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PRESSEKONFERENZ/1005: Regierungspressekonferenz vom 12. Juni 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 12. Juni 2015
Regierungspressekonferenz vom 12. Juni 2015

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (nationale Konferenz der Bundesregierung zur Elektromobilität, Empfang des luxemburgischen Premierministers, Kabinettssitzung, Preisverleihung an die Sieger des Wettbewerbs "startsocial", 80. Deutscher Fürsorgetag, Regierungserklärung im Deutschen Bundestag, Gespräch mit den Regierungschefs und -chefinnen der Bundesländer), Gespräch der Bundeskanzlerin mit Regierungschefs der Bundesländer über die Asyl- und Flüchtlingspolitik, Elektromobilität, Klimaabgabe für Braunkohlekraftwerke, finanzielle Lage Griechenlands, nachrichtendienstliche Aktivitäten in Deutschland, Berlin-Besuch von Nicolas Sarkozy, Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der Ehe, Adoptionsrecht für Homosexuelle, Bilderberg-Konferenz, Lage im Jemen, Fertigung von Heckler-&-Koch-Gewehren in Saudi-Arabien, staatsanwaltliche Ermittlungen in Frankreich aufgrund des Germanwings-Absturzes, Hackerangriff auf den Deutschen Bundestag, Ermittlungen der Schweizer Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts der Spionage bei den Nukleargesprächen mit dem Iran, Vorratsdatenspeicherung

Sprecher: StS Seibert, Jäger (BMF), Strater (BMVI), Zimmermann (BMJV), Dimroth (BMI), Schäfer (AA), Gerhartz (BMVg), Dünow (BMWi), Maschke (BMG)


Vorsitzender Leifert eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Ich habe sowohl einen Überblick über die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche als dann auch noch eine kurze Bemerkung zum gestrigen Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten. Ich fange einmal mit den Terminen an:

Am Montag, 15. Juni, wird die Bundeskanzlerin an der nationalen Konferenz der Bundesregierung zur Elektromobilität im Congress Centrum hier in Berlin teilnehmen. Das Thema der Konferenz lautet "Elektromobilität: Stark in den Markt". Sie wird um 14 Uhr dort eintreffen. Es wird dann zunächst ein Spitzengespräch mit etwa 30 Teilnehmern und dabei dann auch einen kurzen Bildtermin geben. Dann wird sie um 16 Uhr vor dem Plenum eine Rede halten, in der die Bundeskanzlerin darauf eingehen wird, wie ein gemeinsames Verständnis von Bundesregierung, Industrie, Wissenschaft und Gewerkschaften zum Thema Elektromobilität aussehen kann und wie die Elektromobilität in Deutschland weiter befördert werden kann.

Am Dienstag wird die Bundeskanzlerin um 12.30 Uhr den luxemburgischen Premierminister Xavier Bettel mit militärischen Ehren im Kanzleramt empfangen. Es wird ein Arbeitsmittagessen geben. Schwerpunkte werden sicherlich die aktuellen europapolitischen Themen und auch die Schwerpunkte der bevorstehenden luxemburgischen EU-Ratspräsidentschaft sein. Sie wissen: Das Großherzogtum wird in der zweiten Jahreshälfte 2015 die Ratspräsidentschaft übernehmen, die derzeit noch Lettland innehat. Wie auch mit Lettland werden Deutschland und die Bundesregierung dabei natürlich auch mit Luxemburg sehr eng zusammenarbeiten. Gegen 13.45 Uhr ist eine gemeinsame Pressebegegnung geplant.

Am Mittwoch, wie üblich um 9.30 Uhr, wird das Bundeskabinett unter Führung der Bundeskanzlerin tagen.

Danach wird sie am Mittwoch die Sieger des Wettbewerbs "startsocial" auszeichnen. Diese Preisverleihung wird um 12 Uhr im Bundeskanzleramt stattfinden. "startsocial" ist ein bundesweiter Wettbewerb, der ehrenamtliches soziales Engagement fördert. Die Bundeskanzlerin ist Schirmherrin dieses Wettbewerbs. Es werden sieben Teilnehmer für die hervorragende Umsetzung sozialer Projekte ein Preisgeld in Höhe von jeweils 5.000 Euro erhalten, und einer der Preisträger wird einen Sonderpreis der Bundeskanzlerin erhalten.

Am Mittwoch wird die Bundeskanzlerin um 15 Uhr in Leipzig beim 80. Deutschen Fürsorgetag eine Rede halten. Das Motto dieses Fürsorgetags heißt "Teilhaben und Teil sein". Es werden etwa 2.000 Gäste aus fast allen Bereichen der Sozialpolitik, des Sozialrechts und der sozialen Arbeit erwartet. Veranstalter ist der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge.

Am Donnerstag wird die Kanzlerin im Deutschen Bundestag eine Regierungserklärung abgeben. Thema wird unter anderem der bevorstehende Europäische Rat am 25. und 26. Juni sein.

Am Donnerstagnachmittag, genau um 15 Uhr, wird die Kanzlerin dann zu dem regelmäßigen halbjährlichen Gespräch mit den Regierungschefs und -chefinnen der Bundesländer im Kanzleramt zusammenkommen. Es gibt eine reichhaltige Tagesordnung. Ich nehme nur einmal einige Stichworte auf: die europäische Flüchtlingspolitik im Mittelmeer, die Ergebnisse des außerordentlichen Europäischen Rats zu diesem Thema, der im April abgehalten wurde, der weitere Fahrplan zur Energiewende - Schwerpunkte sind der Netzausbau, das Strommarktdesign und die Umsetzung des Klimaziels 2020 -, die Asyl- und Flüchtlingspolitik, die Bund-Länder-Finanzbeziehungen, die Stärkung der Schieneninfrastruktur und die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Das Ganze wird von 15 Uhr bis 17 Uhr im Bundeskanzleramt stattfinden. Gegen 16.30 Uhr wird es eine kurze Pressekonferenz der Bundeskanzlerin und der beiden Ministerpräsidenten Woidke und Haseloff als Vertreter des Vorsitz- und des Ko-Vorsitzlandes geben.

Jetzt könnte ich gleich bei diesem Thema der Asyl- und Flüchtlingspolitik bleiben. Soll ich?

