Kommunikation vorliegt und wir keine Erkenntnisse darüber haben, dass alliierte Flugzeuge oder Flugzeuge der Anti-ISIS-Koalition dort zu diesem Zeitpunkt operiert haben.

Zusatz : Aber ausschließen können Sie es nicht. So habe ich Sie verstanden, Herr Flosdorff.

Flosdorff: Ich werde hier gar nichts, was inneroperative, vertrauliche Operationen angeht, bestätigen oder ausschließen. Ich habe hier nur darauf verwiesen, dass ich die Stellen, die sich dazu geäußert haben, für vertrauenswürdig und belastbar halte.

SRS'in Demmer: Es geht um den VN-Gipfel. Wie Sie wissen, haben am Montag und am Dienstag im Rahmen der UN-Generalvollversammlung in New York zwei wichtige Gipfel zum Thema Flucht und Migration stattgefunden. Darüber hinaus fand am Montagabend am Rande der UN-Generalversammlung eine hochrangige Veranstaltung zum globalen Gesundheitskrisenmanagement statt.

Beim UN-Gipfel zu Flucht und Migration am Montag haben die Teilnehmerstaaten die bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen zum Schutz von Flüchtlingen und Migranten noch einmal bekräftigt. Es ging darum, politische Weichen für eine globale Verantwortungsteilung zu stellen. Deutschland ist einer der größten internationalen Geber und versucht, auch andere Länder zu mehr Hilfe zu motivieren. Bundesentwicklungsminister Müller, der die Bundesregierung auf dem Gipfel vertreten hat, verdeutlichte die deutsche Haltung. Er forderte mehr internationale Solidarität bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise und mahnte, es müssten sich mehr Länder als bisher an der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen.

Bei dem gestrigen US-Flüchtlingsgipfel, bei dem Deutschland neben Schweden, Kanada, Mexiko, Äthiopien, Jordanien und dem UN-Generalssekretär Mitgastgeber war, wurden die Forderungen vom UN-Gipfel am Montag operationalisiert. Zum einen einigten sich die Teilnehmerstaaten darauf, in diesem Jahr insgesamt 360 Flüchtlinge über Resettlement oder andere legale Aufnahmewege aufzunehmen und die Aufnahmemöglichkeiten für Flüchtlinge im Vergleich zum vergangenen Jahr damit erheblich zu erhöhen. Zum anderen wurde vereinbart, die finanziellen Zusagen für humanitäre Hilfe im Vergleich zum Jahr 2015 um 4,5 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. Darüber hinaus verständigten sich die Teilnehmerstaaten darauf, die Lebensbedingungen von Flüchtlingen zu verbessern, zum Beispiel durch einen besseren Zugang zu Bildung und Beschäftigung.

Die Bundesregierung ist erfreut über die Anerkennung unserer Flüchtlingspolitik durch die amerikanische Regierung, wie sie Präsident Obama in seiner gestrigen Rede deutlich zum Ausdruck gebracht hat.

Am Rande der UN-Generalversammlung fand am Montagabend außerdem ein hochrangiges Side Event zum globalen Gesundheitskrisenmanagement statt, bei dem die Bundesregierung ebenfalls von Bundesentwicklungsminister Müller vertreten wurde. Unsere klare Botschaft war dabei, dass Deutschland weiterhin Verantwortung für die globale Gesundheit übernimmt, ganz im Sinne des 6-Punkte-Plans, den die Bundeskanzlerin Anfang 2015 in Reaktion auf die Ebolakrise vorgelegt hatte. So beteiligt sich Deutschland an der Umsetzung der Reformen im globalen Gesundheitskrisenmanagement, zum Beispiel durch die Finanzierung der neu geschaffenen "UN Global Health Crisis Task Force" mit einem Drittel der jährlichen Kosten. Außerdem unterstützt Deutschland den Notfallfonds der WHO und die von der Weltbank geschaffene "Pandemic Emergency Financing Facility", um im Krisenfall schnell finanzielle Hilfe zu gewähren.

Dann kommen wir jetzt zum Kabinett. Das Kabinett hat heute den Entwurf eines Gesetzes beschlossen, mit dem die sogenannte CSR-Richtlinie umgesetzt werden soll. CSR steht für Corporate Social Responsibility, also für die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft. Die Richtlinie dient dazu, Regelungen zu treffen, die das Vertrauen von Investoren sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern in Unternehmen stärken sollen. Konkret müssen bestimmte Unternehmen künftig mehr als bisher über die nichtfinanziellen Aspekte ihrer Tätigkeit berichten. Durch die neuen Vorgaben für die Berichterstattung soll mittelbar auch das Handeln der Unternehmen beeinflusst werden: es soll ein Anreiz geschaffen werden, nichtfinanziellen Belangen und damit verbundenen Risiken, Konzepten und Prozessen stärkeres Gewicht in der Unternehmensführung beizumessen.

Dann hat das Bundeskabinett das Regelbedarfsermittlungsgesetz 2017 beschlossen. Die Bundesregierung ist beim Vorliegen einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe verpflichtet, die Höhe der Regelbedarfe in der Grundsicherung für Arbeitssuchende und Sozialhilfe grundlegend zu überprüfen und neu festzusetzen. Nach Auswertung der EVS 2013 ist dies nunmehr erfolgt.

So steigt für einen alleinstehenden Erwachsenen ab 01.017 der Regelbedarf um 5 Euro auf 409 Euro. Einen größeren Anstieg gibt es bei den 7- bis 14-Jährigen. Hier steigt der Bedarf um 21 Euro auf 291 Euro. Ursache dafür ist ein höherer Bedarf an Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken in dieser Altersklasse.

Künftig erhalten erwachsene Sozialhilfeempfänger 100 statt 80 Prozent, wenn sie zum Beispiel mit den Eltern in einer Wohnung leben. Die Bundesregierung setzt damit mehrere Urteile des Bundessozialgerichts um, das in den geringeren Leistungen eine Diskriminierung sah. Davon profitieren in erster Linie erwachsene Menschen mit Behinderungen. Zudem können erwachsene Sozialhilfeempfänger künftig leichter ihre Kosten für Unterkunft und Heizung geltend machen, wenn sie beispielsweise im Haushalt der Eltern leben. Auch dies ist eine wesentliche Verbesserung für erwachsene Menschen mit Behinderungen.

Im Bereich des SGB XII für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ergeben sich Mehraufwendungen von insgesamt 129 Millionen Euro, die aufgrund der Erstattung der Nettoausgaben auf den Bund entfallen. Auf die Länder und Kommunen entfallen rund 16 Millionen Euro für die Hilfe zum Lebensunterhalt.

In der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II ergeben sich für den Bund Mehrausgaben von 70 Millionen Euro in 2017.

Hinzu kommen aufgrund der Fortschreibung der Regelbedarfe von 2016 auf das Jahr 2017 Mehrkosten in Höhe von rund 390 Millionen Euro.

