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PRESSEKONFERENZ/926: Regierungspressekonferenz vom 23. Januar 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 23. Januar 2015
Regierungspressekonferenz vom 23. Januar 2015



Themen: Kondolenztelegramm der Bundeskanzlerin zum Tode des Königs von Saudi-Arabien, Termine der Bundeskanzlerin (zentrale Auftaktveranstaltung des weltweiten Gedenkens zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, Empfang des ehemaligen Präsidenten der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, Teilnahme an der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, Konferenz der globalen Impfallianz GAVI, Kabinettssitzung, Empfang des Präsidenten des Bundes Deutscher Karneval und von Prinzenpaaren aus 15 Bundesländern, Treffen mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, Plenum des Deutschen Bundestages, Präsentation der 2-Euro-Gedenkmünze "Hessen", Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten und dem Präsidenten des Europäischen Parlaments), Lage in Jemen, Wahl in Griechenland, mögliche Kooperation mit Russland in einem gemeinsamen Handelsraum, Lage in der Ostukraine, Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, Muslime in Deutschland, Verbrechen des NSU, Mindestlohn

Sprecher: SRS'in Wirtz, Chebli (AA), Moiteaux (BMWi), Scharfschwerdt (BMUB), Dimroth (BMI), Kalwey (BMF)

Vorsitzende Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS'in Wirtz sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS'in Wirtz: Ich möchte beginnen mit einer Kondolenz, die die Bundeskanzlerin eben in Richtung Saudi-Arabien geschickt hat. Adressat ist König Salman bin Abdulaziz Al Saud. Ich möchte daraus zitieren:

"Majestät, zum Tode von Seiner Majestät König Abdallah bin Abdulaziz Al Saud, Hüter der beiden Heiligen Stätten und König von Saudi-Arabien, möchte ich Ihnen, Ihrer Familie und dem ganzen Volk Saudi-Arabiens mein tief empfundenes Mitgefühl aussprechen.

Seine ausgewogene und vermittelnde Politik im Nahen Osten hat ihm und dem Königreich Saudi-Arabien Respekt und Anerkennung gebracht.

Mit Klugheit, Weitsicht und großem persönlichen Einsatz ist er für eine behutsame Modernisierung seines Landes und für den Dialog der islamischen Welt mit dem Westen eingetreten.

Ich wünsche Ihnen in diesen schweren Stunden Kraft bei der Erfüllung Ihrer Aufgabe. In stiller Anteilnahme." Die Bundeskanzlerin.

So weit zu dem Kondolenztelegramm, das nach Saudi-Arabien gegangen ist.

Wie gewohnt, an dieser Stelle der Ausblick auf die Termine der Kanzlerin in der kommenden Woche: Am Montag wird die Kanzlerin von 14 bis 15 Uhr an der zentralen Auftaktveranstaltung des weltweiten Gedenkens zum 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz teilnehmen. Die Veranstaltung findet in Berlin in der Urania statt. Die Bundeskanzlerin wird eine Rede halten und folgt damit der Einladung des Internationalen Auschwitz-Komitees.

Um 19 Uhr wird die Bundeskanzlerin den ehemaligen Präsidenten der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, empfangen. Es wird ein Abendessen im Bundeskanzleramt geben. Dieses Abendessen dient dem informellen Meinungsaustausch.

Am Dienstag geht es dann weiter im Parlament. Die Kanzlerin wird an der Gedenkstunde im Bundestag zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus teilnehmen, 70 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz. Es werden Vertreter aller Verfassungsorgane erwartet. Die Begrüßung erfolgt durch Bundestagspräsident Nobert Lammert, und die Hauptrede wird Bundespräsident Joachim Gauck halten.

Ab 11 Uhr wird die Bundeskanzlerin an der Konferenz der globalen Impfallianz GAVI teilnehmen. Die Bundeskanzlerin ist Schirmherrin dieser Veranstaltung. Bei dieser Konferenz geht es darum, die weltweiten Impfanstrengungen zu verstärken und auszuweiten. Hintergrund ist, dass jährlich 6,3 Millionen Kinder sterben. Die Hälfte von ihnen stirbt an Krankheiten, die durch Impfungen vermieden werden könnten. Deshalb ist es ein besonderes Anliegen dieser globalen Impfallianz, Kindern die Chance auf ein gesundes Leben zu geben und entsprechend Geld einzuwerben, das von Stiftungen, Unternehmen und privaten Spendern kommt.

Ziel der Konferenz ist es, zusätzliche 7,5 Milliarden US-Dollar einzuwerben, um bis 2020 weitere 300 Millionen Kinder in Entwicklungsländern mit lebenswichtigen Impfstoffen zu versorgen. An der Konferenz am 27. Januar werden neben der Bundeskanzlerin auch die Präsidenten Tansanias und Malis sowie die norwegische Ministerpräsidentin teilnehmen. Die Veranstaltung ist presseöffentlich; Sie können also teilnehmen, wenn Ihr Interesse hiermit geweckt ist.

Am Mittwoch tagt um 9.30 Uhr das Kabinett, wie gehabt.