Vorsitzender Leifert: Ja, bitte!

StS Seibert: Gut. Die Bundeskanzlerin, verschiedene Bundesminister und die 16 Regierungschefs der Länder haben gestern Abend eine breite Diskussion über die verschiedenen Aspekte der Asyl- und Flüchtlingspolitik geführt. Wie geplant diente diese gestrige Besprechung der Vorbereitung des regulären Treffens der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten, das ich Ihnen gerade für den 18. Juni angekündigt habe. Für den 18. Juni wird auch ein gemeinsamer Beschlussvorschlag erarbeitet und vorbereitet. Gleichwohl ist schon gestern hinsichtlich einer Reihe von Punkten Einigkeit erzielt worden, und zwar in dem Bewusstsein, dass es eine Verantwortungsgemeinschaft und eine gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern dafür gibt, den Herausforderungen durch die hohe Zahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu begegnen.

Ein wichtiger Punkt, über den gestern Einigkeit bestand, ist, dass durch gemeinsame Anstrengungen klarer zwischen denen, die Schutz brauchen, und denen, die in Deutschland keine Bleibeperspektive haben, unterschieden werden muss. Ein weiterer wichtiger Punkt, über den Einigkeit bestand: Der Bund wird die pauschale Hilfe für Länder und Kommunen im Jahr 2015 verdoppeln. Ab 2016 wird sich der Bund strukturell und dauerhaft an den gesamtstaatlichen Kosten beteiligen, also an den Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Zahl der schutzbedürftigen Asylbewerber und Flüchtlinge entstehen. Dazu werden im Herbst die konkreten Entscheidungen fallen, und sie werden durch eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe vorbereitet. Näheres wird auf der schon genannten Ministerpräsidentenkonferenz am 18. dieses Monats erörtert werden.

Frage: Ich habe eine Detailfrage, wahrscheinlich an das Finanz- und an das Verkehrsministerium. Die Sonderabschreibung für Dienstwagen scheint im Zusammenhang mit E-Autos sehr wichtig zu sein. Wie ist denn da bitte der Stand?

Jäger: Ich will dem Treffen am Montag hier nicht vorweggreifen. Wir befinden uns darüber im Gespräch. Falls es Ergebnisse geben sollte, werden die sicherlich am Montag Gegenstand dieser Beratung sein. Aber ich verweise ausdrücklich darauf, dass die Gespräche noch andauern.

Strater: Ich schließe mich den Worten von Herrn Jäger an.

Frage: Herr Seibert, fährt die Bundeskanzlerin eigentlich inzwischen ein E-Mobil, oder gibt es Pläne für ein entsprechendes E-Mobil für ihren Berlin-Verkehr?

StS Seibert: Für die Bundeskanzlerin gibt es die nicht. Für viele Mitglieder der Bundesregierung gibt es bereits E-Mobile in den Fuhrparks ihrer Ministerien. Ich kann für das Bundespresseamt nur sagen, dass wir drei E-Mobile in unserem Fuhrpark haben und ich jeden Tag mit einem fahre.

Zusatzfrage: Können Sie mir noch mit einem Satz begründen, warum die Kanzlerin keine Lust auf ein E-Mobil hat? Es kann ja nicht sein, dass die deutsche Vorzeigeindustrie nicht in der Lage ist, ein gepanzertes E-Mobil auf die Beine zu stellen, wenn die Kanzlerin das möchte, vermute ich einmal.

StS Seibert: Ich würde Sie bitten, diese technischen Fragen dann an die deutsche Automobilindustrie zu richten.

Zusatzfrage: Woran liegt es, dass die Kanzlerin derzeit kein E-Mobil fährt, aber sie gleichzeitig dafür eintritt, dass E-Mobilität eine ganz wichtige Sache ist?

StS Seibert: Sie haben vollkommen recht: Die Bundeskanzlerin steht wie die ganze Bundesregierung hinter der Förderung der Elektromobilität. Sie hält das für eine sehr wichtige Maßnahme. Wir sind in den letzten Jahren erheblich vorangekommen und erwarten, dass wir mit den Gesprächen am nächsten Montag bei der Konferenz hier in Berlin neue Schritte beschließen und gemeinsam neue Schritte machen werden, die der E-Mobilität in Deutschland noch weitere Verbreitung ermöglichen.

Zusatzfrage: Zur Energiewende, auch noch einmal an Herrn Seibert: Gedenkt die Bundeskanzlerin eigentlich, die Kohleabgabe endgültig zu stoppen, wie es ihr als Parteipolitikerin 14 führende Unionsvertreter aus der Fraktion jetzt in einem Brief nahegelegt haben?

StS Seibert: Sie wissen, dass die gesamte Bundesregierung hinter den Klimazielen steht, die wir uns gesetzt haben. Wir wollen sie alle erreichen, und wir arbeiten dafür. Der Minister für Wirtschaft und Energie hat Vorschläge gemacht. Er steht in intensiver Konsultation mit allen Beteiligten, und das unterstützt die Bundeskanzlerin sehr.

Zusatzfrage: Ich versuche es noch einmal: Möchte die Bundeskanzlerin, dass die Kohleabgabe nicht kommt?

StS Seibert: Wir haben von vornherein gesagt, und ich wiederhole jetzt wirklich auch die Aussagen aus vielen verschiedenen Pressekonferenzen, die dieser hier vorangegangen sind: Wir wollen die Klimaziele erreichen. Sie sind für die gesamte Bundesregierung das Leitziel. Wir wissen, dass dabei in allen Sektoren Anstrengungen gemacht werden müssen. Es ist absolut richtig, dass der Minister dafür Vorschläge gemacht hat und dass er Gespräche mit allen Betroffenen führt. Die Maßnahmen zur CO2-Reduzierung - auch darüber sind wir uns innerhalb der Bundesregierung alle einig - müssen natürlich so ausgestaltet sein, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unserer Industrie und unserer Energiewirtschaft nicht beeinträchtigt wird.

Frage: Ich habe eine Frage an den Regierungssprecher oder an das Finanzministerium: Die "Bild" meldet, die Bundesregierung wappne sich konkret für eine Staatspleite Griechenlands. Ist das korrekt? Wie sehen diese Vorbereitungen aus?