Dann hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes beschlossen. Die Bundesregierung ist beim Vorliegen einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe verpflichtet, die Höhe der Leistungssätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ebenso neu zu ermitteln wie die Höhe der Regelbedarfe nach SGB II, Grundsicherung für Arbeitssuchende, und SGB XII, Sozialhilfe. Insgesamt erfolgt eine Absenkung des Bedarfs bei alleinstehenden Leistungsberechtigten von 354 Euro auf 332 Euro in 2017. Grund ist die Herausnahme der Verbrauchsausgaben für Haushaltsenergie und Wohnungsinstandhaltung aus dem Geldbetrag, die bei Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft durch Sachleistungen gedeckt werden.

Zukünftig erhalten alle erwachsenen Leistungsberechtigte in Sammelunterkünften - unabhängig davon, ob sie in Paarbeziehungen leben - die Regelbedarfsstufe 2, das heißt 90 Prozent der Bedarfsstufe für Alleinstehende. Sie werden auf 299 Euro abgesenkt. Die Neuabgrenzung der Regelbedarfsstufe beruht darauf, dass das Zusammenleben in bestimmten Wohnformen Einspareffekte ermöglicht, da den Leistungsberechtigten ein gemeinsames Wirtschaften innerhalb der Unterbringungsform möglich und zumutbar ist. Die Regelung reduziert zugleich die Kostenbelastung der Kommunen. Für junge Erwachsene unter 25 Jahren, die im Haushalt der Eltern wohnen, wird der existenzsichernde Bedarf auf das Niveau des Regelbedarfs 3 begrenzt. Sie werden auf 266 Euro abgesenkt.

Dann gab es heute das Vierte Gesetz zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes. Mit dem heute beschlossenen Entwurf werden die Regionalisierungsmittel, die der Bund den Ländern für den Schienenpersonennahverkehr zur Verfügung stellt, für 2016 noch einmal von 8 Milliarden Euro auf 8,2 Milliarden Euro erhöht. Bis 2031 steigt dieser Betrag um jährlich 1,8 Prozent. Die Bundesregierung hatte die Regionalisierungsmittel bereits im letzten Jahr von rund 7,3 Milliarden Euro auf 8 Milliarden Euro für 2016 erhöht; die Länder haben sich auf dieser Grundlage jedoch nicht auf eine Verteilung untereinander einigen können.

Mit der erneuten Erhöhung der Bundesmittel um jährlich 200 Millionen Euro wurde ein Kompromiss ermöglicht, der den Schienenpersonennahverkehr auf eine solide und zukunftsfähige Grundlage stellt. Die Länder haben damit auch in den kommenden Jahren die Möglichkeit, in der Fläche qualitativ hochwertige Schienenverbindungen bei den Verkehrsanbietern zu bestellen.

Dann hat die Bundesregierung heute ihren Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit 2015 beschlossen. Dieser wird nun dem Deutschen Bundestag zugeleitet. Die Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer hat Ihnen bereits heute um 11 Uhr von dieser Stelle aus Rede und Antwort zum Jahresbericht gestanden. Deswegen hier nur einige Stichpunkte: Die Wirtschaft im Osten ist weiter gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner ist zwischen 1991 und 2015 von 42,8 auf 72,5 Prozent des Niveaus der westdeutschen Länder gestiegen. Insgesamt ist der wirtschaftliche Aufholprozess der ostdeutschen Länder im Vergleich zu den frühen 1990er-Jahren jedoch verhaltener. Ein Grund ist die Kleinteiligkeit der ostdeutschen Wirtschaft; es fehlen immer noch große Unternehmen. Es bleibt darum eine zentrale Herausforderung, den wirtschaftlichen Angleichungsprozess fortzusetzen.

Die Arbeitslosenquote liegt im Osten mit 9,2 Prozent zwar über der des Westens, dennoch ist sie in den ostdeutschen Ländern in 20 Jahren um 4,7 Prozent gesunken. Die Zahl der Erwerbstätigen ist gestiegen: In den ostdeutschen Ländern waren gut 7,6 Millionen Personen erwerbstätig, der höchste Stand seit 1992. Auch die Löhne sind gestiegen: Heute liegen die tariflichen Entgelte in Ostdeutschland im Durchschnitt bei 97 Prozent des Westniveaus.

Das Kabinett hat sich auch heute erneut mit dem Thema Flucht und Migration beschäftigt. Schwerpunkt war der Bericht des Gesundheitsministers zur medizinischen Versorgung von Asylbewerbern. Die Gesundheitsversorgung von nach Deutschland eingereisten Asylbewerbern war zu jedem Zeitpunkt gewährleistet, dank der leistungsfähigen Strukturen unseres Gesundheitswesens und des enormen Engagements zahlreicher Helfer und Helferinnen. Alle angekommenen Asylbewerber durchlaufen in den Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften die vorgesehenen Erstaufnahmeuntersuchungen. Da die Zahl der Asylsuchenden stark zurückgegangen ist, kann heute weitgehend mit Regelstrukturen gearbeitet werden.

Das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz erleichtert den Ländern, eine Gesundheitskarte an Asylbewerber auszugeben. Acht Bundesländer haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht; in weiteren Bundesländern ist die Einführung geplant. Außerdem können Asylbewerber alle Schutzimpfungen erhalten, die in Deutschland vom Robert-Koch-Institut empfohlen werden. Das Impfangebot wird von den Asylbewerbern gut angenommen. Der Geburtenimpfschutz wird durchgängig erreicht. Das Robert-Koch-Institut als zuständige Behörde für die Krankheitsüberwachung und -vorbeugung bestätigt, dass von den Flüchtlingen keine erhöhte Gesundheitsgefährdung der allgemeinen Bevölkerung ausgeht.

Frage (zum Dritten Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes): Insbesondere der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisiert den Warenkorb und die Berechnungen, zum Beispiel selbst bei Centbeträgen die Streichungen für chemische Reinigung, Grabschmuck oder Hamsterfutter, heißt es da. Insbesondere lautet die Kritik, dass fast ausschließlich das physische und nicht das soziokulturelle Existenzminimum berücksichtigt wurde. Was entgegnen Sie dem?

Küchen: Diese vorgetragene Kritik ist ja nicht neu, und inhaltlich hat sich das auch wenig verändert. Die Ermittlung des Existenzminimums folgt klaren gesetzlichen Vorgaben. Sie erinnern sich an einen entsprechenden Vorgang in der vergangenen Legislaturperiode: Das Regelbedarfsermittlungsgesetz ist vom Bundesverfassungsgericht überprüft worden, die Methodik als verfassungsgemäß bestätigt worden. Daher sehen wir keinen Grund für diese Kritik.

Frage : Frau Küchen, mich würde interessieren, warum Sie den Regelsatz für Kleinkinder, also Vorschulkinder, nicht erhöht haben.