Dann wird es um 13.30 Uhr Besuch geben von Prinzessin Laura der Kühnen und Prinz Thomas 36., um nur zwei Namen der Prinzenpaare zu nennen, die aus 15 Bundesländern im Bundeskanzleramt erwartet werden. Die Bundeskanzlerin wird - wie in jedem Jahr - einen Karnevalsorden bekommen. Die Prinzenpaare aus den 15 Bundesländern werden durch den Präsidenten des Bundes Deutscher Karneval, Volker Wagner, vorgestellt. Auch dieser Termin ist presseöffentlich, wenn Sie mögen.

Dann wird die Bundeskanzlerin den Präsidenten des Europäischen Rates, Donald Tusk, zu einem Abendessen im Kanzleramt erwarten; um 19 Uhr soll es losgehen. Es geht um einen Meinungsaustausch über europarechtliche Fragen.

Dann geht es am Donnerstag im Bundestag weiter. Die Kanzlerin nimmt am Plenum teil.

Um 17 Uhr wird sie im Bundeskanzleramt eine neue 2-Euro-Gedenkmünze präsentieren, und zwar gibt es eine neue Sondermünze "Hessen". Anlass ist, dass Hessen die Präsidentschaft im Bundesrat übernimmt. Insofern wird es diese Münze geben, die auf der Bildseite die Frankfurter Paulskirche zeigt. Die Kanzlerin wird eine kurze Ansprache halten, Bundesminister Schäuble wird anwesend sein, ebenso wie der Präsident des Bundesrates, Volker Bouffier.

Am Freitag wird die Kanzlerin wieder im Bundestag sein.

Dann wird es ein Treffen der Bundeskanzlerin mit dem französischen Staatspräsidenten und dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, in Straßburg geben. Dieses Treffen wurde abgesagt, als es die furchtbaren Anschläge in Paris gab. Das wird jetzt nachgeholt. Es geht vor allem um einen informellen Meinungsaustausch. Der Termin ist nicht presseöffentlich. Es wird nur zu Beginn ein Foto durch die offiziellen Fotografen geben. - So viel zu der Woche der Kanzlerin.

Chebli: Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen im Jemen möchte ich Ihnen gern ein Statement des Ministers vorlesen:

Die Lage im Jemen hat sich mit dem Rücktritt der gewählten und legitimen Regierung gefährlich zugespitzt. Die Verantwortung tragen jene, die in den letzten Wochen immer wieder versucht haben, mit Gewalt ihre politischen Forderungen durchzusetzen. Ich fordere die Huthis auf, den Präsidentenberater und Generalsekretär der Nationalen Dialogkonferenz, Ahmed bin Mubarak, unverzüglich freizulassen. Alle, die in dieser unübersichtlichen Situation Verantwortung tragen, müssen jetzt dazu beitragen, eine weitere gewaltsame Eskalation zu vermeiden.

Wir unterstützen mit aller Kraft die Bemühungen der Vereinten Nationen und des Sonderbeauftragten Jamal bin Omar, eine friedliche Lösung der Krise zu erreichen. Grundlage dafür bleiben die Initiative des Golf-Kooperationsrats, die Ergebnisse der Nationalen Dialogkonferenz und das Friedens- und Partnerschaftsabkommen. Alle Jemeniten haben das Recht und die Verantwortung, sich friedlich an diesem Prozess zu beteiligen.

Frage: Frau Wirtz, es gibt eine Reihe von Treffen und Gesprächen der Bundeskanzlerin mit dem Präsidenten der Kommission, dem Ratspräsidenten und Präsident Hollande. Inwieweit kann man diese Gespräche und Treffen als Vorbereitung oder als Reaktion auf die bevorstehende Wahl in Griechenland betrachten?

SRS'in Wirtz: Ich habe ja den Hintergrund einiger Termine ausgeführt, die regulär im Kalender der Kanzlerin ihren Niederschlag finden, beispielsweise das nachgeholte Treffen, das eigentlich stattfinden sollte, als die schrecklichen Anschläge in Paris stattfanden. Insofern gibt es jetzt keinen inneren Zusammenhang mit Wahlen jedweder Art, sondern es geht um einen informellen Meinungsaustausch der Kanzlerin mit ihren jeweiligen Gesprächspartnern. Selbstverständlich wird es sicherlich auch aktuelle Themen dort zu besprechen geben.

Zusatzfrage : Und zu diesen aktuellen Themen wird natürlich das Ergebnis der Wahl in Griechenland zählen?

SRS'in Wirtz: Das kann gut sein.

Frage: Ist der Termin am Freitag in Straßburg ein Abendessen oder ein Mittagessen? Im ersten Format war ein Abendessen geplant, glaube ich.

Eine Frage zu dem Termin mit Herrn Tusk: Sie haben europarechtliche Fragen erwähnt. Können Sie das etwas präziser erläutern?

SRS'in Wirtz: Ja, es ist an dem Freitag ein Abendessen mit den Präsidenten Hollande und Schulz geplant.

Nein, ich kann das nicht weiter spezifizieren oder konkretisieren. Sie wissen: Die Gespräche der Kanzlerin werden allenfalls dann kommentiert, wenn sie stattgefunden haben. Insofern kann ich hier jetzt nicht vorgreifen. Aber ich meine, Sie sehen ja, welche aktuellen europapolitischen Fragen es gibt, und sicherlich wird das eine oder andere in dem Gespräch Niederschlag finden.