StS Seibert: Sie kennen die Haltung der Bundesregierung; wir haben sie hier oft vorgetragen. Diese Haltung leitet die Bundeskanzlerin und den Finanzminister bei jedem ihrer Gespräche in Sachen Griechenland. Sie leitete die Bundeskanzlerin auch bei dem Gespräch, das sie zusammen mit François Hollande vorgestern Abend in Brüssel mit Ministerpräsident Tsipras geführt hat. Wir arbeiten dafür, dass Griechenland ein Mitglied der Eurozone bleiben kann. Wir stehen zu dem Grundsatz, den es seit Jahren bei der Bekämpfung der Schuldenkrise einzelner Länder gibt, nämlich dass europäische Solidarität immer von eigenen Reformanstrengungen des betroffenen Landes begleitet sein muss. Die Gespräche der griechischen Regierung mit den drei Institutionen müssen jetzt mit hoher Intensität weitergeführt werden, damit es zu einer Einigung kommt, die dann als "staff-level agreement" der Eurogruppe vorgelegt werden kann. Es gibt also keine neue Haltung. Es gibt ein intensives Eintreten für das, was ich Ihnen gerade vorgetragen habe.

Frage: Gestern hat der IMF die Gespräche mit Athen abgebrochen. Was bedeutet das für Sie, Herr Jäger, für das Finanzministerium und für die Bundesregierung?

Jäger: Ich weiß nicht, ob Ihre Einschätzung richtig ist, dass der IWF die Gespräche abgebrochen hat. Wir haben das nicht so wahrgenommen. Es ist richtig, dass das Verhandlungsteam des IWF aus Brüssel abgereist ist. Das kann viele Gründe haben. Es ist aber in der Tat so, dass sich der IWF gestern sehr dezidiert zum Stand der Verhandlungen geäußert hat. Das ist ein sehr ernstes Statement, das wir natürlich zur Kenntnis nehmen. Mein Eindruck ist auch, dass das innerhalb der Eurogruppe so nachvollzogen werden kann. Wir verstehen das als einen Aufruf, eine Mahnung an die griechische Seite, diese Gespräche jetzt in dem Sinne zu intensivieren, wie Herr Seibert es eben beschrieben hat.

Frage : Herr Jäger, der IWF spielt ja eine entscheidende Rolle bei der Griechenland-Rettung. Richtig? Der IWF-Vorstand Lipton hat jetzt in Sachen Ukraine gesagt, der IWF werde der Ukraine weiterhin Geld leihen, auch wenn sich die Regierung mit den Gläubigern einstweilen nicht über die Bedingungen einer Umschuldung einige. Der IWF habe eine Politik des Leihens trotz Rückstands. Warum kann man das bei Griechenland nicht machen?

Jäger: Weil wir im Falle Griechenlands Vereinbarungen in Form von Programmen haben, in denen sehr eindeutig festgelegt ist, welche Leistungen jede der beiden Seiten zu erbringen hat. Der IWF und die europäischen Partner haben sich im Rahmen dieses Programms verpflichtet, Griechenland über Kredite zu unterstützen, und im Gegenzug hat sich Griechenland verpflichtet, Reformleistungen zu erbringen. Diese Reformleistungen sind im Memorandum niedergelegt. Das ist der Kern dieser Absprache, und das gilt. Deswegen kann jetzt hier überhaupt keine Rede davon sein, dass man sich davon einfach verabschieden könnte. Das haben weder wir noch der IWF vor. Der Fall der Ukraine ist ganz anders gelagert, und deswegen ergibt es überhaupt keinen Sinn, beide miteinander zu vergleichen.

Zusatzfrage : Heißt das, wenn es nicht drei Institutionen gäbe, sondern nur den IWF, dann würde der genauso handeln? Der IWF sagt ja nämlich auch, dass diese Reformen, die da in Griechenland teilweise durchgesetzt wurden, schädlich sind.

Jäger: Nein, das sagt der IWF nicht. Der IWF macht Programme, die passgenau für das jeweilige Land sind. Ich habe überhaupt keinen Anlass, anzunehmen, dass der IWF, wäre er allein, ein anderes Programm für Griechenland konzipiert hätte. Aber das ist eine rein hypothetische Frage, und insofern ist die Erörterung hier letztlich auch sinnlos.

Wir haben das Programm, das es gibt. Dieses Programm muss jetzt erfolgreich zum Abschluss gebracht werden. Das ist unser Ziel, und dafür arbeiten wir.

Frage : Ich habe eine Frage an Herrn Seibert, aber auch an Herrn Jäger: Ist für die Bundeskanzlerin eine Lösung ohne den IWF überhaupt denkbar?

StS Seibert: Sie hören uns ja nun seit vielen Wochen sagen, dass es eine Einigung der griechischen Regierung mit den drei Institutionen geben muss. Die drei Institutionen haben eine gemeinsame Position erarbeitet und sie Griechenland zum Gespräch darüber vorgelegt. Wir sprechen von den drei Institutionen, weil wir davon überzeugt sind, dass diese drei Institutionen, wenn sie sich mit Griechenland geeinigt haben, gemeinsam das "staff-level agreement" vorlegen müssen, das dann die Basis für einen Beschluss der Eurogruppe sein kann.

Jäger: Ich kann nur das unterstreichen, was Herr Seibert eben sagte. Eine Lösung ohne den IWF ist für uns nicht vorstellbar.

Zusatz : So klipp und klar hätte ich es auch gerne von Herrn Seibert gehört.

StS Seibert: Ich habe zwei Sätze mehr gebraucht und war genauso klar, glaube ich, oder nicht? Na also!

Frage : Die Zeit drängt jetzt etwas; das macht Frau Merkel ja klar. Ist es denn möglich, dass eventuell noch in der nächsten Woche und vor dem regulären Treffen am Donnerstag ein Sondertreffen der Finanzminister stattfinden wird, Herr Jäger?

Jäger: Solche Planungen sind mir nicht bekannt. Bislang gibt es ein reguläres Treffen der Eurogruppe am 18. Das wird in Luxemburg stattfinden. Sollte sich vorher eine Notwendigkeit ergeben, werden wir jede Anstrengung unternehmen. Aber noch einmal: Ich kenne solche Planungen nicht. Wir gehen davon aus, dass Griechenland am 18. beim regulären Treffen der Eurogruppe Gegenstand der Beratungen sein wird.