Küchen: Da liegen ganz klar Daten aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor. Da können wir auch nur mit den Daten arbeiten, die uns das Statistische Bundesamt liefert. Wenn genau in dieser Gruppe keine Erhöhung vorzusehen ist, dann ist das eben so. Dann ist es Fakt.

Zusatzfrage : Für andere Bedarfsempfänger erhöhen sich die Kosten, nur bei Vorschulkinder ist es nicht so?

Küchen: Das ist ein statistisches Verfahren, wo geschaut wird: Was wird in Familien für Kinder dieser Altersgruppe ausgegeben? Da denken wir uns nichts aus. Das sind die Ergebnisse dieser Statistik. Im Übrigen ist die Regelbedarfsermittlung gerade im Hinblick auf Kinder und Jugendliche auch explizit vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden.

Frage (zum Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit 2015): Die Frage geht an das Wirtschaftsministerium. Frau Demmer sagte, dass große Unternehmen in Ostdeutschland fehlen. Mich würde interessieren, ob das Bundeswirtschaftsministerium konkrete Pläne hat, wie große Unternehmen, große Konzerne und damit Arbeitgeber nach Ostdeutschland kommen könnten oder zurückkommen könnten.

Baron: Es ist richtig, dass die sogenannte Kleinteiligkeit der ostdeutschen Wirtschaft weiterhin ein Problem darstellt. Das hat Frau Gleicke hier ja auch in der Bundespressekonferenz ausgeführt. Es gab schon im letzten Jahr dazu verschiedene Prozesse. Wir haben eine Studie zu diesem Thema vergeben, um das noch mal zu analysieren und die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft in Ostdeutschland voranzutreiben. Dieser Prozess läuft weiter. Es ist also ein kontinuierlicher Prozess, der diese Fragen analysiert und insbesondere auch einen Fokus auf die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft in Ostdeutschland richten wird.

Zusatzfrage : Aber einen Plan haben Sie nicht?

Baron: Das ist ein strukturierter Prozess. Das ist sozusagen ein Arbeitsprozess und damit auch eine konkrete Handlungsweise, mit der wir da vorgehen.

Frage: Eine Frage an Frau Demmer: Was denkt die Bundeskanzlerin persönlich über die Beschlüsse im neuen Bericht über den Stand der deutschen Einheit? Was denkt sie über den zunehmenden Rechtsextremismus und die Fremdenfeindlichkeit im Osten?

SRS'in Demmer: Darüber haben wir auch letzte Woche hier schon ausführlich gesprochen. Grundsätzlich und auch in diesem speziellen Fall: Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz stellen eine Gefahr für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der neuen Länder dar. Die Bundesregierung, aber auch die Länder, Kommunen und die Zivilgesellschaft müssen weiter entschlossen handeln, um den gesellschaftlichen Frieden in Ostdeutschland zu sichern.

Zusatzfrage: Sehen Sie in dem zunehmenden Rechtsextremismus und der Fremdenfeindlichkeit einen Grund für größeren Widerstand im Osten gegen Ihre Flüchtlingspolitik?

SRS'in Demmer: Die Kanzlerin hat immer wieder gesagt, dass es wichtig ist, Vertrauen auch dort zurückzugewinnen, wo es offenbar verloren gegangen ist. Das gilt sicher auch dort.

Frage : Frau Demmer und Herr Dimroth, ich habe eine Frage zu dem Hackerangriff, der gestern bekannt wurde und bereits im August verübt wurde. Haben die deutschen Geheimdienste oder die Kriminalpolizei vielleicht irgendwelche Hinweise auf eine russische Spur in diesem Hackerangriff?

Dimroth: Vorweggeschickt: Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich mich hier zu operativen Einzelheiten - weder technischer Natur noch in Bezug auf mögliche Herkunft der Angriffe - nicht verhalten kann.

Ich kann aber allgemein sagen, dass sehr wohl bekannt ist und auch vor diesen Ereignissen bekannt war, dass erfolgreiche Cyberangriffe gesellschaftliche, wirtschaftliche, politische und auch persönliche Schäden verursachen können und gekaperte IT-Systeme sowie die gezielte Verbreitung von Falschmeldungen auch zur Desinformation und Manipulation der öffentlichen Meinung genutzt werden können. Das ist dem BMI, das ist der Bundesregierung bekannt. Diese Bedrohungslage war und ist uns bewusst. Deswegen gab es unter anderem auch den Vorstoß des Bundesinnenministers, die Cyber-Sicherheitsstrategie der Bundesregierung zu überarbeiten. Dazu sind wir mit einem Vorschlag derzeit in der Ressortabstimmung, in der guten Hoffnung, dass wir diesen Prozess noch bis im November beenden können und dann der Bundesinnenminister der Öffentlichkeit und damit selbstverständlich auch Ihnen diese überarbeitete, neue Fassung der Cyber-Sicherheitsstrategie der Bundesregierung vorstellen wird können.

Der Vollständigkeit halber will ich noch ergänzen, dass, wie Sie vielleicht wissen, auch aus den Diskussionen um den großflächigen Angriff auf den Deutschen Bundestag aus dem vergangenen Jahr, der Deutsche Bundestag als eigenes Verfassungsorgan nicht unmittelbar dem "Schutzschirm" des BSI unterliegt. Das BSI als Cyber-Sicherheitsbehörde der Bundesregierung ist verantwortlich für den Schutz der IT-Systeme der Regierung. Selbstverständlich steht das BSI, wie auch in diesem Fall, aber auch dem Bundestag, soweit gewünscht und erforderlich, beratend zur Seite.

Zusatzfrage : Zu der Attacke auf den Bundestag im Mai letzten Jahres: Ist denn bekannt, wer diese Attacke gefahren hat?

Eine kleine Zusatzfrage: Ist Ihnen die Hackergruppe mit dem Namen "Sofacy" oder "APT28" bekannt? Ist diese Gruppe bei Ihnen auf dem Schirm?

Dimroth: Zu der ersten Frage gilt das, was ich auch zu der aktuellen Berichterstattung gesagt habe. Erstens wäre zur Beantwortung dieser Frage der Deutsche Bundestag zuständig, weil, wie gesagt, der Deutsche Bundestag nicht unmittelbar dem Regierungsnetz angeschlossen ist und dementsprechend das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik allenfalls beratend und hilfeleistend zur Seite steht, aber nicht die Verantwortung für die Sicherheit der IT-Systeme des Deutschen Bundestages trägt.

Die von Ihnen genannte Gruppe ist jedenfalls mir persönlich immer wieder durch bestimmte Berichterstattungen bekannt geworden. Ich kann aber jetzt keinen konkreten Bezug zu diesem hier einschlägigen Einzelfall herstellen.