Frage: Ich würde gerne Frau Wirtz und vielleicht auch das Wirtschaftsministerium zu dem Vorschlag einer Freihandelszone mit Russland etwas fragen. Mich interessiert zum einen: Ist das eine Initiative, die innerhalb der EU abgesprochen wurde?

Mich interessiert zum Zweiten: Ist das eigentlich ein neuer Ansatz der Bundesregierung? Die Forderung vonseiten der Wirtschaft kenne ich schon länger. Ist das als ein formeller Vorschlag zu betrachten, der auch diplomatisch unterlegt ist, indem Russland ein konkretes Gesprächsangebot gemacht worden ist oder Ähnliches?

Zum Dritten würde ich gerne die zeitliche Dimensionierung eines solchen Vorschlages noch einmal abklären.

SRS'in Wirtz: Sie haben im Grunde die Frage schon quasi selbst beantwortet, indem Sie gefragt haben, ob das ein neuer Vorschlag ist, den es da gibt. Richtig ist, dass die Bundeskanzlerin zu vielen verschiedenen Gelegenheiten immer wieder signalisiert hat, dass es durchaus eine Offenheit gibt, mit der russischen Wirtschaft zusammenzuarbeiten, und durchaus auch grundsätzlich eine Offenheit signalisiert hat, Gespräche aufzunehmen, die eine gemeinsame Wirtschaftszone umschließen.

Allerdings steht nun zunächst einmal im Mittelpunkt, in dem Konflikt mit der Ukraine Fortschritte zu sehen und zu erreichen. Sie wissen, dass es im September vergangenen Jahres die Vereinbarungen von Minsk gegeben hat, die für uns auch der Gradmesser sind, wie sich die Lage dort entspannt. Sie wissen, dass es auch Bemühungen des Außenministers am vergangenen Mittwoch gegeben hat. Gleichwohl haben wir alle die Bilder des ausgebrannten Busses gestern in der Ostukraine gesehen. Insofern ist das das Wesentliche, was im Moment die deutsche Bundesregierung beschäftigt, nämlich ein Vorankommen in diesen Friedensbemühungen mit der Ukraine.

Was diesen Wirtschaftsraum anbelangt, kann ich nur sagen: Wie gesagt, eine grundsätzliche Offenheit dafür ist vorhanden, aber zunächst stehen andere Fragen auf der Tagesordnung.

Zusatzfrage: Wenn Sie "eine grundsätzliche Offenheit" sagen, dann ist das ja etwas anderes als ein konkreter Vorschlag, den man bringt. Diese Initiative ist also nicht als ein konkreter Vorschlag gemeint, irgendwelche Gespräche jetzt akut aufzunehmen? Verstehe ich das richtig?

Zum Zweiten noch einmal die europäische Ebene dieser Geschichte: Hat es denn in den letzten Wochen und Monaten Gespräche in Europa gegeben, die diesen Vorschlag nicht nur zu einem deutschen, sondern zu einem allgemein europäischen Vorschlag machen? Denn so etwas ist ja keine bilaterale Geschichte.

SRS'in Wirtz: Ich möchte noch einmal sagen, dass es, wie gesagt, jetzt nicht um einen konkreten Vorschlag, sondern um die Signalisierung einer grundsätzlichen Offenheit geht, die in Davos zur Sprache gekommen ist. In dieser Form hat die Kanzlerin das, wie gesagt, auch schon in den vergangenen Monaten artikuliert.

Frau Chebli würde gern noch ergänzen.

Chebli: Ich möchte das eigentlich nur noch einmal unterstreichen. Ich glaube, wir haben in diesem Raum auch schon darüber gesprochen, entweder Herr Schäfer oder ich. Es ist einige Wochen her, dass der Minister gesagt hat, wir müssten mal schauen, wo wir gerade in unseren Beziehungen zu Russland stehen. Ohne die Ukraine zu vergessen und ohne dass wir das, was in der Ostukraine passiert, jemals ignorieren würden, dürfen wir nicht vergessen, dass Russland unser größter Nachbar ist, mit dem wir nach Wegen und Möglichkeiten suchen müssen, um gedeihliche Beziehungen aufzubauen.

Dann hat er gesagt, man müsste vielleicht einmal über Möglichkeiten sprechen, wie wir auf der wirtschaftlichen Ebene ein Format finden, in dem Gespräche und ein Dialog vielleicht stattfinden können. Ich kann mich nicht an das genaue Datum erinnern, aber auf jeden Fall war das bei einem Außenministerrat, wo er dieses Thema der Zusammenarbeit zwischen der Eurasischen Union und der Europäischen Union zur Sprache gebracht hat und wo im Kreise der Außenminister auch darüber gesprochen wurde, ohne irgendwelche konkrete Ergebnisse, sondern er hat das zur Sprache gebracht, und man hat sich darüber ausgetauscht.

Es gibt jetzt auch keinen neuen Stand. Es war jedenfalls schon einmal eine Debatte im Rahmen des Außenministerrats. Das Datum kann ich Ihnen nachreichen; ich kann mich nicht daran erinnern. Aber jedenfalls war es Thema.

Zusatzfrage: Es hat sich also auf europäischer Ebene dazu nichts getan?