Frage : Herr Jäger, was passiert denn, wenn ein Staat dem Internationalen Währungsfond einen Kredit zu einem bestimmten Termin nicht zurückzahlt? Was muss der IWF dann machen?

Jäger: Das ist eine Frage, die Sie bitte an unsere Kollegen beim IWF richten.

Frage : Herr Seibert, der griechische Ministerpräsident hat nach dem Treffen in Brüssel mit der Frau Bundeskanzlerin und dem französischen Präsidenten gesagt, dass die europäische Führung bei diesem Treffen endlich kapiert habe, dass eine Lösung zum Wohl beider Seiten erreicht werden müsse. Hatte die Bundeskanzlerin das vorher nicht kapiert?

Eine Frage an das Finanzministerium: Die bisherigen Verhandlungen haben erreicht, dass die Primärüberschüsse niedriger ausgefallen sind, als vorher vereinbart wurde. Gibt es Berechnungen, mit welchen Beträgen Griechenland und auch die europäischen Partner bei niedrigeren Primärüberschüssen auskommen müssen?

StS Seibert: Herr Pappas, ich kenne das Zitat nicht in Gänze, deswegen will ich es nicht kommentieren. Ich will Ihnen nur sagen: Der griechische Ministerpräsident hat vorgestern Abend nicht so etwas wie einer europäischen Führung gegenübergesessen, sondern dem Präsidenten der französischen Republik und der Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland - zwei sicherlich wichtige Länder in der Eurozone, aber nichts, was man eine europäische Führung nennen könnte oder was wir als so etwas begreifen.

Jäger: Was die Frage nach den Primärüberschüssen angeht: Ich werde mich hier - das wissen Sie und das verstehen Sie auch - nicht in eine Diskussion über Zahlen einlassen. Ich weise noch einmal darauf hin, dass ein Primärüberschuss eine Endgröße ist. Er ergibt sich aus der fiskalischen Wirkung von Reformmaßnahmen einerseits und den Einnahmen andererseits. Insofern ist der Primärüberschuss eine Art Schlussgröße und setzt voraus, dass es ein belastbares und umfassendes Reformpaket gibt beziehungsweise verlässliche Aussagen darüber, wie auf der Einnahmenseite die Entwicklungen einzuschätzen sind.

Die drei Institutionen haben ihre Position abgestimmt und haben diese der griechischen Seite kommuniziert. Wir haben den Eindruck, dass die Institutionen dabei ein Höchstmaß an Flexibilität gezeigt haben und der griechischen Seite ein diskussionswürdiges Angebot unterbreitet haben. Alles Weitere spielt sich jetzt ausschließlich im Gespräch der Institutionen mit der griechischen Seite ab.

Frage: Ist eine Verlängerung des laufenden zweiten Programms um einige Monate vorstellbar?

Jäger: Wir werden hier jetzt nicht wieder über diese Frage spekulieren; das war schon Gegenstand der letzten Regierungspressekonferenz. Ich weise darauf hin, dass dieses Programm bis zum 30. Juni läuft. Wir halten uns hier an die Fakten. Hypothetische Fragen werde ich hier nicht erörtern.

Frage : Herr Seibert, der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen in Sachen Abhören des Kanzlerinnenhandys eingestellt. Begrüßt die Bundesregierung das?

StS Seibert: Die Ermittlungen einzuleiten oder die Ermittlungen zu beenden, das sind Schritte, die nur im Ermessen und nur in der Verantwortung des Generalbundesanwaltes liegen, und die sollten von der Bundesregierung nicht kommentiert werden.

Zusatzfrage : Gab es nicht von amerikanischer Seite schon Eingeständnisse, dass das passiert ist, dass also abgehört wurde?

StS Seibert: Der Generalbundesanwalt hat die Entscheidung getroffen, die er heute Morgen verkündet hat. Ich habe sie nicht zu kommentieren.

Zusatzfrage : Wann muss denn dieser Generalbundesanwalt wegen Unfähigkeit im Amt entlassen werden?

StS Seibert (zum Vorsitzenden): Ich glaube, er erwartet nicht wirklich eine Antwort.

Zusatz : Doch!

Frage: Herr Seibert, geht die Bundeskanzlerin nach wie vor davon aus, dass ihr Handy abgehört wurde? Denn sie hat ja im Oktober 2013 wegen eines Berichtes darüber direkt mit dem US-Präsidenten telefoniert.

StS Seibert: Ich habe hier mehrfach gesagt beziehungsweise die Bundeskanzlerin hat mehrfach öffentlich gesagt: Es ging nie und geht nie vorrangig um ihr Handy, ihre Kommunikation. Es geht um alle Bürger und es geht um die Frage, ob in Deutschland von allen - auch von unseren Partnern - deutsches Recht eingehalten wird. Es ging und es geht um Meinungsverschiedenheiten, die wir mit Partnern darüber haben, wie die Balance zwischen den Anforderungen der Sicherheit und dem Schutz privater Daten zu halten ist. Das ist es, was im Vordergrund steht und immer stand.

Zusatzfrage: Das habe ich zur Kenntnis genommen, das war jetzt aber nicht direkt eine Antwort auf meine Frage. Wenn ich mich richtig erinnere, hat die Bundeskanzlerin, als über ihr abgehörtes Handy berichtet wurde, quasi direkt den US-Präsidenten angerufen, um ihn zu fragen, ob das stimmt. Deswegen meine Frage: Geht die Bundeskanzlerin heute immer noch davon aus, wovon sie im Oktober 2013 ausgegangen ist, nämlich dass ihr Handy von NSA-Leuten oder -Quellen abgehört wurde?

StS Seibert: Es gab damals eine Berichterstattung darüber, und diese Berichterstattung war sicherlich auch Grund für ein Telefonat. Die Bundeskanzlerin hatte aber - das möchte ich ganz klar herausstreichen - mit dem US-Präsidenten schon deutlich davor mehrfach sehr intensiv über die Fragen der nachrichtendienstlichen Tätigkeit gesprochen - und hat es seitdem getan.

Zusatzfrage: Sie muss doch in dem Telefonat über ihr Handy gesprochen haben, sonst hätte sie Herrn Obama doch nicht an dem Tag angerufen, als darüber berichtet wurde, dass ihr Handy von US-Quellen abgehört wurde?