Frage : Der Vollständigkeit halber sei nicht nur gefragt, ob es sich um Hacker aus Russland handeln könnte. Haben Sie Hinweise darauf, dass es vielleicht amerikanische, französische, europäische, chinesische oder Hacker sonstiger Nationalität waren?

Dimroth: Ich glaube, ich hatte sehr deutlich gemacht, dass ich mich zu konkreten Hintergründen technischer Natur oder auch zu Spekulationen darüber, wer möglicherweise Angreifer sein kann, schon in Ermangelung einer eigenen Zuständigkeit für diese Systeme, aber auch, weil hier natürlich ganz grundsätzlich gilt, dass ich zu operativen Einzelheiten hier nicht Stellung nehmen kann, mich nicht verhalte. Das gilt ebenso für Ihre Frage wie auch für die Frage Ihres Kollegen eben.

Zusatzfrage : Kann der Verursacher des Angriffs vom letzten Jahr noch ermittelt werden? Werden wir ihn jemals ermitteln, oder werden wir immer nur aus Regierungskreisen hören, wer es gewesen sein könnte?

Dimroth: Dazu gilt das Gleiche, was ich Ihnen eben zu dem aktuellen Sachverhalt gesagt habe.

Frage: Herr Dimroth, Herr Maaßen hat gestern beim Berliner Sicherheitstag festgestellt, dass es keinen Dienst für technische Aufklärung in Deutschland gibt, also zum Beispiel analog zur NSA in den USA. Ist es politisch geplant oder gewollt in Deutschland, einen solchen Dienst aufzubauen?

Dimroth: Dazu kann ich Ihnen von aktuellen Planungen nicht berichten.

Was ich Ihnen sagen kann - das war auch durchaus schon Gegenstand dieser Veranstaltung hier -, ist, dass der Bundesinnenminister ganz grundsätzlich die Linie verfolgt, dass die sogenannten Krypto-Eckpunkte der Bundesregierung fortgelten. Das heißt, niemand innerhalb der Bundesregierung, auch nicht das Bundesinnenministerium, möchte an der Krypto-Eckpunkte-Politik der Bundesregierung etwas ändern. Das heißt, wir möchten nicht nur keine Schlüssel, keine Backdoors oder Sonstiges, sondern im Gegenteil: Wir unterstützen aktiv auch über das BSI die Kryptierung als das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, Kommunikation von wem mit wem auch immer zu schützen, weil wir fest davon überzeugt sind, dass dieser Weg der beste und der richtige ist. Daran, wie gesagt, will keiner etwas ändern.

Gleichwohl gilt, dass das, was die Sicherheitsbehörden derzeit rechtlich dürfen, beispielsweise im Bereich der Strafverfolgung eine Telekommunikationsüberwachung durchführen - gleiches gilt im Bereich der Gefahrenabwehr für vergleichbare Eingriffsbefugnisse -, auch korrespondieren muss mit einem tatsächlichen Können. Dass das aufgrund der technischen Fortentwicklung nicht immer ganz einfach ist, erschließt sich von selbst.

Nichtsdestotrotz ist es angezeigt, jedenfalls die bestehenden Lücken oder die bestehenden Defizite damit zu schließen, dass die Sicherheitsbehörden im Geschäftsbereich des BMI auf einer abstrakten Ebene die Ressourcen und das vorhandene Wissen bündeln. Das ist das sogenannte Thema ZITiS; dafür gibt es einen entsprechenden Vorschlag, der auch schon im Haushaltsausschuss beschlossen worden ist, sodass von dem Haushaltsgesetzgeber Stellen und Ressourcen zur Verfügung gestellt wurden, um eine solche Behörde oder jedenfalls eine Institution aufzubauen, die aber mitnichten - um das auch noch einmal ganz klar zu sagen - in die Richtung geht, die Sie erfragt haben.

Ich will Ihnen nur der Vollständigkeit halber sagen: Es gibt Überlegungen innerhalb des BMI, die vorhandenen Kompetenzen zu bündeln, um eben nicht an drei Stellen darüber nachzudenken, wie bestimmte neue technische Fortentwicklungen in den Blick genommen werden können, wie Antworten gefunden werden können darauf, wie das rechtlich Gedurfte dann auch gelebt werden kann. Dieser Prozess ist initiiert und gestartet und soll mit Hochdruck im Jahr 2017 dann auch mit Leben erfüllt werden. Aber über Überlegungen, wie von Ihnen konkret erfragt, kann ich Ihnen hier nicht berichten.

Frage: Herr Dimroth oder vielleicht auch Herr Flosdorff, der Cyberangriff auf den Bundestag letztes Jahr und die jüngsten Vorfälle, ist das Teil der hybriden Kriegsführung, von der Ihr Minister und auch Frau von der Leyen bereits sprachen? Ist das schon hybride Kriegsführung?

Dimroth: Wenn Sie mich als Erstes fragen, kann ich mich in Teilen jedenfalls nur wiederholen. Ich kann mich hier jetzt nicht konkret zu Motivationslage, Herkunft, Täterschaft oder technischem Ablauf äußern. Ich hatte nicht ohne Grund darauf hingewiesen, dass neben den sozusagen greifbaren Schäden, die durch Cyberangriffe verursacht werden können, wirtschaftliche, persönliche, gesellschaftliche und politische dazugehören, dass also der Bundesregierung jedenfalls sehr wohl bewusst ist, dass auch gezielte Desinformation beispielsweise ein Ziel von Angreifern sein kann.

Noch einmal: Dies sage ich, ohne das jetzt auf den konkreten Einzelfall bezogen hier bestätigen zu können, weil das Cyberabwehrzentrum auch mit diesem Fall zwar befasst ist, aber die Untersuchungen noch andauern und im Übrigen das gilt, was ich vorhin zu operativen Einzelheiten ganz allgemein gesagt habe.

Frage : Herr Dimroth, noch einmal zu Russland: Gab es in den letzten Jahren oder überhaupt jemals einen Nachweis, dass in Deutschland eine Hackerattacke aus Russland geführt wurde?

Dimroth: Ganz grundsätzlich, jedenfalls, was die Erkenntnisse des dafür zuständigen Bundesamts für Verfassungsschutz betrifft, können Sie in den Jahresberichten des Bundesamts für Verfassungsschutz nachlesen, was an Erkenntnissen dort aufgelaufen ist. Dort werden Sie auch Hinweise auf bestimmte potenzielle Herkunftsländer für Aktivitäten unterschiedlichster Art finden. Dazu gehören auch Aktivitäten im Cyberraum.

Frage : In den Berichten finde ich ja nie etwas zur NSA.

Aber weil der Kollege gerade schon gefragt hat: Sie haben interessanterweise gerade empfohlen, dass man verschlüsselt. Die Kommunikation sollte verschlüsselt stattfinden. Gleichzeitig versucht die Bundesregierung, verschlüsselte Kommunikation zu bekämpfen. Sie haben jetzt die Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich eröffnet. Wie passt das zusammen? Sie empfehlen Verschlüsselung, und gleichzeitig plant die Bundesregierung, der Verschlüsselung den Kampf anzusagen. Junge Menschen, die verschlüsseln, werden ja vom BKA mittlerweile verdächtigt, Terroristen zu sein.