Chebli: Ich habe den aktuellen Stand der Diskussion auf europäischer Ebene nicht. Was jedenfalls stattgefunden hat, ist, dass es eine Diskussion darüber gab. Es ging damals auch nicht darum, einen Entschluss zu fassen, sondern es ging darum, mal etwas in den Raum zu werfen und darüber zu diskutieren: Wo stehen wir hier eigentlich? Was für Möglichkeiten gibt es, um auf diesem Wirtschaftssektor zusammenzuarbeiten, über Annäherung, Wege der Kooperation zwischen beiden Wirtschaftsräumen zu sprechen?

Frage: Mehrere Fragen an Frau Chebli zu dem Konflikt in der Ostukraine: Ist es richtig, dass das ukrainische Präsidialamt das Außenministerium beziehungsweise den deutschen Botschafter Christof Weil bereits drei Tage vor dem Abschuss von MH17 darüber informiert hat, dass es eine direkte Gefahr für den zivilen Luftverkehr gibt?

Chebli: Das kann ich so nicht bestätigen, natürlich nicht. Es gab ein Treffen mit dem ukrainischen Außenminister an jenem Tag. Da ging es vor allem um die eskalierende militärische Lage in der Ostukraine. Dabei wurde auch über den Abschuss einer ukrainischen Militärmaschine berichtet. Zivile Überflüge über die Ostukraine und deren Sicherheit wurden bei dem Treffen nicht thematisiert.

Zusatzfrage: Aber wurde bei diesem Treffen auch darauf hingewiesen, dass die Separatisten offenbar im Besitz von moderneren Flugabwehrwaffen sind, die eben auch eine Gefahr für die zivile Luftfahrt sind?

Chebli: Darüber liegen mir keine Erkenntnisse vor. Das, was ich dazu weiß, habe ich gerade ausgeführt. Ich habe keine näheren Erkenntnisse dazu. Dazu kann ich Ihnen jetzt nichts sagen.

Zusatzfrage: Hat der Botschafter das Außenministerium darüber informiert, oder ist diese Information in Kiew geblieben?

Chebli: Ich habe zu dem, was ich gerade gesagt habe, nichts hinzuzufügen. Mir liegt diese Information vor. Auf welchem Weg sie an uns herangetreten ist, kann ich nicht sagen. Das, was ich an erster Stelle gesagt habe, steht für sich, glaube ich.

Zusatzfrage: Das heißt, Sie wurden nicht darüber informiert, dass es eine Gefahr für zivile Fluggesellschaften gibt?

Chebli: Nein. Thema dieses Gespräches war vor allem die eskalierende militärische Lage in der Ostukraine. Da ging es auch um den Abschuss einer ukrainischen Militärmaschine. Es ging nicht um Überflüge oder die Sicherheit ziviler Maschinen.

Frage: Ich würde gerne noch einmal auf die Geschichte aus Davos zurückkommen: Hat es denn dazu eigentlich auch schon Gespräche mit der russischen Seite gegeben? Ist das Thema schon einmal im Rahmen dieser zahlreichen Verhandlungsrunden aufgekommen, zum Beispiel jetzt in Berlin, oder bei den Telefonaten mit Putin?

Ist denn überhaupt einmal erkennbar geworden, dass auch die russische Seite einen Zusammenhang zwischen beidem herstellt, also mehr Kooperationsbereitschaft im Sinne einer friedlichen Lösung "belohnt" durch die Aussicht auf bessere, engere, ganz enge Wirtschaftszusammenarbeit, bis hin zur Freihandelszone?

SRS'in Wirtz: Sie werden sich erinnern, dass es Präsident Putin selber gewesen ist, der diesen gemeinsamen Wirtschaftsraum von Wladiwostok bis Lissabon irgendwann einmal ins Gespräch gebracht hat.

Zusatz: Vor vier Jahren.

SRS'in Wirtz: Genau, vor vier Jahren. Insofern ist das offenbar vom Grundsatz her eine Überlegung, die auch Russland gegenüber offensteht. Aber es ist jetzt nicht so, dass es konkrete Verhandlungen, Gespräche darüber gegeben hätte, sondern eben, wie gesagt, zunächst einmal nur ein Signalisieren einer Offenheit, auch vonseiten der deutschen Bundesregierung.

Frage: Kann man diese Freihandelsgespräche als einen Versuch ansehen, anstatt durch Sanktionen eine diplomatische Lösung in dem Konflikt zu finden?

SRS'in Wirtz: Wir suchen natürlich - ich glaube, das dokumentieren wir seit vielen Wochen und Monaten - auf verschiedenen Ebenen nach Wegen, eine friedliche Lösung des Konfliktes herbeizuführen.

Gleichzeitig geht es - das habe ich eben auch betont und möchte es an dieser Stelle noch einmal tun -, bevor wir über einen gemeinsamen Wirtschaftsraum nachdenken, darum, diesen Konflikt in der Ukraine beizulegen. Das ist einer der Parameter, um dann auch stärker in solche Gespräche einzusteigen. Das ist das, was für die Bundesregierung im Moment zentral ist und im Fokus steht. Darum geht es insbesondere.