StS Seibert: Wie gesagt, es gab eine Reihe von telefonischen und anderen Gesprächen der Bundeskanzlerin mit dem US-Präsidenten über den gesamten Bereich der nachrichtendienstlichen Tätigkeit und der Berichterstattung, die es dazu im Jahr 2013 gab. Die einzelnen Gespräche sind vertraulich.

Frage : Woher weiß die Kanzlerin, dass sie nicht heute noch abgehört wird?

StS Seibert: Ich habe zu diesem Thema alles gesagt, was ich zu sagen habe.

Zusatzfrage : Sie weiß es nicht? - Antworten Sie nicht mehr?

StS Seibert: Ich habe zu diesem Thema wirklich über die letzten anderthalb Jahre alles gesagt. Das ist jetzt nichts Neues, was ich da zu verkünden habe.

Frage : Wird dieses schwierige Kapitel der deutsch-amerikanischen Beziehungen jetzt als beendet angesehen, oder hat man da noch etwas offen bei den Amerikanern?

StS Seibert: Ich habe gerade ja auch über Meinungsverschiedenheiten gesprochen, die wir mit Partnern über diese Balance zwischen Sicherheitsinteressen und dem Schutz privater Daten haben. Darüber werden wir immer wieder und auch auf verschiedenen Ebenen mit unseren Partnern sprechen, und als gute Partner können wir das auch. Für uns steht trotzdem die internationale Zusammenarbeit unserer Dienste mit den Diensten von Partnerländern im Vordergrund. Diese Zusammenarbeit ist für uns unverzichtbar, sie gibt jedem von uns tagtäglich Schutz und Sicherheit, und deswegen werden wir sie weiterführen.

Zusatzfrage : Unterscheidet sich dieser Dialog mit den Partnern jetzt von dem, den Sie vor der Snowden-Affäre hatten?

StS Seibert: Ich denke, ganz grundsätzlich kann man sagen, dass die Frage, wie man das Thema Sicherheit mit dem Thema Schutz von Daten austariert, wie man da die richtige Balance erreicht, immer wieder hinterfragt werden muss, dass das möglicherweise auch immer wieder angepasst werden muss und dass das auch immer wieder Gegenstand von Gesprächen mit den Partnern sein kann.

Frage : Herr Seibert, wie toll kann diese Zusammenarbeit sein, wenn die amerikanische Seite noch nicht einmal in irgendeiner Form dem Generalbundesanwalt bei seinen Ermittlungen geholfen hat?

StS Seibert: Zu den Ermittlungen des Generalbundesanwalts müsste ich Sie bitten, den Generalbundesanwalt selber zu befragen; da bin ich, ehrlich gesagt, nicht im Bilde und auch nicht zuständig. Ansonsten habe ich über die Zusammenarbeit, die die deutschen Dienste mit Partnerdiensten, auch mit der NSA, haben und die für uns wichtig ist, hier mehrfach gesprochen und habe dazu nichts Neues zu sagen. Es ist eine für unser Land, für die Sicherheit unserer Bürger sehr wichtige Zusammenarbeit.

Zusatzfrage : Aber wenn es um rechtliche Aufklärung geht, gibt es gar keine Zusammenarbeit, richtig?

StS Seibert: Ich habe Ihnen gesagt, dass Sie die juristischen Fragen, die jetzt in dem Ermittlungsverfahren behandelt wurden, das nun beendet ist, mit dem Generalbundesanwalt zu besprechen haben; dafür bin ich nicht der richtige Ansprechpartner.

Frage: Herr Seibert, sind Annahmen berechtigt, dass am Donnerstag nächster Woche das Konsultationsverfahren zwischen den USA und Deutschland in Sachen Selektoren-Liste und Einblicksmöglichkeiten beendet sein wird?

StS Seibert: Alle Fragen, die das Konsultationsverfahren umfassen, sind hier ausführlich in den letzten Regierungspressekonferenzen erörtert worden; dem habe ich nichts hinzuzufügen. Die Bundeskanzlerin hat vor einigen Tagen erklärt, dass diese Frage bis zur Sommerpause geklärt werden soll.

Zusatzfrage: Wenn ich den Bundesinnenminister richtig verstanden habe, hat er gesagt, dass sehr viel dafür spreche beziehungsweise dass davon auszugehen sei, dass am nächsten Donnerstag eine Lösung und ein Vorschlag da ist. Das kann doch nur bedeuten, dass bis Donnerstag nächster Woche das Konsultationsverfahren beendet ist. Meine Frage: Aufgrund welcher Informationen geht die Bundesregierung davon aus, dass am Donnerstag nächster Woche das Konsultationsverfahren beendet sein wird?

Dimroth: Ich weiß nicht genau, auf welches Zitat Sie anspielen. Meinen Sie den Auftritt des Bundesinnenministers heute in einer Frühstückssendung? Dann zitieren Sie ihn nicht ganz zutreffend. Wenn ich das recht im Ohr habe, hat er da vielmehr gesagt, er habe die Hoffnung, dass dieses Verfahren bis zum Ende der nächsten Woche abgeschlossen ist. Insofern hat er sich nicht auf Tatsachen oder auf Erkenntnisse bezogen, sondern er hat seine Hoffnung zum Ausdruck gebracht. Dann werden wir einmal sehen, ob diese trägt.

Frage : Herr Seibert, es gab Medienberichte, dass das Kanzleramt die Herausgabe der Selektoren-Listen an die Parlamentier unter anderem aus völkerrechtlichen Gründen ablehne. Nun hat uns Herr Schäfer mehrmals gesagt, dass das Völkerrecht da überhaupt keine Rolle spielt. Können Sie diese Berichte also dementieren?

StS Seibert: Nein, ich kann nur wiederholen, dass hier rund um das Thema Konsultationsverfahren alles gesagt worden ist, was die Bundesregierung dazu in der Öffentlichkeit sagen kann. Es wird zum gegebenen Zeitpunkt eine Entscheidung gefällt werden. Wir haben nun gesagt: Sie wird vor der Sommerpause kommen. Weiteres zum Konsultationsverfahren kann ich hier nicht äußern.