Dimroth: Letzteres kann ich nur ganz kurz vielleicht einordnen und als Unsinn zurückweisen, jedenfalls in dieser Pauschalität.

Zu dem ersten Teil Ihrer Frage, frage ich mich: Wo waren Sie vor fünf Minuten? Ich habe gerade sehr ausführlich dargelegt, dass die Bemühungen des Bundesinnenministeriums in Richtung einer zentralen Stelle, nämlich ZITiS - die haben Sie soeben ausbuchstabiert genannt -, gerade darauf zielen, einerseits die Krypto-Eckpunkte-Politik nicht nur nicht infrage zu stellen, sondern sie zu stützen. Das BSI empfiehlt - das können Sie nachlesen - bestimmte Produkte, die gerade Ihnen es ermöglichen, Ihre private Kommunikation mit Kryptologie zu schützen. Das will keiner ändern, da will auch keiner herangehen.

Gleichzeitig gilt aber, dass das, was die Behörden rechtlich dürfen, sie auch tatsächlich können müssen. Das bedeutet aber nicht, dass sie Backdoors brauchen, dass sie Schlüssel brauchen, sondern dass es alternative Wege geben muss, wie auch bei der Telekommunikationsüberwachung heute, die ja stattfindet, auf richterlichen Beschluss unter hohen rechtsstaatlichen Voraussetzungen, die in jedem Einzelfall vorliegen, dann auch auf diese Kommunikation zugreifen zu können, um entweder schwerwiegende Gefahren abzuwehren oder schwerwiegende Straftaten aufzuklären.

Darin liegt aber kein Widerspruch, sondern es ist geradezu die logische Konsequenz. Wenn man auf der einen Seite Kryptologie fördert - und sagt: "das ist das Mittel der Wahl; das tun wir, dazu stehen wir" -, dann kann das aber natürlich nicht zu dem Ergebnis führen, dass Sicherheitsbehörden ihre Aufgabe nicht mehr wahrnehmen können und in Deutschland nicht mehr für Sicherheit sorgen, indem sie blind und taub sind.

Deswegen muss man über Alternativen nachdenken, die aber nichts damit zu tun haben, dass wir unsere Krypto-Eckpunkte-Politik infrage stellen. Das ist also kein Widerspruch, sondern das ist die logische Konsequenz.

Zusatzfrage : Aber natürlich ist das ein Widerspruch. Sie fördern Verschlüsselung; gleichzeitig wollen Sie sie noch besser knacken. Sie sagen ja gerade selbst: Man darf es. Also muss es auch gekonnt werden.

Dimroth: So ist es, ja. Wir wollen nicht im Ansatz daran rütteln, dass wir Kryptologie, wie gesagt, nicht nur nicht hintergehen wollen, umgehen wollen, sondern aktiv unterstützen. Aber da, wo auf der Strecke Kommunikationen dem Zugriff - noch einmal: unter hohen rechtsstaatlichen Voraussetzungen - der Sicherheitsbehörden unterliegen - im Einzelfall, bei konkreten Verdachtsmomenten -, dann müssen die Behörden selbstverständlich, wie es immer der Fall war, dann auch Zugriff nehmen können.

Früher, wenn es in einem Haus nur ein Telefon gab, war es selbstverständlich möglich, dieses auf der Strecke abzuhören. Genauso muss dies heute möglich sein, wenn auf die Ferne kommuniziert wird, nur mit anderen technischen Mitteln. Darin liegt ja in der Wertung überhaupt kein schwerwiegenderer Eingriff, sondern es ist schlichtweg ein anderes technisches Mittel, das genutzt wird. Daher muss natürlich für die Behörden dasselbe möglich sein wie bei einem etwas überkommenen technischen Mittel.

Frage: Eine Frage an das Verkehrsministerium. Herr Strater, übermorgen geht es im Plenum des Bundesrates um das Thema illegaler Autorennen. Die Ausschüsse des Bundesrates haben mit Mehrheit empfohlen dieses Thema auf die Tagesordnung zu setzen und einen Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen.

Nun hat der Bundesverkehrsminister die Auffassung vertreten, diese Straftaten - dieses illegale Autorennen - können bereits bestraft werden. Das ist natürlich richtig. Das sieht man auch hier in Berlin; da gibt es sogar eine Verhandlung über eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Meine Frage ist gleichwohl: Kann es nicht, wenn bestimmte strafbare Handlungsweisen überhandnehmen, geboten sein, zur Abschreckung einen besonderen Straftatbestand zu schaffen, um dieses Verhalten zu sanktionieren?

Strater: Sie haben zu Recht den Minister schon kurz zitiert. Darüber hinaus möchte ich den Beratungen des Bundesrates am Freitag oder den Empfehlungen oder möglichen Beschlüssen nicht vorgreifen. Das kann ich an dieser Stelle nicht tun.

Zum Thema Straftatbestand - vielleicht kann das BMJV etwas ergänzen - habe ich hier im Moment noch keine weiteren Ausführungen zu machen.

Malachowski: Eigentlich habe ich dazu auch nicht wirklich etwas zu ergänzen. Es tut mir leid.

Zusatzfrage: Dann habe ich aber doch eine Nachfrage. Herr Malachowski, würden Sie mir grundsätzlich zustimmen, dass es gängige Praxis ist, dass der Gesetzgeber in bestimmten Situationen, wenn sich bestimmte strafbare Verhaltensweisen häufen, aus den allgemeinen Straftatbeständen ein bestimmtes Verhalten herausgreift und es auch zur Abschreckung besonders sanktioniert und einen eigenen Straftatbestand schafft?

Strater: Das scheint mir im Moment, wie gesagt, eine juristische Frage zu sein. Wenn der Kollege es im Moment nicht ergänzen kann, dann habe auch ich dem gerade nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Heißt das, dass der Bundesverkehrsminister bei seiner Haltung bleibt, dass dieses Verhalten bereits sanktioniert wird und eine Änderung des Strafgesetzbuches nicht erforderlich ist?

Strater: Sanktioniert wird es bereits. Im Übrigen müssen Sie auch immer sehen, dass die Einhaltung solche Vorschriften, die es bereits gibt, auch kontrolliert wird. Auch darauf weisen wir im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr immer hin, nicht nur in der Sache, die Sie ansprechen, sondern das gilt für alle Ordnungswidrigkeiten und Straftatbestände.

Frage: Eine Frage an Frau Demmer: Plant die Bundeskanzlerin in diesen Tagen ein Treffen mit Herrn Seehofer, der sich ja auch hier in Berlin aufhalten soll?