Es gab ja auch schon einmal Gespräche im Zusammenhang mit den neuen Abkommen, Verhandlungen über das neue Abkommen, die durchaus auch eine Verbesserung der Handelsbeziehungen zum Ziel hatten. Aber diese Verhandlungen sind ja praktisch im Zuge der Ukrainekrise ausgesetzt worden. Insofern können Sie sehen, dass das wirklich das zentrale Anliegen der Bundesregierung ist. Die Bundeskanzlerin, der Außenminister sind da gemeinsam in ihrem Bemühen, das zunächst einmal zu lösen.

Frage: Meine Frage richtet sich an das Außenministerium. Es gab vor Kurzem eine Vierministerkonferenz, die so ausgegangen ist, dass die russische Seite versprochen hat, auf die Separatisten Einfluss zu nehmen. Sehen Sie erste Anzeichen, dass das wirklich passiert? Wie kommentieren Sie die aktuellen Entwicklungen in der Ostukraine?

Chebli: Wir beobachten die aktuellen Entwicklungen natürlich mit größter Sorge. Der Minister hat gestern - ich weiß nicht, ob Sie das gelesen haben - an beide Seiten dringend appelliert, alles dafür zu tun, damit die Spirale der Gewalt und Gegengewalt endlich gestoppt wird.

Letztendlich zeigen die Ereignisse gestern in Donezk auch, wie absolut notwendig es ist, solche Treffen zu haben, um miteinander im Gespräch zu bleiben, um alles daran zu setzen, dass die Waffen endlich schweigen und das Leiden der Menschen vor Ort in der Ostukraine endlich ein Ende hat.

Der russische Außenminister hat bei dem Gespräch hier in Berlin signalisiert, dass Russland auf die Separatisten einwirken wird. Wir erwarten von Russland, dass das dann auch stattfindet.

Zusatzfrage: Es findet also noch nicht statt? Sie haben dafür erst einmal noch keine Anzeichen?

Chebli: Na ja, ich weiß nicht, wie konsequent es stattfindet. Wenn wir uns die Lage vor Ort anschauen, gibt es da jedenfalls noch sehr viel Raum nach oben. Sagen wir es einmal so.

Der Minister hat ja nach den Gesprächen gesagt: Es waren wahrnehmbare Fortschritte. Es ist kein Durchbruch. - Das zeigt eigentlich: Er hat eine Erwartungshaltung an beide Seiten, dass da jetzt endlich etwas passiert. Aber wir sind ja auch nicht euphorisch aus den Gesprächen herausgegangen und dachten, dass wir nach dieser Erklärung den Konflikt in der Ostukraine lösen werden. Die Entwicklungen gestern haben noch einmal dramatisch vor Augen geführt, dass die Lage nach wie vor sehr, sehr fragil ist.

Es geht an beide Seiten, nicht nur an die eine Seite. Wir appellieren an beide Seiten, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit die Waffen endlich schweigen.

Frage: Wenn der Minister von wahrnehmbaren Fortschritten sprach - die Kanzlerin hat, glaube ich, gestern von kleinen Fortschritten gesprochen -, hat sich das dann über die aktuelle Entwicklung schon wieder erledigt?

SRS'in Wirtz: Ich kann grundsätzlich sagen - ich denke, da werden wir eine ähnliche Einschätzung haben -: Die Hoffnung nach den Gesprächen war nicht allzu groß oder euphorisch, wie Frau Chebli eben sagte. Ich denke, die Realität hat die hoffnungsvollen Erwartungen auch noch einmal eingeholt. Das ist natürlich schon wieder ein Rückschlag gewesen, den wir beobachten mussten, den wir alle über die Fernsehbilder beobachten konnten. Eine andere Entwicklung wäre sicherlich sehr viel wünschenswerter gewesen.

Frage: Die Bundeskanzlerin hat in Davos gesagt, diese hohe Liquidität verzerre die Realität, und man müsse den Tag vorbereiten, wo diese Unterschiede eben wieder sichtbar werden. Ist dies ein Appell an die EZB, auch an ein Ausstiegsszenario aus der lockeren Geldpolitik zu denken, oder wie kann man einen solchen Tag vorbereiten?

SRS'in Wirtz: Zunächst einmal, ist natürlich - das betont die Bundeskanzlerin bei jeder sich bietenden Gelegenheit, und deshalb werde ich das auch gerne noch einmal betonen - die EZB in ihren Entscheidungen unabhängig und bekommt sicherlich nicht von der Bundesregierung vorgeschrieben, welche Geldpolitik sie macht oder welche Ausstiegsszenarien oder Ähnliches vorzubereiten sind. Die Bundeskanzlerin hat auch auf diesen Umstand gestern in Davos noch einmal hingewiesen, auch eben in Florenz, soweit ich das verfolgen konnte, in der Pressekonferenz, die in der Akademie der Schönen Künste stattfand.

Es geht darum, dass einerseits die EZB unabhängig ist. Gleichzeitig hat die Kanzlerin darauf hingewiesen, dass natürlich dieser Beschluss der EZB von den einzelnen Mitgliedstaaten jetzt auch nicht als Signal missverstanden werden darf, dass man sozusagen die Reformanstrengungen einstellt, sondern es auch immer wieder darum geht, dass die Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Wachstum und stabile Finanzen zu haben. Diese Rahmenbedingungen sind Sache der Politik und nicht der EZB.