Zusatzfrage : Herr Schäfer, es ist aber immer noch so, dass das Völkerrecht bei der Herausgabe der Selektoren-Listen überhaupt keine Rolle spielt?

Schäfer: Völkerrecht ist immer ganz kompliziert, und bei zwei Völkerrechtsjuristen gibt es bestimmt drei oder vier Meinungen. Zu dem, was Sie gerade schon angesprochen haben, was hier von meiner Seite aus vor Wochen zur Sprache gekommen ist, stehe ich, habe aber auch nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Seibert, heute ist der ehemalige französische Präsident Sarkozy in der Stadt. Kommt es zu irgendeinem Kontakt oder Treffen mit der Kanzlerin?

StS Seibert: Nach meinen Informationen nicht.

Frage : Herr Seibert, im Bundesrat wurde der Bundesregierung heute die Botschaft mitgeteilt, dass die Ehe für alle bitte kommen solle. Begrüßt die Bundesregierung diesen Vorstoß des Bundesrats?

StS Seibert: Das ist eine Stellungnahme des Bundesrats. Diese wird der Bundesregierung jetzt zugeleitet, die Bundesregierung wird sie prüfen - vor allem auch das zuständige Ressort, das Justizministerium -, und dann wird eine Stellungnahme dazu abgegeben.

Zusatzfrage : Ich habe noch eine generelle Frage: Sie betonen ja immer, dass Sie Diskriminierung in allen Lebensbereichen aufheben wollen. Ehe einmal beiseite: Wann wird denn das Adoptionsverbot für Homosexuelle aufgehoben?

StS Seibert: Das ist ja nun noch einmal etwas ganz Anderes, weil es ja die Frage des Kindeswohls umfasst. Das heißt, das ist nicht gleich zu behandeln wie die Frage der Gleichstellung von Lebenspartnerschaften beispielsweise im Erbrecht oder im Sozialrecht. Das ist eine ganz andere Frage, und dazu gibt es derzeit keine Pläne.

Zusatzfrage : Es geht doch um die Diskriminierung von Homosexuellen in der deutschen Gesellschaft, und da haben Sie gesagt: Sie wollen das alles angleichen. Also muss das doch auch für das Adoptionsrecht gelten?

StS Seibert: Ich habe gesagt, dass es in dieser Regierung und in der Vorgängerregierung in den letzten Jahren, seit 2001, viele Schritte der Angleichung oder der Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mit der Ehe auf vielen Rechtsgebieten gab - das kann die Kollegin vom Justizministerium sicherlich noch genauer ausführen. Die Frage, die Sie ansprechen, die Frage der Adoption, ist zunächst einmal eine Frage, die Kinder und das Kindeswohl betrifft, und das ist eine andere Frage.

Vorsitzender Leifert: Das Justizministerium ist angesprochen worden - können Sie dazu beitragen?

Zimmermann: Wenn ich weiter ausholen soll: Wir hatten ja kürzlich den Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem wir weitere Anpassungen in 30 Vorschriften - wenn ich mich erinnere - vornehmen; das ist das, was Herr Seibert gerade angesprochen hat. Damit haben wir in vielen Bereichen eine weitere Gleichstellung zwischen Ehe und eingetragenen Lebenspartnerschaften vorgenommen. Viel Weiteres kann ich dazu jetzt eigentlich nicht ergänzen.

Frage: Gestern Nachmittag hatte sich auch der Bundestag mit diesen Fragen beschäftigt, und es gab einen Zwischenruf des Staatsministers Roth, der in Sachen Schutz der Familie und der Kinder die Tatsache angesprochen hat, dass die Kanzlerin keine Kinder hat. Das hat für Proteste mancher CDU-Abgeordneter gesorgt. Wie kam diese Aussage im Kanzleramt an?

StS Seibert: Ich glaube, das bedarf keines Kommentars von mir. Ob die Äußerung von der Regierungsbank mit parlamentarischen Gepflogenheiten übereinstimmt, muss man im Bundestag beurteilen. Ansonsten hat Herr Roth, wie Sie sagen, eine Tatsache ausgesprochen, und man sollte das nicht zu hoch hängen.

Frage : Herr Seibert, Sie betonen das Kindeswohl: Hat die Bundesregierung denn Erkenntnisse, dass das Kindeswohl auf der Sexualität der Eltern basiert?

StS Seibert: Ich betone das Kindeswohl, weil die Frage des Kindeswohls bei der Frage der Volladoption natürlich entscheidend ist. Deswegen wird das anders behandelt, anders betrachtet, anders geprüft als die Frage, ob man im Erbrecht oder in anderen Sozialrechtsfragen gleichstellt, weil davon nicht nur die beiden Personen betroffen sind, die in der Lebenspartnerschaft leben. Ansonsten, glaube ich, ist dies nicht der richtige Ort für die Erörterung von soziologischen Erkenntnissen - die ich hier auch nicht vornehmen werde.

Zusatzfrage : Da gibt es welche, oder was? Was hat die Sexualität mit dem Kindeswohl in Sachen Adoption zu tun?

StS Seibert: Ich habe nicht über die Sexualität gesprochen, ich habe über das Kindeswohl gesprochen und darüber, warum die Betrachtung des Kindeswohls es rechtfertigt, dass man die Frage der Adoption getrennt von der Frage rechtlicher Gleichstellungen auf anderen Gebieten betrachtet. Ansonsten ist dies hier nicht der Ort, dazu ein soziologisches oder wissenschaftliches Seminar durchzuführen. Das wird sicherlich an anderer Stelle getan.

Frage: Eine Frage an Herrn Gerhartz zur sogenannten Bilderberg-Konferenz: Die Ministerin Ursula von der Leyen nimmt ja daran teil. Warum tut sie das, was sind da ihre Erwartungen?

Gerhartz: Die Teilnahme an der Bilderberg-Konferenz möchte ich hier nicht kommentieren. Dazu gibt es aus Sicht des militärischen Sprechers des Verteidigungsministeriums nichts zu sagen.

Zusatzfrage: Dennoch ein Nachfrageversuch: Ich nehme jetzt einmal an, Sie möchten das nicht kommentieren, weil alles zu dieser Konferenz geheim gehalten werden soll. Genau das kritisieren ja einige; sie kritisieren die Konferenz als intransparent, als undemokratisch. Wie rechtfertigt die Ministerin gegenüber Kritikern ihre Teilnahme?