SRS'in Demmer: Das ist eine Frage der Parteien. Sie müssten sie in den Parteizentralen stellen.

Zusatzfrage: Ein Treffen des Bundeskanzlers mit dem bayerischen Ministerpräsidenten ist eine Parteifrage?

SRS'in Demmer: Über Termine informieren wir, wenn wir so weit sind.

Frage: Meine Frage hängt damit zumindest indirekt zusammen. Frau Demmer, bestimmt haben auch Sie die Pressekonferenz am Montag verfolgt, auch wenn das eine Parteipressekonferenz war. Darin gab es einige überraschende neue Aussagen der Kanzlerin zur Flüchtlingspolitik.

Meine Frage ist: Inwieweit wird das, was sie dort zur Flüchtlingspolitik gesagt hat, Einfluss auf das Regierungshandeln der Kanzlerin haben? Sie hat ja Fehler eingeräumt und auch signalisiert, dass es zur Fehlerbehebung möglicherweise an der einen oder anderen Stelle ein paar Maßnahmen gibt. Können Sie schon irgendeinen Hinweis geben, in welche Richtung das geht oder ob überhaupt noch etwas gemacht wird? Oder war das eher eine kommunikative Botschaft, ist es eine Änderung in der Kommunikation?

Das wäre vielleicht auch eine Frage an Herrn Dimroth, ob es dazu im Innenministerium schon irgendwelche Überlegungen gibt.

SRS'in Demmer: Wie ich aus Ihrer Frage schließe, haben Sie der Kanzlerin ganz aufmerksam zugehört. Die Bundeskanzlerin hat sich nach den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus als Vorsitzende der CDU geäußert. Deswegen habe ich das an dieser Stelle nicht zu ergänzen.

Dimroth: Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie konkretisieren könnten, zu was im BMI möglicherweise Überlegungen angestellt werden.

Zusatz: Wenn die Kanzlerin Fehler im Umgang mit der Flüchtlingskrise einräumt, würde man erwarten, dass diese Fehler behoben werden oder dass man sagt: Wir versuchen, noch die eine oder andere gesetzliche Änderung auf den Weg zu bringen.

Meine Frage ist einfach: Ist das etwas gewesen, bei dem man auch vonseiten der Bundesregierung noch Nachbesserungsbedarf sieht, oder sehen Sie die Fehler, von denen die Rede war, eigentlich schon als behoben an?

Dimroth: Die Äußerung der Bundeskanzlerin werde ich, wie Sie sicherlich verstehen werden, hier nicht kommentieren, einordnen oder bewerten. Aber ganz grundsätzlich ist es natürlich so, dass - schauen Sie sich das vergangene Jahr an - jedenfalls im Geschäftsbereich und im Zuständigkeitsbereich des BMI eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen worden ist. Es ist mitnichten so, dass wir uns auf dem Stand von September 2015 befinden. Asylpakete wurden beschlossen. Ein Integrationsgesetz wurde verabschiedet. Das integrierte Identitätsmanagement als ein bemerkenswert erfolgreiches Groß-IT-Projekt wurde aufgesetzt mit der Möglichkeit, zu uns kommende Flüchtlinge zentral zu registrieren und biometrische Daten zentral vorzuhalten. In den vergangenen Monaten ist eine Vielzahl von Dingen geschehen.

Wenn Sie mich jetzt fragen, was derzeit im BMI noch konkret geplant ist, dann kann ich auf den Maßnahmenkatalog des Bundesinnenministers verweisen, der im August vorgestellt wurde. Darin sind auch Vorschläge enthalten, die, untechnisch gesagt, das Ausländerrecht betreffen. Sie sind nachzulesen. An diesen Dingen arbeiten wir derzeit. Darüber hinaus kann ich Ihnen dazu hier nichts berichten.

Frage : Frau Demmer, die Kanzlerin hat sich auch in Sachen Umfragen geäußert und meinte, es gibt zwar viele Umfragen, die zeigen, wie unzufrieden die Bevölkerung und viele sind, aber es wird ihr nie gesagt, was sie denn ändern soll. Da frage ich mich, ob das BPA ihr dabei nicht hilft. Also: Führen Sie keine Umfragen mehr durch, die genau diese Fragen, die die Kanzlerin hat, die sie aus den Umfragen, die sie ja leitet oder die ihre Politik auch oft leitet, aufnehmen?

SRS'in Demmer: Sie können sich ganz sicher sein, dass das BPA die Kanzlerin in allem unterstützt, so gut wir nur können. Das funktioniert sehr gut.

Auch Sie haben vermutlich die Pressekonferenz verfolgt. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Wie viele Umfragen hat das BPA zu dem Thema der Flüchtlingspolitik in den vergangenen drei Monaten durchgeführt?

SRS'in Demmer: Das kann ich Ihnen aus dem Kopf nicht sagen, aber das können wir gern nachreichen.

Frage: Es geht um die Deutsche Bahn und die geplanten Unterstützungen für die Deutsche Bahn. Ich habe die Frage an Frau von Tiesenhausen, ob Herr Schäuble schon sein Plazet dazu gegeben hat, der Bahn in den nächsten Jahren insgesamt 2,4 Milliarden Euro an Steuermitteln zukommen zu lassen.

Dann habe ich an Frau Demmer die Frage, ob das heute auch ein Thema im Kabinett gewesen ist, vielleicht am Rande der Frage der Regionalisierungsmittel.

Eine Frage an Herrn Strater dazu: Was sagen Sie den Wettbewerbern der Deutschen Bahn dazu, dass das sowieso stärkste Unternehmen mit einer Kapitalerhöhung noch einmal gestärkt werden soll? Sehen Sie darin nicht eine Verzerrung des Wettbewerbs?

von Tiesenhausen-Cave: Herr Kollege, auch Sie haben heute sicherlich den Medienbericht gesehen. Ich kann Ihnen insgesamt an der Stelle sagen: Der Finanzminister wird sich den Überlegungen von Herrn Dobrindt nicht verschließen, wenn er das ins Parlament einbringt.

SRS'in Demmer: Im Kabinett war das kein Thema.

Strater: Das Ziel des Ministers, um es hier noch einmal klar zu beschreiben, ist es, das System Schiene insgesamt weiter zu stärken und bei der Bahn die nötigen Investitionen zu erreichen. Dafür hat er eine Initiative gestartet, mit der in den kommenden vier Jahren vom Bund 2,4 Milliarden Euro an zusätzlichen Haushaltsmitteln zur Verfügung gestellt werden sollen. Wie Frau Kollegin Tiesenhausen richtig gesagt hat, ist das auch mit dem Bundesfinanzminister schon so abgestimmt.

Das Ziel dieser Initiative lautet, mehr Investitionen zu erreichen, mehr Qualität für die Kunden und Modernisierung. Dafür hat er den Vorschlag gemacht, 2,4 Milliarden Euro mehr, wie Sie angesprochen haben, zur Verfügung zu stellen.