Frage: Eine Frage an Frau Wirtz oder auch an das Wirtschaftsministerium: Ist die starke Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar für Sie ein Szenario, das für die deutsche Wirtschaft gut ist, oder machen Sie sich auch Sorgen um die Kaufkraft der Deutschen in der Welt?

SRS'in Wirtz: Wie gesagt, das hängt ja unmittelbar mit der Entscheidung der EZB gestern zusammen. Ich denke, man muss jetzt abwarten, wie die weitere Entwicklung sein wird. Die EZB hat mit diesen Maßnahmen ja auch bestimmte Hoffnungen verbunden. Man wird jetzt einfach sehen müssen, wie sich das weiterentwickelt. Insofern kann ich an dieser Stelle keine Stellung dazu nehmen.

Zusatzfrage: Eine Frage an das Wirtschaftsministerium, weil Sie ja auch bald den Jahreswirtschaftsbericht veröffentlichen: Bringt die Euro-Abwertung neuen Schwung für die deutschen Exporte?

Moiteaux: Da geben Sie mir schon das Stichwort: Wir legen nächste Woche den Jahreswirtschaftsbericht vor. Da wird die Regierung zur aktuellen wirtschaftlichen Lage Stellung nehmen. Die unmittelbaren Auswirkungen der geldpolitischen Entscheidungen der EZB kommentieren wir bis dahin eben auch nicht.

Zusatzfrage: Anders gefragt: Wie wirkt ein geringer Eurokurs auf die Wirtschaft?

Moiteaux: Grundsätzlich - das ist aber etwas, was in anderem Rahmen hier genannt wurde - fördert ein geringerer Wechselkurs natürlich Exporte und verteuert die Importe. Das ist eine Binsenweisheit. Als solche ist es natürlich für exportorientierte Betriebe einfacher, in den außereuropäischen Raum zu exportieren.

Vorsitzende Wefers: Können Sie für die, die es nicht wissen, noch das Datum der Vorlage des Jahreswirtschaftsberichts "enthüllen"?

Moiteaux: Am 28.01.

Frage: Ich wollte das Bauministerium etwas fragen. Die EZB-Entscheidung wird - da sind sich die Experten einig - dazu führen, dass der Immobilienmarkt weiter angeheizt wird. Da ist die Frage: Gibt es dazu schon eine Prognose im Ministerium? Gibt es eventuell politischen Handlungsbedarf vor dem Hintergrund der Mietpreisbremse usw.? Muss da noch etwas passieren?

Scharfschwerdt: Ich würde vorschlagen, wir warten jetzt die weiteren Entwicklungen erst einmal ab, so wie das auch gerade das Wirtschaftsministerium schon gesagt hat.

Zum Thema bezahlbares Wohnen kann ich Sie ansonsten nur noch einmal darauf hinweisen, dass wir zurzeit im Rahmen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen Maßnahmen erarbeiten und vorbereiten, um die Belastungen durch steigende Mieten im Rahmen zu halten. Aber auch hier möchte ich Sie noch ein bisschen um Geduld bitten.

Frage: Die Reaktionen in Deutschland zu der EZB-Entscheidung sind skeptisch bis extrem negativ. Sehen Sie vielleicht einen Bedarf, die Bundesbank und ihre Stellung in dieser Debatte etwas zu bekräftigen?

SRS'in Wirtz: Das ist ein "nice try", aber ich werde mich trotzdem nicht dazu hinreißen lassen, auch über indirekte Wege die Entscheidungen der EZB zu kommentieren, indem ich jetzt vielleicht irgendwelche Handlungsanweisungen oder -anregungen an die Bundesbank geben werde. Es tut mir leid. Die Bundesbank und die EZB sind unabhängig. Insofern kann ich nicht kommentieren, auf welchem Weg auch immer, was zu tun ist.

Zusatzfrage: Finden Sie die Reaktionen übertrieben?

SRS'in Wirtz: Damit müsste ich ja offenlegen, welchen Standpunkt die Bundesregierung vertritt, und dazu Stellung nehmen. Insofern kann ich das nicht tun. Außerdem habe ich dank der Pressefreiheit in Deutschland heute durchaus ein breites Meinungsspektrum vernehmen können und lesen können.

Frage: Eine Frage an das Innenministerium: Der Bundesinnenminister sprach vor einigen Tagen in diesem Saal von der Bringschuld der Muslime in Deutschland. Die Muslime, mit denen wir in Kontakt sind, fragen uns immer wieder: Was möchte die Bundesregierung konkret von uns? Ich spreche nicht von muslimischen Vereinen, sondern von Muslimen, die schon lange in diesem Land leben und nicht in Vereinen organisiert sind. Ich habe keine Zahlen, aber ich denke, die meisten Muslime in diesem Land sind nicht in Vereinen organisiert. Was müssen sie konkret tun? Ich leite diese Frage an Sie weiter.

Diese Muslime haben auch Ängste. Was sagen Sie dazu?

Dimroth: Vielen Dank für die Frage. Der Bundesinnenminister hat ja nicht nur an dieser Stelle, sondern insbesondere auch im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz sich vielfach zu diesem sehr komplexen Themenfeld eingelassen. Das Thema Bringschuld einer bestimmten Gruppe in Deutschland lebender Menschen würde das verkürzen.