Gerhartz: Der Versuch ist gut, das gebe ich zu. Ich habe aber schon gesagt: Ich kommentiere die Teilnahme an dieser Konferenz nicht.

Frage : Nimmt sie daran denn als Privatperson oder als Ministerin teil?

Gerhartz: Auch das kommentiere ich nicht.

Zusatzfrage : Aber wenn Sie dazu jetzt nichts sagen wollen, spült das doch wieder Wasser auf die Mühlen aller Verschwörungstheoretiker, oder?

Gerhartz: Das mag Ihre Wertung sein, aber ich kommentiere das nicht.

Zusatzfrage : Das ist egal?

Gerhartz: Dass das egal ist, haben Sie gesagt; das ist eine Wertung.

Frage : Herr Schäfer, am Wochenende findet ja die Jemen-Friedenskonferenz in Genf statt. Mit welchen Erwartungen geht die Bundesregierung in diese Gespräche und auf welcher Ebene wird die Bundesregierung auf dieser Konferenz vertreten sein?

Schäfer: Auf Ihre letzte Frage kann ich Ihnen keine Antwort geben; das kann ich nur nachreichen, das weiß ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Ansonsten gilt das, was an dieser Stelle schon mehrfach und über Monate gesagt worden ist: Es wäre gut, wenn jetzt der Einstieg in einen Anfang des Endes der gewalttätigen Auseinandersetzungen in Jemen und um den Jemen herum gefunden werden könnte und wenn das dann wiederum den Weg ebnen könnte für bestimmt schwierige, bestimmt auch langwierige, komplizierte Gespräche, die dem geschundenen Land eine echte friedliche Perspektive bieten könnten.

Frage : Herr Schäfer, wenn in Saudi-Arabien deutsche Heckler-&-Koch-Gewehre gebaut werden und diese im Jemen eingesetzt werden, gelten die dann als deutsche Gewehre im Jemen?

Schäfer: Sie müssten jetzt definieren, was Sie mit dem Adjektiv "deutsch" meinen.

Zusatzfrage : Das ist ja ein deutscher Waffenhersteller.

Schäfer: Aber es sind Waffen, die in Saudi-Arabien hergestellt worden sind.

Zusatzfrage : Ist das auch die Haltung des Wirtschaftsministeriums? Gilt das nicht als Waffenexport, wenn Saudi-Arabien Heckler-&-Koch-Gewehre in Saudi-Arabien herstellt?

Dünow: Sie sprechen einen Sachverhalt an, der heute - ich habe das kurz vor der Abfahrt in die Regierungspressekonferenz gesehen - Gegenstand der Berichterstattung in einem großen Online-Portal unter der Überschrift "Bundesregierung gibt Lücke bei Waffenexportkontrolle zu" war. Ich war ein bisschen verblüfft über diese Überschrift. Richtiger und präziser wäre gewesen: "Bundesregierung schließt Lücke beim Waffenexport". Wie wir hier in der Bundespressekonferenz schon das eine oder andere Mal erläutert haben, ist der Bundestag am 15. Mai 2015 über die sogenannten Kleinwaffengrundsätze unterrichtet worden, die bereits in Kraft sind und die unter anderem vorsehen, dass der Export von neuen Fabrikationsanlagen in solche Drittländer wie Saudi-Arabien in Zukunft nicht mehr genehmigt wird.

Zusatzfrage : Habe ich das richtig verstanden: Die Lizensierung des Baus von G36-, also von Heckler-&-Koch-Gewehren in Saudi-Arabien ist künftig nicht mehr möglich?

Dünow: Sie haben das richtig verstanden: Eine solche Genehmigung würde nach diesen Kleinwaffengrundsätzen in Zukunft nicht erteilt werden können.

Frage : Gestern hat der französische Staatsanwalt Robin schockierende neue Details zum Gesundheits- und Seelenzustand des Germanwings-Kopiloten enthüllt, unter anderem, dass er über 40 Ärzte aufgesucht hat, von denen ihn einige für fluguntauglich hielten. Sehen Sie darin vielleicht einen Grund, erneut eine Debatte über die ärztliche Schweigepflicht anzustoßen? Denn immerhin hätte man hier 150 Menschenleben retten können.

Berve-Schucht: Die Schweigepflicht ist ja ein zentraler Pfeiler des ärztlichen Selbstverständnisses und ist Teil der Musterberufsordnung der Ärzte in Deutschland. Aktuell gibt es darüber keine Diskussion.

Zusatzfrage : Auch nicht darüber, wo die Grenzen der Schweigepflicht liegen sollten?

Maschke: Wenn akute Gefahr droht, in offensichtlichen Fällen einer drohenden Straftat, gibt es die Möglichkeit, auch bei der Schweigepflicht von Ärzten Ausnahmen zu machen. Das ist also schon so geregelt.

Frage : Herr Seibert, zum Bundestags-Hack: Die Bundesregierung beziehungsweise die deutschen Geheimdienste arbeiten ja mit mehr als 400 Geheimdiensten weltweit zusammen. Gab es schon eine Befragung an die Partnerdienste, ob einer von ihnen an diesem Bundestags-Hack beteiligt war?

StS Seibert: Zu diesem ganzen Thema - das, was Sie den "Bundestags-Hack" nennen - kann ich nur sagen: Die Bundestagsverwaltung ist ja, wie Sie wissen, für ihre eigene IT selbst verantwortlich; deswegen sind Fragen dazu auch von der Bundestagsverwaltung zu beantworten. Grundsätzlich gilt: Selbstverständlich unterstützt die Bundesregierung und unterstützen auch nachgeordnete Behörden der Bundesregierung, so gewünscht, die Aufklärung und helfen dem Bundestag, mit diesen Problemen zurande zu kommen.

Zusatzfrage : Wie unterstützt die Bundesregierung denn konkret diese Ermittlungen?

StS Seibert: Ich sprach davon, dass sie selbstverständlich unterstützt, wenn dies gewünscht ist. Es gibt, glaube ich - vielleicht kann der Sprecher des Bundesinnenministeriums ausführlicher dazu ausführen -, das BSI, das da engagiert ist. Es unterstützt die IT-Experten der Bundestagsverwaltung bei der Aufklärung dieses Vorfalls.