Zusatzfrage: Trotzdem noch einmal die Frage an Sie und vielleicht auch an das Wirtschaftsministerium: Das sind, wenn man von den Netzinvestitionen absieht, Investitionshilfen für ein einzelnes Unternehmen, das den Markt vielleicht nicht mehr beherrscht, aber klar Marktführer ist. Was ist mit den anderen Bahnunternehmen?

Ich frage das Wirtschaftsministerium: Sieht das Wirtschaftsministerium dabei nicht eine Gefahr für den Wettbewerb?

Baron: Ich habe den Ausführungen der Kollegen nichts hinzuzufügen. Beides liegt nicht in unserem Zuständigkeitsbereich.

Zuruf: Wettbewerb ist doch Ihre Zuständigkeit, oder?

Baron: Richtig. Aber die Kollegen prüfen ja allumfassend, wenn sie diese Maßnahmen beschließen - somit auch Auswirkungen auf den Wettbewerb.

Strater: Ganz grundsätzlich können Sie natürlich davon ausgehen, dass alles regelkonform vonstattengeht.

Frage: Aber Herr Strater, wenn ein Unternehmen, das Marktführer ist, eine erhebliche Finanzspritze bekommt und die anderen, die kleineren, nichts, dann ist das doch zumindest wettbewerbsrechtlich fraglich. Da Ihr Minister einer Partei angehört, die sich zumindest verbal für den Wettbewerb einsetzt, ist das doch eine eigentümliche Angelegenheit.

Strater: Unsere Initiativen für mehr Wettbewerb kennen Sie. Das Eisenbahnregulierungsgesetz ist hierfür die notwendige Maßnahme. Die Bahn ist ein Bundesunternehmen. Die anderen Wettbewerber sind dies nicht.

Das Ganze wird regelkonform vonstattengehen, wie ich es Ihnen schon gesagt habe. Das Ziel ist klar, nämlich mehr Investitionen zu erreichen und das System Schiene insgesamt zu stärken.

Frage : Herr Strater, könnten Sie erläutern, warum das regelkonform ist?

Strater: Weil wir uns an die Regeln halten.

Zusatzfrage: Können Sie das erläutern?

Strater: Wir halten uns an die Regeln.

Zusatz : Das verstehe ich nicht.

Strater: Regeln sind dazu da, sie einzuhalten. Das tun wir.

Zusatzfrage: Könnten Sie uns die Regeln nennen?

Strater: Ich brauche Sie Ihnen hier nicht zu nennen, das ist ja im Einzelnen klar. Alle Zuschüsse, die gewährt werden, unterliegen einem gewissen Reglement, und das wird eingehalten.

Zusatzfrage: Noch eine kurze Frage: Fließen die 2,4 Milliarden Euro, von denen jetzt die Rede ist, komplett in den Schienenverkehr?

Strater: Um es aufzuschlüsseln, die 2,4 Milliarden Euro setzen sich so zusammen: Die Dividendenzahlung der Deutschen Bahn wird reduziert. Damit wird die Deutsche Bahn entlastet. Sie erhält damit einen größeren Spielraum für eigene Investitionen. Das hat einen Umfang von 1,4 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren. Eine weitere Milliarde wird der Deutschen Bahn zur Verfügung gestellt, mit der sie ihr Eigenkapital aufstocken kann.

Zusatzfrage : Aber kann die Bahn selber entscheiden, was sie damit macht?

Strater: Nein, dieses Geld ist dazu da, Investitionen zu stärken.

Zuruf : In den Schienenverkehr?

Strater: In den Schienenverkehr, ja. Die Bahn ist ein Schienenunternehmen.

Frage: Trotzdem noch einmal die Frage: Besteht das Ziel von mehr Wettbewerb auf der Schiene für die Bundesregierung noch?

SRS'in Demmer: Ich habe dem hier Gesagten nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Fischer, zum Thema Ägypten hat die Menschenrechtsbeauftragte gestern ein Statement herausgegeben. Mich würde zunächst einmal interessieren, ob Sie damit - auch an Frau Demmer - für die gesamte Bundesregierung gesprochen hat.

Fischer: Die Menschenrechtsbeauftragte spricht zunächst einmal als Menschenrechtsbeauftragte.

Zusatz : Ich habe in den letzten BPK, wenn es um sie ging, immer von Ihnen gelernt: Sie spricht immer auch für das Auswärtige Amt. - Das wäre neu.

Fischer: Sie ist Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung und Beauftragte für humanitäre Hilfe. In dieser Funktion spricht sie.

Zusatz: Konkret: Das Kairoer Gericht hat die im März 2016 verhängten Kontensperren gegen prominente ägyptische Menschenrechtsverteidiger und - organisationen bestätigt. Frau Kofler, Ihre Menschenrechtsbeauftragte, hat dazu gesagt:

"Das Einfrieren finanzieller Mittel macht die betroffenen ägyptischen Menschenrechtsgruppen weitgehend arbeitsunfähig."

Sie sagt weiter:

"Die Gerichtsentscheidung reiht sich ein in eine Serie von repressiven Maßnahmen gegen Aktivisten und Organisationen in Ägypten, die sich für Menschenrechte und Grundfreiheiten einsetzen. Ausreiseverbote, Kontensperrungen und Ermittlungsverfahren stehen nicht nur im Gegensatz zu internationalen Menschenrechtsstandards, zu denen sich Ägypten verpflichtet hat,"

Vors. Welty: Können wir diese Ausführungen in eine Frage kleiden?

Zusatzfrage : Ja, das kommt gleich. -

"sondern auch zur ägyptischen Verfassung."

Jetzt ist die Frage: Frau Demmer, wir lernen ja von der Kanzlerin, dass sie auch mit Ägypten ein Flüchtlingsabkommen anstrebt. Ist die Achtung der Menschenrechte und eine freie Zivilgesellschaft für die Bundesregierung nicht Voraussetzung für ein Abkommen mit Staaten, wenn es um Menschen in Not geht?

SRS'in Demmer: Bei einem etwaigen Abkommen mit Ägypten geht es um den Schutz der Außengrenzen. Dazu müssen wir mit all den Partnern reden, die an diesen Außengrenzen sind. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.

Fischer: Dass unsere Beziehungen zu Ägypten vielfältiger Natur sind, liegt auf der Hand. Mit Ägypten verbinden uns ganz verschiedene Themen. Das ist zum Beispiel die Frage, wie es in Libyen weitergeht. Dabei spielt Ägypten eine wichtige Rolle. Das ist auch die Frage, wie weit die Stabilität Ägyptens als solche gegeben ist. Es geht um die Fragen des Nahost-Friedensprozesses und darum, wie es in Gaza weitergeht.