Der Bundesinnenminister hat immer wieder ganz deutlich gemacht, dass das Thema Prävention, vor allem das Thema friedliches Zusammenleben von Religionen in Deutschland ein gesamtgesellschaftliches Thema ist. Insofern besteht, wenn man so will, eine Bringschuld auf allen Seiten und damit auch aufseiten der Muslime. Diese Bringschuld umschreibt insbesondere einmal sozusagen einen aktiven Beitrag zum friedlichen Zusammenleben, ein deutliches Bekenntnis gegen den Missbrauch des Glaubens, gegen den Missbrauch des Islams für terroristische Aktivitäten und einen möglichst aktiven Beitrag für das friedliche Zusammenleben.

Eine Plattform für solche Beiträge ist beispielsweise die Deutsche Islamkonferenz, wo es ja immer wieder gelingt, fernab von Fragen des Terrorismus und des Missbrauchs von Glauben, über alltägliche Fragen, die für das Zusammenleben von Muslimen und Nichtmuslimen in Deutschland relevant sind, zu diskutieren, sehr fruchtbar zu diskutieren und zu entsprechenden Ergebnissen zu kommen. Auch das ist selbstverständlich ein wichtiger und, wenn man so will, unter den Terminus "Bringschuld" zu subsumierender Beitrag der Muslime, hier für ein friedliches Zusammenleben einen Beitrag zu leisten.

Zusatzfrage: Haben Sie Verständnis für die Ängste der Muslime?

Dimroth: Auch dazu haben sich ja nicht nur der Bundesinnenminister, sondern verschiedene Kabinettsmitglieder sehr deutlich geäußert, zuletzt im Zusammenhang mit den schrecklichen Ereignissen in Frankreich: dass man in solchen Zeiten ganz klar die Kraft zur Differenzierung aufbringen muss, nämlich zu differenzieren zwischen dem Islam, den hier weitaus überwiegend friedlich lebenden Muslimen und denjenigen, die den Islam für ihre terroristischen Aktivitäten missbrauchen.

Diese Differenzierung hat in einer Vielzahl von Wortbeiträgen, Debattenbeiträgen und Reden und öffentlichen Stellungnahmen stattgefunden, um genau diese Ängste zu adressieren. Wir müssen diese Kraft zur Differenzierung gerade auch in solchen Tagen aufbringen und durchhalten.

Frage: Ein anderes innenpolitisches Thema: Das ZDF hat zu nächtlicher Stunde vor zwei Tagen einen Beitrag über die Beteiligung des Staates an den NSU-Morden - ich sage es mal ein bisschen pointiert - gesendet, in dem neue Dokumente vorgestellt wurden, in denen eine enge Verstrickung von Polizeibeamten mit dieser NSU-Gruppe dargestellt wird. Gibt es dazu Schlussfolgerungen oder Überlegungen?

Der Generalbundesanwalt hat in dieser ZDF-Sendung Stellung genommen, hat das alles in den Bereich des Spekulativen und nicht weiter ernst zu Nehmenden zurückgewiesen. Andererseits wurden Videos veröffentlicht, in denen Polizeibeamte am Ort des Geschehens dieser Morde anwesend waren. Die Frage ist, ob es im Bereich des Justizministeriums oder des Innenministeriums daraus jetzt Schlussfolgerungen gibt, nämlich der Thematik nachzugehen, dass Polizeibeamte, die dort vor Ort waren, bisher nicht im Gerichtsverfahren verhört worden sind oder auch im NSU-Untersuchungsausschuss mit Erinnerungslücken geglänzt haben.

Dimroth: Ich muss zugeben, dass ich diesen Beitrag jedenfalls persönlich nicht zur Kenntnis genommen habe, möglicherweise ob der späten Stunde, die Sie gerade genannt haben.

Sie sprechen richtigerweise drei Punkte an: Es hat einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss gegeben, der sich den Sachverhalt sehr genau angeschaut hat und zu bestimmten Schlussfolgerungen gekommen ist. Diese Schlussfolgerungen nehmen wir als Bundesregierung sehr ernst, und wir sind dabei, die Empfehlungen, die aus diesen Schlussfolgerungen folgen, umzusetzen.

Das Zweite ist: Es gibt auch ein großes Strafverfahren, das sich ebenfalls dieses Sachverhalts annimmt und versucht, fortlaufend Beiträge zur Aufklärung zu leisten.

Richtigerweise haben Sie drittens auch auf den GBA verwiesen, der sich offensichtlich zu diesen Dokumenten schon verhalten hat und insofern an der richtigen Stelle strafrechtliche Einschätzungen vorgenommen hat, die ich nicht kenne, aber Sie haben sie gerade selber zitiert.

Insofern würde ich sagen: Die drei von mir genannten Punkte sind die relevanten zu der Frage, ob man hier zu neuen Schlüssen kommen muss. Ich kann aber gerne zusagen, dass ich den konkreten Beitrag mitnehme, um zu erfahren, ob sich daraus weitere Schlussfolgerungen ergeben. Ich vermute im Hinblick auf das gerade Gesagte, dass das nicht der Fall ist, sondern dass sämtliche Sachverhaltskomplexe in den genannten Verfahren umfassend betrachtet wurden.