Dimroth: Genau so ist es. Das BSI ist, wie Sie wissen - denn das war auch schon mehrfach Gegenstand dieser Veranstaltung -, nicht originär zuständig für die IT-Sicherheit des selbstständig vom Deutschen Bundestag betriebenen Netzes. Insofern ist es qua Gesetz nicht beauftragt mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe. Es ist aber bereit und in der Lage, jetzt im Rahmen von Amtshilfe - wenn vom Deutschen Bundestag erwünscht; das wird auch praktiziert - die Bundestagsverwaltung beratend bei der Aufarbeitung der jetzt bekannt gewordenen Vorfälle zu unterstützen.

Zusatzfrage : Herr Seibert, wie bewertet denn die Kanzlerin diesen Angriff auf das Herz der Demokratie in Deutschland?

StS Seibert: Ich glaube, man muss zunächst einmal herausfinden, was dort genau passiert ist. Man muss, soweit das möglich ist, herausfinden, von wem dieser Angriff ausgeht. Dass uns das allen vor Augen führt, wie wichtig das Thema der Cyber-Sicherheit ist, spricht, glaube ich, für sich.

Frage : Herr Schäfer, die Schweizer Bundesanwaltschaft hat ihre Ermittlungen wegen Verdachts der Spionage bei den Nukleargesprächen aufgenommen. Gibt es dazu einen Kommentar von Ihrem Haus?

Schäfer: Die Aktivitäten der unabhängigen Justiz, zumal der Justiz im Ausland - ich glaube, in Österreich ist das ja auch geschehen - können wir nicht kommentieren und wollen wir auch nicht kommentieren. Aber ich würde es einmal so sagen: Wenn da tatsächlich Dinge geschehen sein sollten, die nicht in Ordnung sind, dann wäre es hilfreich und nützlich, wenn das aufgeklärt werden würde.

Frage : Ich habe eine Frage zur Vorratsdatenspeicherung an das Justizministerium: Sind von dieser ganzen Regelung auch Kinder und Jugendliche betroffen? Die haben ja auch schon Handys, Smartphones usw. und surfen im Internet. Warum müssen die auch überwacht werden beziehungsweise warum müssen deren Verkehrsdaten gespeichert werden?

Zimmermann: Herr Jung, diese Frage kann ich Ihnen ganz leicht beantworten: Kinder sind nicht strafmündig. Das heißt, Kinder können auch nicht Verdächtige einer schweren Straftat sein, was die Voraussetzung für die Möglichkeit eines entsprechenden Abrufs ist. Jugendliche ab 14 Jahren können sich strafbar machen. Insofern können ihre Verkehrsdaten dann auch unter den engen Voraussetzungen, die unser Gesetzentwurf vorsieht, abgerufen werden.

Zusatzfrage : Aber die werden dann trotzdem anlasslos überwacht. Richtig?

Zimmermann: Nein.

Zusatzfrage : Also egal ob das jetzt zu irgendetwas genutzt wird?

Zimmermann: Nein. Es ist so, dass unser Gesetzentwurf vorsieht, dass zur Aufklärung besonders schwerer Straftaten Verkehrsdaten von den Telekommunikationsanbietern verpflichtend zu speichern sind und unter engen Voraussetzungen abgerufen werden können. Eine dieser Voraussetzungen ist halt, dass der Verdacht einer schweren Straftat vorliegt, die im Einzelfall auch besonders schwer wiegen muss. Wenn das der Fall ist, was bei Kindern nicht der Fall sein kann, weil Kinder nicht strafmündig sind, dann können entsprechende Daten von den Strafverfolgungsbehörden abgerufen werden.

Zusatzfrage : Herr Dimroth, Herr Plate hatte zwei "Fälle" nachgeliefert, in denen Gefahren mit der VDS abgewehrt werden könnten. Das waren zwei Berichte vom BKA. Haben Sie einmal Fälle, die von unabhängigen Stellen geprüft und bestätigt worden sind und die keine Einzelfälle sind, sondern klar ein Muster aufzeigen?

Dimroth: Da sehen Sie mich jetzt fast etwas ratlos. Wer soll denn über die polizeiliche Praxis berichten, wenn nicht eine polizeiliche Dienststelle wie das BKA? Sie hatten gefragt, ob es Fälle aus der Praxis gibt, die belegen, dass dieses Instrument in bestimmten Ermittlungssituationen oder gar monokausal verantwortlich dafür ist, eine Ermittlung erfolgreich zu Ende zu führen. Wer, wenn nicht eine Polizeidienststelle, soll über diese polizeiliche Praxis verfügen? Insofern verstehe ich die Frage nun wirklich überhaupt nicht.

Sie fragten nach Nicht-Einzelfällen. Darunter kann ich mir nun gar nichts vorstellen. Was denn sonst, wenn nicht Einzelfälle?

Zusatz : Ich meine, wenn man die Sicherheitsbehörden fragt, ob sie mehr Macht im Sicherheitsbereich haben wollen, dann antworten die natürlich mit Ja. Deren Fälle oder Beispiele können doch nicht gelten!

Dimroth: Dass die Sicherheitsbehörden auf diese Frage so antworten würden, ist eine bloße Unterstellung. Die würde ich so unkritisch jedenfalls auch nie unterschreiben.

Es geht hierbei auch nicht darum, pauschal eine Frage wie die von Ihnen gerade formulierte zu stellen und möglicherweise Interessenträger um eine Antwort zu bitten, sondern es geht um die Frage: Gibt es aus der polizeilichen Praxis und aus der Praxis derjenigen, die für die Sicherheit und die Strafverfolgung verantwortlich sind, Praxiserfahrungen, die belegen, dass dieses Instrument hilfreich oder gar in bestimmten Fallkonstellationen das einzige ist, das weiterhilft? Diese Erkenntnis kann doch logischerweise nur von der Polizei übermittelt werden. Ich habe sie jedenfalls nicht, und wenn Sie sie haben, würde es mich, ehrlich gesagt, interessieren, wie Sie dazu gelangt sind.

Freitag, 12. Juni 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 12. Juni 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/06/2015-06-12-regpk.html;jsessionid=1234F0CEFE5F13FE277E40523B1E4C1D.s1t1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Juni 2015

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