Aber all diese Fragen, die uns mit Ägypten verbinden, ändern nichts daran, dass wir auch einen Blick auf die Lage der Zivilgesellschaft in Ägypten haben. Dazu hat sich die Menschenrechtsbeauftragte zu Wort gemeldet. Wenn Sie sich ansehen, was wir hier in den vergangenen Monaten immer wieder gesagt haben, dann stellen Sie fest, dass die Menschenrechtslage in Ägypten durchaus immer wieder für Sorge sorgt.

Zusatzfrage: Welche konkreten Forderungen hat die Bundesregierung, basierend auf dem Kairoer Urteil und auf der Aussage der Menschenrechtsbeauftragten?

Fischer: Wir sind mit der ägyptischen Regierung ja auf verschiedensten Ebenen im Gespräch, auch zu Menschenrechtsfragen, und dabei bringen wir diese Themen natürlich regelmäßig vor. Das von Ihnen angesprochene Thema ist eines der Themen, die wir im Dialog mit Ägypten regelmäßig ansprechen, genau wie die anderen Dinge, die ich vorhin erwähnt habe. Dass wir uns für eine Verbesserung der Menschenrechtslage in Ägypten, aber auch in anderen Ländern der Welt einsetzen, wissen Sie. Das ist auch selbstverständlich.

Frage: Ich habe eine Frage, die sowohl das Kanzleramt als auch AA und BMVg betrifft: Der Bundesnachrichtendienst hat erstmals öffentlich zugegeben, einen Kurierdienst zu beschäftigen oder als Kurierdienst für mehrere Ministerien und Bundesbehörden zu arbeiten. Der Bundesnachrichtendienst hat auch mitgeteilt, dass diese Kurierfahrten in der Regel über die BND-Zentrale in Pullach gehen. Ist Ihnen diese Praxis bisher bekannt gewesen? Was halten Sie davon?

SRS'in Demmer: Die Intonation dieser Frage klingt so, als wäre das etwas Verwerfliches. Der Bundesnachrichtendienst beschäftigt tatsächlich - und das müssen wir gar nicht einräumen, sondern das ist so - sicherheitsüberprüfte Kuriere für den regelmäßigen Transport eigener Verschlusssachen. Die Kuriere transportieren Verschlusssachen des BND vor allem zwischen den eigenen Liegenschaften sowie zu den Liegenschaften anderer Bundesbehörden. Dabei geht es um Effizienz; denn so kann man natürlich auch Kuriertätigkeiten übernehmen. Der Transport des verschlossenen Kurierguts erfolgt auf Wunsch der anderen Behörden, und transportiert werden vor allem auch deren Verschlusssachen.

Zusatzfrage: Welche rechtliche Grundlage gibt es denn dafür, dass der Auslandsgeheimdienst auf diese Weise im Inland tätig ist?

SRS'in Demmer: Ich würde sagen, es handelt sich dabei im Allgemeinen um behördenübliche Unterstützungshandlungen, die insbesondere auch dem schonenden Einsatz von Bundeshaushaltsmitteln dienen.

Zusatzfrage: Wäre es nicht naheliegender, eine Behörde, die im Inland tätig ist - etwa das BKA oder das Bundesverwaltungsamt -, damit zu beschäftigen?

SRS'in Demmer: Ich glaube, ich habe jetzt wirklich erschöpfend Auskunft gegeben.

Frage : Frau Demmer, könnten Sie erläutern, was der BND-Kurierdienst besser kann als andere Kurierdienste?

SRS'in Demmer: Er erfüllt diese Aufgabe jedenfalls ganz hervorragend.

Zusatzfrage : Besser als andere?

SRS'in Demmer: Den Vergleich ziehen Sie. Der BND erfüllt die Aufgabe in diesem Fall sehr gut und sehr effizient.

Frage: Haben Sie bisher einmal die Praxis infrage gestellt, dass der BND diese Kurierfahrten grundsätzlich über die BND-Zentrale in Pullach durchführt und nicht auf direktem Wege?

SRS'in Demmer: Ich habe zu diesem Thema jetzt tatsächlich nichts mehr hinzuzufügen.

Frage : Kunden dieses BND-Kurierdienstes sind ja das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium. Gehen Sie, wenn Sie diesen BND-Kurierdienst nutzen, denn davon aus, dass die Sendungen ungeöffnet und unkopiert beim Empfänger ankommen?

Herr Dimroth, eine Lernfrage: Hat der Verfassungsschutz auch einen Kurierdienst?

Fischer: Wir haben vollstes Vertrauen in die Kolleginnen und Kollegen beim BND.

Flosdorff: Dem kann ich mich aus Sicht des Verteidigungsministeriums und der Bundeswehr nur anschließen. Wir haben viele Bezugspunkte, insbesondere bei der Bundeswehr, bei nachgeordneten Behörden und im Ministerium. Mit dem Auslandsnachrichtendienst zusammenzuarbeiten dient letztlich auch der Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten. Das Bundesverteidigungsministerium vertraut nicht nur auf die Kurierfähigkeiten des BND, sondern auch auf die sonstigen Leistungen des BND. Wenn Sie jetzt diesen Teilaspekt herauspicken und da etwas hineingeheimnissen, kann ich nur sagen: Es gibt ein großes Grundvertrauen, und das gilt auch für diesen Bereich.

Dimroth: Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz hat natürlich mit Verschlusssachen umzugehen und tut das in vergleichbarer Weise vertraulich. Ein vergleichbarer sozusagen behördenübergreifender Dienst, nach dem Sie gefragt haben, ist mir jedenfalls für das BfV aber nicht bekannt.

Zusatzfrage : Gibt es etwas Ähnliches, Herr Dimroth?

Herr Flosdorff, wenn Sie sagen "Zusammenarbeit": Ist es denn schon eine Art Zusammenarbeit, wenn man dem BND-Kurierdienst etwas gibt - damit der BND sich das gleich mal angucken kann und Bescheid weiß, was Sie versenden?

Dimroth: Auch vergleichbare Tätigkeiten sind mir so nicht bekannt. Wenn es vergleichbare Tätigkeiten des BfV auch für Dritte - das ist ja im Prinzip das Entscheidende - geben sollte, dann reiche ich das gerne nach. Ich kann es mir kaum vorstellen, aber ich kann diese Frage gerne noch einmal mitnehmen.

Flosdorff: Weil hier so eine Sache daraus gemacht wird, möchte ich das vielleicht einfach noch einmal ergänzen: Es gibt generell allgemeingültige Regeln - die für alle Behörden gelten -, wie mit Verschlusssachen umzugehen ist. Diese Regeln gelten für einen Kurierdienst, die gelten für das Ministerium A, die gelten für das Ministerium B. Wie auch immer die Wege dann sind: Die Regeln sind von allen einzuhalten. Wenn dieses Vertrauen nicht da ist, dann haben wir ein anderes Problem.

Mittwoch, 21. September 2016

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 21. September 2016
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2016/09/2016-09-21-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. September 2016

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