Zusatzfrage: Ich möchte Ihnen dazu noch als Fragestellung mitgeben: Es sind zwei Mitglieder des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, die nicht mehr dem Bundestag angehören - ein Vertreter der FDP und einer der CDU -, interviewt worden. Sie haben gesagt, sie seien in bestimmten Bereichen offensichtlich hinters Licht geführt worden, und es gebe neue Dokumente, die man zur Zeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses nicht gekannt habe und die - das sagt auch der ZDF-Bericht - jetzt erst neu verfügbar geworden sind, weil man Videos ausgewertet hat, die seit Jahren schon existiert haben, aber nicht wirklich ernsthaft geprüft worden sind.

Dimroth: Wie gesagt, inhaltlich kann ich das nicht kommentieren. Sollte allerdings das Parlament zu dem gleichen Ergebnis kommen wie offensichtlich zwei ehemalige Mitglieder des Deutschen Bundestages, hätte es die Möglichkeit, entsprechende Schlüsse daraus zu ziehen, die allerdings nicht im Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums zu ziehen wären, sondern an anderer Stelle.

Frage: Eine Frage an das Finanzministerium: Es geht um den Mindestlohn, Stichwort: ausländische Transportfirmen usw. Mit diesem Thema beschäftigt sich heute auch die Regierung in Warschau. Mir geht es um die Kontrollen. Eine Sache verstehe ich nicht so ganz: Laut Kraftfahrtbundesamt gibt es jeden Tag 1 Million Fahrten ausländischer Firmen in, von, nach und durch Deutschland. Diese Fahrten sollen bei der Bundesfinanzdirektion West in Köln angemeldet werden. Das heißt, das sind 400 Millionen Meldungen im Jahr. Wer soll das alles bearbeiten? In diesem Amt arbeiten 600 Mitarbeiter. Diese Bearbeitung, diese Kontrollen sind irgendwie so nicht vorstellbar.

Kalwey: Ich kann Ihnen jetzt keine Zahlen bestätigen. Dazu ist das Gesetz auch noch nicht lange genug in Kraft. Wir haben auch keine Erfahrungswerte, wie viele Fahrten das sein werden.

Fakt ist - das haben Sie auch richtig gesagt -, dass der ausländische Unternehmer im Vorhinein eine sogenannte Einsatzplanung für den Einsatz seiner Arbeitnehmer in Deutschland dem Zoll vorzulegen hat. Zu irgendwelchen Zahlen kann ich Ihnen nichts sagen. Dazu liegen mir jetzt keine Erkenntnisse vor.

Fakt ist auch, dass dem Zoll ausreichend Personal zur Verfügung steht. Das Personal wird jetzt auch noch einmal aufgestockt. Wenn man dann Erfahrungswerte hat, wird man sich das genau ansehen.

Zusatzfrage: Wie sollen diese Kontrollen aussehen, wenn zum Beispiel eine ausländische Firma diese Fahrten nicht anmelden wird? Wie ich es verstehe, sollen nach EU-Recht die Verfahren über Ministerien laufen und zum Beispiel das polnische Ministerium die Bußgelder für die deutsche Bundesregierung eintreiben. Wie sollen diese Verfahren laufen?

Kalwey: Wir haben das ja schon mehrfach hier thematisiert. Auch am Mittwoch war es noch einmal Thema, wie diese Kontrollen ablaufen. Wie gesagt, zum einen wird der ausländische Arbeitgeber vorab seine Einsatzplanung übermitteln. Dazu wird der Zoll die Arbeitnehmer an den Arbeitsplätzen überprüfen, und dann kann der Zoll anlassbezogen diese Informationen noch einmal abgleichen.

Zuwiderhandlungen sind bußgeldbewehrt. Diese werden sowohl im Inland als auch im Ausland vollstreckt. Grundlage für die Eintreibung dieser Bußgelder ist die sogenannte EU-Beitreibungsrichtlinie. Im Rahmen dieser geltenden Vorschriften werden dann entsprechende Bußgelder auch einbehalten oder eingezogen werden. Details aus dieser EU-Beitreibungsrichtlinie kann ich Ihnen jetzt nicht nennen, auch nicht, wie das im Detail dann funktioniert, aber das ist die gesetzliche Grundlage dafür, dass Bußgelder auch eingezogen werden.

Zusatzfrage: Aber trotz dieser EU-Richtlinie hat zum Beispiel die Polizei nach wie vor Probleme, Bußgelder von ausländischen Fahrern einzuziehen und nach Deutschland zu vollstrecken. Ist es im Bereich des Mindestlohns und der Bußgelder für Arbeitgeber sicher, dass diese Bußgelder vollstreckt werden?

Kalwey: Ich kann Ihnen jetzt nichts dazu sagen, wie das in anderen Bereichen funktioniert. Das kann ich jetzt auch nicht bewerten. Wie gesagt, wir haben die Erfahrungswerte noch nicht. Das Gesetz ist seit drei Wochen in Kraft. Es ist noch zu früh, da über irgendwelche Auswirkungen zu spekulieren. Das wird man sich dann genau anschauen müssen, wenn die ersten Erfahrungen vorliegen.

Zusatzfrage: Aber diese Kontrollen passieren jetzt schon?

Kalwey: Diese Kontrollen passieren. Das Gesetz ist in Kraft.

Freitag, 23. Januar 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 23. Januar 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/01/2015-01-23-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Januar 2015


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